Essen auf Rädern Sechs Menüdienste im Test

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Wie sind Essensqualität, Bestell- und Lieferservice von Menüdiensten? Wir haben sechs Anbieter in Berlin geprüft.

Essen auf Rädern Alle Testergebnisse für Essen auf Rädern 10/2011

So lange sie selbst kochen können, kommt Essen auf Rädern für sie eher nicht infrage. Das ist ein Fazit unserer sechs Berliner Testpersonen. Zu dieser Einschätzung trug auch der Lieferservice bei. Für 14 Tage hatten die sechs Senioren in unserem Auftrag bei je einem Berliner Menüdienst ein warmes Mittagessen bestellt. Sie notierten Tag für Tag die Lieferzeiten und griffen bei Ankunft und vor dem Verzehr zum Thermometer, um die Temperatur der Menüs zu messen. Bei Anlieferung sollte das Essen mindestens 65 Grad warm sein, mittags noch wenigstens 50 Grad Celsius. Bei Tester Herrn Böhl (Name von der Redaktion geändert) war das Essen vom – insgesamt guten – Gloria Menü-Bringdienst mittags selten warm genug: Es kam zwar pünktlich, da er einer der ersten auf der Liefertour war, aber schon gegen halb zehn. Herr Böhl ärgert sich: „Dann ist es ja mittags nur noch lauwarm“ – trotz Wärmebox.

Mal um halb elf, mal kurz nach eins

Evelyn’s Essen auf Rädern und die Caritas Berlin lieferten keine Wärmebox für das Essen mit. Kein Wunder, dass es bis zu 31 Grad Celsius kühl wurde. Bei Evelyn’s konnte die Testerin zudem kaum den Vormittag planen: Zweimal klingelte es um halb elf, dann unerwartet kurz nach eins, da die Tour des Fahrers sich geändert hatte. Der am ersten Tag festgelegte Termin sollte aber höchstens um 30 Minuten schwanken, das klappt nur mit kürzeren Liefertouren.

Doch Essen auf Rädern ist mehr als Lieferzeiten und Temperatur: Im Test ließen wir die Gerichte auch von Sensorikexperten verkosten, bewerteten ihre Nährwerte, suchten nach Keimen und prüften Beratung und Informationsmaterial. Das Ergebnis ist mit zwei guten und vier befriedigenden Menüdiensten verhalten positiv.

Keine einseitige Ernährung

Die getesteten Menüs sind mit dem Essen vieler Kantinen vergleichbar – auch preislich. Sie ermöglichen es, sich trotz gesundheitlicher Einschränkungen selbstständig zuhause zu versorgen und bei entsprechender Auswahl nicht einseitig zu ernähren. Krankmachende Keime fanden wir nicht. Der Bestellservice war meist gut. Verbesserungsbedarf besteht aber bei Beratung, Lieferservice und ernährungsphysiologischer Qualität des Essens: Oft enthält es zu viel Fett, Salz und Kalorien. Bei der Beurteilung orientierten wir uns am Qualitätsstandard für Essen auf Rädern der Deutschen Gesellschaft für Ernährung.

Oft zu viel Fett und Kalorien

Aus mehreren Menüangeboten, zum Beispiel für Diabetiker oder den kleinen Hunger, haben wir bei jedem Menüdienst eine Standard-Mittagsmahlzeit mit Dessert oder Kuchen bestellt. Ernährungsphysiologisch am besten war das Essen des Gloria Menü-Bringdienstes, bei dem das Dessert inbegriffen ist. Es sind zwar eher wenig Mineralstoffe und Vitamine vorhanden, Fett- und Kaloriengehalt stimmen aber. Die Mahlzeiten von Evelyn’s, den Johannitern und der Caritas, die alle ihr Essen von der Firma apetito beziehen, kamen dagegen im Schnitt auf viel zu viel Fett und Kalorien. Das gilt für über 65-Jährige, die sich wenig bewegen – typische Kunden von Essen auf Rädern. Das Rote Kreuz, das auch mit apetito kooperiert, bot einen anderen Speiseplan und damit für diese Zielgruppe etwas geeignetere Menüs an.

Zu viel Fett, zu viele Kalorien – das liegt vor allem am Dessert. Da viele darauf Wert legen, haben wir stets einen Nachtisch einbezogen. Bei den vier Anbietern mit apetito-Essen stehen dafür entweder einzelne Kuchenstücke oder ein Zwölferpack Tiefkühldesserts zur Wahl. Da kaum jeder Kunde Platz für diesen Vorrat haben dürfte, entschieden wir uns für Kuchen. Wir haben die Nährwerte aber nur für ein halbes Stück eingerechnet, weil nicht jeder nach dem Hauptgang ein ganzes schafft.

Salz oft zu hoch dosiert

Am meisten Auswahl haben Glorias Kunden, täglich vegetarisch oder zumindest süß essen können nur sie. Auch Salz dosiert Gloria besser als die Konkurrenz: In deren Mittagessen stecken fast schon allein die sechs Gramm, die man maximal am Tag zu sich nehmen soll. Im Alter lässt die Geschmackswahrnehmung von Salz nach. Vielleicht stören die teils sehr salzigen Soßen Ältere deshalb nicht. Doch bis zu 80 Prozent der über 70-Jährigen haben einen erhöhten oberen Blutdruckwert. Daher wäre weniger Salz besser. Das kann helfen, den Blutdruck zu senken und so das Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko zu verringern.

Rouladen und Königsberger Klopse

„Ich war angenehm überrascht vom Geschmack“, meint Herr Böhl zum Gloria-Essen. Was das Essen bei allen Anbietern betrifft: An manchen Gerichten wie Rouladen oder Königsberger Klopsen hatten unsere Sensorikprofis kaum etwas auszusetzen. Andere Speisen wie panierte Schnitzel finden sie dagegen wenig geeignet, um lange warm gehalten zu werden. Das gilt erst recht, wenn sie in viel Soße schwimmen, und die auch noch in die Beilagen schwappt. Von appetitlich kann da keine Rede sein. Doch gab es häufig Paniertes, das aufgeweicht ankam. Eher weich war auch manches Gemüse, was vielen Älteren aber das Kauen und Schlucken erleichtert.

Ob Kunden gesundheitliche Probleme haben, interessierte die Anbieter kaum. Sie wiesen auch zu selten von sich aus auf spezielles Essen wie Diabetikermenüs hin. Das könnte Kunden anregen, Krankheiten selbst anzusprechen, um geeignete Menüs zu finden. Doch so gut liefen die Beratungen nicht ab. Die Tester mussten viele Informationen selbst erfragen, zum Beispiel, wer das Essen herstellt. Auch das Infomaterial hilft oft nicht weiter: Bestellung, Lieferung und Bezahlung sind da kaum erklärt.

Erfreulich: Die Speisepläne beschreiben das Essen gut und nennen Zusatzstoffe. Über Allergene und Nährwerte informierte aber nur Menütaxi ausführlich. Wichtige Angaben wie erhöhte Wochenendzuschläge fallen durch zum Teil kleine Schrift kaum ins Auge. Ein Probeessen wurde nur einmal erwähnt, aber nicht direkt angeboten.

Umbestellen war kein Problem

Essen ab- und umzubestellen klappte problemlos, ebenso Zusatzbestellungen. Wer mehr Service wünscht, könnte aber auf Probleme stoßen – etwa wenn er Hilfe beim Auspacken benötigt oder das Essen bis in die Küche geliefert haben möchte. Das liegt an einer unerquicklichen Steuerregel: Laut Bundesfinanzhof würde so der Dienstleistungscharakter überwiegen, der Anbieter müsste 19 statt 7 Prozent Mehrwertsteuer abführen. Am Ende würden Kunden für kleine Hilfen übermäßig draufzahlen.

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hinkelbein am 23.10.2016 um 16:19 Uhr
Wirklich lecker eher selten

Ich habe den Menüservice der Johanniter Augsburg ausprobiert. Der Bringservice ist wirklich gut - das Essen kommt heiß und pünktlich. Nicht mehr selbst kochen! Und essen kann man die Menüs immer, mit der Zeit schwindet anfängliche Begeisterung, obwohl keine neg. Ausreißer. Wirklich lecker sind m.E. nur die Eintöpfe - ansonsten geschmackliches Mittelmaß.
Geliefert wird aus dem Angebot von apetito. Detailkritik e.g.: Eine 'Bunte Geflüglepfanne' wird nicht schon bunt, weil ein paar Streifen Paprika durchgeschossen sind, und beim 'Schlemmerfilet Florentin' wird auf dem Etikett richtig Fischfilet mit Auflage angekündigt, aber tatsächlich wird das Filet in Soße ersäuft, ebenso bei Frikadellen ... Gar nicht möglich sind - der Garmethode geschuldet - Gerichte mit warmen und kalten Bestandteilen wie Kartoffeln mit Quark oder Matjes Hausfrauenart und dergleichen. Zu fleischlastig insgesamt. Palmöl findet sich auch auf der Zutatenliste - muss nicht sein.

a.waldmann am 25.10.2013 um 23:59 Uhr

Kommentar vom Administrator gelöscht.

Till_Wollheim am 22.09.2011 um 16:09 Uhr
Der Name verdirbt ja schon den Appetit!!

Alleine wenn ich diesen einfältigen Namen schon höre geht mit doch das Messer im Sack auf! "Essen auf Rädern" - das kann sich nur ein ex. Beamter ausgedacht haben.
Tipps: ZB "Essen-Service" oder "Restaurant Mobil" oder "Food to Home" ..
Till