Farbvorlieben wechseln, doch die Liebe zum Lack selbst bleibt. 12,6 Millionen Frauen in Deutschland verwenden mindestens einmal in der Woche Nagellack, Tendenz steigend, ergaben Umfragen des Instituts für Demoskopie Allensbach. Chemiker machen jedoch auf krebserregende Nitrosamine in Nagellacken aufmerksam. Hier beantworten wir die wichtigsten Fragen zu dem beliebten Accessoire.
Historie: Erst die Autos, dann die Fingernägel
Knapp einhundert Jahre ist es her, dass Nagellack – ähnlich wie wir ihn heute kennen – auf den Markt kam. Wem haben wir das zu verdanken? Der Autoindustrie.
Farbenfroher Wandel. In den 1920er Jahren begann die Fahrzeugbranche zu boomen. Man tüftelte an Technik und Design, die Karosserielacke wurden bunter, glänzender und trockneten schneller. Die Kosmetikindustrie griff den Fortschritt auf, entwickelte Lacke für Finger- und Fußnägel. Bis Frauen damit nicht mehr als anrüchig galten, verging aber noch Zeit.
Traumhaftes Geschäft. Der US-Amerikaner Charles Revson wurde in den 1930er Jahren mit Nagellack zum Multimillionär. Er gehörte zu den Gründern der Firma Revlon und soll gesagt haben: „In der Fabrik produzieren wir Kosmetik, im Laden verkaufen wir Träume.“ Er war es auch, der eine bis heute beliebte Tradition einführte: Nagellacke tragen bisweilen poetische Namen, die zum Träumen einladen. Damals nannte Revson einen roten Lack „Cherries in the snow“. Heute bieten andere eine hellrosa „Italian love affair“ an oder das orangefarbene Versprechen „Meet me at sunset“.
Alle Fragen im Überblick
Praktische Tipps
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Was ist beim Lackieren wichtig?
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Bunte Lacke können die Nägel mit der Zeit verfärben. Ursache sind Farbpigmente, die sich in der Nagelplatte festgesetzt haben. Nagellackentferner sind dagegen weitgehend machtlos. Schützen kann farbloser Unterlack. „Er muss gleichmäßig und lückenlos bis zu den Nagelrändern aufgetragen werden und vollkommen durchtrocknen, bevor der Farblack folgt“, sagt Brigitte Ratzke, Dozentin für den Bereich Körperpflege bei Hair und Make-up Company Hamburg. Der Unterlack gleicht auch feine Rillen im Nagel aus. Ein Überlack bewahrt vor Kratzern. Die Lackschichten brauchen aber viel Zeit, vollständig zu trocknen.
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Wie trocknet der Lack schneller?
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Die Liste der Tipps ist lang: Fingerspitzen in Eiswasser halten, heiß fönen oder immer wieder anhauchen. Diese Hilfsmittel führen dazu, dass der Lack an der Oberfläche schneller trocknet. Darunter bewirken sie meist genau das Gegenteil – die Lösungsmittel entweichen nicht mehr richtig, die Farbe bleibt länger weich. Was wirklich hilft: Geduld. Und: Nicht dick auftragen, mehrere dünne Schichten übereinander streichen. Jede Schicht gut trocknen lassen.
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Wohin mit altem Nagellack?
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„Niemals ins Waschbecken oder in die Toilette gießen“, sagt Sebastian Harnisch, Sprecher der Berliner Stadtreinigung. „Das würde das Abwasser stark belasten.“ Nagellack gehört auch nicht in den Hausmüll, sondern zur Schadstoffsammelstelle. Das wäre dann auch für die Umwelt schick.
Nagellack entfernen
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Der Lack muss ab – wie am besten?
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Mit Nagellackentferner geht es schnell und unkompliziert. Er entfettet Nägel und Haut aber stark. Die Dämpfe der Lösemittel können die Atemwege reizen und Kopfschmerzen verursachen. Nagellackentferner deshalb bei geöffnetem Fenster und sparsam benutzen. Die Farbe vom Nagelbett in Richtung Fingerspitze wischen, anschließend Haut und Nägel gut eincremen. Wie gut die Produkte in der Praxis ihren Zweck erfüllen, zeigt unser Test von Nagellackentfernern.
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Sind flüssige Nagellackentferner besser als mit Lösemitteln getränkte Pads, Tücher und Schwämme?
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Ja, zumindest wenn man die Ergebnisse unseres letzten Tests von Nagellackentfernern zugrunde legt.
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Trocknet Aceton die Nägel stärker aus als andere Lösemittel?
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Alle Lösemittel entziehen den Nägeln Fett und machen sie trocken. „Es gibt keine Hinweise darauf, dass Aceton die Nägel mehr austrocknet als etwa das häufig in acetonfreien Produkten eingesetzte Lösemittel Ethylacetat“, erklärt Cordula Schmitz, kosmetische Sicherheitsbewerterin bei der Dienstleistungsagentur Chemie.
Schadstoffe in Nagellacken
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Was weiß man über die Nitrosamine?
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Schweizer Kontrollbehörden und das Thüringer Landesamt für Verbraucherschutz haben kürzlich insgesamt 114 Nagellacke stichprobenartig untersucht. In 67 der Lacke fanden sie krebserregende Nitrosamine. Die Proben waren unterschiedlich stark belastet, einige aber so hoch, dass der weitere Verkauf verboten wurde. Laut EU-Kosmetikverordnung dürfen Nitrosamine nur als technisch unvermeidbare Reste in Kosmetika enthalten sein. Im Prüfbericht des Kantonalen Laboratoriums Basel-Stadt steht, es spreche viel dafür, „dass die Verwendung von Nitrocellulose der Hauptgrund für die Präsenz von Nitrosaminen in diesen Produkten“ sei. Hersteller der Lacke setzen den Stoff als Bindemittel ein.
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Wie kommen die Stoffe in den Lack?
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Das ist noch unklar. Als Ursache kämen verunreinigte Rohstoffe infrage, aber auch unbeabsichtigte Reaktionen verschiedener Inhaltsstoffe, so die Schweizer. Das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung erklärt auf Nachfrage: „Es gibt keinen toxikologischen Schwellenwert, unterhalb dessen krebserregende Nitrosamine die Gesundheit nicht beeinträchtigen.“ Die Aufnahme aus allen Quellen, beispielsweise über die Nahrung oder Kosmetika, sollte daher möglichst gering sein. Auch über die Haut, über Finger- und Fußnägel sei es prinzipiell möglich, dass Nitrosamine in den Körper gelangen.
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Wie kann ich Nitrosamine vermeiden?
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Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte die Liste der Inhaltsstoffe genau lesen und Nagellacke ohne Nitrocellulose verwenden. Sie ist auf der Verpackung deklariert.
UV-Lacke
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Was sind UV-Lacke?
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Es gibt Nagellacke, die nur mithilfe von speziellen UV-Lampen aushärten. Sie enthalten fotoaktive Inhaltsstoffe, die unter dem Einfluss von UV-Licht reagieren und eine besonders robuste Oberfläche bilden. Die Bestrahlungszeit beträgt meist 30 Sekunden bis wenige Minuten. Die Farben gelten als gut deckend, ausgesprochen glänzend und kratzfest. Zunächst wurden UV-Lacke und -Lampen in Kosmetik- und Nagelstudios eingesetzt. Inzwischen sind sie für jedermann im Fachhandel oder Internet zu haben. Unumstritten ist diese Art der Nagelverschönerung nicht. Amerikanische Forscher weisen im Fachjournal Jama Dermatology darauf hin, dass jede Bestrahlung der Haut mit UV-Licht das Hautkrebsrisiko erhöhen könne und ein besonderes Risiko von nicht fachmännisch gewarteten Lampen ausgehe. Um das Risiko zu reduzieren, raten Wissenschaftler der University of Newcastle im British Journal of Dermatology, während der Anwendung von UV-Lack und -Lampe Handschuhe zu tragen, aus denen nur Fingerkuppen und -nägel ragen.
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Wie entfernt man UV-Lack wieder?
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Mit reichlich Nagellackentferner, der das Lösemittel Aceton enthält. Manche Kosmetikstudios schleifen UV-Lack auch mechanisch ab. Dabei drohen Verletzungen der empfindlichen Nagelhaut und -platte.
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