
Keine Helmpflicht. Die Straßenverkehrsordnung (StVO) schreibt das Tragen eines Fahrradhelms nicht vor – sinnvoll ist es dennoch. © Getty Images / TommL
Radfahrer gehören auf den Fahrradweg? Falsch! Die Stiftung Warentest erklärt, welche Verkehrsregeln fürs Fahrrad wirklich gelten.
Was in der StVO steht
Anfang 2020 hat der Bundesrat die Novelle zur Straßenverkehrsordnung (StVO) verabschiedet. Fahrradfahrer dürfen nun offiziell auch nebeneinander fahren, sofern sie niemand anderen behindern. Es gelten außerdem neue Abstandsregeln beim Parken von Autos an Kreuzungen – und es gibt neue Verkehrsschilder, etwa das für den Radschnellweg. Hier fassen wir die wichtigsten Regeln für Radler und andere Verkehrsteilnehmer zusammen.
Abstand
Autos müssen beim Überholen von Radfahrern innerorts mindestens 1,50 Meter Abstand halten. Außerhalb – auf Landstraßen beispielsweise – sind es sogar 2 Meter. Beim Überholvorgang darf die Person, die überholt wird, weder behindert noch gefährdet werden.
Alkohol
Wer betrunken im Straßenverkehr unterwegs ist, kann seinen Führerschein verlieren. Das gilt laut StVO auch für Radfahrer. Je nachdem, auf welchem Gefährt der Radler sitzt, gelten unterschiedliche Promillegrenzen.
Fahrrad. Radler mit 1,6 Promille oder mehr gelten als absolut fahruntauglich. Dann kann auch der sogenannte Idiotentest, die medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU), fällig werden. Kommt es zu einem Unfall, müssen Radfahrer unter Umständen schon bei 0,3 Promille Alkohol im Blut eine Buße oder Geldstrafe zahlen.
E-Bike / Pedelec. Für Pedelecs (siehe -> Elektroräder) gelten dieselben Regeln wie für Räder ohne Motor.
S-Pedelec. Schnellere Elektrofahrräder mit einer Motorunterstützung bis 45 Stundenkilometer gelten als Kfz. Für sie gilt, was auch für Autos gilt: 0,5 Promille sind eine Ordnungswidrigkeit, 1,1 Promille am Steuer gelten als Straftat.
Ampel
Die Fußgängerampel gilt seit dem dem 1. Januar 2017 nicht mehr für Radfahrer. Ist keine extra Radfahrerampel vorhanden, halten sich Radler wie Autofahrer an die normale Fahrbahnampel. Das gilt übrigens auch für den grünen Abbiegepfeil; auch dieser dient als Signal für Radfahrende und darf fürs Rechtsabbiegen genutzt werden.
Anhänger
Im Fahrradanhänger dürfen maximal zwei Kinder bis zum vollendeten siebten Lebensjahr transportiert werden, sofern der oder die Radfahrende mindestens 16 Jahre alt ist. Die Altersgrenze gilt nicht für Kinder mit einer Behinderung. Auf die Sicherheit des Fahrradanhängers sollte unbedingt geachtet werden: Die Stiftung Warentest hat zwölf Modelle getestet, fünf davon sind mangelhaft.
Elektroräder
E-Bike / Pedelec. Für Räder, bei denen ein Motor unterstützt, gelten – je nach Motorleistung – unterschiedliche Regeln im Straßenverkehr. E-Bikes mit einem Motor, der maximal 250 Watt leistet und sich ab 25 Stundenkilometern ausschaltet, werden auch Pedelecs genannt und gelten im rechtlichen Sinn als Fahrräder (siehe unseren Test von E-Bikes/Pedelecs). Diese Räder dürfen Sie ganz normal auf dem Radweg fahren.
S-Pedelec. Elektrofahrräder, bei denen der Motor bis Tempo 45 mithilft, gelten als Kleinkrafträder und brauchen ein Versicherungskennzeichen. Diese Räder werden als S-Pedelec bezeichnet. Wer ein solches Rad fährt, muss auf der Straße fahren.
Es gibt allerdings ein erstes Modellprojekt in Tübingen, bei dem S-Pedelecs auf rund 80 Radwegen zugelassen sind. Auf diesen Radwegen gilt ein Tempolimit von 30 Kilometern pro Stunde.
Fahrradstraße
Fahrradstraßen sind in Deutschland dem Fahrradverkehr vorbehalten. Auf Fahrradstraßen gilt ein Tempolimit von 30 Kilometern pro Stunde.
Andere Fahrzeuge dürfen Fahrradstraßen nur eingeschränkt nutzen, etwa Anlieger, die mit dem Auto unterwegs sind.
Inline-Skater und Rollschuhfahrer dürfen die Fahrradstraße nur nutzen, wenn unter dem Verkehrsschild „Fahrradstraße“ das Zusatzzeichen „Inline-Skaten und Rollschuhfahren frei“ angebracht ist. Sonst müssen sie auf dem Gehweg oder Seitenstreifen rollen.
Durch die StVO-Novelle wurden 2020 außerdem Fahrradzonen eingeführt. Hier gelten dieselben Regeln wie auf Fahrradstraßen, es muss jedoch (ähnlich wie bei Tempo-30-Zonen) nicht jede Straße einzeln ausgeschildert werden.
Fahrradweg

© BMVI
Fahrräder gelten laut StVO als Fahrzeuge, die auf der Straße fahren sollten; leider wissen das nur wenige Verkehrsteilnehmer, was immer wieder zu Unmut im Straßenverkehr führt. Fahrradfahrer gehören grundsätzlich auf die Straße. Den Radweg müssen sie nur benutzen, wenn er durch eins drei blauen Radwegschilder (Zeichen 237, 240 und 241) gekennzeichnet ist.
Ist ein Radweg nicht befahrbar, etwa weil er mit Scherben übersät oder durch Mülltonnen oder parkende Autos versperrt ist, dürfen Fahrradfahrer auf die Straße ausweichen.
Laut einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts dürfen benutzungspflichtige Radwege übrigens nur dort ausgewiesen werden, wo das Fahren auf der Straße „eine außerordentliche Gefahr“ darstellt – was wiederum bedeutet, dass viele Radwegschilder faktisch fehl am Platz sind. Manche fordern daher: Die blauen Schilder müssen weg.
Gehweg
Kinder dürfen mit ihrem Fahrrad auf dem Gehweg fahren. Hierbei gelten allerdings bestimmte Altersgrenzen:
Für Kinder unter 9 Jahren schreibt die Straßenverkehrsordnung vor, dass diese auf dem Gehweg fahren müssen. Einzige Ausnahme: Der Radweg ist baulich von der Fahrbahn getrennt, beispielsweise durch Bordsteine, Park- oder Grünstreifen. Dann dürfen Kinder unter 9 Jahren auch den Radweg nutzen. Radfahr- oder Schutzstreifen auf der Fahrbahn bleiben aber weiterhin tabu für die Kleinen.
Kinder im Alter von 9 oder 10 Jahren dürfen Gehwege benutzen; sie müssen aber nicht mehr.
Kinder ab 11 Jahren sowie Erwachsene dürfen auf dem Gehweg nur radeln, wenn er durch ein Schild für Fußgänger und Radler gemeinsam freigegeben ist (siehe Zeichen 240). Auf gemeinsamen Wegen müssen Radfahrer auf Fußgänger Rücksicht aufeinander nehmen und wenn nötig Schrittgeschwindigkeit fahren.
Erwachsene und Jugendliche ab 16 Jahren dürfen auf dem Gehweg fahren, wenn sie dort Kinder unter 9 Jahren begleiten. Die Aufsichtsperson darf auch neben den Kindern herfahren.
Handy
Hände ans Lenkrad. Fahrradfahrer sollten beide Hände am Lenkrad haben. Telefonieren über eine Freisprecheinrichtung geht, aber es ist nicht erlaubt, während der Fahrt ein Smartphone, Tablet oder Navigationsgerät in der Hand zu halten (– wohl aber einen Hund an der Leine!). Für das händische Bedienen von technischen Geräten gilt: Rechts ranfahren und anhalten.
Musik. Musik hören auf dem Rad ist erlaubt. Radfahrer dürfen beim Fahrradfahren Stöpsel in beiden Ohren haben. Ob In- oder On-Ear-Kopfhörer, macht keinen Unterschied. Radler müssen allerdings gewährleisten, dass sie den Straßenverkehr ausreichend wahrnehmen. Die Musik darf also nicht so laut sein, dass sie Warnsignale überhören. Diese Regeln gelten übrigens für Radfahrer und Autofahrer gleichermaßen. Auch Autos dürfen nicht als rollende Diskotheken durch die Gegend fahren.
Helm
Fahrrad und E-Bike. Für Radler gibt es keine Helmpflicht. Radler haben auch keine Mitschuld an einem Unfall, nur weil sie ohne Helm fahren. Dieser Irrtum hält sich hartnäckig, weil manche Richter die Schadenersatzansprüche von Radfahrern mindern, wenn die Kopfverletzung des Fahrradfahrers durch das Tragen eines Helmes weniger schlimm ausgefallen wäre. In so einem Fall bekommt der Radfahrer zwar weniger Geld, aber für die Schuldfrage ist der Helm nicht relevant. Das Gesetz ist eindeutig: In Deutschland müssen nur Fahrer von Krafträdern – also Mofa-, Moped- und Motorradfahrer sowie S-Pedelec-Fahrer – einen Schutzhelm tragen, Radfahrer jedoch nicht. Unfallforscher sind sich aber einig, dass ein Helm bei Unfällen vor schweren Kopfverletzungen schützen kann.
Tipp: Gute Helme zeigen unsere Vergleichstests Fahrradhelme für Erwachsene und Kinderfahrradhelme.
Rennrad. Für Rennradfahrer kann das Gerichtsurteil noch schärfer ausfallen als für Alltagsradler. Auch für sie gilt: keine offizielle Helmpflicht; sie laufen aber Gefahr, dass sie für Verletzungen, die ein Helm verhindert hätte, keinen Schadenersatz vom Unfallverursacher bekommen.
S-Pedelec. Hier verhält es sich wie beim Mofa: Helme sind vorgeschrieben. Für S-Pedelecs werden neben Motorradhelmen mittlerweile aber auch spezielle Helme angeboten. Sie sehen ähnlich aus wie herkömmliche Fahrradhelme, sollen dem Kopf aber eine größere Schutzfläche bieten.
Kindersitz
Kinder bis zum vollendeten siebenten Lebensjahr dürfen in einem geeigneten Kindersitz auf dem Fahrrad mitgenommen werden. Dabei muss sichergestellt werden, dass die Füße des Kindes nicht in die Speichen geraten können. Außerdem muss der oder die Radfahrende mindestens 16 Jahre alt sein. Die Stiftung Warentest hat Kinderfahrradsitze für die Montage vorn und hinten am Fahrrad getestet.
Kreuzungen
Kreuzungen dürfen nicht zugeparkt werden. Seit 2020 müssen Autos acht Meter Abstand zur Kreuzung halten, wenn es einen baulichen Fahrradweg gibt. Früher waren es nur fünf Meter.
Für LKW gilt, dass sie beim Abbiegen nur noch Schritttempo fahren dürfen, wenn mit Fahrradfahrern zu rechnen ist.
Lastenrad
Lastenräder und Fahrräder mit Anhänger, die zu breit für den Fahrradweg sind, dürfen immer auf der Straße fahren. Der Gehweg ist für Lastenräder dagegen tabu, selbst wenn das Lastenrad mit Kindern beladen ist. Übrigens: Die Stiftung Warentest hat auch Kinderfahrradanhänger getestet.
Licht
Bis 2013 mussten alle Radler eine „funktionierende „Lichtmaschine“, also einen Dynamo haben. Heute sind auch akku- und batteriebetriebene Lampen an Fahrrädern erlaubt (Fahrradhelm und Beleuchtung). Noch gibt es jedoch einen theoretischen Haken: die Lampe muss fest montiert sein. Mehr dazu in unserer Meldung Dynamo-Pflicht ist abgeschafft.
Linker Radweg
Wie für alle anderen Verkehrsteilnehmer gilt für Radfahrer das Rechtsfahrgebot. Geisterfahrer sind und leben gefährlich! Einen Radweg auf der linken Seite dürfen Radler nur benutzen, wenn das durch ein Schild angeordnet ist. Sonst müssen sie rechts auf der Straße fahren. Der Gehweg ist keine Alternative.
Liegerad
Für Liegefahrräder gelten dieselben Verkehrsregeln wie für herkömmliche Fahrräder. Liegeräder gelten verkehrsrechtlich als normale Fahrräder.
Radschnellweg

Das grüne Schild „Radschnellweg“ ist seit 2020 in der Straßenverkehrsordnung zu finden. Radschnellwege haben eine ausreichende Breite, sind gut beleuchtet und bis auf wenige Ausnahmen ohne Stopp zu befahren. Auf diesen hochfrequentierten Straßen können Radler ohne Tempolimit fahren; es handelt sich also quasi um eine Autobahn für Fahrradfahrer.
Zebrastreifen
Der Vorrang an einem Fußgängerüberweg mit Zebrastreifen (Zeichen 293) gilt nach § 26 StVO nur für Fußgänger und Rollstuhlfahrer. Die Vorzüge eines Zebrastreifens genießen Radfahrer deshalb nur, wenn sie absteigen und schieben. Wer als Radfahrer über den Zebrastreifen rollen möchte, muss den Autos die Vorfahrt lassen und kann dann hinterherrollen.
-
- Lastenrad, Fahrradanhänger, Fahrradsitz – wie lassen sich Kinder am sichersten mit dem Fahrrad transportieren? Der ADAC hat es getestet und gibt wertvolle Tipps.
-
- Laut einer neuen Studie sind E-Bikes nicht gefährlicher als Fahrräder ohne Motor. Lesen Sie, wer dennoch gefährdet ist und was schützt.
-
- Schadstoffe, schwache Bremsen, Risse im Dauertest: Einige Kinderfahrräder haben dicke Probleme. Wir fanden im Test aber auch sichere Räder – darunter das günstigste.
Diskutieren Sie mit
Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.
Nutzerkommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.
@Grummelbär: O-Ton StVO: Kinder bis zum vollendeten achten Lebensjahr müssen, Kinder bis zum vollendeten zehnten Lebensjahr dürfen mit Fahrrädern Gehwege benutzen. Ist ein baulich von der Fahrbahn getrennter Radweg vorhanden, so dürfen abweichend von Satz 1 Kinder bis zum vollendeten achten Lebensjahr auch diesen Radweg benutzen. Soweit ein Kind bis zum vollendeten achten Lebensjahr von einer geeigneten Aufsichtsperson begleitet wird, darf diese Aufsichtsperson für die Dauer der Begleitung den Gehweg ebenfalls mit dem Fahrrad benutzen; eine Aufsichtsperson ist insbesondere geeignet, wenn diese mindestens 16 Jahre alt ist. Auf zu Fuß Gehende ist besondere Rücksicht zu nehmen. Der Fußgängerverkehr darf weder gefährdet noch behindert werden. Soweit erforderlich, muss die Geschwindigkeit an den Fußgängerverkehr angepasst werden. Wird vor dem Überqueren einer Fahrbahn ein Gehweg benutzt, müssen die Kinder und die diese begleitende Aufsichtsperson absteigen.
Dabei heißt Gehweg benutzen nach der einhelligen Meinung aller Verkehrsrechtler: Es kommt wie bei Fußgängern nicht auf die Fahrtrichtung an. Das gilt dann auch für Begleitpersonen. Klar: Radweg und Fahrbahn dürfen nur in der/den zugelassenen Fahrtrichtungen benutzt werden, auch von Kindern.
Hallo,
wenn Kinder auf dem Gehweg fahren dürfen/müssen, gilt dann das Rechtfahrgebot ebenfalls oder dürfen Kinder (samt begleitende Erwachsene) den Gehweg in beide Richtungen befahren?
@Necki84: Leider können wir nicht weiterhelfen. Die von Ihnen gewünschten Informationen liegen uns nicht vor, und wir können bei der Vielzahl der Anfragen, die uns tagtäglich erreichen, auch leider keine speziellen Recherchen durchführen.
Unser Informations- und Beratungsangebot ist primär ein Service für Leserinnen und Leser, die Fragen zu den konkreten Inhalten unserer Veröffentlichungen haben.
Hallo, wie verhält es sich mit Abschleppseilen? Hatte da letztens eine endlose Diskussion. Ich persönlich finde es zu gefährlich. Wo darf man diese benutzen? Wer darf es Benutzen (Alter usw.) ? Wie sieht es bei Unfällen aus? Danke für die Antworten
@Nubalk: Vielen Dank für die Anregung, die wir an die zuständige Fachabteilung im Haus weitergeleitet haben. Auf das Thema Schaltwerk gehen wir auch in unserem Special „Fahrradtechnik“ ein unter
test.de/Fahrradtechnik-im-Ueberblick-in-die-Gaenge-kommen-1791218-5151700/
(aci, Se)