Falsch­beratung der Sparda-Bank Alles andere als fair

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Als Vorsorge für ein behindertes Kind empfahl ein Sparda-Berater einen riskanten Fonds. Jetzt bangt die Familie um ihr Geld.

Die Werbung der Sparda Interna­tional ist für Anne und Helmut May* der reine Hohn: „Man kann nicht vorher­sagen, woher der Wind weht, aber Sie können die Segel richtig setzen.“

Das Paar aus Dachau setzte die Segel falsch, weil ein Berater der Sparda Interna­tional, einer Tochter der Sparda-Bank München, ihm einen Lebens­versicherungs­fonds als sicheres Investment empfahl. Total falsch, wie die beiden heute wissen.

Der Fonds ist marode. Das Geld, mit dem die Mays die Zukunft ihres behinderten Kindes absichern wollten, ist womöglich weg.

100 000 Euro von der Versicherung

Falsch­beratung der Sparda-Bank - Alles andere als fair

Das Ehepaar May war mit seiner Sparda-Bank immer zufrieden. Deshalb vertraute sie auch dem Berater der Tochterfirma Sparda Interna­tional. © Thinkstock, Sparda Bank (M)

Die Leidens­geschichte der Familie May begann mit einem Verkehrs­unfall im Jahr 1996. Dabei verletzte sich ihr damals acht­jähriger Sohn Julian so schwer, dass er seither zu 70 Prozent schwerbehindert ist.

Zehn Jahre dauerte der Rechts­streit mit der R+V, der Versicherung des Unfall­ver­ursachers. Dann wurde er, kurz bevor der Bundes­gerichts­hof in Karls­ruhe entscheiden sollte, von der Bundes­anstalt für Finanz­dienst­leistungs­aufsicht (Bafin) beendet. Die Aufsichts­behörde verdonnerte die R + V, dem Jungen 100 000 Euro zu zahlen. „Nachdem wir das Geld erhalten hatten, verabredeten wir sofort einen Termin mit dem Filialleiter unserer Haus­bank, der Sparda-Bank in Dachau, in die wir immer großes Vertrauen hatten“, erzählt Anne May. „Wir wollten das Geld so anlegen, dass Julian lebens­lang etwas davon hat.“

Der Filialleiter verwies Anne und Helmut May, die neben Julian noch zwei weitere Kinder haben, an die Sparda Interna­tional in München. Auf deren Spezialisten können alle Sparda-Banken zurück­greifen. Kurz darauf kam von dort ein Mitarbeiter in die Filiale Dachau, um die Familie May zu beraten.

Die Mays erklärten dem Sparda-Mann die Situation ihres inzwischen 18-jährigen Sohnes. Sie schilderten ihm ihre Sorge, dass Julian wegen seiner geistigen Behin­derung weder eine Ausbildung schaffen noch einen Arbeits­platz bekommen könnte. Vor allem ängs­tigte sie die Frage, ob Julian sich jemals selbst ernähren können wird.

„Wir wollten Sicherheit“

„Drei Sachen waren für uns wichtig“, erinnert sich Anne May. „Erstens wollten wir Sicherheit. Zweitens sollte das Geld so angelegt werden, dass Julian – wenn wir ihn einmal nicht mehr unterstützen können – zur Not seinen Etat aufbessern kann. Drittens wollten wir mit dem Geld auch etwas Rendite erwirt­schaften.“

Während das Ehepaar May an Spargeld oder eine Lebens­versicherung dachte, hatte der Sparda-Berater eine vermeintlich bessere Idee. Spargeld bringe nur rund 2 Prozent Zinsen im Jahr und mit einem Lebens­versicherungs­vertrag könnten sie nicht – wie für den Notfall gewünscht – jeder­zeit über das Geld verfügen. Deshalb empfehle er den Fonds Life Trust 6 des Emissions­hauses Berlin Atlantic Capital GmbH.

Der Fonds investiere das Anlegergeld in amerikanische Lebens­versicherungen. Er sei bei den Amerikanern hoch­begehrt, weil die mangels einer eigenen Alters­sicherung unbe­dingt Lebens­versicherungen kaufen wollten.

Die Lauf­zeit betrage fünf Jahre, danach könnte man die Police um drei Jahre verlängern. Das sei absolut sicher und bringe mindestens 5 Prozent Zinsen pro Jahr. Ein Vorläuferfonds hätte gerade 13 Prozent Rendite im Jahr erwirt­schaftet. Zudem könnten die Mays jeder­zeit über das Geld verfügen.

Von Risiken war keine Rede

Von Risiken habe der Berater nichts gesagt, „sonst hätten wir das ja auch nicht gemacht“, sagt Anne May. Das Angebot im Jahr 2006 gefiel den Mays, weil sie damals dachten: „In fünf Jahren wissen wir, ob Julian jemals einen Arbeits­platz bekommt, und können dann neu über­legen, wie wir das Geld für ihn anlegen.“ Julian wäre dann 23 Jahre alt.

Restlos über­zeugt war das Ehepaar, als der Berater ihnen eine Broschüre zur Anlage aushändigte. „Dort wurde alles bestätigt, was der Berater uns gesagt hatte. Wir haben mit gutem Gewissen unter­schrieben.“

Bis 2010 schien alles in Ordnung. Dann kam ein Brief von der Sparda-Bank München. Darin war von „Liquiditäts­engpässen“ des Fonds die Rede und davon, dass Anleger über ihre Anteile am Fonds Life Trust 6 nicht mehr einfach verfügen könnten. Schlimmer noch: Auf einer außer­ordentlichen Gesell­schafter­versamm­lung wurde sogar diskutiert, ob Anleger nicht Geld nach­schießen sollten, um den klammen Fonds zu retten (siehe Meldung „Hohe Verluste drohen“ aus Finanztest 04/2011).

Anne May erkannte, dass ihre Geld­anlage für Julian alles andere als sicher ist und sogar mit einem Total­verlust enden kann. Nachdem sie zehn Jahre um die Entschädigung für ihren Sohn gekämpft hatte, war sie einem Bank­berater auf den Leim gegangen. Sie schaltete Rechts­anwalt Peter Mattil aus München ein.

„Sparda-Berater machte alles falsch“

Im April hat Rechts­anwalt Mattil die Sparda- Bank per Einschreiben aufgefordert, Anne May die 100 000 Euro wegen fehler­hafter Anla­geberatung zurück­zuzahlen. Im Gegen­zug erhalte die Bank den Lebens­versicherungs­fonds zurück.

Mattil sagt, dass der Sparda-Berater so gut wie alles falsch gemacht habe. Es sei mangelhaft, wenn ein Berater zur Alters­vorsorge einen spekulativen Lebens­versicherungs­fonds empfehle. Noch schlimmer sei es, wenn er zudem keinerlei Risiken erwähne.

Ein seriöser Berater müsse nicht nur alle Risiken erklären, sondern den Anleger auch fragen, ob er sie verstanden habe. Er habe die Pflicht, die Broschüre zum Fonds kritisch zu hinterfragen und nicht nur die Werbesprüche nach­zubeten. Der Mann sei auch verpflichtet gewesen, den Mays den ausführ­lichen Prospekt zu dem Fonds zu geben. Den hat das Ehepaar bis heute nicht erhalten.

Der Sparda-Mann hat den Mays auch nicht gesagt, wie viel Provision Bank und Berater für die Vermitt­lung kassierten. Dabei sind Banken nach Recht­sprechung des Bundes­gerichts­hofs verpflichtet, Kunden ungefragt die Höhe der Provision offen­zulegen.

Sicher ist, dass die Bank an der Vermitt­lung eines solchen Fonds viel verdient, an einer Fest­geld­anlage, die Julians Zukunft gesichert hätte, dagegen kaum etwas. Wie hoch die Provision war, wollte die Sparda-Bank Finanztest aus „haftungs­recht­lichen Umständen“ auch jetzt nicht sagen.

Sparda-Bank prüft den Fall

Mitte Mai wartete Rechts­anwalt Mattil noch auf eine Antwort der Sparda-Bank. Zur selben Zeit hatte sie Finanztest bereits mitgeteilt, dass sie intensiv an der Lösung des Falles arbeite.

„Sollten sich die Kunden­aussagen bestätigen, handelt es sich natürlich um eine fehler­hafte Anla­geberatung, die wir sehr bedauern. In diesem Fall haften wir selbst­verständlich für den bei der Kundin einge­tretenen Schaden“, teilte Christine Miedl, Direktorin Unter­nehmens­kommunikation der Sparda-Bank München, gegen­über Finanztest mit. Wir werden den Fall im Auge behalten.

*Name von der Redak­tion geändert.

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