Fake-Bewertungen

Mit diesen Methoden arbeiten die Fake-Rezensenten

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Gute Bewertungen erzwingen, Produkte nur anhand von Fotos bewerten lassen, Nachbesserungen verlangen, wenn die Rezension nicht positiv genug ist – die Jubel-Dienst­leister lassen sich ziemlich viel einfallen, wenn es darum geht, ihren Auftrag­geber gut dastehen zu lassen. Wir stellen vier Methoden vor, mit denen die Bewertungs-Agenturen im Test Rezensionen manipuliert haben.

Methode 1: Sterne erzwingen

Wir vergaben für alle Produkte eine mittel­prächtige Bewertung, etwa drei Sterne. Damit kamen wir jedoch in jedem vierten Fall nicht durch. Probleme gab es etwa bei den abge­bildeten B12-Vitamin-Kautabletten für Kinder sowie dem Dampf­glätter für Kleidung.

Nur Bestnoten. Agenturen forderten uns auf, Bewertungen auf mindestens vier oder gar fünf Sterne zu korrigieren und teils alle negativen Anmerkungen zu entfernen. Andernfalls wäre die Rezension gestoppt worden und wir hätten umsonst bewertet. Wir haben die Sterne geschönt, wie es in solchen Fällen alle tun müssen, die für die betreffenden Agenturen arbeiten wollen.

Fake-Bewertungen - Wie Verkäufer mit gekauftem Lob Kunden manipulieren

© Stiftung Warentest / Ralph Kaiser, Getty Images

26 Prozent der Bewertungen mussten wir mit mindestens vier oder fünf Sternen versehen. 1)

Das sagt die Agentur: Eine schlechte Bewertung würde „das Produkt des Kunden extrem schädigen. Daher würden wir dich bitten, deine Bewertung ... auf 5 Sterne zu ändern, sodass wir den Auftrag abschließen können.“ Testerjob

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Das sagt die Agentur: „Können Sie uns helfen, auf 4 oder 5 Sterne umzu­steigen? Wir erstatten Ihnen (den Kauf­preis, Anmerkung der Redak­tion) sofort nach dem Umstieg auf 4 oder 5 Sterne. Vielen Dank.“ Lutendo

1) Basis: 42 Bewertungen von 7 Agenturen mit je 6 Fällen. Bei 3 Agenturen wurde gewichtet gerechnet, da mehr Fälle vorlagen.

2) Drei Sterne oder eine mittel­mäßige Bewertung ver­gaben wir für jedes Produkt, das wir bewerten sollten.

Methode 2: Bewertung erfinden

Diese Methode ist besonders dreist. Wir sollten etwa Schuhe, Pullover oder Kopf­hörer lediglich anhand von Fotos bewerten. Die Produkte hatten wir nie in der Hand. Die Agentur Slice­thepie arbeitete durchweg auf diese Weise. Auf ihrer Home­page wurde uns für jede Bewertung ein Foto einge­blendet, wir sollten dann beschreiben, wie etwa der Schuh gepols­tert ist.

Total geheim. Auch eine Dating-App sollten wir uns nur vorstellen, ihren Namen erfuhren wir nicht. Stich­worte und Text­länge nannte uns die Agentur Five­star. Welche App sich mit den frisierten Kommentaren schmü­cken will, blieb offen.

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21 Prozent der Produkte durften wir nicht einmal ausprobieren 1)

Das sagt die Agentur: „Sag uns, was Du denkst“, forderte uns Slice­thepie auf. Wir erhielten nur ein Bild dieses Schuhs und Hinweise zu seinen Eigenschaften wie „flexible Laufsohle“. Danach sollten wir bewerten. Slice­thepie

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Das sagt die Agentur: „Stell Dir einfach vor, du hättest dir eine Dating-App herunter­geladen, bist sehr zufrieden damit und schreibst eine Bewertung ... Halte die Bewertung eher allgemein.“ Five­star

1) Basis: 42 Bewertungen von 7 Agenturen mit je 6 Fällen. Bei 3 Agenturen wurde gewichtet gerechnet, da mehr Fälle vorlagen.

2) Drei Sterne oder eine mittel­mäßige Bewertung ver­gaben wir für jedes Produkt, das wir bewerten sollten.

Methode 3: Druck aufbauen

Ob Tisch­lampe, Gesichts­creme oder Frosch-Haarreif – bei all unseren Drei-Sterne-Bewertungen hakte die Agentur Rezendo penetrant nach: Wann immer wir auf der Platt­form unsere abge­speckten Sterne vergaben, ploppte auto­matisch in roter Schrift die Frage auf, ob wir uns mit der Bewertung sicher sind.

Einknicken. Wir haben die Nach­frage konsequent ignoriert und durften drei Sterne vergeben. Rezensenten, die – im Unterschied zu uns – ihren „Lohn“ für die gekaufte Bewertung nicht riskieren wollen, könnten allerdings versucht sein nach­zubessern.

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14 Prozent unserer Drei-Sterne-Wertungen wurden hinterfragt 1)

Das sagt die Agentur: „Bist du dir mit deiner Bewertung sicher?“ Diese Frage blendete die Bewertungs­platt­form Rezendo unermüdlich in roter Schrift bei jedem Produkt ein, für das wir lediglich drei Sterne vergeben wollten. Rezendo

1) Basis: 42 Bewertungen von 7 Agenturen mit je 6 Fällen. Bei 3 Agenturen wurde gewichtet gerechnet, da mehr Fälle vorlagen.

2) Drei Sterne oder eine mittel­mäßige Bewertung ver­gaben wir für jedes Produkt, das wir bewerten sollten.

Methode 4: Hoch­jubeln

Es kam auch vor, dass wir bei Amazon zusätzlich zu unserer eigenen Bewertung – etwa für Toilettenbürsten – eine gute Bewertung anderer Rezensenten für das Produkt als „nützlich“ markieren sollten. Die Nützlich­keit von Bewertungen lässt Amazon in seine Sternebe­rechnung einfließen – es lohnt sich also, da zu manipulieren.

Fake-Bewertungen - Wie Verkäufer mit gekauftem Lob Kunden manipulieren

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2  Prozent der Fälle erhielten einen Zusatz­auftrag: Wir sollten bestimmte Bewer­tungen als nützlich markieren 1)

Das sagt die Agentur: „Bitte markiere noch eine gute Bewertung mit ‚Nützlich’, dafür erhältst du auch mehr Bonus­punkte.“ Five­star

1) Basis: 42 Bewertungen von 7 Agenturen mit je 6 Fällen. Bei 3 Agenturen wurde gewichtet gerechnet, da mehr Fälle vorlagen.

2) Drei Sterne oder eine mittel­mäßige Bewertung ver­gaben wir für jedes Produkt, das wir bewerten sollten.

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36 Kommentare Diskutieren Sie mit

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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • rcfman am 30.07.2021 um 11:04 Uhr
    Warum nicht?

    Hallo zusammen,
    erstmal Danke für den Artikel. Mein Kommentar dazu:
    Leider ist es so, dass die meisten erst dann eine Bewertung abgeben, wenn etwas negativ ist. Wenn alles gut läuft, bemüht sich keiner eine positive Bewertung zu schreiben. Damit haben viele Firmen zu kämpfen, da z. B. bei Kununu die meisten Bewertungen von Ex-Mitarbeitern geschrieben werden. Wie diese ausfallen, ist nicht schwer zu erraten. https://www.creaticom.de/arbeitgeber-bewertungen-kaufen/ Deswegen muss man seine Mitarbeiter und Kunden dazu animieren Erfahrungen zu schreiben und bei Problemen einen direkten Weg zum Dialog zu suchen.
    Grüße
    Alex

  • Googleneindanke am 19.03.2021 um 22:43 Uhr
    Interessant, hier aber naturgemäß etwas einseitig

    Fake-Bewertungen sind nicht nur ein Mittel der Beeinflussung der Anbieter.
    Auch Kunden, Käufer und Trolle sind oft Verfasser von unsinnigen,
    irreführenden und fehlbeeinflussenden "Bewertungen".
    Es wird gelogen, aus dem Zusammenhang gerissen, wichtige Fakten werden
    weggelassen, überforderte Nichtfachleute richten über Meister.
    Sehr fiese Aussagen wurden zB. gemacht, wenn unser Betrieb nicht zulässige
    Baumaßnahmen freundlich ablehnte. Die Kunden verstanden nicht, daß man sich und sie
    nur so vor einem Baustop und teuren Rückbaukosten schützen konnte.
    Falschbewertungen sind also keine einseitige Sache.
    Ein großer Skandal ist, daß rufschädigende Falschbewertungen
    rechtlich kaum geahndet werden ("Meinungsfreiheit") und sie (zB. Google)
    von nur seltenst gelöscht werden!
    Sagt man einem Richter mal freundlich seine freie Meinung, ist es
    mit der Meinungsfreiheit aber schnell Essig.
    Von ausgewogener Fairness sind wir weit entfernt. Im Kleinen sind ein
    paar "Schummel-Bewertungen" oft nur Notwehr.

  • WB1450 am 08.11.2020 um 10:43 Uhr
    Ein Datenleck zeigt, wie Amazon-Bewertungen gekau


    https://www.heise.de/news/Ein-Datenleck-zeigt-wie-Amazon-Bewertungen-gekauft-werden-4944863.html

  • WB1450 am 18.09.2020 um 13:48 Uhr
    Amazon Bewertung: Isana - Flüssigseife

    https://www.amazon.de/dp/B086G7XMN2/ref=pe_1604851
    kostet bei Amazon 7,19 € "cleverer Verkäufer"
    Bei Rossmann kostete dieses Produkt 0,65 @ (500ml Flasche)
    Mir ist es zufällig aufgefallen und hab eine Bewertung geschrieben.
    Wurde natürlich nicht veröffentlicht....

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 14.09.2020 um 10:15 Uhr
    Produktauswahl Ultraschallzahnbürsten

    @Alechs: Die üblichen Zahnbürsten (elektrische Rundkopf- und Schallzahnbürsten sowie Handbürsten) arbeiten mechanisch durch Bürsten, die per Druck durch die Hand oder mit Schwingungen (Vibrationen) die Zahnoberfläche reinigen. Die Ultraschallzahnbürste soll hingegen ohne Bewegung - bisher nur mit einer Spezialzahncreme - und durch Ultraschall die Zähne reinigen. Sie ist damit nicht mit den üblichen elektrischen Bürsten vergleichbar. Ein Vergleichstest, wie test ihn durchführt, ist hier nicht möglich. Daher haben wir diese Produkte bisher nicht in unsere Tests einbezogen. Laut unserer Marktanalyse ist der Marktanteil dieser Bürsten übrigens sehr gering. Sollten Sie sich für eine solche Ultraschallzahnbürste interessieren, bitten wir Sie, Ihren Zahnarzt bezüglich der Wirksamkeit zu Rate zu ziehen. (bp)