

Besser, schöner, billiger: Nach solchen Kriterien suchen Verbraucher meist ihre Technikspielzeuge aus. Dass die billige Produktion starker Technik anderswo zu Lasten von Umwelt und Menschen geht, dringt nur gelegentlich ins Bewusstsein. Ein kleines Amsterdamer Unternehmen will das ändern. Was ist dran am Fairphone?
Ein Handy, das seine Herkunft erklärt


Wenn Anbieter ihre Produkte beschreiben, geht es meist um schnelle Prozessoren, tolle Displays, tolle Ausstattung. Auf der Website zum Fairphone geht es um ganz andere Sachen: faire Arbeitsbedingungen, konfliktfreie Rohstoffe, Nachhaltigkeit. Dabei setzt der niederländische Anbieter auf Transparenz und Offenheit. Detailliert schlüsselt er den Verkaufspreis von – je nach nationalem Mehrwertsteuersatz – rund 325 Euro auf und zeigt dabei auch, wieviel davon in Initiativen für verbesserte Arbeitsbedingungen (9,43 Euro) und Recycling (5 Euro) gehen. Er veröffentlicht eine Liste seiner Zulieferer und einen Bericht über die Arbeitsbedingungen in der chinesischen Fabrik, die das Fairphone zusammenbaut. So soll das Gerät auch stellvertretend für eine neue Form von Transparenz (sprich: Durchschaubarkeit) sein – „a practical starting point for telling the story of how our economy functions“, wie es auf der Fairphone-Website heißt.
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Offenes Design – in Software...
Der Anspruch der Offenheit erstreckt sich auf das Produkt selbst. „Smart“ soll sein Design sein, offen und verantwortlich. So läuft das Fairphone mit einer Version des Android-Systems, deren Quellcode öffentlich ist. Darum wird das Gerät ohne die beliebten Google-Apps wie den Play Store oder Google Maps ausgeliefert. Denn die sind nicht quelloffen. Der Nutzer kann sie bei Bedarf aber mühelos nachinstallieren. Ebenfalls ungewöhnlich offen: Beim Fairphone hat der Nutzer ab Werk sogenannten „Root-Zugriff“ – das entspricht in etwa Administratorenrechten auf einem Windows-Rechner. So kann er – mit dem nötigen technischen Sachverstand – tiefer ins System eingreifen, als bei handelsüblichen Android-Handys. Auch soll der Nutzer alternative Betriebssysteme wie Ubuntu oder Firefox OS installieren können – theoretisch. Verfügbar sind entsprechende Versionen fürs Fairphone bislang nicht.
... und Hardware?
Bei der Hardware ist der Anspruch von besonderer Offenheit und Verantwortung schon schwieriger nachzuvollziehen. Der Umwelt soll nützen, dass das Fairphone ohne Netzteil und USB-Kabel kommt – viele Nutzer besitzen ja schon welche. Auch kann der Nutzer beim Fairphone problemlos den Akku wechseln. Das dient der Nachhaltigkeit, ist aber bei weitem kein Alleinstellungsmerkmal. Beim Auseinandernehmen des Geräts bemerkte unser Labor positiv, dass Teile nur verschraubt und nicht verklebt waren. Das ist reparatur- und recyclingfreundlich, aber wie der Wechselakku nichts Außergewöhnliches. Schon ungewöhnlicher: Fairphone bietet seinen Endkunden inzwischen auch Ersatzteile an. Der einschlägige Dienstleister iFixit hat eine Reihe von Reparaturanleitungen veröffentlicht. Dort erfahren technisch versierte Nutzer, wie sie bei ihrem Fairphone selbst Komponenten wie Display, Lautsprecher oder WLan-Antenne austauschen können.
Wie fair ist das Fairphone?
Ansonsten bleibt manches noch Ankündigung. Den hohen Anspruch, ein Handy aus konfliktfreien Rohstoffen anbieten zu wollen, kann der Anbieter bislang nur für zwei von über dreißig verbauten Metallen erfüllen: Zinn und Tantal kommen aus entsprechenden Projekten in der Republik Kongo. Auch damit geht er aber offen um: „Das Fairphone ist noch lange nicht fair“, schreibt der Anbieter, „es ist ein Anfangspunkt auf einer schrittweisen Reise.“ Manche Kritiker tun das Ganze als Marketing-Masche ab – schließlich bekennen sich auch andere Anbieter zu sozialer Verantwortung und Nachhaltigkeit und stellen es nur nicht so in den Vordergrund. Umweltverbände und Verbraucherorganisationen urteilen milder. Bei aller Unvollkommenheit sehen sie im Fairphone ein willkommenes marktpolitisches Signal. So kommt Germanwatch in einem durchaus nicht unkritischen Bericht zu dem Schluss: „Das Fairphone ist noch kein komplett faires Smartphone und somit noch nicht die Lösung für alle Probleme (...), aber es kann ein Anfang sein für notwendige Veränderungen in der gesamten Branche.“
Und was taugt das Gerät?
Doch was handeln sich verantwortungsbewusste Handykäufer eigentlich ein, wenn sie aus politischer Überzeugung zum Fairphone greifen? Im Handytest zeigt sich das Gerät als eher einfaches Mittelklasse-Smartphone ohne dramatische Stärken und Schwächen. Das Display des Fairphone ist weniger hochauflösend und brillant als das vieler Konkurrenten, erfüllt aber seinen Zweck. Eine Besonderheit ist der Steckplatz für eine zweite Sim-Karte („Dual-Sim“). So kann der Nutzer gleichzeitig einen privaten und einen dienstlichen Anschluss nutzen, oder separate Verträge fürs Telefonieren und für die Datenübertragung. Anders als andere Geräte um 300 Euro funkt das Gerät nicht in schnellen LTE-Netzen. Positiv ist dafür seine hohe Netzempfindlichkeit im GSM-Netz. Die Kamera macht bei gutem Licht gute Fotos, bei schwachem Licht eher nicht. Obwohl das Gerät etwas pummelig und mit 160 Gramm auch nicht gerade leicht ist, fallen die Akkulaufzeiten mit 4 Stunden im Surfbetrieb eher mittelprächtig aus.
Fazit: Brauchbares Smartphone für engagierte Käufer
Mit der Entscheidung für ein Fairphone kann der Käufer ein Zeichen setzen. Je mehr Abnehmer das Fairphone findet, umso deutlicher wird damit auch für andere Anbieter: Es gibt einen Markt für Geräte, deren Hauptfokus auf Verantwortung und Nachhaltigkeit statt auf technischer Leistung und günstigem Preis liegt. Wem ein solches Signal einen gewissen Aufpreis wert ist, der bekommt mit dem Fairphone kein Spitzengerät, aber ein praxistaugliches Smartphone. Derzeit ist das Gerät allerdings nicht verfügbar. Die nächste Charge – laut Anbieter mit etwas schnellerem Prozessor – soll im Mai kommen und dann nur noch 310 Euro kosten.
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Ich würde mich über eine Bewertung des Shiftphone durch Stiftung Warentest freuen. Es versucht ähnlich, wie das Fairphone auf faire Arbeitsbedingungen und Nachhaltigkeit zu setzen und ich habe gehört, dass es besser sein soll als das Fairphone.
An sich ein gutes Telephon, aber von wegen nachhaltig, zwei Jahre Kreislauf und es gibt ja alle Ersatzteile, weswegen ich mich letztlich dafür entschieden habe - im Ernstfall merkt man, das ist nichts als leeres Blabla und verarsche. Wem, wie mir die Scheibe gesprungen ist, was wohl der häufigste Defekt sein dürfte, kann eine neue nur zusammen mit einem kompletten neuen Display für den Preis eines neuen kleinen Smartphones kaufen und nicht bloß das Glas. Ja wirklich, absolut Nachhaltig. Dabei wurde gerade, dass Scheibe und Display nicht verklebt sind als Pro Argument beworben! Ich wünschte wirklich, ich hätte irgendein beliebiges Sony oder Samsung, das würde jetzt im Reparaturshop an de Ecke liegen und wäre morgen wieder heil, für ein Drittel des Preises.
Vor einer Woche besuchte ich während eines Amsterdamsaufenthaltes die Fairphone Hersteller. H"Headquarter" ist in einem alten Lagerhaus (Dockhaus) im nördl. Teil der Stadt. Vom Treppenhaus bin ich mit meiner Frau durch eine Türe marschiert, die mit dem Namen "Fairphone" angeschrieben war und stand unmittelbar in einem grossen Raum mit grossen Tischen. Um diese Tische sassen lauter junge Leute, die am Arbeiten waren. Bald stand ein junger Mann auf und fragte nach unserem Anliegen. Als wir ihm erzählten, dass wir aus der Schweiz seien und Fairphone-Besitzer seien, bat er uns Platz zu nehmen. Ein interessantes Gespräch entspann sich und uns war bald klar, dass diese jungen Menschen vollen Einsatz geben für ein Produkt, das nachhaltig und möglichst fair produziert wird. Der junge Mann erzählte von seinem 6 monatigen Aufenthalt in China bei der Firma, diese diese Faiphones herstellt (mehr unter http://www.fairphone.com). Der Techniker schaute sich unsere Fairphones genauer an, brachte sie
Ich bin der glückliche Besitzer eines Fairphones "First Edition". Ich benutze dieses Handy nun seit Januar 2014 im täglichen Gebrauch. Im Vergleich zu meinem vorherigen Gerät (Sonyericson) merke ich als "Normaluser" in Sachen Geschwindigkeit keinen Unterschied. Auch wenn ich das Fairphone Spezialisten in die Hände geben, die es dann vergleichen mit einem Apple Iphone oder anderen Android Smartphones, bekomme ich die Auskunft, dass sie so direkt beim Gebrauch keinen Unterschied feststellen können in Sachen Schnelligkeiten, Handling etc. Einzig wird mir zurückgemeldet, dass das Fairphone gut in der Hand liege und die meisten PrüferInnen das etwas schwerere Gewicht schätzen, da man fühlt, dass die Hülle nicht aus Plastik, sondern eben aus Alu, einem hochwertigen Material besteht. Auch das Speichern von Fotos, Musik und Worddokumenten ist kein Problem. Die Sprachqualität beim telefonieren ist sehr gut. Der Akku hält nach 10 Monaten normalem Gebrauch bei mir noch über 2 Tage.
Ihr Satz "Den hohen Anspruch, ein Handy aus konfliktfreien Rohstoffen anbieten zu wollen, kann der Anbieter bislang nur für zwei von über dreißig verbauten Metallen erfüllen" ist zumindest missverständlich, da es per Definition überhaupt nur vier verschiedene Konfliktmineralien gibt: Wolfram, Gold, Zinn und Tantal. Die übrigen 26+ verbauten Metalle sind demnach bereits "konfliktfrei", zumindest in dem Sinne, in dem dieser Begriff heute genutzt wird.
Viele Grüße!