FFP2-Masken für Kinder im Test

Interview: Plädoyer für OP-Masken

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FFP2-Masken für Kinder im Test - Viel Luft nach oben

Im Interview. Dr. Folke Brinkmann forscht und arbeitet an der Uniklinik der Ruhruni Bochum. © FUNKE Foto Services / Dietmar Wäsche

Die Kinder-Lungen­ärztin Folke Brinkmann erforscht Infektions­wege bei Kindern und ordnet ein, ob das Masketragen für sie Folgen hat.

FFP2-Masken für Kinder im Test Testergebnisse für 16 FFP2-Kinder­masken 2021

Dr. Brinkmann, in unserem Test von FFP2-Kinder­masken haben wir fest­gestellt, dass die meisten einen so hohen Atem­widerstand wie Erwachsenenmasken haben. Kann das für Kinder Folgen haben?

Wenn man sehr lange und immer wieder gegen einen deutlich erhöhten Widerstand atmet, kann das zu Veränderungen der Atemwege führen. Das kann zum Beispiel bei einer längeren Beatmung mit einer Beatmungs­maschine passieren. Aber: Durch Masken kommen Kinder nicht in diese Situation. Dazu kommt, dass die Kinder in den Schulen ihre Masken auch immer wieder abnehmen. In der Regel gibt es zusätzliche Masken­pausen, sodass die Einheiten, in denen Kinder eine Maske tragen, 45 Minuten lang sind. Solche Schäden sind zudem unwahr­scheinlich, weil die FFP2-Masken Kindern oft nicht wirk­lich passen.

Dr. Folke Brinkmann

Die Kinder-Lungenfach­ärztin leitet die Pädiatrische Pneumologie am Uniklinikum der Ruhr­universität Bochum. Sie hat Studien zum Corona-Infektions­geschehen von mehr als 10 000 Kindern im Ruhr­gebiet durch­geführt.

Gibt es dennoch Studien dazu, welche körperlichen Effekte das Tragen einer solchen FFP2-Maske bei Kindern hat?

Die Studien­lage ist dünn. Die beste und einzige größere Studie mit Kindern dazu stammt aus Singapur und aus Vor-Corona-Zeiten: Da wurden die Masken noch zum Schutz vor Fein­staub einge­setzt. Ein Forscher­team hat Kinder in Ruhe und unter Belastung N95-Masken – die ähneln FFP2-Masken – tragen lassen und danach verschiedene Körperwerte untersucht, Atemwegs­widerstände, die Sauer­stoff­sättigung und das endtidale CO2 (Anmerkung der Redak­tion: Der CO2 -Gehalt in der ausgeatmeten Luft). Sie konnten zeigen, dass vor allem unter Belastung das endtidale CO2 mit Maske leicht erhöht war. Aber in einem sehr toler­ablen Rahmen und ohne dass die Belast­barkeit der Kinder einge­schränkt war.

Sind also Sorgen unbe­gründet, dass Kinder nicht genug Sauer­stoff bekommen?

Ja, Kinder können das problemlos kompensieren, das Atmen kann sie nur mehr anstrengen.

Wie sieht der optimale Schutz für Schule und Co aus?

Ich halte den medizi­nischen Mund-Nasen-Schutz, also OP-Masken, in jedem Fall für die pragma­tischste Lösung. FFP-Masken sitzen bei Kindern oft nicht besser als so ein Mund-Nasen-Schutz, schützen also auch nicht unbe­dingt besser. Außerdem ist ein Mund-Nasen-Schutz – MNS – für die Kinder viel einfacher aufzusetzen und ans Gesicht anzu­passen. Für diese Masken haben einige Studien gezeigt, dass sie keine negativen Effekte auf die Atmung haben. Und: Wenn alle Kinder konsequent Maske tragen, schützen sie sich damit gegen­seitig.

Wie sieht es bei Kindern mit Vorerkrankungen der Atemwege aus?

Das kommt ganz auf die Erkrankung an. Wir begleiten hier am Klinikum etwa 100 Kinder mit Asthma oder Mukoviszidose. Die Kinder mit schwerem Asthma merken schon eher, dass das Atmen mit Maske anstrengender sein kann, weil sie ohnehin einen höheren Atemwegs­widerstand haben. Kinder mit Mukoviszidose haben eher das Problem, dass sie viel husten müssen, viel Schleim produzieren und dann die Maske „im Weg“ haben. Für Kinder mit schwachem Immun­system kann der Schutz vor einer Infektion wiederum ganz besonders wichtig sein. Wenn Eltern von Kindern mit Vorerkrankungen sich unsicher sind, sollten sie das mit dem behandelnden Arzt besprechen.

Leidet die Konzentrations­fähig­keit in der Schule unter der Maske?

Nein. Als die Infektions­lage das noch zugelassen hat, haben wir in den fünften bis siebten Klassen einen Teil mit MNS oder FFP2-Maske und den anderen ohne Maske Unter­richt machen lassen und danach Konzentrations­tests durch­geführt. Wir haben zwischen den Gruppen keine Unterschiede fest­gestellt.

Sie haben außerdem zwei Studien geleitet, die das Infektions­geschehen bei Kindern im Ruhr­gebiet untersucht haben. Welche Rolle spielen Einrichtungen wie die Schule für das Infektions­geschehen bei Kindern?

Wir haben für weit über 10 000 Kinder, die mit Beschwerden beim Kinder­arzt oder in der Notaufnahme vorstel­lig waren, nach­verfolgt, ob und wo sie Kontakte zu Infizierten hatten. Und: Tatsäch­lich waren die Schulen auch in unseren Unter­suchungen nicht die Orte, wo Infektionen im größeren Maß weiterge­geben worden sind. Viel wichtiger ist das Interfamiliäre, dort sind die Kontakte näher, länger und ohne Schutz wie Masken. Das Infektions­risiko beim Kontakt zu einer positiven Person in der Familie lag zwischen 1:2 und 1:3, in Kita und Schule bei 1:14 bis 1:20 – ein riesiger Unterschied. Das hat sich auch durch die Delta-Variante nicht maßgeblich verändert.

Welche Rück­meldungen haben Sie in Ihren Studien von den Kindern selbst zum Thema Maskentragen bekommen?

Das ist für sie tatsäch­lich so selbst­verständlich wie der Helm beim Fahr­radfahren oder das Zähneputzen vor dem Schlafen. Wir hatten nicht den Eindruck, dass sich die Kinder durch die Masken beein­trächtigt fühlen oder dass es sie offensicht­lich stört – anders als einige Erwachsene. Dabei ist es für die Kinder wichtig, dass es von der Familie als Selbst­verständlich­keit vorgelebt wird.

Als Argument gegen Maßnahmen für Kinder wird immer wieder angeführt, dass Kinder selten und noch seltener schwer an Covid-19 erkranken. Stimmt das?

Ja, ihr Anteil ist deutlich kleiner als bei den Erwachsenen. Nichts­destotrotz sehen wir mit zunehmenden Inzidenzzahlen natürlich absolut immer mehr Kinder, die schwer erkranken: Kinder mit Lungen­entzündungen oder auch mit dem Inflammations­syndrom, das als Folge einer Infektion auftritt und mit dem Kinder auf der Intensiv­station landen. Die meisten erholen sich wieder. Aber dass Kindern nichts passiert und sie deswegen keinen Schutz brauchen, ist schlicht falsch.

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Gringos am 05.11.2022 um 16:24 Uhr
Fremdschutz der Impfung für Kinder

Sehr geehrte Damen und Herren,
in diesem Artikel heißt es noch:
"Klar ist: Geimpfte und genesene Erwachsene schützen auch ungeimpfte Kinder."
Inzwischen weiß man, dass das nicht klar war und auch nicht so ist.
Können Sie das bitte anpassen.
Vielen Dank.

winfried22 am 09.02.2022 um 22:38 Uhr
Wiederverwendbare FFP2-Masken

@k.hadler: Diese wiederverwendbaren Stoffmasken haben meist das Problem der fehlenden Formstabilität. Die ziehen beim Atmen dann vor den Mund, was unangehm ist. So ist das zumindest bei einigen Masken, die ich ausprobiert habe, wie z.B. Livinguard. Auch ensteht unter solchen Masken oft mehr Wärme, was in beheizten Räumen unangehm sein kann.

Profilbild Stiftung_Warentest am 07.02.2022 um 09:17 Uhr
Wiederverwendbare FFP2-Maske

@k.hadler: Leider müssen wir Ihnen mitteilen, dass wir uns mit der FFP2-Maske von mask24.nett bisher weder im Rahmen von Untersuchungen noch redaktionell befasst haben, so dass wir Ihnen keine Informationen zur Verfügung stellen können.

k.hadler am 06.02.2022 um 09:06 Uhr
Wiederverwendbare FFP2-Maske

Können Sie etwas zur wiederverwendbaren FFP2-Maske von mask24.net sagen?
Sie hat laut eigener Aussage einen geringen Atemwiderstand und passt sich auch kleineren Gesichtern an.
Ist sie eine Alternative für Kinder?

MHeise am 29.12.2021 um 10:20 Uhr
meinte natürlich ohne Ventiel

@winfried22
Danke für den Hinweis - ich meine natürlich "ohne Ventil". Eine Ventilmaske ist für einen Corona-Schutz nicht zulässig, da die ausgeatmete Luft weitestgehend ungefiltert entweichen lässt. Nur Masken ohne Ventil sind zulässig.
Meine Meinung. Die Moldex-Masken sind mit ihrer Körbchenform als FFP2-Maske relativ einzigartig. Das Körbchen passt sich der Gesichtsform (incl. Nase) automatisch gut an und dürfte für die meisten Kopfformen eine hohe Dichtigkeit erzeugen. Außerdem ist es mit dieser Form praktisch unmöglich, die Maske als "Nasenhalter" (also unterhalb der Nase) zu tragen. So eine Unsitte (Argument: ich bekomme sonst kaum Luft) sollte nicht passieren. Besser ist eine Maske mit hohem Atemkomfort. Das sind nicht 3 Stück vom Discounter für 0,99 €.