
Ab 60 Minuten Zugverspätung steht Bahnkunden eine Erstattung zu.
Bahnfahrer, die ihr auf der Fahrkarte angegebenes Reiseziel um mindestens 60 Minuten verspätet erreichen, haben einen Anspruch auf einen Teil-Erstattung des Ticketpreises in Höhe von 25 Prozent. Ab einer Verspätung von 120 Minuten beträgt die Entschädigung 50 Prozent des Ticketpreises. Die Bahn muss auch zahlen, wenn ein Unwetter, ein Streik oder ein Unfall auf den Gleisen die Verspätung verursacht hat.
- Das Wichtigste in Kürze
- Entschädigung für verspätete Ankunft am Zielbahnhof
- Umsteigerechte bei prognostizierter Ankunftsverspätung
- Reise abbrechen und Erstattung für Bahnticket beantragen
- Verspätung oder Ausfall in der Nacht – mit dem Taxi weiter
- Ersatz von Übernachtungskosten (Hotel)
- So machen Fahrgäste ihre Ansprüche geltend
- Bei Streit: Beschwerde bei der Schlichtungsstelle
Das Wichtigste in Kürze
Ihre Rechte bei Ärger mit der Bahn
Entschädigung. Bei einer Verspätung von 60 Minuten am Reiseziel stehen Bahnkunden 25 Prozent des Fahrpreises für die einfache Fahrt als Entschädigung zu. Ab zwei Stunden Verspätung sind es 50 Prozent. Die Bahn kann sich selbst bei Verspätungen, die durch ein Unwetter oder einen Selbstmord auf den Gleisen („höhere Gewalt“) entstehen, nicht rausreden. Am schnellsten und in bar erhalten Nutzer der Deutschen Bahn die Erstattung, wenn sie den ausgefüllten Antrag auf Entschädigung (Fahrgastrechte-Formular) samt Verspätungsbestätigung vom Zugbegleiter im Bahnhof (DB Reisezentrum) abgeben.
Fahrten im kommunalen Verkehrsverbund. Da bei Fahrten im kommunalen Verkehrsverbund nur selten Verspätungen von 60 Minuten und mehr erreicht werden, haben viele Verbünde zusätzlich Fahrgastrechte geschaffen, etwa Pünktlichkeitsgarantien, bei deren Nichteinhaltung der volle Fahrkartenpreis erstattet wird. Genauere Informationen erhalten Sie bei Ihrem Verkehrsverbund.
Zeitfahrkarte und Bahncard 100. Inhaber von Zeitfahrkarten (etwa Monatskarte, Jahreskarte oder Bahncard 100) haben Anspruch auf eine pauschale Verspätungsentschädigung ab einer Verspätung am Reiseziel von mehr als 60 Minuten. Bei der Deutschen Bahn gilt: Besitzer von Zeitfahrkarten des Nahverkehrs erhalten pro Verspätungsfall 1,50 Euro (2. Klasse) beziehungsweise 2,25 Euro (1. Klasse). Inhaber einer Zeitfahrkarte des Fernverkehrs erhalten pro Verspätungsfall 5 Euro (2. Klasse) beziehungsweise 7,50 Euro (1. Klasse). Für Bahnreisende mit der Bahncard 100 gibt es im Verspätungsfall pro Verspätungsfall 10 Euro (2. Klasse) beziehungsweise 15 Euro (1. Klasse).
4 Euro Bagatellgrenze. Entschädigungsbeträge von weniger als 4 Euro werden nicht ausgezahlt. Es ist aber möglich, mehrere Entschädigungsanträge zu sammeln und diese gebündelt – sofern sie zusammen die 4 Euro überschreiten im Reisezentrum abzugeben oder an das Servicecenter Fahrgastrechte in 60647 Frankfurt am Main einzuschicken. Wenn Sie diesen Umschlag ausdrucken und fürs Einschicken des Antrags nutzen, ist der Versand für Sie sogar kostenfrei.
Weiterfahrt mit anderem Zug. Wenn abzusehen ist, dass Sie an dem auf Ihrer Fahrkarte aufgedruckten Zielort mit mindestens 20 Minuten Verspätung ankommen, können Sie ohne Zusatzkosten auf einen anderen Zug umsteigen, wenn dieser Sie an den Zielort bringt (Ausnahme: Reservierungspflichtige Züge). Das gilt auch, wenn Sie ein Sparpreis-Ticket mit Zugbindung gebucht haben. Aber: Steigen Sie auf einen höherwertigen Zug um (Umstieg von RE, RB, IRE oder S-Bahn auf IC/EC oder ICE), müssen Sie dort erst einmal die erforderliche Fahrkarte beziehungsweise den Aufpreis bezahlen. Die Mehrkosten können Sie anschließend mit dem Fahrgastrechte-Formular im Reisezentrum oder postalisch beim Servicecenter Fahrgastrechte zurückfordern. Dieses kostenfreie Umsteigerecht gilt nicht für Inhaber stark verbilligter Tickets (etwa Quer-durchs-Land-Ticket, Länder-Tickets)
Verpasster Flug. Die Bahn haftet grundsätzlich nicht für Schäden, die infolge einer Zugverspätung oder eines Zugausfalls entstehen.
Hotel. Macht eine Bahnverspätung von mehr als 60 Minuten eine Übernachtung erforderlich, muss die Bahn eine Unterbringung und die Fahrt zur Unterkunft anbieten. Tut sie das nicht, können Sie sich selbst eine Unterkunft suchen und später Erstattung ihrer Hotelkosten von der Bahn verlangen. Wählen Sie ein Hotel der Mittelklasse, keine Luxusunterkunft, damit es bei der Erstattung keinen Streit gibt.
Taxikosten. Ist zwischen Mitternacht und 5 Uhr früh eine verspätete Ankunft am Zielort von mindestens 60 Minuten zu erwarten oder fällt der letzte Zug des Tages aus, so dass der Zielort nicht mehr bis 24 Uhr erreicht werden kann, darf sich der Reisende ein Taxi zum Zielbahnhof nehmen. Taxikosten bis 80 Euro hat die Bahn zu erstatten.
Entschädigung für verspätete Ankunft am Zielbahnhof
Wer nicht pünktlich an dem auf der Fahrkarte angegebenen Reiseziel ankommt, erhält
- ab 60 Minuten Verspätung eine Entschädigung von 25 Prozent des gezahlten Fahrpreises für die einfache Fahrt;
- ab 120 Minuten Verspätung eine Entschädigung von 50 Prozent des gezahlten Fahrpreises für die einfache Fahrt.
Diese Rechte ergeben sich aus Artikel 17 der europäischen Fahrgastrechte-Verordnung (Nr. 1371/2007).

Für die Entschädigung ist entscheidend, ob der Kunde am Ziel seiner gesamten Reisekette mindestens 60 Minuten Verspätung hat.
Entschädigung – erklärt am Beispiel
Ein Kunde bucht einen Einzelfahrschein von Wiesbaden über Frankfurt am Main nach Berlin für 125 Euro. Weil die S-Bahn von Wiesbaden nach Frankfurt 15 Minuten später als geplant in Frankfurt ankommt, verpasst er seinen ICE. Der Kunde nimmt den nächsten ICE und kommt deswegen 60 Minuten später als ursprünglich geplant in Berlin an. Seine Entschädigung beträgt rund 30 Euro.
Hat ein Kunde ein Ticket für Hin- und Rückfahrt und der Zug verspätet sich nur auf einer Teilstrecke, bekommt er die Entschädigung auf Basis des halben Ticketpreises ausgezahlt.
Wer seinen Zug verpasst, weil er mit Bus, Straßenbahn oder U-Bahn verspätet am Startbahnhof und dadurch schließlich auch verspätet am Zielbahnhof ankommt, erhält nach der europäischen Verordnung nichts. Eine Entschädigung steht Bahnfahrern nur zu, wenn sich die Verspätung bei Nutzung des Eisenbahnverkehrs ergeben hat.
Für Folgeschäden einer verspäteten Ankunft am Reiseziel haften die Eisenbahnunternehmen nach wie vor nicht: Verpasst jemand seinen Flug in die USA, weil sein Zug zu spät am Flughafen ankam, muss die Bahn seine Umbuchungskosten also nicht ersetzen.
Schwerbehinderte, die sich beim Versorgungsamt eine Wertmarke (Kosten: 40 bis 80 Euro) für ihren Ausweis geholt haben, dürfen Nahverkehrszüge kostenfrei nutzen (Fernverkehrszüge in Ausnahmefällen auch). Weil sie für die Bahnfahrkarte selbst aber kein Geld ausgegeben haben, steht ihnen im Verspätungsfall grundsätzlich keine Verspätungsentschädigung zu.
Pauschale Entschädigung für Besitzer von Zeitfahrkarten
Für die Besitzer von Wochen-, Monats- oder Jahrestickets (etwa Bahncard 100) hat die europäischen Fahrgastrechteverordnung keine prozentualen Entschädigungsbeträge festgelegt. Jedes Bahnunternehmen darf selbst bestimmen, wie es Kunden mit Zeitfahrtkarten für Verspätungen entschädigt. Die Deutsche Bahn hat in ihren Beförderungsbedingungen festgelegt, dass es bei einer Ankunftsverspätung von 60 Minuten folgende Pauschalbeträge pro Verspätungsfall gibt:
- Zeitfahrkarte für Nahverkehr, Länder-Ticket, Quer-durchs-Land-Ticket: 1,50 Euro (2. Klasse), 2,25 Euro (1. Klasse);
- Zeitfahrkarte für Fernverkehr (IC, EC, ICE): 5 Euro (2. Klasse), 7,50 Euro (1. Klasse);
- Jahreskarte Bahncard 100: 10 Euro (2. Klasse), 15 Euro (1. Klasse).
Wer etwa als Pendler eine Jahreskarte besitzt und das Jahr über viele Verspätungsfälle hat, muss nicht für jeden Fall eine Entschädigung beantragen, sondern kann diese auch sammeln und dann auf einen Schlag einreichen. Allerdings hat die Deutsche Bahn festgelegt, dass Zeitfahrkartenbesitzer maximal 25 Prozent des Fahrkartenpreises erstattet bekommen.
Beispiel Bahncard 100: Eine Bahnfahrer kauft sich eine Jahresfahrkarte für den Fernverkehr (Bahncard 100, 2. Klasse, für 4 000 Euro). Egal wie viele Verspätungen er im Jahr hat – er kann maximal 1 000 Euro als Entschädigung (25 Prozent von 4 000 Euro) erhalten. Mit 100 Verspätungsfällen hat er die 1 000-Euro-Grenze erreicht. Für die 101. Verspätung bekäme er also keine Entschädigung mehr.
Bagatellgrenze: Auszahlungen erst ab vier Euro Entschädigung
Die europäische Fahrgastrechte-Verordnung räumt den Eisenbahnunternehmen das Recht ein, Bagatellgrenzen für Auszahlungen bis 4 Euro einzuführen. Die Deutsche Bahn und viele andere Bahnunternehmen haben eine solche Grenze eingeführt.
Pendler mit Zeitfahrkarte. Diese Grenze hat vor allem Auswirkungen für Pendler mit Zeitfahrkarten für den Nahverkehr, denn sie erhalten für einen Verspätungsfall nur 1,50 Euro (2. Klasse) oder 2,25 Euro (1. Klasse). Folglich bekommen sie für eine einzige Verspätung keine Auszahlung. Erst wenn sie mehrere Verspätungsfälle hatten und die Entschädigungsbeträge addiert die 4-Euro-Grenze erreicht haben, können Pendler die Auszahlung der Entschädigung beantragen.
Einzelfahrschein. Die Bagatellgrenze greift auch bei Reisenden mit Einzelfahrschein. Wer beispielsweise für eine Zugfahrt hin und zurück 30 Euro ausgegeben hat (15 Euro pro Strecke) und auf der Hinfahrt mit einer Verspätung von 1,5 Stunden am Reiseziel war, hat nur Anspruch auf 3,75 Euro (25 Prozent von 15 Euro). Der Betrag wird aber nicht ausgezahlt, weil er unter 4 Euro liegt.
Verspätungsursache Schnee, Sturm, Streik, Suizid
Anders als Fluggesellschaften können Eisenbahnunternehmen Entschädigungsansprüche ihrer Kunde nicht ablehnen, wenn der Grund der Verspätung etwa auf externe Gründe wie schlechtes Wetter, einen Streik oder Ereignisse wie eine Selbsttötung zurückzuführen ist. Die Europäische Kommission plant derzeit zwar mit Unterstützung der aktuellen Bundesregierung, die Rechte der Fahrgäste an dieser Stelle einzuschränken. Noch ist die Änderung aber nicht Gesetz.
Umsteigerechte bei prognostizierter Ankunftsverspätung
Manchmal ist die Verspätung schon absehbar, bevor die Reise überhaupt losgeht. Nämlich etwa dann, wenn der Bahnfahrer zu Beginn seiner Reise am Bahnsteig steht und durchgesagt wird, dass der Zug verspätet eintrifft. Dann stellt sich die Frage: Warten, auf einen anderen Zug umsteigen oder die Reise abbrechen beziehungsweise erst gar nicht beginnen?

Wer mit der Deutschen Bahn fährt, darf schon bei 20-minütiger Verspätung auf einen anderen Zug umsteigen.
Umsteigerecht im Fernverkehr
Gemäß europäischer Fahrgastrechte-Verordnung Nr. 1371/2007 dürfen Reisende mit Fernverkehr-Ticket (IC, EC und ICE) bei einer zu erwartenden Verspätung von 60 Minuten auf einen anderen Zug umsteigen, um ihren Zielbahnhof zu erreichen (Artikel 16 b). Das gilt auch, wenn der ausgesuchte Alternativzug eine andere Strecke zum Reiseziel fährt. Wichtig für Nutzer der Deutschen Bahn: Die Deutsche Bahn hat aus der gesetzlichen 60-Minuten-Grenze freiwillig eine 20-Minuten-Grenze gemacht. Das heißt: DB-Fahrer dürfen also schon dann auf einen Alternativzug umsteigen, wenn die Durchsage am Bahnsteig für ihren Zug eine Verspätung von 20 Minuten prognostiziert.
Umsteigerecht im Nahverkehr
Für den Nahverkehr (Interregio-Express IRE, Regional-Express RE, Regionalbahn RB und S-Bahn) gilt die deutsche Eisenbahn-Verkehrsordnung (EVO). Darin ist das Umsteigerecht ab einer zu erwartenden Verspätung von 20 Minuten geregelt (Paragraf 8 Absatz 1 EVO). Für den Fall, dass sich Reisende entschließen, auf einen „höherwertigen“ IC, EC oder ICE umzusteigen, hat sich die Deutsche Bahn ein aufwändiges Prozedere ausgedacht: Betroffene müssen sich im IC, EC oder ICE erst einmal einen Fahrschein oder Aufpreis für diesen Zug kaufen. Diesen Betrag können sie sich nach der Ankunft am Reiseziel erstatten lassen, etwa im DB Reisezentrum oder postalisch über das Servicecenter Fahrgastrechte. Um die Auszahlung zu beantragen, benötigen Betroffene das Fahrgastrechte-Formular.
Wichtig: Kein Umsteigerecht haben die Inhaber von erheblich ermäßigten Fahrscheine (etwa „Quer-durchs-Land-Ticket“ oder Länder-Ticket)!
Reise abbrechen und Erstattung für Bahnticket beantragen
So mancher Bahnkunde wird bei einer prognostizierten Ankunftsverspätung von mehr als 60 Minuten die Reise gar nicht mehr antreten wollen, weil sie für ihn sinnlos geworden ist. Etwa wenn er einen wichtigen Termin am Zielort hat, der Zug schon mit über 60 Minuten am Startbahnhof eintrifft und er wahrscheinlich nicht rechtzeitig für den Termin am Reiseziel ankommen wird. Der Kunde hat dann das Recht, von der Reise zurückzutreten. Er steigt also gar nicht erst ein. Das Rücktrittsrecht hat ein Fahrgast aber auch dann, wenn sich die Verspätung erst während der Fahrt ergibt, etwa weil unterwegs ein Anschlusszug verpasst wird und erst dadurch die Ankunftsverspätung voraussichtlich mehr als 60 Minuten beträgt. Der Bahnkunde darf dann mit dem nächsten Zug kostenlos an den Ort seines Reisebeginns zurückfahren. Außerdem gilt:
- Einzelfahrschein. Als Folge des Reiseabbruchs bekommt der Fahrgast seinen Ticketpreis voll erstattet, gemäß Artikel 16a der europäischen Fahrgastrechte-Verordnung (Nr. 1371/2007).
- Zeitkarte. Besitzer einer Zeitfahrkarte (etwa Monats- oder Jahreskarte) haben nach den Beförderungsbedingungen der Deutschen Bahn („BB Personenverkehr“, dort Punkt B.13) Anspruch auf die oben beschriebenen pauschalen Entschädigungsbeträge von 1,50 bis 15 Euro, je nach Ticket und Buchungsklasse.
Für Erstattung ist Beleg erforderlich
Für die Fahrpreiserstattung nach Reiseabbruch benötigen Fahrgäste eine Bestätigung der zu erwartenden 60-minütigen Ankunftsverspätung. Die Bestätigung können Zugbegleiter oder Mitarbeiter an der DB Information oder im DB Reisezentrum vornehmen. Idealerweise erfolgt sie auf dem Fahrgastrechte-Formular, das der Fahrgast anschließend ausgefüllt in einem Reisezentrum abgeben oder per Post an das Servicecenter Fahrgastrechte in 60647 Frankfurt am Main schicken muss.
Mahlzeiten und Erfrischungen
Bei einer zu erwartenden Verspätung von mehr als 60 Minuten haben Reisende unterwegs außerdem Anspruch auf „Mahlzeiten und Erfrischungen in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit, sofern sie im Zug oder im Bahnhof verfügbar oder vernünftigerweise lieferbar sind“ (Artikel 18 der europäischen Fahrgastrechte-Verordnung).
Verspätung oder Ausfall in der Nacht – mit dem Taxi weiter
In Ausnahmefällen haben Bahnfahrer das Recht, auf Kosten der Bahn mit einem Taxi (oder mit einem Bus) zum Zielbahnhof weiterzufahren. Das gilt aber nur in den folgenden zwei Konstellationen:
- Die fahrplanmäßige Ankunftszeit des verspäteten Zugs liegt zwischen 0 und 5 Uhr früh und laut Prognose der Bahn kommt der Zug mit mindestens 60 Minuten Verspätung am Reiseziel an.
- Der Zug zum Zielbahnhof fällt aus. Weil er die letzte fahrplanmäßige Verbindung des Tages ist, schafft es der Bahnkunde nicht mehr bis 24 Uhr ans Ziel.
Erstattungsgrenze: Im Nahverkehr muss das Eisenbahnunternehmen nur maximal 80 Euro der erforderliche Taxikosten ersetzen (Paragraf 8 Eisenbahn-Verkehrsordnung). Im Fernverkehr gelten nach der europäischen Fahrgastrechteverordnung zwar an sich keine Höchstbeträge, aber in den Beförderungsbedingungen hat die Deutsche Bahn den Anspruch der Fernverkehrsnutzer ebenfalls auf 80 Euro beschränkt.
Wichtig: Bevor Sie sich ein Taxi nehmen, sollten Sie immer erst versuchen, mit dem Bahn- oder Zugpersonal Kontakt aufzunehmen. Es ist denkbar, dass die Bahn von sich aus Sammeltaxis organisiert oder die Weiterfahrt mit Bussen ermöglicht. Wer sich dann vorschnell ins Taxis gesetzt hat, bleibt womöglich auf seinen Kosten sitzen. Heben Sie in jedem Fall die Taxiquittung auf.
Ersatz von Übernachtungskosten (Hotel)
Führt ein Zugausfall oder eine Verspätung dazu, dass der Reisende seine Fahrt nicht mehr am selben Tag fortsetzen kann oder ist eine Reisefortsetzung an diesem Tag nicht mehr zumutbar, soll das Eisenbahnunternehmen dem Betroffenen eine kostenlose Übernachtungsmöglichkeit anbieten (Artikel 18 der europäischen Fahrgastrechte-Verordnung).
Wann eine Hotelübernachtung notwendig ist
Kommt von der Bahn kein Angebot und hat der Fahrgast erfolglos versucht, zwecks Übernachtung mit dem Zugpersonal oder Bahnmitarbeitern am Bahnhof Kontakt aufzunehmen, kann sich der Kunde selbst ein Hotel suchen und anschließend Erstattung von der Bahn verlangen. Eine Nacht im Hotel wird in der Regel dann notwendig sein, wenn der Fahrgast in der Nacht wegen eines Zugausfalls oder eines verpassten Anschlusszuges irgendwo „strandet“ und noch so weit vom Zielbahnhof entfernt ist, dass er auch mit einer 80-Euro-Taxifahrt nicht mehr an sein Reiseziel kommt.
Wichtig: Erstattet wird aber nur eine „angemessene“ Unterbringung, also kein Luxushotel. Fahrgäste sollten daher im Zweifel ein eher günstiges Hotel wählen, wenn die Bahn von sich aus nichts angeboten hat. Auch die Kosten einer Beförderung (etwa mit einem Taxi) vom Bahnhof zum Hotel und zurück sind von der Bahn zu erstatten.
So machen Fahrgäste ihre Ansprüche geltend

Fahrgastrechte-Formular der Deutschen Bahn.
Antrag schriftlich stellen
Der Anspruch auf Entschädigung (wegen einer Verspätung, auf Erstattung des Ticketpreises wegen eines verspätungsbedingten Reiseabbruchs und auf Erstattung von notwendigen Taxi- und Hotelkosten) muss schriftlich erfolgen. Die Bahnunternehmen bieten dafür das Fahrgastrechte-Formular an. Bahnkunden sind aber nicht verpflichtet, das Formular zu nutzen. Der Antrag kann auch formlos gestellt werden.
Formloser Antrag genügt
Wer seinen Antrag formlos stellt, sollte folgende Daten in das Schreiben aufnehmen: Anschrift, Datum der Reise, Darstellung der geplanten Zugverbindung, Angaben zum tatsächlichen Reiseverlauf, Kontoverbindung und Unterschrift.
Wenn Sie das Fahrgastrechte-Formular nutzen
Die Stiftung Warentest empfiehlt, das Fahrgastrechte-Formular zu verwenden. Darin werden alle notwendigen Daten abgefragt. Das Risiko, etwas zu vergessen, sinkt. Das Formular bekommen Fahrgäste beim Zugbegleiter, im DB Reisezentrum oder online. Ideal ist es, wenn sich Kunden vor dem (verspäteten) Erreichen ihres Zielbahnhofs ein Fahrgastrechte-Formular vom Zugpersonal geben lassen, auf dem der Schaffner auch schon gleich die Verspätung bestätigt.
Antrag einschicken oder abgeben
Weil bei der Bahn ein elektronischer Antrag (etwa per E-Mail oder über die Bahn-Website) noch immer nicht möglich ist, müssen Fahrgäste den ausgefüllten Antrag entweder im DB Reisezentrum abgeben oder an das Servicecenter Fahrgastrechte einschicken (Adresse: DB Dialog GmbH Servicecenter Fahrgastrechte, 60647 Frankfurt am Main). Die Abgabe des Formulars in Bahnhof kann natürlich nervig sein, wenn dort eine Schlange steht. Sie hat aber den Vorteil, dass der Kunde dort sofort seine Verspätungsentschädigung erhalten kann. Wer den Weg über das Servicecenter Fahrgastrechte wählt, muss erfahrungsgemäß ein paar Wochen warten bis das Geld auf seinem Konto ist.
Wann das Einschicken zwingend erforderlich ist
In folgenden Fällen muss der Antrag per Post an das Servicecenter Fahrgastrechte geschickt werden:
- Wenn der Kunde (auch) Erstattung für Taxi- oder Hotelkosten fordert.
- Wenn der Fahrgast Inhaber einer Zeitfahrtkarte (etwa Monats- oder Jahreskarte) ist.
- Wenn der Fahrgast eine Entschädigung für eine grenzüberschreitende Fahrt fordert.
- Wenn der Fahrgast die Original-Fahrkarte behalten will und seinem Antrag nur eine Kopie beilegen möchte.
Das gilt bei Zeitfahrkarten (z.B. Monats- oder Jahreskarte)
Besitzer einer Zeitfahrkarte können zwar mehrere Verspätungen gebündelt einreichen, um insgesamt die Entschädigungsgrenze von vier Euro zu erreichen. Aber sie müssen pro Verspätungsvorfall ein Formular ausfüllen. Das kann insbesondere für Pendler sehr nervig sein. Nutzer einer Zeitfahrtkarte müssen dem Antrag eine Kopie ihres Fahrscheins beilegen. Steht auf der Fahrkarte kein Preis, ist zudem ein Kostennachweis einzureichen (etwa Rechnungskopie). Das gilt nicht für Besitzer der Bahncard 100.
Die Alternative: Online-Fahrgastdienste nutzen
Fahrgäste, denen das zu viel Aufwand ist, können sich an Fahrgastdienste wie bahn-buddy.de, refundrebel.com oder robin-zug.de interessant. Diese haben sich in den letzten Jahren gegründet, weil die Bahn keinen elektronischen Antrag anbietet. Über solche Fahrgastdienste ist eine bequeme Antragstellung ohne Anstellen in einer Warteschlange oder Einschicken von Formularen möglich. Allerdings kosten diese Dienste auch etwas. Für ihre Hilfe erhalten die Dienste einen Teil der Bahnentschädigung. Details finden Sie in unserem Special Entschädigung online beantragen – so gehts.
Der Sonderfall Flixtrain
Die meisten, aber nicht alle Eisenbahnunternehmen haben sich dem Servicecenter Fahrgastrechte angeschlossen. Flixtrain gehört zu diesen Ausnahmefällen. Flixtrain-Kunden müssen ihre Ansprüche daher direkt bei Flixtrain geltend machen. Das Unternehmen bietet auf seiner Internetseite kein Antragsformular an. Flixtrain ist über folgende Kontaktdaten erreichbar:
Telefon: 030 / 300 137 300; E-Mail: service@flixbus.de.
Ein Jahr Frist für Antragstellung
Die Ansprüche auf Entschädigung und Erstattung können bis zu ein Jahr nach Ende der Geltungsdauer der Fahrkarte geltend gemacht werden (Artikel 60 der europäischen Fahrgastrechte-Verordnung). Wer etwa eine Jahresfahrkarte für 2021 gekauft hat, kann seine Ansprüche aus Fahrten im Jahr 2021 bis Ende 2022 bei der Bahn einfordern.
Bei Streit: Beschwerde bei der Schlichtungsstelle
Wird ein Antrag auf Erstattung oder Entschädigung abgelehnt oder nur diesem von der Bahn nur teilweise stattgegeben und fühlt sich der Bahnkunde dennoch im Recht, kann er bei der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (Söp) Beschwerde einreichen. Es beginnt dann ein Schlichtungsverfahren, das für Bahnkunden kostenfrei ist. Unabhängige Juristen bewerten den Fall auf Basis der Gesetzeslage. Nicht selten bekommen Bahnkunden über diesen Weg doch noch ganz oder wenigstens teilweise Recht.
Auch bei der Schlichtungsstelle Söp machen leider nicht alle Eisenbahnunternehmen mit. Flixtrain-Kunden etwa können sich nicht dorthin wenden. Wenn sie sich beschweren wollen, müssen sie das Eisenbahn-Bundesamt einschalten:
Adresse: Heinemannstraße 6, 53175 Bonn, Telefon: 0228 / 30795–400; E-Mail: fahrgastrechte@eba.bund.de.
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