
Guten Appetit. Wer in der Klinik liegt, sollte reichlich essen. © imago / Westend61
Gesundes, nach dem individuellen Bedarf zubereitetes Essen im Krankenhaus hilft Patienten, schneller gesund zu werden – und kann sogar schwere Komplikationen bis hin zum Tod verhindern. Das belegt eine Studie aus der Schweiz, die im renommierten Fachmagazin Lancet erschienen ist.
Jeder vierte bei der Aufnahme mangelernährt
Für Patienten im Krankenhaus ist es besonders wichtig, genug und richtig zu essen. Krankheit, Operation oder Verletzungen bedeuten für den Körper Stress, so dass beispielsweise der Energie- und Proteinbedarf erhöht sein kann. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung berichtet zudem, dass mehr als ein Viertel der Patienten bereits bei der stationären Aufnahme mangelernährt sei – bei alten Menschen, Patienten mit Magen- und Darmerkrankungen liege der Anteil noch höher. Schweizer Forscher haben erstmals in einer Studie nachgewiesen, dass eine auf den einzelnen Patienten abgestimmte Krankenhauskost die Heilung signifikant unterstützen kann. Mit der passenden Ernährung ließen sich schwere Komplikationen und gar Todesfälle verhindern. Die Studie erschien im renommierten Medizinjournal Lancet.
Individueller Speiseplan versus Standardkost
An der Studie nahmen gut 2 000 Patienten aus acht Schweizer Krankenhäuser teil. Sie hatten ein erhöhtes Risiko für Mangelernährung, ihr Durchschnittsalter lag bei 73 Jahren, der Krankenhausaufenthalt betrug mindestens fünf Tage. Alle Teilnehmer konnten ihre Nahrung durch den Mund aufnehmen und lagen nicht auf der Intensivstation. Die Forscher teilten die Patienten nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen ein: die eine Hälfte bekam das übliche Krankenhausessen, für alle anderen erstellten Ernährungsfachkräfte individuelle Ernährungspläne. Sie ermittelten den Nährstoffbedarf – insbesondere für Energie und Eiweiß – auf Basis von Laborwerten und abhängig von der jeweiligen Krankheit.
Vorlieben der Patienten berücksichtigt
Viele Patienten bekamen etwas mehr Eiweiß als gewöhnlich, was sich positiv auf den Verlauf akuter Erkrankungen auswirken kann. Patienten mit Nierenerkrankungen allerdings erhielten weniger Eiweiß, weil zu viel davon ihre Nieren weiter schädigen könnte. Die Krankenhausküche berücksichtigte auch Vorlieben der Patienten. Einige nahmen ergänzend noch gezielt Nahrungsergänzungsmittel oder Eiweißpulver ein. Bei der Entlassung aus dem Krankenhaus erhielten die Patienten eine Ernährungsberatung und – falls notwendig – eine Verschreibung für Nahrungsergänzungsmittel.
Bei 40 von 1 000 Patienten weniger Komplikationen
30 Tage nach Studienbeginn zogen die Forscher Bilanz: Aus der Gruppe von Patienten, die das Standardessen serviert bekamen, hatten 27 Prozent schwere gesundheitliche Komplikationen erlitten wie Atemstillstand, Infektionen, Herz-Kreislauf-Ereignisse. Von den Patienten mit dem personalisierten Essen waren nur 23 Prozent betroffen – umgerechnet also etwa 40 Personen weniger. In dieser Gruppe verstarben am Ende auch weniger Patienten.
Seit 2014 Qualitätsstandards für Krankenhäuser
Die Studienergebnisse aus der Schweiz sind auch für Deutschland relevant. Auch hier unterscheidet sich das Niveau der Essensversorgung in den Krankenhäusern. Seit 2014 haben Krankenhäuser die Möglichkeit, sich nach den Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung für die Verpflegung in Krankenhäusern zertifizieren zu lassen. Sie geben Rahmenbedingungen für Speisepläne, Getränke, Hygiene und die Essatmosphäre vor.
Patienten zum Essen motivieren
Selbst wenn bei der Versorgung alles stimmt, kann der Patient von sich aus Essenshürden aufbauen: Eine gedrückte Stimmung kann auf den Magen schlagen, langes Liegen den Appetit mindern und die Verdauung träge machen. Und nicht immer hat das Personal genug Zeit und Elan, die Kranken zum Essen zu motivieren. Die Folgen: Ein erheblicher Teil wandert wieder zurück in die Krankenhausküche. Wenn es unter einer Abdeckung serviert wurde, fällt nicht einmal auf, wenn ein Patient schlecht oder gar nicht isst. Das ist nicht gesund.
Was Patienten und Angehörige tun können
Wenn die Ernährung nicht optimal ist, sollten Patienten und gegebenenfalls ihre Angehörigen die Initiative ergreifen – das gilt besonders, wenn ein Risiko für Mangelernährung besteht. Hier einige Tipps:
- Motivieren Sie Ihren Angehörigen, im Krankenhaus genug zu essen und zu trinken (Richtwert: 1,5 Liter am Tag – außer der Arzt empfiehlt eine andere Menge).
- Reichen Sie dem Patienten die Speisen und Getränke an. Biegsame Trinkröhrchen oder Schnabelbecher können das Trinken erleichtern.
- Fragen Sie nach, ob es im Krankenhaus eine Ernährungsberatung gibt.
- Wenn das Krankenhaus den Wunsch nach individueller Ernährung nicht unterstützen kann, spricht nichts dagegen, sich gesunde Speisen von Angehörigen mitbringen zu lassen (appetitlich präsentierte, abwechslungsreiche Vollwertkost wie zum Beispiel Vollkornbrötchen, Müsli, Obst, Nüsse, Joghurt, Quark).
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