
Ein leidiges Ping-Pong-Spiel musste unsere Redakteurin mit Bank und Schufa spielen, dass wahrlich keinen Spaß gemacht hat.
Plötzlich ist der Dispo weg und die Kreditkarte ist gesperrt. Hier lesen Sie, was eine Finanztest-Redakteurin aufgrund eines fehlerhaften Schufa-Eintrags erlebte – und wie die Consorsbank beim Aufklären versagte.
„Dispo mit sofortiger Wirkung gekündigt“
Zwei Briefe verdarben Finanztestredakteurin Isa Kraft* am Morgen des 20. Februar 2020 die gute Laune: In einem teilte die Consorsbank mit, dass ihr Dispokredit (Dispo) für das Girokonto mit sofortiger Wirkung gekündigt sei. Im anderen verkündete die Barclays Bank die Sperrung ihrer Kreditkarte.Die Empfängerin ist konsterniert: Vor mehr als drei Jahren ist sie mit ihrem Girokonto zur Consorsbank gewechselt, weil die Kontoführung dort kostenlos ist. Seitdem geht auf das Konto Monat für Monat ein Gehalt ein. Nicht ein einziges Mal hat Kraft mehr Geld ausgegeben, als auf ihrem Konto war. Den Dispokredit hat sie noch nie in Anspruch genommen.
Banken müssen Dispokündigung nicht begründen
Was Kraft erlebte, kann gerade in Corona-Zeiten Menschen beunruhigen, die auf ihre Bank besonders angewiesen sind, weil sie plötzlich weniger verdienen oder in der Krise schneller mal eine Rechnung übersehen.
Besonders ärgerlich: Banken brauchen die Kündigung des Dispos gemäß ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht einmal zu begründen. Betroffene müssen oft erst mühsam herausfinden, welcher Sachverhalt ihnen die Dispokündigung eingebrockt hat. Vor allem bei Direktbanken, die nur telefonisch oder per E-Mail erreichbar sind, kann das schwierig sein.
Gekündigter Dispo – unser Rat
Nachfrage. Reden Sie mit Ihrer Bank, wenn Ihnen der Dispokredit gekündigt wird. Oft lassen sich im Gespräch Lösungen finden.
Schufa. Wurde Ihr Dispo wegen eines Schufa-Eintrags gekündigt? Unter meineschufa.de können Sie einmal pro Jahr eine kostenlose Auskunft anfordern. Scrollen Sie auf der Seite ganz nach unten und klicken Sie auf „Datenkopie (nach Art. 15 DS-GVO)“. Bleiben Sie hartnäckig bei dieser Bezeichnung. Sonst landen Sie auf kostenpflichtigen Schufa-Angeboten. Die kostenlose Auskunft können Sie auch telefonisch (06 11/9 27 80) oder per Post (Schufa Holding AG, Postfach 10 25 66, 44725 Bochum) bestellen. Sie finden auf test.de eine Anleitung Schufa-Eintrag checken.
Corona. Banken und Sparkassen stunden Kunden bei Corona-bedingten Einnahmeausfällen Zins und Tilgung von Verbraucherkrediten in der Zeit vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020. Sprechen Sie rechtzeitig mit Ihrer Bank.
Schufa-frei. Finger weg von „Schufa-freien“ Kreditangeboten. Sie sind fast immer unseriös. Einige Anbieter kassieren Wucherzinsen. Andere zahlen den Kredit nicht aus, nachdem sie eine Vorabprovision eingestrichen haben.
Eine wochenlange Fehlersuche beginnt
Kraft brauchte Wochen, um den Fehler zu finden – es war ein vorübergehender, fehlerhafter Eintrag bei der Schufa, der Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung. In diesen Wochen zermürbten automatisierte Antworten der Consorsbank, skurrile Aussagen von Kundenbetreuern und widersprüchliche Angaben der Schufa Isa Kraft, die den Fall eigentlich als Privatperson klären wollte. Doch das klappte nicht. Die Schufa räumte den Fehler erst ein, als sich Kraft als Finanztest-Redakteurin outete.
„Nehmen Sie es nicht persönlich!“
Direktbank hautnah: Zunächst wartete Kraft in telefonischen Warteschleifen, dann setzte sie sich mit immer anderen Mitarbeitern der Kundenbetreuung auseinander. Der Telefonservice konnte nicht helfen. Der Dispo werde etwa gekündigt, wenn Kunden nur noch Krankengeld erhielten. „Das macht das System. Nehmen Sie es nicht persönlich!“, erklärte die Beraterin. Bei einem kostenlosen Girokonto müsse eine Bank ja auch auf die Kosten schauen.
Doch Kraft nahm es persönlich. Per E-Mail hakte sie bei der Kundenbetreuung der Bank nach. Die teilte unter Hinweis auf ihre allgemeinen Geschäftsbedingungen mit, dass sie für ihre geschäftspolitischen Entscheidungen keine Begründung mitteilen müsse: „Bitte haben Sie dafür Verständnis.“ Kraft zeigte kein Verständnis. Sie protestierte gegen die intransparente Geschäftspolitik und forderte die Bank erneut auf, ihr Auskunft zu geben.
„Klären Sie das mit der Schufa“
Noch bevor die Consorsbank antwortete, erfuhr Kraft von der Barclays Bank den Kündigungsgrund. Ihre Kreditkarte sei aufgrund eines Negativeintrags bei der Schufa gesperrt worden (Gespeicherte Daten prüfen). Das schrieb später auch die Consorsbank. Fragen dazu solle die Kundin mit der Schufa Holding AG klären.
Kraft, die sich keinen Anlass für einen solchen Eintrag vorstellen konnte, wollte keine 30 Euro für eine sofortige Schufa-Auskunft zahlen. Sie wählte die einmal jährlich kostenlose Auskunft. Die kam etwa 14 Tage später mit der Post. Zwar war sie fehlerhaft, da dort noch ein vor vielen Jahren gekündigtes Girokonto eingetragen war. Einen erkennbaren Negativeintrag enthielt die Auskunft jedoch nicht. Auch der Schufa-Score, ein Hinweis auf ihre Bonität, war mit einer Risikobewertung von 98,46 Prozent in Ordnung.
Kraft schickte das Schufa-Blatt, das keinen Negativeintrag aufwies, an ihre Bank. Die akzeptierte die gebührenfreie Auskunft, die lediglich auf einem weißen Blatt daherkommt, jedoch nicht. Das Blatt habe keinen offiziellen Charakter, teilte die Kundenbetreuung mit.
Das Alter ist kein Grund für Dispokündigung
Beim Telefonservice der Schufa erfährt Kraft, dass das Problem eventuell ihr Geburtsdatum sei. Einige Banken kündigten Dispos, wenn Kunden über 60 Jahre alt seien, mutmaßte der Berater. Das stimmt jedoch nicht: Das Alter sei per se keine negative Information, korrigiert die Pressestelle der Schufa auf Nachfrage von Finanztest. Und der Kundenservice der Consorsbank betont, dass die Kündigung eines Dispos nicht vom Alter des Kunden abhängig gemacht werde.
Um den leidigen Vorgang aus der Welt zu schaffen, bietet der Mann am Schufa-Telefon an, eine offizielle Auskunft an die Consorsbank zu schicken. Das koste allerdings rund 30 Euro.
Schufa verschweigt Meldegrund
Doch Kraft will nicht zahlen. Schließlich hat sie nichts falsch gemacht. Wenig später fühlt sie sich bestätigt. Die Schufa bittet schriftlich wegen der entstandenen Unannehmlichkeiten um Verzeihung. Den Grund für die Entschuldigung teilt sie allerdings nicht mit.
Wieder gehen mehrere E-Mails zwischen Kundin und Consorsbank wegen einer Rücknahme der Dispokündigung hin und her. Dabei beharrt die Kundenbetreuung darauf, dass die Kundin eine kostenpflichtige, offizielle Schufa-Auskunft vorlegen müsse. Auf Fragen nach dem „Warum“ erhält Kraft ausweichende oder gar keine Antworten.
Auch die Schufa rückt mit der entscheidenden Information erst raus, als Kraft dort als Journalistin Auskunft begehrt. Sie erfährt, dass den Banken andere Schufa-Informationen mitgeteilt wurden als ihr 14 Tage später. Danach geht ihr Bankenärger auf eine Forderung zurück, die der Schufa am „13. Februar 2020 seitens der RheinEnergie AG, vertreten durch die Tesch Inkasso GmbH zu Ihrer Person übermittelt wurde“.
Schufa-Meldung beruhte auf Irrtum
Weder kannte Kraft den Energieversorger, noch hatte sie von diesem je eine Forderung erhalten. Doch der Hinweis auf das Unternehmen war letztlich der Schlüssel zur Klärung des Dilemmas. Dessen Inkassofirma hatte fälschlicherweise eine Meldung an die Schufa gemacht – das auch bemerkt, aber erst acht Tage später bei der Schufa korrigiert.
Doch der Schaden war schon geschehen. Dispo gestrichen, Kreditkarte gesperrt. Die Schufa behauptet, sie habe die Banken umgehend über die Korrektur informiert. Die Consorsbank bestreitet, am 24. Februar 2020 von der Schufa aufgeklärt worden zu sein: „Wir sind von der Schufa weder per Fax, Mail oder Telefon über den Irrtum informiert worden“, so Sprecher Axel Hartmann.
Die Barclays Bank dagegen bestätigt Kraft den Erhalt einer automatisierten Mitteilung der Schufa-Information. Sprecherin Julia Rasche: „Eine solche Mitteilung führt bei uns aber nicht dazu, dass eine Kreditkarte wieder entsperrt wird. Das hätte die Schufa Ihnen eigentlich mitteilen müssen.“
Die zweite Entschuldigung von der Schufa
Genau das hat sie nicht getan. Selbst in der angeforderten kostenlosen Auskunft fehlte diese entscheidende Information. So tappte Kraft weiter im Dunklen, da die Auskunft ja keine Negativmerkmale mehr enthielt. „Ich möchte mir gar nicht vorstellen, was passiert wäre, wenn ich nicht irgendwann gesagt hätte, dass ich Journalistin bin“, sagt Kraft.
Als die Schufa von der Finanztest-Redakteurin erfährt, dass sich die Consorsbank noch Mitte März weigerte, die Kündigung des Dispos zurückzunehmen, entschuldigt sie sich ein zweites Mal. Dies sei nicht nachvollziehbar, erklärte Schufa-Sprecherin Anna-Lena Rawe, da die Bank bereits am 24. Februar 2020 über die irrtümliche Forderung informiert worden sei. „Für die Ihnen entstandenen Unannehmlichkeiten und den damit verbundenen Ärger bitten wir an dieser Stelle nochmals um Verzeihung, auch wenn die Schufa hierfür nicht ursächlich verantwortlich ist“, schreibt Rawe.
Erst am Ende geht alles ganz schnell
Kraft wendet sich erneut an die Bank. Als diese ihr nach etlichen E-Mails am 26. März 2020 schreibt: „Wichtig: Senden Sie uns bitte unbedingt noch einmal die ursprüngliche Anfrage zu. Der Verlauf wird leider nicht gespeichert“, outet sie sich als Finanztest-Redakteurin. Nun geht alles ganz schnell. Nur einen Tag später bekommt sie einen neuen Dispokredit. Zudem erfährt sie, dass die Consorsbank „teilweise per E-Mail automatisierte Standardantworten“ verschickt. Diese deckten die häufigsten Fragen ab, erklärt Consors-Sprecher Hartmann.
Die Kommunikation mit dem Kunden werde gespeichert und liege der Bank vor. „Wir bedauern, wenn bei Ihnen ein anderer Eindruck entstanden ist.“ Aufgrund knapper Ressourcen könne es zu Engpässen kommen, in denen der Service nicht den Standards unter Normalbedingungen entspräche und in einen für Kunden unbefriedigenden „Ping-pong“ bei einer Beschwerde mündet, heißt es weiter. Es handele sich um einen Ausnahmefall, den wir „natürlich bedauern“.
Der Fall der Finanztest-Redakteurin zeigt, wie Kunden in Konflikte mit Unternehmen geraten können, die Transparenz nicht gerade großschreiben. Inzwischen hat auch der Datenschutzbeauftragte der Tesch GmbH eine Kette von Fehlern eingeräumt, die dem Unternehmen leidtäten.