Muster­fest­stellungs­klagen

Muster­fest­stellungs­klage Insolvenz­verwalter der BEV

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Der Insolvenz­verwalter des Billigstromanbieters BEV soll den Neukundenbonus auch Kunden gutschreiben, die bei der BEV-Pleite noch nicht ein Jahr lang Kunde waren.

Schon Urteil, aber noch nicht rechts­kräftig

Das Ober­landes­gericht München hat auf die Klage des Verbraucherzentrale Bundes­verbands (vzbv) hin bereits geur­teilt: Der Insolvenz­verwalter des Billigstromanbieter BEV Bayerische Energieversorgung GmbH muss den Neukundenbonus auch Kunden gutschreiben, die bei der Pleite des Unter­nehmens noch nicht ein Jahr lang Kunde waren. Rund 600 000 Kunden soll der Billigstromanbieter BEV Bayerische Energieversorgung GmbH angelockt haben. Seine Tarife lagen bei den Vergleichs­rechnern Check24 und Verivox oft ganz vorne – vor allem dank der hohen Boni für Neukunden von bis zu 25 Prozent der Jahres­strom­kosten. „Das ist ein großer Erfolg für Verbraucher“, freute sich vzbv-Referent Henning Fischer.
Ober­landes­gericht München, Urteil vom 21.07.2020
Aktenzeichen: MK 2/19

Das Urteil ist aber noch nicht rechts­kräftig. Der Insolvenz­verwalter der BEV Bayerische Energieversorgung GmbH hat Revision einge­legt. Sie ist beim Bundes­gerichts­hof unter dem Aktenzeichen VIII ZR 237/20 anhängig. Wann die Entscheidung dort fällt, ist unklar. Revisions­verfahren dauern beim Bundes­gerichts­hof in Karls­ruhe im lang­jährigen Durch­schnitt etwas mehr als ein Jahr. Wieso in der BEV-Musterklage auch nach über zwei Jahren noch nichts geschehen ist, wissen wir nicht.

Die BEV-Muster­fest­stellungs­klage

Wie hat das Ober­landes­gericht München geur­teilt?

Es hat – wie vom vzbv beantragt – fest­gestellt, dass der Insolvenz­verwalter der BEV den jeweiligen Neukundenbonus auch Kunden gutschreiben muss, die erst weniger als ein Jahr vor der Pleite bei der BEV unter­schrieben haben. Nach Auffassung des Insolvenz­verwalters sollte den Bonus nur erhalten, wer volle zwölf Monate von der BEV beliefert worden ist. Das sei den Allgemeinen Geschäfts­bedingungen (AGB) des Unter­nehmens nicht zu entnehmen, urteilte das Ober­landes­gericht München. Mehr noch: Der Insolvenz­verwalter muss den Neukundenbonus von noch offenen Forderungen des Unter­nehmens gleich abziehen. Weitere Einzel­heiten in der Pressemitteilung des vzbv und im Special Energieversorger BEV pleite: Was Kunden wissen müssen.

Ist das Verfahren damit abge­schlossen?

Nein, der Insolvenz­verwalter hat beim Bundes­gerichts­hof Revision einge­legt. Der Bundes­gerichts­hof prüft jetzt, ob dem Gericht in München Rechts­fehler unter­laufen sind und urteilt über die Revision. Wenn er sie zurück­weist, wird das Urteil des Ober­landes­gerichts München rechts­kräftig. Ansonsten kann der Bundes­gerichts­hof selbst urteilen oder das Verfahren zurück ans Ober­landes­gericht verweisen. Revisions­verfahren dauern unterschiedlich lang. Selten fällt das Revisions­urteil weniger als ein Jahr nach dem Urteil der Vorinstanz, mehr als zwei Jahre dauert es aber in der Regel auch nicht. Das Urteil sollte also bald fallen.

Kann ich mich an der Klage noch beteiligen?

Nein, das geht nicht mehr. Anmeldungen zum Verfahren waren nur bis zum Tag vor der mündlichen Verhand­lung des Falls am Dienstag, 21. Juli 2020, möglich.

Wo gibt‘s weitere Informationen zum Verfahren?

Verständlicher als die amtlichen Informationen zum Verfahren im Klageregister sind die Informationen des vzbv zum Verfahren. Sinn­voll ist es, den Newsletter des vzbv zur BEV-Musterklage zu abonnieren.

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Profilbild Stiftung_Warentest am 23.05.2022 um 12:19 Uhr
Musterfeststellungsklagen gegen Sparkassen

@guenter.he: Nur Kunden der betreffenden Sparkasse, um deren Rechte es geht, können sich zu den verschiedenen Musterfeststellungsklagen anmelden und so die Verjährung stoppen. Alle anderen müssen sich selbst an ihre Sparkasse wenden. Soweit Verjährung droht, können sie sich beim jeweils zuständigen Ombudsmann beschweren oder gerichtliche Schritte einleiten. So lange keine Verjährung droht, bietet es sich an abzuwarten, bis am Ende der Musterfeststellungsverfahren feststeht, wie Prämiensparpläne abzurechnen sind.

guenter.he am 22.05.2022 um 21:49 Uhr
Musterfeststellungsklagen gegen Sparkassen

Kann ich mich auch als Nichtkunde der aufgeführten Sparkassen zur Musterfestellungsklage anmelden?
Wenn die Musterfeststellungsklagen gegen die Sparkassen Erfolg haben, was ist dann von mir zu unternehmen

M_Schmalzbauer am 08.09.2021 um 18:40 Uhr
Verweigerung von Volkswagen bei SKODA Kfz?

Ich habe den Mustertext wegen eines SKODA zur Geltendmachung von eventuellen Restschadenersatz an die empfohlene Adresse von Volkswagen versandt. Heute erhielt ich dazu eine E-Mail von kundenbetreuung@volkswagen.de:
"Da es sich bei der ŠKODA AUTO Deutschland GmbH um eine eigenständige Marke im
Volkswagen Konzern handelt, bitten wir Sie, sich mit dem Anliegen dorthin zu wenden.
Gern teilen wir Ihnen die Kontaktdaten mit:
ŠKODA AUTO Deutschland GmbH
Kundenbetreuung
Max-Planck-Straße 3-5
64331 Weiterstadt
Telefon:  +49 800 4424244
Fax:          +49 6150 133 199
E-Mail:     info@skoda-auto.de
Aufgrund der strikten Markentrennung, die innerhalb der Volkswagen Organisation gelebt wird,
können wir Ihnen auch bei einem erneuten Anspruchsschreiben Ihrerseits keine andere Antwort
zukommen lassen."
Ist im Falle des Restschadenersatz dann tatsächlich nicht die Volkswagen AG zuständig?
Haben andere diese Erfahrung auch schon gemacht?

Flugrecht am 08.07.2021 um 07:56 Uhr
Neue Musterfeststellungsklage

Zu Daimler gibt es inzwischen auch eine eigene Musterfeststellungsklage:
https://rechtecheck.de/verkehrsrecht/abgasskandal/mercedes-musterfeststellungsklage-anschliessen/

Profilbild test.de-Redakteur_Herrmann am 04.01.2021 um 12:24 Uhr
Forderungsschreiben Reaktion

@Louis123: Bitte um Verständnis: Die Antwort auf Fragen zu rechtlichen Verhältnissen im Einzelfall ist Rechtsberatung, wie sie von Gesetzes wegen Rechtsanwälten und Verbraucherzentralen vorbehalten ist. Die Stiftung Warentest informiert über die Rechtslage allgemein. Danach gilt:
Ein Vergleich ist wie jeder andere Vertrag auch erst und nur abgeschlossen, wenn eine Seite ein Angebot der anderen angenommen hat.
Kommt kein Vergleich zustande, bleibt nur, auf dem Rechtsweg zu klären, ob eine Seite der anderen verpflichtet. Zu Verjährung ist noch zu beachten: Während Verhandlungen über den Anspruch oder seine Grundlagen ist sie gem. § 203 BGB
www.gesetze-im-internet.de/bgb/__203.html
gehemmt.