Wie Schwangere aus dem Vertrag kommen

Schwangere dürfen im Fitnessstudio kündigen. Das hat der Bundesgerichtshof im Jahr 2012 entschieden. Aber einige Studios lassen Schwangere nicht aus dem Vertrag – auch wenn ein Attest vorliegt. Hier lesen Sie, wie man mit möglichst wenig Stress trotzdem aus dem Vertrag kommt. [Hinweis: Stand dieses Artikels ist 16.02.2015].
Fitnessstudio akzeptiert Risikoschwangerschafts-Attest nicht
Recht haben und recht bekommen sind zwei verschiedene Dinge. Das bekommt Meike Meyer momentan zu spüren. Als die 31-jährige Sekretärin aus Gleiszellen-Gleishorbach in der Pfalz schwanger wird, kündigt sie ihren Vertrag mit dem Fitnessstudio Bella Vitalis Gesundheitszentrum Edenkoben. Das ist nach einem Urteil des Bundesgerichtshofes auch grundsätzlich möglich (Az. XII ZR 42/10). Aber Frank Weber, Inhaber von Bella Vitalis, akzeptiert ihre Kündigung trotz Vorlage eines ärztlichen Attests über eine Risikoschwangerschaft nicht. Er schaltet seinen Anwalt ein. Rund 970 Euro Studiobeiträge verlangt er nun von Meike Meyer, obwohl die Schwangere das Studio seit Monaten nicht mehr besuchen kann.
Studio will offene Beiträge einklagen
Gegenüber test.de ist Frank Weber nicht zu einer Stellungnahme bereit. Sein Bielefelder Anwalt Hans A. Geisler – früher selbst Inhaber von mehreren Fitnessstudios – erklärt: Im Fall von Meyer seien „bislang keine Umstände ersichtlich, die eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen könnten“. Er droht gerichtliche Schritte an. Noch ist nichts passiert. Aber der Gedanke, sich neben einem Neugeborenen auch noch um einen Prozess kümmern zu müssen, macht Meike Meyer Angst.
Wann Betroffene in einem Prozess gute Karten haben
Die Rechtssituation sieht so aus für Meike Meyer:
Kündigung durch Kundin. Wer nicht mehr trainieren kann, darf kündigen und vorzeitig aus dem Vertrag ausscheiden. Ein pauschaler Ausschluss dieses Rechts im Kleingedruckten steht dem nicht entgegen (mehr dazu weiter unten).
Klage durch Sportstudio. Hat der Betreiber des Sportstudios trotz des Attests Zweifel daran, dass der Kunde keinen Sport mehr treiben kann, kann er allerdings zu Gericht ziehen, um dort vermeintlich ausstehende Beträge einzuklagen.
Beleg durch Kundin. Vor Gericht reicht dann ein reines Attest nicht mehr aus. Hier muss die Kundin konkret schildern, welche gesundheitlichen Probleme gegen ein weiteres Fitnessprogramm sprechen. Tut sie das nicht, verliert sie den Prozess. Allein organisatorische Probleme reichen für eine außerordentliche Kündigung nicht aus – auch wenn es nach der Geburt mit einem Neugeborenen und älteren Geschwistern schwierig werden könnte, ein Sportstudio zu besuchen.
Meike Meyer mit guten Karten vor Gericht
Der Fall von Meike Meyer liegt aber anders. Ihre Ärztin hat ihr nicht nur den Sport verboten, sondern sogar ein Beschäftigungsverbot ausgesprochen. Würde sie weiter arbeiten, wären Leben oder Gesundheit von Mutter oder Kind gefährdet. Meyer hat daher gute Karten, sollte es wirklich zu einer Klage kommen.
Verbrauchzentrale geht gegen Sportstudios vor
So ein Streit ist kein Einzelfall. Es kommt häufig zu Ärger, wenn Kunden von Fitnessstudios ihre Mitgliedschaft wegen einer Krankheit oder Schwangerschaft kündigen möchten. Viele Studioverträge lehnen ein Recht für Kunden zu einer außerordentlichen Kündigung ganz prinzipiell ab – auch wenn das rechtswidrig ist. Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung im Jahr 2012 klargestellt, dass bei Dauerschuldverhältnissen wie einer Mitgliedschaft im Fitnessstudio ein solches Kündigungsrecht „aus wichtigem Grund“ immer besteht. Es kann nicht durch Klauseln in Vertragsformularen eingeschränkt werden die Entscheidung im Volltext.
Unwirksame Regeln in den Vertragsformularen der Sportstudios
Die Sportstudios versuchen dieses Kündigungsrecht der Kunden aber immer wieder zu beschränken. In dem Vertragsformular von Bella Vitalis, das Meike Meyer 2014 unterschrieben hatte, heißt es zum Beispiel: „...das Recht zur vorzeitigen Kündigung gibt es nicht. Einer vorzeitigen Vertragsauflösung müssen deshalb beide Seiten zustimmen...“. Eine solche Klausel ist nach Vorgaben des BGH aber unwirksam. Joachim Geburtig, Jurist der Verbraucherzentrale Mecklenburg-Vorpommern, geht derzeit gegen solchen Vertragsformulierungen vor. Zuletzt mahnte Geburtig erfolgreich Studios in Rostock und Berlin ab.
Tipp: Verbraucher, die aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr am Fitnessprogramm teilnehmen können, sollten sich daher nicht von diesem oder ähnlichen Texten in den Studioverträgen abschrecken lassen und sich in hartnäckigen Fällen von einer Verbraucherzentrale oder einem Rechtsanwalt helfen lassen.