
Eos. Wenn Otto sein Inkasso-Unternehmen Eos losschickt, wird es sehr teuer für säumige Kunden. Der vzbv hält das für rechtswidrig. Teilnehmern der Klage winkt eine Erstattung. © Alamy Stock Photo / Joko
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hat das Otto-Inkasso wegen Kostentreiberei verklagt. Wir beantworten die wichtigsten Fragen zur Eos-Musterklage.
Alle Fragen im Überblick
- Was nützt mir die Anmeldung meiner Rechte zur Musterfeststellungsklage?
- Kann die Musterfeststellungsklage für mich auch zu Nachteilen führen?
- Welches Gericht entscheidet über die Musterklage gegen die Eos Investment GmbH?
- Hat sich das Gericht bereits zur Klage geäußert?
- Wann wird es ein Urteil geben?
- Was bedeutet es für mich als Teilnehmer an der Musterklage, wenn das Gericht das Otto-Inkasso als rechtswidrig beurteilt?
- Habe ich in jedem Fall Anspruch auf Erstattung überhöhter Otto-Inkassogebühren?
- Was kann ich tun, wenn ich die Anmeldung meiner Rechte zur Klage versäumt habe?
- Wo kann ich weitere Einzelheiten zur Otto-Inkasso-Musterklage nachlesen?
Unzulässige Gebührentreiberei
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Worum geht es bei der Klage?
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Die Otto-Group mit dem Otto-Versand als Flaggschiff hat mehrere Unternehmen gegründet, um die Bezahlung offener Forderungen durchzusetzen. Die Eos Investment GmbH übernimmt offene Forderungen. Anschließend beauftragt sie die Eos Deutscher Inkasso-Dienst GmbH (Eos DID) damit, das Geld einzutreiben.
Die Folge für betroffene Verbraucher: Sie müssen zum Teil horrende Gebühren zusätzlich zahlen. Der vzbv berichtet von Einzelfällen, wo der Otto-Inkassodienst zusätzlich zur Zahlung des geforderten Betrags fast 500 Euro forderte. Würde die Eos Investment GmbH selbst die Forderungsschreiben verschicken, könnte das Unternehmen nur Mahnkosten von wenigen Euro geltend machen.
„Mit unserer Musterfeststellungsklage wollen wir als vzbv der Praxis des Konzerninkassos einen Riegel vorschieben,“ erklärte der damalige vzbv-Vorstand Klaus Müller bei Erhebung der Klage im Sommer 2021. Es könne nicht sein, dass Verbrauchern allein durch die Einschaltung eines Schwesterunternehmens hohe zusätzliche Kosten entstehen.
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Wer ist betroffen?
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Betroffen sind alle Verbraucher, von denen die Eos Deutscher Inkasso-Dienst GmbH (Eos DID) beim Einzug von Otto-Forderungen hohe Gebühren fordert oder die ab 1.1.2018 solche Gebühren gezahlt haben.
Zur Otto-Group gehören vor allem das gleichnamige Versandhaus (korrekt: Otto GmbH & Co KG), die Bonprix Handelsgesellschaft mbH und die Sheego GmbH. Außerdem wird das Otto-Inkasso für Banken wie der BNP Paribas, Santander Consumer Bank AG oder Commerzbank AG tätig.
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Was soll ich als Betroffener jetzt tun?
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Sie können aktuell nicht mehr an der Klage teilnehmen. Die Frist für die Anmeldungen von Rechten ist abgelaufen. Sie können aber unabhängig von der Musterklage selbst entweder die Zahlung überhöhter Gebühren verweigern oder Erstattung fordern, wenn Sie bereits gezahlt haben. Einzelheiten dazu unten in der Antwort auf die Frage: Was kann ich tun, wenn ich die Anmeldung meiner Rechte zur Klage versäumt habe?
Wie die Musterfeststellungsklage funktioniert
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Was nützt mir die Anmeldung meiner Rechte zur Musterfeststellungsklage?
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Das Urteil in dem Verfahren gilt dann direkt auch für Sie. Setzt sich der vzbv durch, dann steht fest, dass Sie überzogene Gebühren nicht bezahlen müssen oder diese zurückbekommen, falls Sie bereits gezahlt haben. Wichtigster Effekt der Anmeldung der Rechte: Die Verjährung ist gestoppt. Die Erstattung von Beträgen, die Sie vor dem 1.1.2021 gezahlt haben, wird möglicherweise bereits Ende 2023 verjähren.
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Kann die Musterfeststellungsklage für mich auch zu Nachteilen führen?
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Theoretisch ja. Es ist vorstellbar, dass die Musterklage zu Unrecht abgewiesen wird. Dann haben alle angemeldeten Verbraucher mit verloren. Sie können nicht mehr einzeln vor Gericht ziehen. Ihr Recht können in dieser sehr unwahrscheinlichen Konstellation nur Menschen bekommen, die von Anfang an selbst einzeln Klage erhoben haben oder das noch tun.
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Welches Gericht entscheidet über die Musterklage gegen die Eos Investment GmbH?
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Zuständig ist das Hanseatische Oberlandesgericht in Hamburg.
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Hat sich das Gericht bereits zur Klage geäußert?
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Die Richter äußerten in der Verhandlung des Falles die Auffassung, die Kostentreiberei beim Otto-Inkasso sei unzulässig. Allerdings haben die Anwälte des Unternehmens jetzt noch einmal die Gelegenheit, sich zur Rechtslage zu äußern. Meist bleiben die Richter allerdings bei ihrer vorläufigen Rechtsauffassung. Es kommt nicht so oft vor, dass sie bei Prüfung des Falles vor der Verhandlung entscheidende Fakten übersehen oder nicht kennen oder Gegenargumente kommen, die sie überzeugen.
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Wann wird es ein Urteil geben?
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Das Gericht hat die Verkündung seines Urteils für Donnerstag, 15. Juni 2023, angekündigt.
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Was bedeutet es für mich als Teilnehmer an der Musterklage, wenn das Gericht das Otto-Inkasso als rechtswidrig beurteilt?
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Sie müssen dann zumindest einen großen Teil der Gebühren, die das Otto-Inkasso von Ihnen fordert, nicht bezahlen. Sofern Sie bereits gezahlt haben, muss das Unternehmen die Gebühren erstatten. Wahrscheinlich wird nötig sein, die Erstattung trotz der Musterklage in Ihrem Einzelfall noch ausdrücklich zu fordern.
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Habe ich in jedem Fall Anspruch auf Erstattung überhöhter Otto-Inkassogebühren?
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Ja, im Prinzip schon. Sie müssen gegebenenfalls nachweisen, dass Sie solche Gebühren gezahlt haben. Durchsetzbar ist ihre Erstattungsforderung mindestens für alle überhöhten Gebühren, die sie ab 1. Januar 2018 gezahlt haben. Unserer Rechtsauffassung nach ist auch die Erstattung davor gezahlter Gebühren nicht verjährt. Nach aktuellen Urteilen des Europäischen Gerichtshofs darf die Erstattung auf missbräuchlichen Forderungen beruhender Zahlungen nicht verjährt sein, bevor Verbraucher den Missbrauch erkennen konnten. Danach dürfte die Verjährung überhaupt erst im Jahr 2021 begonnen haben, als die Gebührentreiberei beim Otto-Inkasso durch die Erhebung der Musterklage Thema wurde. Es ist aber nicht sicher, dass die Gerichte in Deutschland das auch so sehen. Es könnte sein, dass Sie nur die Erstattung ab 2018 gezahlter Beträge noch durchsetzen können.
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Was kann ich tun, wenn ich die Anmeldung meiner Rechte zur Klage versäumt habe?
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Sie können selbstverständlich unabhängig von der Klage die Erstattung der rechtswidrigen Gebühren fordern. Indirekt kann das Musterurteil auch Ihnen helfen, wenn es wie jetzt zu erwarten verbraucherfreundlich ausfällt. Wir halten es für ausgeschlossen, dass die für Ihre Erstattungsforderung zuständigen Gerichte die Rechtslage anders beurteilen als das Oberlandesgericht Hamburg. Sie haben dann praktisch kein Prozesskostenrisiko. Wenn Sie wenig Einkommen und Vermögen haben, steht Ihnen ohnehin Prozesskostenhilfe zu. Beachten Sie allerdings: Ohne Teilnahme an der Musterfeststellungsklage kann schon die Forderung auf Erstattung von vor 1. Januar 2020 gezahlten Beträgen verjährt sein. Wir denken allerdings: Sie haben wegen verbraucherfreundlicher Urteile des Europäischen Gerichtshofs länger Zeit. Es ist aber nicht sicher, ob die Gerichte in Deutschland das auch so sehen. Sofern Sie vom Otto-Inkasso geforderte Gebühren noch nicht gezahlt haben, können Sie die Zahlung verweigern. Voraussetzung: Sie sind nicht per Urteil oder Vollstreckungsbescheid rechtskräftig zur Zahlung verurteilt. Dann lässt sich wahrscheinlich nichts mehr machen.
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Wo kann ich weitere Einzelheiten zur Otto-Inkasso-Musterklage nachlesen?
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Der vzbv informiert unter musterfeststellungsklagen.de/eos. Die offiziellen Informationen zur Klage gibts im Musterfeststellungsklage-Register beim Bundesamt für Justiz. Die sind aber für Laien kaum verständlich.
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@guenter.he: Nur Kunden der betreffenden Sparkasse, um deren Rechte es geht, können sich zu den verschiedenen Musterfeststellungsklagen anmelden und so die Verjährung stoppen. Alle anderen müssen sich selbst an ihre Sparkasse wenden. Soweit Verjährung droht, können sie sich beim jeweils zuständigen Ombudsmann beschweren oder gerichtliche Schritte einleiten. So lange keine Verjährung droht, bietet es sich an abzuwarten, bis am Ende der Musterfeststellungsverfahren feststeht, wie Prämiensparpläne abzurechnen sind.
Kann ich mich auch als Nichtkunde der aufgeführten Sparkassen zur Musterfestellungsklage anmelden?
Wenn die Musterfeststellungsklagen gegen die Sparkassen Erfolg haben, was ist dann von mir zu unternehmen
Ich habe den Mustertext wegen eines SKODA zur Geltendmachung von eventuellen Restschadenersatz an die empfohlene Adresse von Volkswagen versandt. Heute erhielt ich dazu eine E-Mail von kundenbetreuung@volkswagen.de:
"Da es sich bei der ŠKODA AUTO Deutschland GmbH um eine eigenständige Marke im
Volkswagen Konzern handelt, bitten wir Sie, sich mit dem Anliegen dorthin zu wenden.
Gern teilen wir Ihnen die Kontaktdaten mit:
ŠKODA AUTO Deutschland GmbH
Kundenbetreuung
Max-Planck-Straße 3-5
64331 Weiterstadt
Telefon: +49 800 4424244
Fax: +49 6150 133 199
E-Mail: info@skoda-auto.de
Aufgrund der strikten Markentrennung, die innerhalb der Volkswagen Organisation gelebt wird,
können wir Ihnen auch bei einem erneuten Anspruchsschreiben Ihrerseits keine andere Antwort
zukommen lassen."
Ist im Falle des Restschadenersatz dann tatsächlich nicht die Volkswagen AG zuständig?
Haben andere diese Erfahrung auch schon gemacht?
Zu Daimler gibt es inzwischen auch eine eigene Musterfeststellungsklage:
https://rechtecheck.de/verkehrsrecht/abgasskandal/mercedes-musterfeststellungsklage-anschliessen/
@Louis123: Bitte um Verständnis: Die Antwort auf Fragen zu rechtlichen Verhältnissen im Einzelfall ist Rechtsberatung, wie sie von Gesetzes wegen Rechtsanwälten und Verbraucherzentralen vorbehalten ist. Die Stiftung Warentest informiert über die Rechtslage allgemein. Danach gilt:
Ein Vergleich ist wie jeder andere Vertrag auch erst und nur abgeschlossen, wenn eine Seite ein Angebot der anderen angenommen hat.
Kommt kein Vergleich zustande, bleibt nur, auf dem Rechtsweg zu klären, ob eine Seite der anderen verpflichtet. Zu Verjährung ist noch zu beachten: Während Verhandlungen über den Anspruch oder seine Grundlagen ist sie gem. § 203 BGB
www.gesetze-im-internet.de/bgb/__203.html
gehemmt.