
Heimelig und riskant. Ethanol-Kamine sollen unkompliziert für Gemütlichkeit sorgen. Doch es kommt immer wieder zu schweren Unfällen.
Deko-Feuer ohne Schornstein, die Ethanol verbrennen, sind online mit ein paar Klicks gekauft. Einfach aufbauen und anzünden – damit werben die Anbieter. Die Stiftung Warentest warnt allerdings seit Jahren vor der Brand- und Explosionsgefahr. Auch der Schadstoffausstoß kann zu hoch sein. Wenn Sie dennoch nicht auf einen Ethanol-Kamin verzichten wollen, sollten Sie unsere Tipps zu Kauf und Benutzung beachten.
So gefährlich sind Ethanol-Kamine
Ethanolkamine im Test – „katastrophale Ergebnisse“
Einen gemütlichen, wohlig warmen Kamin, aber mobil und ohne Rauch und Ruß: Das versprechen immer noch manche Anbieter von Ethanol- oder auch Bioethanol-Kaminen. Auf die Verpackung gehört aber der Hinweis, dass das Gerät nur in gut belüfteten Räumen stehen soll. Es ist nur als Dekoration gedacht. Zum Heizen taugen die Kamine nicht, da mehr als üblich gelüftet werden muss.
Zwar verbrennt Ethanol vor allem zu Kohlendioxid und Wasserdampf. Aber das sind nicht die einzigen Emissionen: Das französische Verbrauchermagazin „60 Millions de consommateurs“ hat in einem Ölofen-Test auch zwei Ethanolkamine geprüft. Die Modelle Wikao Zenith Smart und OneConcept Phantasma Tower erzielten im Anfang 2021 veröffentlichten Test ,„katastrophale Ergebnisse“ beim Schadstoffausstoß.
Zu hoher Ausstoß von Kohlenmonoxid und Formaldehyd
In einem Versuchsraum mit konstantem Luftaustausch überschritt die Konzentration von Kohlenmonoxid – geruchlos und giftig – etwa 13 Milligramm pro Kubikmeter. Laut WHO sollten es im Acht-Stunden-Mittel nicht mehr als 10 Milligramm sein. Krebserregendes Formaldehyd erreichte bei dem Test Konzentrationen von jeweils 140 und 192 Mikrogramm je Kubikmeter. Der WHO zufolge sollte der Wert 100 Mikrogramm während 30 Minuten nicht überschreiten. Auch beim Ausstoß von krebserregendem Benzol und Feinstaub schnitten die getesteten Kamine schlecht ab.
Tipp: Sie haben einen Kamin oder eine Deko-Feuerstelle? Dann achten Sie wegen der erheblichen Risiken auf unsere Tipps für den Betrieb und halten Sie Löschmittel parat. Übrigens: Die Stiftung Warentest hat auch Rauchmelder getestet.
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Bei Kaufentscheidung auf aktuelle DIN-Norm achten
Ethanol-Kamine können ungeprüft auf den Markt gebracht werden. Überwachte Sicherheitsregeln gibt es nicht, also auch kein GS-Zeichen für „Geprüfte Sicherheit“.
Etliche Anbieter werben damit, dass ihre Modelle der DIN-Norm 4734 entsprechen. Allerdings ist sie bereits veraltet. Die DIN EN 16647:2015 ist die aktuelle Norm für Deko-Feuerstellen mit einem flüssigem Brennstoff wie Ethanol. Sie gilt für Geräte mit einer maximalen Leistung von 4,5 Kilowatt. Das entspricht einem Brennstoffverbrauch von etwa einem halben Liter in der Stunde. Für Ethanol-Kamine, die mehr verbrennen können oder eine definierte Heizfunktion haben, gelten weiterreichende Vorschriften.
Um der DIN EN 16647:2015 zu entsprechen, sind zum Beispiel Warn- und Bedienungshinweise nötig. Ebenso gibt es Anforderungen an die Konstruktion der Geräte. Insbesondere soll das Umstoßen und Auslaufen des Brennstoffs verhindert werden.
Die Norm alleine schützt nicht!
Wenn Sie einen Ethanol-Kamin kaufen wollen, achten Sie darauf, dass das Gerät der gültigen Norm entspricht und die Prüfung durch ein unabhängiges Institut belegt ist. Die Experten der Stiftung Warentest meinen allerdings: Selbst die Anforderungen der DIN EN 16647:2015 können nicht vollständig vor Unfällen schützen.
Grundsätzlich wichtig ist, dass Ethanol-Kamine nur brennen sollen ...
- in zugfreier Umgebung, mit dem vorgesehenen Brennstoff,
- nach Lesen der Gebrauchsanleitung
- und in gut belüfteten Räumen.
Auf dem Typenschild muss auch die Mindestgröße des Raumes vermerkt sein.
Bioethanol – dekorativ und explosiv
Bioethanol besteht in der Regel zu etwa 95 Prozent aus pflanzlichen Alkoholen. Meist ist jedoch ein Vergällungsmittel zugesetzt, um ihn ungenießbar zu machen. Ethanol ist ein Brennstoff, der schon bei über 21 Grad Celsius mit Luft ein leicht entzündliches Gemisch bildet. Er kann sogar ganz gezielt als Brandbeschleuniger dienen. Läuft Ethanol aus und entzündet sich, brennt schnell der ganze Raum. Vor allem ist das entstehende Luft-Ethanol-Gemisch explosionsfähig.
Auch im vergangenen Jahr gab es wieder Berichte über Brände und Verpuffungen mit Schwerverletzten: Wird Ethanol nachgefüllt, wenn der Kamin noch heiß ist, kann eine Stichflamme emporschießen. Eine sichere Lagerstätte für den Brennstoff ist unbedingt notwendig. Er muss in einem Kunststoffgefäß, fest verschlossen, fern einer Zündquelle, und kühl gelagert werden – möglichst in einem abschließbaren Schrank, unzugänglich für Kinder und auch Haustiere.
Informieren Sie sich vor dem Kauf genau
Fachgeschäft. Wenn Sie sich einen Kamin oder eine Deko-Feuerstelle kaufen wollen, sollten Sie dies im Fachgeschäft tun. Vor allem während der Pandemie besteht die Gefahr, dass Ethanol-Kamine ohne weitergehende Informationen oder Warnungen online gekauft werden.
Vorführung. Lassen Sie sich – sobald wieder möglich – in jedem Fall den Kamin vorführen und wichtige Sicherheitshinweise geben.
Prüfbericht. Lassen Sie sich den Prüfbericht nach Norm DIN EN 16647:2015 eines unabhängigen Prüfinstituts vorlegen. Nur ein solcher Bericht ist zuverlässig. Verlassen Sie sich nicht allein auf Zeichen auf der Verpackung oder in der Werbung. Sie sind leicht aufzudrucken.
Lesen. Vor dem Kauf sollten Sie die Aufstell- und Bedienungsanleitungen genau gelesen haben. Im Onlineverkauf fehlen häufig diese für den Verbraucher wichtigen Informationen.
Besonderheiten. Lassen Sie sich das Gerät genau erklären. Manche Deko-Feuerstellen oder Kamine lassen sich nicht „abstellen“. Sie brennen in jedem Fall so lange, bis das Ethanol verbraucht ist. So lange müssen Sie die Flamme dann auch überwachen. Andere lassen sich löschen, indem die Luftzufuhr zur Flamme unterbrochen wird. Hier verbleibt das restliche Ethanol im Kamin. Das kann beim nächsten Entzünden gefährlich werden: Es könnten sich zündfähige Gasgemische in größeren Mengen bilden. Mehrere Unfälle mit schwersten Verbrennungen, zum Teil mit Todesfolge, hat es in den letzten Jahren gegeben.
Ethanol-Kamin: Tipps für den Betrieb
Offene Flammen. Prüfen Sie, ob offene Flammen in Ihrem Haushalt einen sicheren Platz finden. Wenn in Ihrem Haushalt kleine Kinder oder Haustiere leben, sollten Sie besser gänzlich auf die Anschaffung eines Ethanol-Kamins verzichten.
Löschen. Wenn Ethanol oder andere brennbare Stoffe außerhalb des Kamins in Brand geraten, versuchen Sie die Flammen sofort zu löschen. Das geht beispielsweise mit einem Schaum-Feuerlöscher. Achten Sie darauf, dass der Löscher für brennende Alkohole geeignet ist. Ist kein Feuerlöscher im Haus, kann eine schwere Baumwolldecke helfen, den Brand zu löschen. Besser ist eine speziell behandelte Löschdecke. Ist der Brand nicht umgehend zu löschen, verständigen Sie sofort die Feuerwehr unter der Rufnummer 112. Übrigens: Die Stiftung Warentest hat auch Rauchmelder getestet.
Befüllen. Besonders gefährlich beim Umgang mit Bio-Ethanol-Kaminen ist das Nachfüllen. Füllen Sie unter keinen Umständen Ethanol nach, während der Kamin brennt oder noch heiß ist. Nachgefüllt werden darf immer nur in ein komplett kaltes Gerät. Hersteller sollten Angaben dazu machen, wie lange Sie nach dem Erlöschen der Flammen warten müssen, bis Sie das Gerät wieder befüllen können. Ebenso sollte in der Dokumentation stehen, wie viel Ethanol die Brennwanne des Kamins fasst. Außerdem muss die maximale Füllmenge im Gerät dauerhaft markiert sein. Füllen Sie auf keinen Fall mehr hinein. Lassen Sie das Ethanol-Gefäß nie neben dem Kamin stehen und verschließen Sie es sofort, nachdem Sie den Brennstoff eingefüllt haben.
Anzünden. Halten Sie sich beim Anzünden des Brennstoffs strikt an die Gebrauchsanleitung. Gehen Sie dabei nicht zu nah an die Brennwanne heran.
Nur angegebenen Brennstoff verwenden. Verwenden Sie nur den in der Gebrauchsanleitung angegebenen Brennstoff. Verwenden Sie in keinem Fall andere flüssige Brennstoffe.
Feuer beaufsichtigen. Lassen Sie das Feuer niemals aus den Augen. Verlassen Sie insbesondere nicht Haus oder Wohnung, während der Kamin noch brennt. Gehen Sie auch nicht zu Bett, solange die Flamme noch nicht erloschen ist.
Abstand wahren. Halten Sie sich beim Aufstellen strikt an die Hinweise in der Aufstellanleitung. Stellen Sie den Kamin so auf, dass sich keine brennbaren Materialen wie Holz oder Papier in der Nähe befinden können. Lassen Sie sich bei Wandgeräten vorher beraten. Sie sind besonders heikel in der Befestigung.
Lüften. Beim Verbrennen von Bio-Ethanol entstehen neben Wasser und Kohlenstoffdioxid auch Luftschadstoffe, die den Innenraum belasten. Durch das Kohlenstoffdioxid wird die Luft feuchter und schneller verbraucht. Zum Vergleich: Ein halber Liter verbrannter Ethanol erzeugt in etwa so viel Kohlenstoffdioxid wie 12 bis 16 Menschen in einer Stunde ausatmen. Sie müssen regelmäßig und ausreichend lüften. Dabei gilt: Je kleiner der Raum, desto mehr müssen Sie lüften.
Ausgelaufen. Ausgelaufenen Brennstoff saugen Sie am besten mit trockenen Tüchern auf, die sie danach sofort außerhalb der Wohnung entsorgen.
Brennstoff lagern. Lagern Sie Ethanol in sicheren Räumen, in denen keine offenen Flammen entfacht werden. Lagern Sie nie mehr als fünf Liter des Brennstoffs in nicht abschließbaren Räumen. Der Brennstoff gehört nicht in die Hände von Kindern.
Wohnaccessoires. Neben den Deko-Kaminen gibt es viele weitere Wohnaccessoires und sogar Tische, in denen Sie mit Ethanol Feuer entfachen können. Hierbei handelt es sich ebenso um offene Flammen, für die die oben genannten Risiken gelten.
Diese Meldung ist im Jahr 2009 auf test.de erschienen und wurde zuletzt im Februar 2021 aktualisiert.
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