
Kirchen in Deutschland. Der Hamburger Michel ist eines der bekanntesten Gotteshäuser im Land. © Adobe Stock / Vlada Z
Kirchenmitglieder zahlen mehr Steuern als andere. Wir sagen, wie sich die zusätzlichen Abgaben senken lassen.
Beten und sparen
Mehr als die Hälfte in Deutschland kirchensteuerpflichtig
Etwas mehr als die Hälfte der Menschen in Deutschland sind katholisch oder evangelisch. Finanziell bedeutet das: Sie zahlen auf ihr Einkommen Kirchensteuer. Viele Mitglieder wissen nicht, dass sie diese Abgaben reduzieren können. Etwa indem sie in einigen Bundesländern eine Kappung der Kirchensteuern oder nach einer Abfindung durch den ehemaligen Arbeitgeber einen Teilerlass beantragen.
Wer wie viel Kirchensteuer zahlen muss, bestimmen auch die Kirchensteuergesetze der Bundesländer. Sie sind in vielen Punkten gleich, doch an einigen Stellen gibt es Unterschiede. Wir zeigen, was wo gilt und wie Mitglieder sparen können.
Unser Rat
Steuern sparen. Machen Sie gezahlte Kirchensteuer in der Steuererklärung als Sonderausgaben geltend. Dazu tragen Sie diese in der Zeile 4 der Anlage Sonderausgaben ein. Den genauen Wert entnehmen Sie Ihrer Jahreslohnsteuerbescheinigung. Das Finanzamt zieht zurückgezahlte Kirchensteuer aus dem Vorjahr ab.
Abfindung. Haben Sie eine Abfindung erhalten? Dann können Sie nach Erhalt des Steuerbescheids beim zuständigen Kirchensteueramt einen Antrag auf Teilerlass der entsprechenden Kirchensteuer stellen. In den meisten Fällen wird Ihnen die Hälfte der Steuer erstattet. Die Kirche ist dazu jedoch nicht verpflichtet. Ihr zuständiges Kirchensteueramt ist in der Rechtsbehelfsbelehrung Ihres Steuerbescheids angegeben.

© Stiftung Warentest / René Reichelt

Wie die Kirchensteuer funktioniert
Nicht die Kirchen, sondern der Staat zieht die Kirchensteuer ein. Konkret bedeutet das: Die Finanzämter erheben die Steuer von den Mitgliedern und leiten das Geld an die Religionsgemeinschaften weiter. Diese zahlen dem Staat für den Einzug über das Finanzamt einen Ausgleich. In Bayern übernehmen kirchliche Steuerämter den Einzug der Kirchensteuer auf die Einkommensteuer.*
Auch wenn die Zahl der Kirchenaustritte seit Jahrzehnten hoch ist, steigen die Einnahmen der Kirchen. Im Jahr 2020 gingen in Deutschland insgesamt mehr als 12 Milliarden Euro Kirchensteuer an die Katholische und Evangelische Kirche. Das Geld fließt etwa in Pfarrdienste und Religionsunterricht, in Kindertagesstätten und kirchliche Gebäude. Für einige dieser Bereiche gibt es zudem staatliche Zuschüsse.
In Deutschland dürfen alle Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften Kirchensteuer erheben, die als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt sind. Dazu zählen jüdische Kultusgemeinden, freireligiöse Gemeinden und die alt-katholische Kirche. Andere Gemeinschaften wie die orthodoxen Kirchen und humanistische Vereinigungen verzichten hingegen auf eine Kirchensteuer.
Auch viele andere Gläubige zahlen keine Kirchensteuer wie etwa Muslime, Methodisten, Baptisten und Buddhisten.
In Süddeutschland günstiger
Je nach Bundesland zahlen Gläubige unterschiedlich viel Kirchensteuer. So beträgt der Steuersatz in Baden-Württemberg und Bayern 8 Prozent. In den übrigen Bundesländern liegt er bei 9 Prozent. Dieser Prozentsatz wird jeweils auf die Lohn-, Einkommen- und Kapitalertragsteuer erhoben.
Arbeitnehmern zieht ihr Arbeitgeber die Steuer direkt mit der monatlichen Gehaltsabrechnung ab. Sie erhalten also weniger Nettolohn. Der Arbeitgeber setzt dabei den Steuersatz des jeweiligen Bundeslandes an, in dem die Arbeitsstelle liegt. Wohnt ein Angestellter in einem Bundesland mit einem anderen Steuersatz, rechnet das Finanzamt später mit dem Satz des Wohnortes ab.
Bei Zins- und Dividendeneinkünften ziehen Banken die Kirchensteuer automatisch ein – allerdings erst, wenn der Freibetrag von 801 Euro (Ehepaare 1 602 Euro) ausgeschöpft ist. Dem automatischen Abzug können Anlegerinnen und Anleger widersprechen. Dazu müssen sie beim Bundeszentralamt für Steuern einen Sperrvermerk beantragen. Anträge, die bis zum 30. Juni eines Jahres eingehen, sind ab dem Folgejahr wirksam. Das Finanzamt zieht die Steuer mit dem nächsten Steuerbescheid ein.
Abrechnung im Steuerbescheid
Auch wer selbstständig tätig ist oder eine Immobilie vermietet, muss auf seine Einkünfte Kirchensteuer zahlen. Diese erhebt das Finanzamt mit dem Steuerbescheid. Darin berechnet es die Kirchensteuer auf alle Einkünfte des Bürgers. Über das Jahr gezahlte Steuer auf Lohn oder Kapitalerträge zieht es ab. Ergibt sich daraus, dass Bürger zu viel gezahlt haben, erhalten sie eine Erstattung.
Nach den Kirchensteuergesetzen dürfen Religionsgemeinschaften auch auf Grundbesitz Steuer verlangen. Doch nur wenige tun das. Aktuell zum Beispiel die katholischen Bistümer Speyer und Limburg sowie die Evangelischen Kirchen der Pfalz und im Rheinland. Hier erheben die Kommunen die Kirchensteuer zusammen mit der Grundsteuer. Sie bemisst sich nach einem festen Prozentsatz. Im Bistum Speyer sind es zum Beispiel 10 Prozent des Grundsteuermessbetrags, der wiederum ein Prozentsatz vom Wert des Grundvermögens ist.
Umzug zwischen Bundesländern
Ist jemand während eines Jahres zwischen zwei Bundesländern mit unterschiedlichem Kirchensteuersatz umgezogen, geht das Finanzamt so vor: Es teilt die für das Jahr insgesamt zu zahlende Einkommensteuer auf zwölf Monate auf und wendet für jedes Zwölftel den jeweiligen Kirchensteuersatz an.
Tipp: Das pauschale Zwölfteln ist ungünstig, wenn Sie etwa zum 1. Juli von Hessen (9 Prozent) nach Bayern (8 Prozent) ziehen und vor dem Umzug weniger verdient haben. Denn dann zahlen Sie durch die pauschale Aufteilung zu viel. In diesem Fall können Sie bei Ihrem zuständigen Kirchensteueramt einen Antrag auf Steuererlass stellen.
Obergrenze je nach Bundesland
Sehr unterschiedlich gehen die Bundesländer mit einer Begrenzung der Steuer auf einen Höchstbetrag um. Diese Kappung liegt je nach örtlicher Regelung zwischen 2,75 und 4 Prozent des zu versteuernden Einkommens. In einigen Ländern ist der Prozentsatz genau festgeschrieben. Die Kappung erfolgt dort automatisch mit der Steuererklärung.
Andere Bundesländer stellen es den Religionsgemeinschaften frei, ob und in welcher Höhe sie die Steuer für ihre Mitglieder begrenzen. Hier müssen Steuerzahler die Kappung beim Kirchensteueramt beantragen. In Bayern gibt es gar keine Obergrenze.
*Korrigiert am 21.12.2021
Regeln für Kirchensteuer bei Paaren
So teilt sich die Steuer bei Paaren auf
Haben Paare bei der Steuererklärung die Zusammenveranlagung gewählt, berechnet das Finanzamt ihre Kirchensteuer gemeinsam. Doch was gilt bei Ehe- und Lebenspartnern, bei denen nur einer Mitglied einer Religionsgemeinschaft ist, die Kirchensteuer erhebt? Das Steuerrecht spricht in diesem Fall von einer glaubensverschiedenen Ehe.
Das Problem: Die Einkommensteuer wird nach dem Splittingtarif gemeinsam berechnet. Kirchensteuer wird aber nur auf das Einkommen des Kirchenmitglieds fällig. Das Finanzamt berechnet daher für beide Partner jeweils eine fiktive Einkommensteuer nach dem Singletarif. Das Verhältnis der fiktiven Einkommensteuern beider Partner überträgt es auf die tatsächliche Einkommensteuer des Paares. Die Kirchensteuer wird schließlich auf den Anteil des Kirchenmitglieds berechnet.
Kirchgeld oder Kirchensteuer
Statt der Kirchensteuer kann für glaubensverschiedene Paare auch ein besonderes Kirchgeld fällig sein. Das ist der Fall, wenn das Kirchenmitglied kein oder deutlich weniger Einkommen als der konfessionslose Partner hat. Das Kirchgeld ist nach dem gemeinsamen zu versteuernden Jahreseinkommen gestaffelt und beträgt zwischen 96 und 3 600 Euro.
Das Finanzamt macht bei der Steuererklärung einen Vergleich zwischen Kirchensteuer und dem besonderen Kirchgeld. Es setzt dabei den Betrag an, der höher ausfällt.
Besonderes Kirchgeld
Ist in einer Ehe oder Lebenspartnerschaft ein Partner nicht kirchensteuerpflichtig, wird ein besonderes Kirchgeld berechnet. Es richtet sich nach dem gemeinsamen zu versteuernden Jahreseinkommen. Das Kirchgeld wird fällig, wenn es höher liegt als die sonst verlangte Kirchensteuer.
Jahreseinkommen (Euro) |
Besonderes Kirchgeld (Euro) |
0 bis 29 999 |
0 |
30 000 bis 37 499 |
96 |
37 500 bis 49 999 |
156 |
50 000 bis 62 499 |
276 |
62 500 bis 74 999 |
396 |
75 000 bis 87 499 |
540 |
87 500 bis 99 999 |
696 |
100 000 bis 124 999 |
840 |
125 000 bis 149 999 |
1 200 |
150 000 bis 174 999 |
1 560 |
175 000 bis 199 999 |
1 860 |
200 000 bis 249 999 |
2 220 |
250 000 bis 299 999 |
2 940 |
ab 300 000 |
3 600 |
So berechnet das Finanzamt das Kirchgeld
Beispiel. Peter Schmitz ist Mitglied der Katholischen Kirche, seine Frau Carina ist konfessionslos. Peter hat ein Jahreseinkommen von 30 000 Euro, seine Frau von 60 000 Euro. Sie haben bei der Steuererklärung die Zusammenveranlagung gewählt. Daraus ergibt sich eine gemeinsame Einkommensteuer von 20 222 Euro.
Für die Kirchensteuer berechnet das Finanzamt nun für jeden der beiden eine fiktive Einkommensteuer, so als würden sie einzeln veranlagt. Bei Peter sind dies 5 091 Euro, bei seiner Frau 16 063 Euro. Zusammen käme das Paar also auf eine fiktive Einkommensteuer von 21 154 Euro.
Das Finanzamt betrachtet nun den Anteil der fiktiven Einkommensteuer des Kirchenmitglieds an der gemeinsamen fiktiven Einkommensteuer – im Fall der Schmitz den Anteil von Peter. 5 091 Euro von 21 154 Euro sind 24 Prozent. Diesen Prozentsatz überträgt das Finanzamt auf die tatsächliche Einkommensteuer der beiden: 24 Prozent von 20 222 Euro sind 4 853 Euro. Auf diesen Betrag wird die Kirchensteuer berechnet. Bei einem Steuersatz von 9 Prozent ergeben sich so 436 Euro.
Abschließend zieht das Finanzamt noch das besondere Kirchgeld zu einem Vergleich heran. Bei einem Jahreseinkommen von 90 000 Euro beträgt es 696 Euro. Da dies höher ist als die Kirchensteuer, ist in diesem Fall das besondere Kirchgeld fällig.
Streit um besonderes Kirchgeld
Immer wieder gibt es Streit darum, ob die Vergleichsrechnung zwischen Kirchensteuer und besonderem Kirchgeld rechtens ist. So sagen Kritiker, dass die Erhebung des besonderen Kirchgeldes nur verfassungsgemäß ist, wenn das Kirchenmitglied kein eigenes Einkommen hat, es also sonst keine Kirchensteuer zahlen würde. In der aktuellen Praxis wenden die Finanzämter die Vergleichsrechnung jedoch an. Die Religionsgemeinschaften können allerdings selbst entscheiden, ob sie ein besonderes Kirchgeld erheben. So verzichten zum Beispiel die katholischen Bistümer Köln und Trier darauf.
Haben glaubensverschiedene Paare ein gemeinsames Konto, rechnet die Bank Kapitalerträge jedem Partner zur Hälfte zu. Die Kirchensteuer führt sie dann nur vom Anteil des Kirchenmitglieds ab.
Zusatzgeld für Gemeinden vor Ort
Einige Kirchengemeinden erheben von allen volljährigen Mitgliedern mit einem Mindesteinkommen zusätzlich zur Kirchensteuer ein allgemeines Kirchgeld. Das Geld wird direkt für Projekte vor Ort verwendet.
Dies ist etwa im Bistum Limburg und in der Evangelischen Kirche im Rheinland und in der Pfalz Praxis. In manchen Gemeinden der Evangelischen Kirche der Pfalz beträgt das Kirchgeld beispielsweise 24 Euro jährlich. In anderen Gemeinden gibt es ein gestaffeltes Kirchgeld, je nach Einkünften des Mitglieds.
Kirchensteuer sparen
Weniger Steuer dank Kirchensteuer
Kirchensteuer und Kirchgeld können in der Steuererklärung als Sonderausgaben abgesetzt werden. Arbeitgeber berücksichtigen in der Lohnabrechnung für das ganze Jahr nur 36 Euro Pauschbetrag. Die gezahlte Kirchensteuer ist aber meist höher. Abzugsfähig sind alle im Kalenderjahr gezahlten Beiträge an die Kirche. Die in dem selben Jahr erhaltene Steuerrückzahlung aus dem Vorjahr rechnet das Finanzamt aber gegen.
Verzichtet eine Religionsgemeinschaft wie die orthodoxe Kirche darauf, Kirchensteuer zu erheben, können ihre Mitglieder freiwillig gezahlte Beiträge als Sonderausgaben absetzen. Das geht bis zur Höhe des in ihrem Bundesland üblichen Kirchensteuersatzes.
Teilerlass für Abfindungen
Wer nach Jobverlust eine Abfindung erhält, kann nachträglich beim Kirchensteueramt einen Teilerlass erbitten. Üblicherweise verzichtet die Kirche auf die Hälfte der Kirchensteuer auf solche Sonderzahlungen. Einen Rechtsanspruch darauf gibt es aber nicht.
Kirchensteuer, die die Bank auf Kapitalerträge abgeführt hat, lässt sich nicht geltend machen. Der Grund: Die Bank berücksichtigt bei der Berechnung der Abgeltungsteuer bereits die Kirchensteuer als Sonderausgaben.
Einspruch an richtiger Stelle einlegen
Hat das Finanzamt die Kirchensteuer zum Beispiel nach einem Kirchenaustritt falsch berechnet, sind zwei Ursachen möglich. In beiden Fällen können Steuerzahlerinnen und Steuerzahler dagegen Einspruch einlegen:
- Ist der Fehler Folge einer falschen Berechnung der Einkommensteuer, müssen Mitglieder gegen den Einkommensteuerbescheid Einspruch erheben. Stimmt das Finanzamt dem Einspruch zu, wird die Kirchensteuer automatisch mitkorrigiert.
- Ist die Einkommensteuer hingegen richtig berechnet, die Kirchensteuer aber nicht, müssen Steuerzahler ihren Einspruch an das Kirchensteueramt richten. Wo und wie Kirchenmitglieder ihr jeweiliges Kirchensteueramt erreichen, steht in der Rechtsbehelfsbelehrung des Steuerbescheids.
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28 Kommentare Diskutieren Sie mit
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Kirchenmitglieder zahlen nicht mehr Steuern als andere, denn die so genannten Kirchensteuern sind nichts Anderes als Mitgliedsbeiträge nichtstaatlicher Organisationen. Dass diese Abgaben Steuern genannt werden und als staatsbürgerliche Pflicht erscheinen, ist ein rhetorischer Geniestreich zugunsten der Kirchen. Es ist absolut normal und üblich, als Mitglied einer Organisation auch Beiträge bezahlen. Einzigartig in Europa ist aber, dass für Kirchen die Mitgliedschaft auf der Lohnsteuerkarte angegeben werden muss und dass die Beiträge durch den Staat eingetrieben werden. Gegen den staatlichen Kirchensteuereinzug wendet sich aktuell eine Petition auf openpetition.de/!hstzd.
Mit den Kirchensteuern werden auch nicht vor allem Kitas und Religionsunterricht bezahlt. Für alle Kirchenmitglieder, die den Glauben nicht teilen und ihren Beitrag nur wegen der vermeintlichen sozialen Leistungen zahlen, bietet sich als wirksamste Möglichkeit, Kirchensteuern zu sparen, der Austritt aus der Kirche an.
@TestUN: Die Banken fragen beim Bundeszentralamt für Steuern ab, ob ihre Kunden einer Religionsgemeinschaft angehören, die Kirchensteuer erhebt. Je nach Datenbestand wird dann die Kirchensteuer einbehalten und an das Finanzamt abgeführt.
@alle: In den Kommentaren gibt es mehrere Beiträge, u.a. auch von Kevin11 die die Rechtsansicht der Kritiker ausführlich darstellen. Die Stiftung Warentest selbst nimmt keine rechtliche Bewertung der Rechtsansichten vor. Wir halten unsere Leser und Leserinnen aber auf dem Laufenden, wenn uns dazu neue Erkenntnisse erreichen.
Wer der Ansicht der Kritiker folgt, dass die Erhebung des besonderen Kirchgeldes nicht verfassungsgemäß sei, wenn das Kirchenmitglied ein eigenes Einkommen habe, muss sich trotzdem darauf einstellen, dass die Finanzämter in der Praxis die Vergleichsrechnung anwenden. Hat auch Ihr Finanzamt trotz eigenen Einkommens so gerechnet, müssen Sie gegen den Steuerbescheid Einspruch erheben und selbst den Klageweg beschreiten, um Ihrer Rechtsansicht gegenüber dem Finanzamt durchzusetzen.
Die Kritik am bes. Kirchgeld ist massiver, als der Artikel 12/2021 vermuten lässt.
Das BVerfG hat das besondere Kirchgeld (bKG) in seinem Urteil von 1965 wegen des Grundsatzes der Individualbesteuerung („da die Kirche nur den ihr angehörenden Ehegatten besteuern darf“) nur für die Konstellation „mangels eigenen Einkommens kirchensteuerfrei“ ermöglicht.
Damit ist eindeutig, dass die tragenden Gründe dieses Urteils 1 BvR 606/60 auch für das besondere Kirchgeld gelten und bindend sind (§ 31 BVerfGG). D.h. u.a.: Weil die Kirche beim bes. Kirchgeld das Einkommen als Besteuerungsmaßstab gewählt hat, darf sie auch hier nur das Einkommen des kirchenangehörigen Ehegatten besteuern. Es ist nicht zulässig ihm wie beim Splitting Einkünfte zuzurechnen, die seinem konfessionslosen Ehepartner zufließen.
Bei einem Eigenverdienst widerspricht das bes. Kirchgeld nach Heranziehung und Bemessung den verfassungsrechtlichen Klärungen des BVerfG zur Kirchensteuer bei glaubensverschiedener Ehe.
Urteile, die das bes. Kirchgeld bei Eigenverdienst gebilligt haben, beruhen auf der Missachtung der originalen Rechtsprechung des BVerfG von 1965 (entgegen § 31 BVerfGG!), dem Übersehen von Vorschriften (v.a. der Vergleichsberechnung und der Abgabenordnung) und Falschzitaten, v.a. auch beim BFH. Prominentestes Beispiel ist der Beschluss des BVerfG 2 BvR 591/06 von 2010.
Das BVerfG hat darin das bes. Kirchgeld bei Eigenverdienst gebilligt. Begründung: Die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen seien „insb.“ im Urteil des BVerfG 1 BvR 606/60 von 1965 geklärt. „Insbesondere hat das BVerfG hervorgehoben, dass der Lebensführungsaufwand den Gegenstand der Besteuerung bilden kann“.
Dies ist ein Bericht über das Urteil von 1965. Das BVerfG dabei die Vorgabe „mangels eigenen Einkommens kirchensteuerfrei“ aus dem Original weggelassen. Die Übereinstimmung von Bericht und Original kann überprüft werden. Damit liegt keine Rechtsansicht, sondern eine wahrheitswidrige Tatsachenbehauptung vor.