Es ist nicht alles Gold, was glänzt – der Volksmund weiß das längst. Bei Sterne-Bewertungen ist das nicht anders. Im Internet wird rezensiert und frisiert, was das Zeug hält. Ob Toaster, Ärzte, Hotels, Restaurants oder Schulen: Für fast alles gibt es Kritiken auf Portalen wie Google, Amazon oder Holidaycheck und nicht alle davon sind „echt“. So erkennen Sie manch eine Fake-Bewertung und filtern hilfreiche Rezensionen heraus:
Nach Mängeln suchen
Lassen Sie sich nicht von vielen positiven Bewertungen beeindrucken. Lesen Sie lieber die negativen Kritiken und suchen Sie nach Übereinstimmungen. Klagen mehrere Nutzer über denselben Mangel, kann das ein Indiz für eine Schwachstelle sein.
Stichwörter eingeben
Fahnden Sie über die Suchfunktion Ihres PCs oder Handys in den Kommentaren nach Schlagwörtern, die Ihnen wichtig sind. Etwa nach „kaputt“, wenn Sie herausfinden wollen, wie lange die Ware gehalten hat.
Rezensenten checken
Klicken Sie bei Amazon oder Google auf das Profil eines Rezensenten, dort lassen sich seine Kritiken einsehen. Wer immer fünf Sterne vergibt oder in einer Woche zehn Handys bewertet, ist sehr wahrscheinlich kein normaler Verbraucher.
Muster beachten
Häufen sich positive Bewertungen innerhalb kurzer Zeit oder folgen auf eine schlechte mehrere richtig gute Bewertungen, wurde womöglich getrickst.
Wörter wälzen
Geben Sie ungewöhnliche Formulierungen, die Sie in der Bewertung lesen, in eine Suchmaschine ein – tauchen sie im selben Wortlaut bei anderen Produkten auf, ist das verdächtig.
Im Kopf ausblenden
Hinweise wie „Ware flott geliefert“ beeinflussen die Bewertung, sagen aber nichts über die Produktqualität.
Amazons Sterne – Das steckt wirklich dahinter
Onlinehändler Amazon lässt sich einiges einfallen, um Kunden die Kaufentscheidung zu erleichtern: Goldene Sterne und kleine Banner mit der Aufschrift „Amazon‘s Choice“ oder „Bestseller“ heben vermeintliche Top-Produkte hervor. Blind vertrauen sollten Sie darauf nicht.

Galaktischer Nebel. Ein Algorithmus berechnet die Sterne. © Screenshot Stiftung Warentest
Kein Durchschnittswert. Waren lassen sich auf einer Skala von bis zu fünf Sternen bewerten. Viele Kaufinteressenten orientieren sich an der Gesamtzahl der Sterne für ein Produkt und halten sie für einen Durchschnittswert, gebildet aus allen Rezensionen. Weit gefehlt! Ein Algorithmus berechnet die Sterne nach festen Kriterien – etwa wie alt eine Bewertung ist, wie nützlich andere Kunden sie fanden, ob es sich um einen verifizierten Kauf handelt. Zwei dieser Faktoren lassen sich leicht manipulieren, wie unser Test zeigt. Das erklärt, warum unter scheinbar tollen Vier-Sterne-Produkten oft viele schlechte Kritiken stehen.

Amazons Wahl. Das vermeintliche „Gütesiegel“ schmückt oft keine Schnäppchen. © Screenshot Stiftung Warentest
Amazon‘s Choice. „Amazons Wahl“ – das klingt, als hätte ein Experten-Team sorgsam ausgewählt. Aber auch dahinter verbirgt sich nur ein Rechenmodell. Laut Amazon handelt es sich um sehr gut bewertete Produkte zu einem attraktiven Preis. Das „Sehr gut“ bezieht sich auf die per Algorithmus errechneten Sterne. Eine Stichprobe der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen bestätigte den „attraktiven Preis“ überwiegend nicht. Sie ergab: 34 von 50 Choice-Produkten waren bei anderen Händlern teils deutlich günstiger.
Bestseller. Wer auf den Schriftzug „Bestseller“ klickt, erhält die Verkaufshitliste einer Produktgruppe und den Hinweis: „Unsere beliebtesten Produkte, basierend auf Bestellungen. Stündlich aktualisiert.“ Bestseller sind also Waren, für die sich viele Kunden entscheiden – auch aufgrund glänzender Sterne und Markierungen wie Amazon‘s Choice.
Recht und Gesetz – da tut sich was
Gegen das florierende Geschäft mit manipulierten Verbraucher-Bewertungen wollen nun auch Politik und Justiz etwas unternehmen. EU-Kommission und Bundeskartellamt gehen erste Schritte, um Verbraucher zu schützen.
Neuer Deal. In die Pflicht nimmt die EU-Kommission Internetseiten, die Kundenbewertungen veröffentlichen. Sie sollen künftig offenlegen, ob und wie sie kontrollieren, dass Rezensionen von echten Kunden stammen, die die Waren gekauft und benutzt haben. Die Regelung ist Teil der EU-Richtlinie „New Deal for Consumers“, die am Jahresanfang in Kraft trat. Wermutstropfen: Die EU-Mitgliedstaaten haben zwei Jahre Zeit, um die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen.
Website-Betreiber gefragt. Hierzulande hat das Bundeskartellamt eine „Sektoruntersuchung zu Nutzerbewertungen“ eingeleitet. Das Amt befragt derzeit zahlreiche Website-Betreiber, die mit Rezensionen arbeiten oder Dienstleistungen rund um Bewertungen anbieten.
Freiwillige Norm. Mittlerweile gibt es eine Norm für Online-Kundenbewertungen. Portale können sich über Din Iso 20488 zertifizieren lassen, wenn sie standardisiert überprüfen, ob Bewertungen von echten Kunden stammen. Das hilft nicht immer, da manche Kunden nur scheinbar echt sind, wie unser Test zeigt.
Sagen, was die Sterne sagen
In Tarifvergleichen im Internet muss klar sein, was Sterne-Bewertungen bedeuten und wie sie zustandekommen. Das hat das Landgericht Leipzig nach einer Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) gegen einen Versicherungsmakler entschieden. Auf seiner Webseite tarifcheck.de bot dieser einen Vergleich von Haftpflichtversicherungen an. In der Ergebnisliste waren die Tarife mit einem bis fünf Sternen von „sehr schlecht“ bis „sehr gut“ bewertet. Die Sterne wurden aber nicht wie üblich von Verbraucherinnen und Verbrauchern vergeben. Stattdessen hatte der Makler selbst die von ihm vermittelten Versicherungen bewertet. Das war auf der Webseite nicht ersichtlich. Nun muss der Versicherungsmakler darauf hinweisen und auch die Kriterien für seine Urteile nennen (Az. 5 O 1789/19).
Noten statt Stars – wir bewerten anders
Die Noten der Stiftung Warentest lassen sich im Gegensatz zu den Sterne-Bewertungen nicht kaufen – wir sind unabhängig. Unsere Urteile unterscheiden sich zudem stark von Kundenmeinungen.
Ausprobieren reicht nicht. Unsere Experten testen mit wissenschaftlichen Methoden und enormem Aufwand in Speziallabors. Dort zerlegen sie zum Beispiel Kopfhörer und untersuchen sie auf Schadstoffe. Unsere IT-Profis entschlüsseln den Datenstrom von Baby-Webcams und probieren aus, ob Fremde die Videos abfischen können. Laien können diese Schwachstellen nicht entdecken, daher fließen sie nicht in die Sterne ein.
Mehrere Produkte vergleichen. Verbraucher schätzen ein einzelnes Produkt ein, wir vergleichen und bewerten mehrere Geräte oder Dienstleistungen untereinander. Unsere Urteile sagen etwas darüber aus, wie gut oder schlecht etwa ein Radio oder eine App im Vergleich zu anderen Radios oder Apps ist.
Ohne Emotion. Wir benoten auf Basis neutraler Testergebnisse. Unsere Tester sind nicht sauer, weil die teure Neuanschaffung nicht ihren Vorstellungen entspricht. Wer sich dagegen den Aufwand macht, eine Rezension zu schreiben, hat sich oft über eine Ware sehr gefreut oder geärgert. Emotionen prägen die Bewertung.
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- Bei Online-Käufen außerhalb der EU werden Steuern und Zoll fällig. Paketdienste verlangen Extra-Gebühren. Infos zu Zoll und Steuern und ein Zollrechner.
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- Bei Onlinekäufen dürfen Händler von den Kunden Gebühren für die Nutzung von Paypal oder Sofortüberweisung erheben. Sie müssen aber ein kostenfreies Zahlungsmittel...
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- Digitale Kundenkarten bringen meist wenig Ersparnis. Dafür sammeln sie Daten ohne Ende. Sind Rabatt-Apps eher Köder als Sparangebot? Wir haben 13 Programme getestet.
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Hallo zusammen,
erstmal Danke für den Artikel. Mein Kommentar dazu:
Leider ist es so, dass die meisten erst dann eine Bewertung abgeben, wenn etwas negativ ist. Wenn alles gut läuft, bemüht sich keiner eine positive Bewertung zu schreiben. Damit haben viele Firmen zu kämpfen, da z. B. bei Kununu die meisten Bewertungen von Ex-Mitarbeitern geschrieben werden. Wie diese ausfallen, ist nicht schwer zu erraten. https://www.creaticom.de/arbeitgeber-bewertungen-kaufen/ Deswegen muss man seine Mitarbeiter und Kunden dazu animieren Erfahrungen zu schreiben und bei Problemen einen direkten Weg zum Dialog zu suchen.
Grüße
Alex
Fake-Bewertungen sind nicht nur ein Mittel der Beeinflussung der Anbieter.
Auch Kunden, Käufer und Trolle sind oft Verfasser von unsinnigen,
irreführenden und fehlbeeinflussenden "Bewertungen".
Es wird gelogen, aus dem Zusammenhang gerissen, wichtige Fakten werden
weggelassen, überforderte Nichtfachleute richten über Meister.
Sehr fiese Aussagen wurden zB. gemacht, wenn unser Betrieb nicht zulässige
Baumaßnahmen freundlich ablehnte. Die Kunden verstanden nicht, daß man sich und sie
nur so vor einem Baustop und teuren Rückbaukosten schützen konnte.
Falschbewertungen sind also keine einseitige Sache.
Ein großer Skandal ist, daß rufschädigende Falschbewertungen
rechtlich kaum geahndet werden ("Meinungsfreiheit") und sie (zB. Google)
von nur seltenst gelöscht werden!
Sagt man einem Richter mal freundlich seine freie Meinung, ist es
mit der Meinungsfreiheit aber schnell Essig.
Von ausgewogener Fairness sind wir weit entfernt. Im Kleinen sind ein
paar "Schummel-Bewertungen" oft nur Notwehr.
https://www.heise.de/news/Ein-Datenleck-zeigt-wie-Amazon-Bewertungen-gekauft-werden-4944863.html
https://www.amazon.de/dp/B086G7XMN2/ref=pe_1604851
kostet bei Amazon 7,19 € "cleverer Verkäufer"
Bei Rossmann kostete dieses Produkt 0,65 @ (500ml Flasche)
Mir ist es zufällig aufgefallen und hab eine Bewertung geschrieben.
Wurde natürlich nicht veröffentlicht....
@Alechs: Die üblichen Zahnbürsten (elektrische Rundkopf- und Schallzahnbürsten sowie Handbürsten) arbeiten mechanisch durch Bürsten, die per Druck durch die Hand oder mit Schwingungen (Vibrationen) die Zahnoberfläche reinigen. Die Ultraschallzahnbürste soll hingegen ohne Bewegung - bisher nur mit einer Spezialzahncreme - und durch Ultraschall die Zähne reinigen. Sie ist damit nicht mit den üblichen elektrischen Bürsten vergleichbar. Ein Vergleichstest, wie test ihn durchführt, ist hier nicht möglich. Daher haben wir diese Produkte bisher nicht in unsere Tests einbezogen. Laut unserer Marktanalyse ist der Marktanteil dieser Bürsten übrigens sehr gering. Sollten Sie sich für eine solche Ultraschallzahnbürste interessieren, bitten wir Sie, Ihren Zahnarzt bezüglich der Wirksamkeit zu Rate zu ziehen. (bp)