
Mercedes Benz Group AG. Für einige Mercedes-Modelle mit illegaler Motorsteuerung soll der Autokonzern aus Stuttgart genauso Schadenersatz zahlen wie schon VW. Die Musterklage kann Besitzern solcher Autos ohne Risiko und Kosten Schadenersatz bringen. © picture alliance / STELLA
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hat wegen des Abgasskandals auch Mercedes verklagt. Die knapp 3 000 Teilnehmer haben die Chance auf Schadenersatz.
Alle Fragen im Überblick
- Wie nehme ich als Besitzer eines Mercedes GLC oder GLK mit OM651-Turbodieselmotor an Musterfeststellungsklage teil?
- Was nützt mir die Anmeldung meiner Rechte zur Musterfeststellungsklage?
- Kann die Musterfeststellungsklage für mich auch zu Nachteilen führen?
- Kann ich mich auch wieder abmelden?
- Was gilt, wenn es so läuft wie bei der Musterfeststellungsklage gegen VW und der vzbv auch mit Mercedes einen Vergleich abschließt?
- Was gilt, wenn ich mich nicht an der Musterfeststellungsklage beteiligen möchte?
- Wie gehe ich am besten vor, um individuell Schadenersatz zu fordern?
- Wie lange habe ich Zeit für die Schadenersatzforderung?
- Ich habe Werbung von Prozessfinanzierern gesehen, wonach ich auch ohne Kostenrisiko gegen Mercedes vorgehen kann. Macht das Sinn?
- Welches Gericht entscheidet über die Musterklage gegen die Mercedes Benz Group AG?
- Hat sich das Gericht bereits zur Klage geäußert?
- Wie ist die erste mündliche Verhandlung über die Musterklage gegen Daimler, wie die heutige Mercedes Benz Group AG damals noch hieß, gelaufen?
- Wo kann ich weitere Einzelheiten zur Mercedes-Musterklage nachlesen?
Schadenersatz wegen vorsätzlicher Schädigung oder Gesetzesverletzung
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Worum geht es bei der Klage?
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Der vzbv ist überzeugt: Die Mercedes Benz Group AG, wie die frühere Daimler AG inzwischen heißt, hat Käufer von Mercedes-Autos mit Dieselmotor genauso geschädigt wie Volkswagen. Die Abgasreinigung funktioniere nur bei den Prüfstandversuchen für die Typzulassung korrekt. Im normalen Fahrbetrieb stoßen die Wagen viel mehr giftiges Stickoxid aus und deshalb ist die Zulassung in Gefahr.
Auch Mercedes soll deshalb nach dem Willen der Verbraucherschützer Schadenersatz zahlen, nachdem Volkswagen auf eine Musterfeststellungsklage des vzbv hin insgesamt rund 800 Millionen Euro an rund 240 000 Besitzer von Autos mit illegaler Motorsteuerung gezahlt hatte.
Vorteil für Mercedes-Besitzer: Der Europäische Gerichtshof hat gerade entschieden, dass auch bei bloß fahrlässigen Verstößen gegen die EU-Richtlinien zur Typzulassung Schadenersatz zu zahlen ist. Bisher galt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs: Schadenersatz ist nur fällig, wenn die verantwortlichen Manager eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung der Autokäufer zur Last fällt.
Das für die Musterklage gegen Mercedes zuständige Oberlandesgericht Stuttgart kündigte beim ersten Verhandlungstermin an: Es wird das Grundsatzurteil abwarten und womöglich auch neue Ansagen des Bundesgerichtshofs zum Abgasskandal berücksichtigen. Erst im Juni 2023 verhandelt das Oberlandesgericht in Stuttgart erneut über die Mercedes-Musterklage.
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Um welche Autos genau geht es?
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Die neue Musterfeststellungsklage erfasst insgesamt rund 50 000 Mercedes GLC und GLK mit Dieselmotoren vom Typ OM651, für die das Kraftfahrtbundesamt in Flensburg jeweils einen Rückruf angeordnet hatte. Betroffen sind folgende Modelle:
GLC 220d 4Matic (Euro 6)
GLC 250d 4Matic (Euro 6)
GLK 220 BlueTec 4Matic (Euro 6)
GLK 250 BlueTec 4Matic (Euro 6)
GLK 200 CDI (Euro 5)
GLK 220 CDI (Euro 5)
GLK 220 CDI 4Matic (Euro 5)
Was nützt mir die Musterfeststellungsklage?
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Wie nehme ich als Besitzer eines Mercedes GLC oder GLK mit OM651-Turbodieselmotor an Musterfeststellungsklage teil?
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Sie mussten Ihre Rechte zur Musterfeststellungsklage beim Bundesjustizamt anmelden. Die Frist dafür ist jetzt abgelaufen.
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Was nützt mir die Anmeldung meiner Rechte zur Musterfeststellungsklage?
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Wenn Sie einer der knapp 3 000 Mercedes-Käufer sind, die ihre Rechte zum Verfahren angemeldet haben, gilt das Urteil in dem Verfahren direkt auch für Sie. Setzt sich der vzbv durch, steht dann fest, dass Sie Schadenersatz bekommen. In Ihrem Einzelfall ist dann nur noch zu prüfen, wie viel Geld Ihnen genau zusteht. Wichtigster Effekt der Anmeldung der Rechte: Die Verjährung ist gestoppt.
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Kann die Musterfeststellungsklage für mich auch zu Nachteilen führen?
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Theoretisch ja. Das Urteil bindet alle Verbraucher, die ihre Rechte angemeldet haben. Das heißt auch: Sollte die Klage des vzbv als unbegründet abgewiesen werden, kann ich keinen Schadenersatz von Mercedes fordern, auch wenn der Konzern in anderen Fällen rechtskräftig zum Schadenersatz verurteilt worden sein sollte. Wir halten es allerdings für praktisch ausgeschlossen, dass es so kommt.
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Kann ich mich auch wieder abmelden?
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Sie können die Anmeldung Ihrer Rechte zur Musterfeststellungsklage nicht mehr zurücknehmen, nachdem das Oberlandesgericht in Stuttgart inzwischen erstmals über die Klage verhandelt hat.
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Was gilt, wenn es so läuft wie bei der Musterfeststellungsklage gegen VW und der vzbv auch mit Mercedes einen Vergleich abschließt?
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Sie können dann entscheiden, ob Sie für sich gelten lassen wollen, was die Verbraucherschützer mit dem Konzern ausgehandelt haben, oder ob Sie individuell mehr Schadenersatz fordern wollen.
Wie fordere ich selbst Schadenersatz?
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Was gilt, wenn ich mich nicht an der Musterfeststellungsklage beteiligen möchte?
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Wenn Sie Ihre Rechte nicht zur Musterfeststellungsklage angemeldet haben, können Sie sie weiterhin individuell geltend machen. Die Gerichte haben Mercedes bereits in etlichen Fällen zu Schadenersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung durch die illegale Steuerung von OM651-Motoren verurteilt. Beachten Sie: Ihre Schadenersatzansprüche können bereits am Ende dieses Jahres verjähren. Unabhängig davon verjähren Ihre Rechte spätestens auf den Tag genau zehn Jahre nach dem Kauf des Skandalautos.
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Wie gehe ich am besten vor, um individuell Schadenersatz zu fordern?
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Auf jeden Fall sollten Sie zunächst selbst Mercedes zur Zahlung von Schadenersatz auffordern. Dabei helfen unsere Mustertexte. Wenn die Gerichte weiter verbraucherfreundlich urteilen, halten wir es für möglich, dass der Konzern in Zukunft schon auf solche außergerichtlichen Forderungsschreiben hin zahlt, um sich Anwalts- und Gerichtskosten zu ersparen. Bleibt die Zahlung aus, ist immer noch genug Zeit, rechtliche Schritte einzuleiten und entweder einen Anwalt zu beauftragen oder einen Prozesskostenfinanzierer einzuschalten.
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Wie lange habe ich Zeit für die Schadenersatzforderung?
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Für viele Autobesitzer dürfte die Verjährungsfrist für Schadenersatzforderungen am Ende des dritten Jahres nach Bekanntwerden der illegalen Motorsteuerung in ihrem Wagen am 31. Dezember 2021 geendet haben. Um die Verjährung zu stoppen, mussten sie entweder ihre Rechte zur Musterfeststellungsklage angemeldet oder einen Anwalt eingeschaltet und Klage erhoben haben. Nach dem verbraucherfreundlichen Urteil des Europäischen Gerichtshofs steht aber auch Käufern jüngerer Autos mit Dieselmotor Schadenersatz zu.
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Ich habe Werbung von Prozessfinanzierern gesehen, wonach ich auch ohne Kostenrisiko gegen Mercedes vorgehen kann. Macht das Sinn?
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Wenn Sie selbst und ohne Rechtsschutzversicherung oder Prozessfinanzierung einen Anwalt einschalten, müssen Sie in der Regel sofort Anwaltshonorar zahlen. Außerdem müssen Sie vorab die Gerichtskosten einzahlen, wenn der Fall vor Gericht geht. Bei einem Streitwert von 20 000 Euro sind das zusammen über 3 600 Euro.
Können Sie sich diesen Vorschuss nicht leisten, kann Ihnen ein Prozesskostenfinanzierer helfen. Der behält allerdings aktuell, soweit uns bekannt, mindestens 17 Prozent von dem, was Mercedes am Ende zahlt. Von 20 000 Euro bleiben also nur 16 600 Euro übrig. Und: In der Regel müssen Sie Ihren Wagen zurückgeben. Gegen Mercedes vorzugehen macht nur Sinn, wenn Sie am Ende mehr Geld erhalten, als Ihr Wagen jetzt noch wert ist.
Klage beim OLG Stuttgart
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Welches Gericht entscheidet über die Musterklage gegen die Mercedes Benz Group AG?
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Zuständig ist das Oberlandesgericht Stuttgart. Zu entscheiden haben die Richter im Senat 16a. Den hatte das Gericht gebildet, als die Abgasskandalprozesswelle in Stuttgart ankam. Sie haben bereits über eine Schadenersatzklage wegen eines Mercedes GLK mit OM651-Motor entschieden. Sie hielten den Vortrag der Klägeranwälte, wonach verschiedene Mechanismen in der Motorsteuerung im Zusammenspiel dafür sorgen, dass die Abgasreinigung eigentlich nur bei den Prüfstandversuchen für die Ermittlung des Schadstoffausstoßes für die Typzulassung korrekt funktioniert, offenkundig für geeignet, um ein Recht auf Schadenersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung zu begründen. Sie wiesen die Klage allerdings ab, nachdem der Kläger sich geweigert hatte, den Vorschuss für die Kosten eines Sachverständigengutachtens zum Beweis seiner Behauptungen einzuzahlen.
Oberlandesgericht Stuttgart, Urteil vom 22.09.2020
Aktenzeichen: 16a U 55/19
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Hat sich das Gericht bereits zur Klage geäußert?
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Ja, das Gericht hat zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung im Juli ausführlich darauf hingewiesen, wie es die Rechtslage vorläufig sieht. Danach hält es die Klage in etlichen Punkten begründet, aber es erscheint den Richtern zweifelhaft, ob die bisher bekannten Tatsachen den Vorwurf einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung von Käufern betroffener Autos begründen. Der Beschluss ist im Musterfeststellungsregister beim Bundesjustizamt im Wortlaut veröffentlicht, aber nur mit juristischem Fachwissen verständlich.
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Wie ist die erste mündliche Verhandlung über die Musterklage gegen Daimler, wie die heutige Mercedes Benz Group AG damals noch hieß, gelaufen?
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Es gab keine Überraschungen. Das Gericht blieb bei der Linie, die es schon im Beschluss (siehe Antwort auf die vorige Frage) geäußert hat: Die Motorsteuerungen der betroffenen Mercedes-Modelle dürften rechtswidrig sein. Ob verantwortliche Mercedes-Mitarbeiter dabei vorsätzlich und sittenwidrig handelten, stehe aber nicht fest. Diese Mitarbeiter müsse das Unternehmen benennen, damit sie als Zeugen vernommen werden können. Allerdings: Nachdem inzwischen der Europäische Gerichtshof sein Urteil verkündet hat, wonach Käufern von Skandalautos auch Schadenersatz zusteht, wenn der Hersteller fahrlässig gegen die EU-Regeln über die Typzulassung verstoßen haben, dürfte das keine Rolle mehr spielen. Am Dienstag, 13. Juni 2023, verhandelt das Oberlandesgericht Stuttgart erneut über die Musterklage gegen Mercedes.
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Wo kann ich weitere Einzelheiten zur Mercedes-Musterklage nachlesen?
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Der vzbv informiert detailliert unter musterfeststellungsklagen.de. Außerdem informieren die vzbv-Anwälte auf ihrer Homepage. Die offiziellen Informationen zur Musterfeststellungsklage gibts beim Bundesamt für Justiz. Sie sind aber für Laien kaum verständlich.
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@guenter.he: Nur Kunden der betreffenden Sparkasse, um deren Rechte es geht, können sich zu den verschiedenen Musterfeststellungsklagen anmelden und so die Verjährung stoppen. Alle anderen müssen sich selbst an ihre Sparkasse wenden. Soweit Verjährung droht, können sie sich beim jeweils zuständigen Ombudsmann beschweren oder gerichtliche Schritte einleiten. So lange keine Verjährung droht, bietet es sich an abzuwarten, bis am Ende der Musterfeststellungsverfahren feststeht, wie Prämiensparpläne abzurechnen sind.
Kann ich mich auch als Nichtkunde der aufgeführten Sparkassen zur Musterfestellungsklage anmelden?
Wenn die Musterfeststellungsklagen gegen die Sparkassen Erfolg haben, was ist dann von mir zu unternehmen
Ich habe den Mustertext wegen eines SKODA zur Geltendmachung von eventuellen Restschadenersatz an die empfohlene Adresse von Volkswagen versandt. Heute erhielt ich dazu eine E-Mail von kundenbetreuung@volkswagen.de:
"Da es sich bei der ŠKODA AUTO Deutschland GmbH um eine eigenständige Marke im
Volkswagen Konzern handelt, bitten wir Sie, sich mit dem Anliegen dorthin zu wenden.
Gern teilen wir Ihnen die Kontaktdaten mit:
ŠKODA AUTO Deutschland GmbH
Kundenbetreuung
Max-Planck-Straße 3-5
64331 Weiterstadt
Telefon: +49 800 4424244
Fax: +49 6150 133 199
E-Mail: info@skoda-auto.de
Aufgrund der strikten Markentrennung, die innerhalb der Volkswagen Organisation gelebt wird,
können wir Ihnen auch bei einem erneuten Anspruchsschreiben Ihrerseits keine andere Antwort
zukommen lassen."
Ist im Falle des Restschadenersatz dann tatsächlich nicht die Volkswagen AG zuständig?
Haben andere diese Erfahrung auch schon gemacht?
Zu Daimler gibt es inzwischen auch eine eigene Musterfeststellungsklage:
https://rechtecheck.de/verkehrsrecht/abgasskandal/mercedes-musterfeststellungsklage-anschliessen/
@Louis123: Bitte um Verständnis: Die Antwort auf Fragen zu rechtlichen Verhältnissen im Einzelfall ist Rechtsberatung, wie sie von Gesetzes wegen Rechtsanwälten und Verbraucherzentralen vorbehalten ist. Die Stiftung Warentest informiert über die Rechtslage allgemein. Danach gilt:
Ein Vergleich ist wie jeder andere Vertrag auch erst und nur abgeschlossen, wenn eine Seite ein Angebot der anderen angenommen hat.
Kommt kein Vergleich zustande, bleibt nur, auf dem Rechtsweg zu klären, ob eine Seite der anderen verpflichtet. Zu Verjährung ist noch zu beachten: Während Verhandlungen über den Anspruch oder seine Grundlagen ist sie gem. § 203 BGB
www.gesetze-im-internet.de/bgb/__203.html
gehemmt.