
Plus macht auf sportlich. Während Aldi Radler in der Vorwoche auf ein gemütliches 7-Gang-City-Rad mit Vollfederung setzen wollte, lockt Plus mit einem flotten Trekkingrad mit 24-Gang-Kettenschaltung. Eine Federgabel ist mit von der Partie. Das Heck jedoch ist starr und auch der Sattel nur mit Elastomer-Dämpfung, aber keiner Federung versehen. Statt bequemem Multifunktions- ist ein sportlicher Mountainbike-Lenker mit Bar-Ends montiert. Preis fürs Rad: 249 Euro. Im Schnelltest musste das Trekkingbike aus dem Plus-Angebot zeigen, ob es genau so flott fährt, wie es aussieht. Außerdem verbreiten die Drehgriffe zum Schalten einen unangenehmen Chemie-Geruch und kamen zur Kontrolle ins Labor.
Suche nach passendem Werkzeug
Zur Montage müssen Radler sich erstmal das passende Werkzeug beschaffen. Nötig sind ein 15er-Maulschlüssel, 5 und 6 Millimeter Innensechskant-Schlüssel und ärgerlicherweise auch eine Flach- oder Kombizange. Die Bedienungsanleitung kommt in reichlich fehlerhaftem Deutsch daher und ist stellenweise schwer verständlich. Immerhin enthält sie alle wichtigen Hinweise und fordert zur sorgfältigen Kontrolle vor Fahrtantritt auf. Beim ersten test-Rad lässt sich die Hinterradbremse bis auf den Griff ziehen, schafft aber trotzdem noch eine ganz ordentliche Bremswirkung. Eigentlich ganz nett: Ein Aufkleber am linken Pedal weist aufs Linksgewinde hin und erleichtert so die Montage. Ärgerlich allerdings: Er klebt sehr hartnäckig und bis in die Gewindegänge des Pedalauges hinein.
Mangel an Einstellung

Ausgefranster Schaltzug.

Beim zweiten Rad aus dem plus-Angebot sind die Bremsen einwandfrei montiert und eingestellt. Dafür braucht die Schaltung reichlich Nachhilfe. Sowohl der Umwerfer als auch das Schaltwerk laufen weit neben der Spur. Sehr ärgerlich: Die Einstellschraube an den Drehschaltgriffen erlaubt nur eine allerletzte Feineinstellung. Der Spielraum ist sehr gering und reicht schon bei mäßiger Verstellung nicht aus, um Schaltwerk und Umwerfer in die richtige Position zu bringen. Also müssen die Züge neu geklemmt werden. Wer keine Erfahrung hat, sollte einen Fachmann fragen. Sonst droht nervtötende Bastelei ohne den gewünschten Erfolg. Auf jeden Fall zu beachten: Vor Lösen der Züge sollten Kappen auf die Enden geklemmt werden, damit der Zug nicht ausfasert. Auch sonst sind die Räder schlampig montiert: Ein Schaltzugende ragte viel zu weit in die Kurbel und es nervten einige lockere Kabelschutznippel und Schutzblechhalter.
Edel-Optik
Fertig montiert macht das Plus-Rad auf den ersten Blick einen ausgesprochen flotten Eindruck. Der Rahmen glänzt edel alu-farben, während die Anbauteile in Mattschwarz gehalten sind. Auf den zweiten Blick melden sich Zweifel: Pedale, Sattel und Drehschaltgriffe wirken ausgesprochen billig und wenig Vertrauen erweckend. Noch dazu verbreiten die Griffe einen verdächtigen Chemie-Geruch. Für die test-Fahrten ist das kein Hindernis; angesichts der Witterung sind ohnehin Handschuhe angesagt. Stark dagegen: Als Nabendynamo kommt ein Shimano DH-3N30 zum Einsatz. Aktuelles test-Qualtitätsurteil: Sehr gut. Kein Nabendynamo im Fahrradlicht-Vergleich war besser.
Hart im Nehmen

Fahrrad im Prüfstand.

Im Prüfstand demonstrierte das Plus-Rad Stärke. Besonders Felge und Reifen erweisen sich als höchst widerstandsfähig. Erst stolze 14 Bar sprengen Felge und Schlauch. Auch sonst gabs in keiner einzigen Disziplin irgendeinen Bruch. Rahmen, Gabel, Lenker, Vorbau und Antrieb hielten die Hydraulik-Folter klaglos bis zum Ende durch. Das ist alles andere als selbstverständlich. Im letzten Trekkingrad-Vergleich versagten bei der 24 000 Kilometer Simulation gleich eine ganze Reihe von Rädern - allesamt Markenfabrikate.
Reichlich Bremskraft auch bei Nässe
Nachhaltigen Eindruck hinterlassen die Bremsen. Sie erreichen in jeder Situation mehr Verzögerung als genug. Besonders gut: Die Bremswirkung bei Nässe. Sie ist - anders als bei den meisten anderen Fahrrädern - kaum geringer als im Trockenen. Doch die kräftigen Bremsen bergen auch Risiken. Bei Panikbremsungen kann das Vorderrad blockieren und zu einem gefährlichen Überschlag führen.
Flotte Fahrt nach Fehlstart

Gebrochenes Ritzel.

Die erste test-Fahrt ist schon nach wenigen Metern zu Ende. Gleich beim ersten Antritt bricht das kleinste Ritzel des 8-fach-Zahnkranz. Die nähere Untersuchung ergibt: Entweder war der Zahnkranz falsch montiert oder das Ritzel von Anfang an brüchig. Offenbar ein Einzelfall: Bei den übrigen vier test-Rädern war alles in Ordnung. Selbst bei harten Antritten mit kleinem Kettenblatt vorn gabs keinen weiteren Bruch mehr. Stattdessen viel Freude am Fahren: Das Trekkingrad aus dem Plus-Angebot fährt sich leicht und wendig. Die Kettenschaltung ist fein abgestuft und bietet für jede Anforderung von hügeligem Gelände bis abschüssiger Straße die richtige Übersetzung. Dafür ist der Komfort bescheiden. Die Federgabel vorn ist nicht sonderlich sensibel und hinten fehlt die Federung völlig. Kleiner Pluspunkt immerhin: Den Sattel empfanden sämtliche test-Fahrer als ganz angenehm.
Reifen für alle Fälle
Bei den Reifen schieden sich die Geister: Zwei test-Fahrer hätten sich passend zum sportlichen Charakter schmalere und härtere Reifen für mehr Tempo gewünscht. Der dritte im Bunde war mit den recht grobprofilierten 42 Millimeter Reifen als Kompromiss für Straße und Gelände ganz zufrieden. Einig waren sich die Tester mit Kritik an der Schaltung: Die Drehgriffe wirken nicht nur billig, sondern funktionieren auch bescheiden. Sie sind schwergängig und wenig präzise. Nur mit viel Feingefühl ist auf Anhieb die richtige der 8 Stufen für die Steuerung des Schaltwerks hinten zu treffen. Weiterer Kritikpunkt: die Pedale. Sie sind aus einem harten Kunststoff und bieten Schuhen mit harter und glatter Sohle zu wenig Halt. Nur mit weicher und profilierter Sohle lässt sich das Rad aus dem Plus-Angebot sicher fahren.
Gift im Griff
Alarmierend schlechte Nachrichten für Käufer des Fahrrads kommen aus dem Chemielabor: Der Drehknauf zum Schalten enthält Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) in einer Konzentration von 1 072 Milligramm je Kilogramm. Viele PAK sind Krebs erzeugend und wirken fruchtschädigend. Als besonders gefährlich gilt Benzo[a]pyren. Allein davon enthält das Material für den Drehknauf 70 Milligramm je Kilogramm. Auch der eigentliche Griff ist mit problematische Chemikalien belastet. Das Labor ermittelte für den Weichmacher DEHP eine Konzentration etwas mehr als 20 Prozent. Im Drehknauf und im Handgriff sind die Chemikalien besonders problematisch. Sie werden über die Haut aufgenommen. Bei dem Gehalt an PAK und Weichmacher bleibt nur eins: Finger weg vom Plus-Fahrrad. Möglich bleibt die Umrüstung auf neue Schaltgriffe. Solche sind für Preise ab etwa 20 Euro zu haben, aber nicht ganz einfach zu montieren.
test-Kommentar: Finger weg
Technische Daten und Ausstattung: Im Überblick
-
- Räder, Rahmen, Sattel, Lenker, Kurbel – fertig ist das Fahrrad? Nicht ganz. Die Stiftung Warentest sagt, was bei der Technik für Fahrrad und E-Bike wichtig ist.
-
- Rauf auf’s Rad! Wir sagen, worauf Sie beim Fahrradkauf achten müssen oder wie Sie Ihr Rad wieder flott machen. Außerdem alles zu Zubehör, Verkehrsregeln und Radreisen.
-
- Sind No-Name-Produkte von Aldi, Rewe und Co so gut wie klassische Marken? Wir haben 1414 Lebensmittel aus 58 Tests ausgewertet und ziehen Bilanz.
Diskutieren Sie mit
Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.