Fahrrad reparieren: Wann selber machen, wann zum Fachmann?

Fahrräder zu warten und zu pflegen lohnt sich. Das Rad funktioniert besser und hält länger. Schwierig ist zu entscheiden, was man selber erledigen kann und wo man besser einen Fachmann ran lässt. Wir geben ein paar Anhaltspunkte.
Reparieren und reparieren lassen
Selbst ist der Mann und die Frau. Bei jeder kleinen Reparatur zum Fahrraddoktor zu rennen, kostet Zeit und Geld. Selbst reparieren lohnt sich. Voraussetzung: Der Hobby-Reparateur hat das nötige Geschick, Know-how und Werkzeug. Wer sich nicht auskennt, sollte sich unbedingt erst schlau machen und die Reparatur von einem Fachmann zeigen lassen. An Volkshochschulen gibts zuweilen Kurse. Manche Fahrradclubs unterhalten Selbsthilfewerkstätten. Aber Achtung: Wer Fehler macht, fährt anschließend gefährlich. Außerdem drohen kostspielige Folgeschäden. Wer unsicher ist, sollte Wartungsarbeiten an sicherheitsrelevanten Komponenten wie Bremsen lieber vom Experten durchführen lassen.
Do it yourself: Fahrrad reparieren mit der Stiftung Warentest
Der Ratgeber Fahrradreparaturen hilft Radfahrern mit 120 fotografischen Anleitungen, technische Probleme schnell und günstig selbst zu beheben. Von Grundreinigung über Fehlersuche bis zur Problemlösung werden alle Schritte übersichtlich dargestellt. Auch E-Bikes und Pedelecs werden in einem eigenen Kapitel unter die Lupe genommen. Denn wie flickt man einen Reifen, wenn der Motor im Laufrad integriert und deswegen gar nicht so leicht zu entfernen ist? In diesem Buch finden Sie die Lösung – auch für Pannen unterwegs! Der Ratgeber ist für 24,90 Euro im Buchhandel erhältlich oder direkt im test.de-Shop. Als ePub-Download kostet er 20,99 Euro.
Regelmäßig pflegen
Fahrräder verschleißen. Je besser ein Rad gepflegt ist, desto länger hält es. Für viele Teile ist Pflege Pflicht, weil sonst Sicherheit und Fahrspaß leiden. Hier unser Wartungsplan für dauerhaft problemloses Radfahren.
Laufende Wartung
Bremsen. Die müssen jederzeit einsatzbereit sein. Wenn die Bremskraft nachlässt und sich der Hebel so weit an den Lenker ziehen lässt, dass Sie sich die Finger klemmen können, müssen Sie entweder den Zug an den Einstellschrauben oder an der Bremse nachspannen oder die Bremsbeläge tauschen. Auch Bremszüge sind Verscheißteile, die einzelnen Drähte können nach und nach reißen. Achten Sie deshalb auf Geräusche wie Knacken am Bremshebel. Bei Schäden sind die Züge sofort zu tauschen. Üblich sind mittlerweile Bremszüge aus rostfreiem Edelstahl. Es gibt aber noch Züge aus Carbonstahl. Die können rosten. Dann lassen sich die Bremsen nur noch schwer betätigen. Solche Züge sollten also unbedingt gegen Korrosion gefettet, oder besser gleich gegen nichtrostende Züge ausgetauscht werden. Auch hydraulische Bremsen bedürfen einer Wartung. Die Hydraulikflüssigkeit kann Wasser ziehen. Bei langen Bergabfahrten mit Bremseinsatz können die Bremsen heiß werden und das Wasser verdampfen. Das verringert die Bremswirkung spürbar.
Beleuchtung. Kontrollieren Sie regelmäßig, ob die Beleuchtung funktioniert. Besonders beim Rücklicht übersieht man leicht, ob es noch leuchtet. Wenn das Rücklicht defekt ist, droht bei alten Glühlampen eine Kettenreaktion: Ist erst das Rücklicht defekt, steigt die Spannung in der Lichtanlage. Nach kurzer Zeit brennt dann auch der Frontscheinwerfer durch. Bei moderner Fahrradbeleuchtung mit LED-Technik sind solche Probleme allerdings Schnee von gestern. Zum einen gehen die Lampen grundsätzlich viel seltener kaputt, zum anderen sind sie vor Überspannung geschützt. Außerdem leuchten gute LD-Lichter wesentlich heller als die alten Glühlampen und bieten zusätzlich noch eine Standlichtfunktion.
Reifen. Zu wenig Luftdruck im Reifen erhöht nicht nur den Rollwiderstand, sondern auch den Verschleiß und das Pannenrisiko. Der richtige Luftdruck ist in der Regel auf der Flanke des Reifens angegeben. Dort findet man eine Minimum- und eine Maximumangabe. Diese sollte man beachten, sonst leiden Reifen und Schlauch. Schläuche verlieren bauartbedingt ungefähr ein Bar an Luftdruck pro Monat. Deshalb muss regelmäßig nachgepumpt werden. Wenn auf dem Reifen nichts vom empfohlenen Luftdruck steht oder nichts erkennbar ist, gilt: Je schmaler der Reifen, desto höher muss der Luftdruck sein. Sportliche Tourenreifen im Format 32-622 sollten 5 Bar Druck bekommen. Bei 42-622 reichen 4 und bei 47-622 schon 3,5 Bar. Wer keine Luftpumpe mit Manometer kaufen will, kann die Reifen mit Druckluft von der Tankstelle auf den richtigen Druck aufpumpen. Ein Adapter zum Aufschrauben aufs Fahrradventil macht es möglich. Manche Fahrradschläuche, insbesondere bei Mountainbikes haben gleich ein Autoventil.
Kette. Die Kette muss regelmäßig geölt, besser noch: gefettet werden. Das verringert den Kettenverschleiß, erleichtert das Treten und schont die Ritzel. Bei Verwendung von dünnflüssigem Nähmaschinenöl ist nach fast jeder Fahrt frische Schmierung nötig. Zähere Öle und spezielle Kettenhaftöle halten länger. Auch Schmieröl, das eigentlich nicht für Fahrradketten gedacht ist, funktioniert. Allerdings: Je zähflüssiger die Kettenschmierung, desto eher bleibt Dreck daran kleben und sorgt wiederum für erhöhten Verschleiß. Spätestens, wenn die Kette leise zu rasseln beginnt oder quietscht, braucht sie frisches Öl.
Inspektion
Einmal im Jahr, am besten gleich zum Saisonstart im Frühjahr, sollten Sie sich Ihr Fahrrad ganz genau anschauen und alle Mängel gleich beseitigen (lassen). Klar: Wenn Sie sehr viel fahren, sollten Sie auch zwischendurch Kontrollen vornehmen.
- Grundreinigung. Dreck am Rad stört nicht nur die Optik, sondern erhöht auch den Verschleiß. Auf den Felgen, in den Kettengelenken und Bowdenzügen sowie Rad-, Lenk- und Tretlagern fräsen vor allem feine Sandpartikel am Metall und zerstören die Teile erstaunlich schnell. Waschen Sie das Rad mit viel Wasser mit etwas Spülmittel von oben nach unten ab. Verwenden Sie keinen Hochdruckreiniger. Er drückt einen Teil der Schmutzpartikel und Wasser in die Lager und Zughüllen hinein und macht damit alles eher schlimmer. Wischen Sie Kette und Ritzel mit einem alten Lappen ab und entfernen Sie so viel vom alten schwarzen Schmier wie möglich.
- Sichtkontrolle. Prüfen Sie alle Schrauben auf festen Sitz. Drehen Sie sie gegebenenfalls fest: kräftig, aber nicht mit Gewalt. Schauen Sie sich Rahmen, Gabel und Lenker genau an. Tiefe Kratzer, Beulen, Risse oder Roststellen können zu gefährlichen Brüchen führen. Kontrollieren Sie vor allem den Lenker rechts und links neben der Klemmung in der Lenkermitte penibel. Er ist auch bei kleinen Macken unbedingt auszutauschen. Ein Lenkerbruch während der Fahrt führt fast unweigerlich zum Sturz.
- Schmierung. Geben Sie an alle Gelenke einen Tropfen säurefreies Nähmaschinenöl.
- Bowdenzüge. Schauen Sie, ob Brems- und Schaltzüge intakt sind. Vor allem am Bremszug dürfen zwischen Bremshebel und Bremse keine Drahtadern gebrochen sein. Achten Sie auch auf das Stück Bremszug, das bei gezogener Bremse im Bremshebel zu sehen ist. Die Hülle der Bowdenzüge darf keine Schäden wie Knicke oder Risse haben. Bei Schäden jedweder Art sind die Teile umgehend zu tauschen. Die Enden der Brems- und Schaltzüge gehören zudem in sogenannte Aderendhülsen. Das verhindert, dass sich die Enden büschelartig aufspleißen. Das vereinfacht Reparaturen und mindert die Verletzungsgefahr an den nadelspitzen Aderenden.
- Bremsen. Schauen Sie, ob die Bremsbeläge noch dick genug sind. Verschleißmarken zeigen an, wann die Beläge erneuert werden müssen.
- Pedale. Sie sollten sich frei und ruckfrei drehen lassen. Fahren Sie nicht damit, wenn sie schwergängig sind, beim Drehen Geräusche machen oder auf der Pedalachse deutlich wackeln. Sie können sich lösen oder abbrechen. Das kann zu gefährlichen Stürzen führen.
- Felgen. Überprüfen Sie, ob die Felgen noch gut sind. Meist haben sie Verschleißindikatoren: Je nach Felgentyp wird ein Streifen oder Punkt sichtbar oder verschwindet, wenn die Bremsflanken zu weit abgeschliffen sind. Kontrolle älterer Felgen ohne Indikator: Lassen Sie die Luft aus dem Reifen. Stellen Sie die Felgenbremse so eng ein, dass sich das Rad gerade noch frei dreht. Pumpen Sie das Rad auf den höchstzulässigen Druck auf. Mustern Sie das Rad aus, wenn es sich jetzt nicht mehr drehen lässt. Bei verschlissenen Felgen kann das Felgenhorn abreißen und der Reifen platzen.
- Räder. Probieren Sie, ob die Räder irgendwo schleifen oder stark „eiern“. Greifen Sie außerdem kräftig in alle Speichen. Wenn Speichen gerissen oder lose sind, kann das Rad bei der nächsten Fahrt völlig kaputt gehen. Bringen Sie das Rad in die Werkstatt, wenn etwas nicht stimmt und Sie Speichen nicht selber wechseln, beziehungsweise die Speichenspannung nicht selbst korrekt einstellen können. Wackeln Sie seitlich am Rad. Die Achse darf sich nicht seitlich oder quer zur Radnabe bewegen. Hat das Lager Spiel, müssen Sie die Nabe kontrollieren und austauschen oder zumindest neu einstellen – oder es vom Fachmann erledigen lassen.
- Reifen. Die Reifen dürfen nicht zu weit abgefahren und/oder rissig und spröde sein. Mehrere Reifenpannen in kurzem Abstand zeigen meist an: Der Reifen ist nicht mehr widerstandsfähig genug und sollte erneuert werden. Auch am Reifen gibt es Verschleißindikatoren. Dehnt sich die Lauffläche auf diese Marken aus ist eine neue „Decke“ fällig.
- Lenkung. Ziehen Sie die Vorderradbremse und drücken den Lenker vor und zurück. Fassen Sie dabei mit einer Hand um den untersten Teil der Lenkstange und das angrenzende Rahmenrohr. Beide dürfen sich dabei nicht spürbar gegeneinander verschieben. Ist dort Spiel spürbar, ist der so genannte Steuersatz entweder verschlissen oder zumindest falsch eingestellt.
- Licht. Schauen Sie bei herkömmlichen Fahrradlampen, ob sich der Glaskolben der Glühbirnen bereits deutlich dunkel verfärbt hat. Moderne LED-Lampen halten sehr viel länger und geben mehr Licht. Wenn sie nicht mehr funktionieren, sind meist abgerissene Kabel, Kontaktschwierigkeiten oder andere Elektronikfehler die Ursache.
- Kettenkontrolle. Wenn Sie ein Rad mit Kettenschaltung fahren, lassen Sie die Kette kontrollieren. Mit der gefahrenen Strecke längt sich die Kette und passt nicht mehr genau in die Zähne von Kettenrädern und Ritzeln. Bei sportlichen Fahrten im Gelände bei schlechtem Wetter halten Schaltungsketten oft nicht einmal 2 000 Kilometer. Unter normalen Bedingungen haben Ketten ihre Verschleißgrenze meist nach 3 000 bis 6 000 Kilometern erreicht. Wenn Sie die Kette rechtzeitig wechseln, brauchen Sie nicht jedes Mal gleichzeitig auch für viel Geld Kettenräder und Ritzel zu tauschen. Bei rechtzeitigem Wechsel halten die Zahnräder zwei bis vier Kettenlaufzeiten lang.
Große Inspektion

Von Zeit zu Zeit ist eine große Inspektion nötig. Wie häufig das Rad zur Generalüberholung in die Werkstatt sollte, lässt sich nicht pauschal sagen. Räder, die unter freiem Himmel stehen und häufig auch bei schlechtem Wetter gefahren werden, sollten zumindest alle zwei Jahre zur Komplettwartung. Hochwertige Räder mit gut gedichteten Lagern bleiben länger problemlos in Bewegung. Einfache Räder brauchen häufiger Wartung, wenn sie zuverlässig und dauerhaft funktionieren sollen. Selbst die große Inspektion können Sie grundsätzlich auch selbst machen. Sie benötigen dazu allerdings etwas Spezialwerkzeug und vor allem: Know-how. Wie Sie Achter entfernen und Tretlager austauschen, erklärt unser Ratgeber Fahrradreparaturen. Er enthält 120 fotografierte Anleitungen und Tipps zur Wartung und Pflege des Fahrrads oder E-Bikes.