Mehr Kosten für Fahrten, Übernachtungen und Verpflegung können viele Arbeitnehmer absetzen, die 2014 auf Achse waren.
Tanja Postrak arbeitet beim Feinkostunternehmen Lindner. Sie kontrolliert in 33 Berliner und Potsdamer Geschäften die Qualität der Waren. Für ihre Fahrten gibt sie beim Finanzamt mehr Reisekosten als bisher an. Die 39-Jährige profitiert von neuen Regeln – wie viele Arbeitnehmer, die 2014 dienstlich unterwegs waren.
Vorteile haben auch Architekten, Aushilfslehrer, Zusteller, Monteure und Handwerker, die auswärts gearbeitet haben. Und alle diejenigen, die auf Achse waren, weil sie Fahrzeuge steuern, wie Piloten, Notarztwagen- und Busfahrer. Auch Arbeitnehmer, die Auswärtstermine, Bewerbungen, Fortbildungen und Kongresse besuchten, sind dienstlich gereist.
Das Finanzamt berücksichtigt in solchen Fällen Fahrt-, Verpflegungs- und Übernachtungskosten, die der Arbeitgeber nicht ersetzt hat. Neu ist: Für die Verpflegung setzt jeder, der mehr als acht Stunden unterwegs war, mindestens 12 Euro am Tag ab. Bisher waren es gerade mal 6 Euro.
1 000-Euro-Hürde
Der Nachweis von Werbungskosten lohnt sich, wenn Gewerkschaftsbeiträge, Arbeitszimmer-, Fortbildungskosten und andere Ausgaben für den Beruf mehr als 1 000 Euro im Jahr betragen. Tanja Postrak schafft die Hürde schon mit ihren Reisekosten. Sie rechnet die einzelnen Posten in der Steuererklärung wie alle ab, die Reisekosten absetzen können. Ausgangspunkt ist jeweils die eigene Arbeitssituation So viel erkennt das Finanzamt an.
Nur Entfernungspauschale
Bevor Arbeitnehmer mit der Reisekostenabrechnung loslegen, klären sie, welche Strecken gewöhnliche Arbeitswege sind und für welche sie Reisekosten abrechnen können. Waren sie zum Beispiel von der Wohnung zur einzigen oder ersten von mehreren Tätigkeitsstätten unterwegs, dürfen sie nur die einfache Entfernung mit pauschal 30 Cent je Kilometer abrechnen. Oder sie geben ihre Kosten für öffentliche Verkehrsmittel an, wenn das günstiger ist.
Beispiel: Ist die einzige Tätigkeitsstätte 20 Kilometer von der Wohnung entfernt, betragen die Kilometerpauschalen je Arbeitstag 6 Euro. Ein Arbeitnehmer, der 220 Tage im Betrieb war, kommt auf 1 320 Euro im Jahr. Die vergleicht er mit seinen Kosten für Bus und Bahn. Sind diese höher als 1 320 Euro, gibt er seine Ticketkosten an.
Arbeitnehmer mit mehreren Tätigkeitsstätten müssen wissen, welche die erste ist, wenn sie für Wege zu den anderen Reisekosten absetzen wollen. Ist die jetzige Situation steuerlich ungünstig, sollten sie den Chef um eine andere Lösung bitten Mehrere Tätigkeitsstätten.
Das kann auch für alle sinnvoll sein, die vor der Arbeit Sammelpunkte wie Busdepots oder Firmensitze aufsuchen. Hat der Arbeitgeber den Treff angeordnet, berücksichtigt das Finanzamt zwar Verpflegungspauschalen und Übernachtungskosten. Für den Weg von daheim zum Sammelpunkt zählen aber nur die Entfernungspauschale von 30 Cent je Kilometer oder die Kosten für öffentliche Verkehrsmittel Wechselnde Einsatzstellen oder Fahrzeuge als Arbeitsplatz.
In der Steuererklärung machen Arbeitnehmer solche Ausgaben auf der Anlage N geltend — neuerdings unter der Überschrift „Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte/Sammelpunkt/weiträumigem Tätigkeitsgebiet ... “.
Von der Wohnung zu weiträumigen Tätigkeitsgebieten fahren zum Beispiel Zusteller oder Förster. Sie dürfen zwar für alle Wege Reisekosten beim Finanzamt absetzen, für ihre Fahrtkosten zum Tätigkeitsgebiet gilt das aber nicht.
Viele Reisekosten abrechnen
Tanja Postrak können solche Unterschiede egal sein. Sie startet von zuhause zu den Lindner-Geschäften. Für sämtliche Fahrten rechnet sie Reisekosten ab, weil sie keine erste Tätigkeitsstätte hat.
Fahrt-, Übernachtungs- und Reisenebenkosten listet die Berlinerin formlos auf einem Blatt Papier auf und trägt die Summe in die Anlage N zur Steuererklärung ein. Weiter unten auf dem Vordruck macht sie Angaben zu ihren Verpflegungspauschalen.
Verpflegung. Je nach Abwesenheit von der Wohnung, ersten oder einzigen Tätigkeitsstätte betragen die Pauschalen:
- 12 Euro am Tag bei mehr als acht Stunden Abwesenheit,
- 24 Euro am Tag bei 24 Stunden Abwesenheit,
- 12 Euro für den Anreisetag und 12 Euro für den Abreisetag, wenn Arbeitnehmer auf Reisen übernachtet haben.
Beispiel: War Tanja Postrak an zehn Tagen mehr als 8, aber weniger als 24 Stunden von daheim abwesend, stehen ihr Verpflegungspauschalen von 120 Euro zu.
Arbeitnehmer wie die Berlinerin erhalten unbegrenzt Verpflegungspauschalen, weil sie keinen festen Arbeitsort haben. Bei allen anderen ist nach drei Monaten Schluss. War ihre Auswärtstätigkeit mindestens vier Wochen unterbrochen, beginnt die Frist aber neu. Der Grund der Unterbrechung ist egal.
Mahlzeiten. Neu ist, dass jede kostenlose Mahlzeit angerechnet wird. Für ein Frühstück sinkt die Tagespauschale um 4,80 Euro, für ein Mittag- oder Abendessen um 9,60 Euro. Und wer eine verbilligte Mahlzeit erhält, muss mindestens so viel selbst zur Rechnung beisteuern, um die volle Verpflegungspauschale zu erhalten.
Beispiel: Hat Tanja Postrak an drei Tagen gratis mittags gegessen, rechnet sie zwar trotzdem 120 (10 x 12) Euro als Verpflegungspauschalen ab. Die drei Mittagessen schlagen aber mit 28,80 Euro zu Buche. Auch diesen Betrag gibt sie auf der Anlage N zur Steuererklärung an. Das Finanzamt wird ihn später von den Pauschalen abziehen.
Fahrten. Jetzt kommen die Fahrtkosten, die jeder als Reisekosten absetzen kann:
- Für Pkw-Fahrten zu den einzelnen Tätigkeitsstätten berücksichtigt das Finanzamt pauschal 30 Cent für jeden hin- und hergefahrenen Kilometer. Für Fahrten mit anderen Fahrzeugen sind es 20 Cent. Alternativ dürfen Arbeitnehmer ihren individuellen Kilometersatz abrechnen, den sie aus der Fahrzeugleistung und den Fahrzeugkosten des Jahres ermitteln können.
- Für Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln geben sie ihre Ticketkosten an.
- Auch Nebenkosten machen sie geltend – etwa Park-, Mautgebühren, Garagenmieten, Gepäck- und Mietwagenkosten.
Beispiel: Ist Tanja Postrak 2014 mit dem Wagen zwischen ihrer Wohnung und den Feinkost-Geschäften insgesamt 4 000 Kilometer gependelt, setzt sie Pauschalen von 1 200 Euro ab.
Übernachtungen. Für Übernachtungen in Deutschland erkennt das Finanzamt auch Hotelkosten an, wenn Belege vorliegen.
Neu ist: Dauert die Auswärtstätigkeit an einer einzigen Tätigkeitsstätte länger als 48 Monate, ändert sich das. Nach dieser Zeit dürfen Arbeitnehmer maximal 1 000 Euro im Monat für ihre Unterkunft als Werbungskosten abrechnen. An den anderen Reisekosten ändert sich aber nichts.
War die Auswärtstätigkeit 2014 mindestens sechs Monate unterbrochen, beginnt die Vierjahresfrist neu. Welchen Grund die Unterbrechung hatte, ist egal.
Tanja Postrak gibt keine Hotelkosten an, weil sie an ihren Arbeitstagen immer zuhause übernachtet hat.
Fortbildungen und Kongresse
Für berufliche Fortbildungen, Bewerbungsgespräche und Veranstaltungen wie Kongresse erkennt das Finanzamt ebenfalls Reisekosten an.
Beispiel: Angenommen, Tanja Postrak hat vier Tage lang ein berufliches Seminar besucht. Die Hin- und Rückfahrt mit der Bahn hat 100 Euro gekostet. Für die An- und Abreise gibt es 24 (2 x 12) Euro Verpflegungspauschalen, für die anderen beiden Tage sind es 48 (2 x 24) Euro. Der Hotelpreis beträgt 80 Euro, macht 240 Euro für drei Nächte. Insgesamt ergeben sich Fortbildungskosten von 412 Euro.
563 Euro Steuerersparnis
Unterm Strich hat Tanja Postrak Reisekosten von rund 1 703 Euro.
1 703 Euro Reisekosten | |
1 703 Euro Reisekosten | |
Fahrtkosten im Außendienst (4 000 km x 0,30 Cent) | 1 200,00 Euro |
Verpflegungspauschalen (10 x 12 Euro) | + 120,00 Euro |
3 kostenlose Mittagessen (3 x 9,60 Euro) | - 28,80 Euro |
Fortbildungskosten | + 412,00 Euro |
Reisekosten | 1 703,20 Euro |
563 Euro beträgt die Steuerersparnis mit Solidaritätszuschlag, wenn Tanja Postrak zusammen mit ihrem Mann 60 000 Euro Einkommen versteuern muss, ehe die Reisekosten abgehen. Schon dafür lohnt sich die Steuererklärung.