
Grün reisen? Die Art der Fortbewegung hat einen größeren Einfluss auf die Umwelt als viele denken. © Getty Images
Welche Lebensbereiche haben die stärkste Wirkung auf die Umwelt? Unsere repräsentative Umfrage zeigt: Fachleute und Bevölkerung sind selten einer Meinung.
Umfrage zu Nachhaltigkeit in 14 Ländern
Flugreise oder Fahrradtour? Auto, Bus oder U-Bahn? Wie wir uns im Alltag und auf Reisen fortbewegen, hat großen Einfluss auf die Umwelt. Menschen in Deutschland schätzen diesen aber als eher unwichtig ein. Das ergab eine repräsentative Umfrage der Stiftung Warentest gemeinsam mit internationalen Testorganisationen.
Gefragt wurden jeweils zirka 1 000 Menschen in 14 Ländern – unter anderem danach, wie nachhaltig sie ihr Verhalten einschätzen und welche Bedeutung für die Umwelt sie den fünf Themenfeldern Reisen und Mobilität, Kaufverhalten, Wasser und Energie im Haushalt, Ernährung und Abfallentsorgung beimessen. Die Ergebnisse unterscheiden sich teils stark von den Einschätzungen der 39 internationalen Fachleute für Nachhaltigkeit, die die Umfrage mitentwickelten.
Mobilität hat einen großen Einfluss
Den Umwelteinfluss von Reisen und Mobilität halten 45 Prozent der Befragten in Deutschland für mittel bis sehr unwichtig. Die beteiligten Fachleute schätzen das anders ein. Sie halten das Reise- und Mobilitätsverhalten für einen der wichtigsten Einflüsse auf die Umwelt. Laut Umweltbundesamt ist das Mobilitätsverhalten für im Schnitt 19 Prozent des CO2-Fußabdrucks der Menschen im Land verantwortlich. Auch Straßenbau und Feinstaub, etwa durch Reifenabrieb, belasten die Umwelt.
Vor der Corona-Pandemie verursachte der Tourismus 8 Prozent aller Treibhausgasemissionen, so eine Studie der University of Sydney (kostenloser Abstract).
Tipp: Für Strecken unter 800 Kilometern nehmen Alleinreisende am besten den Zug oder Bus. Die Stiftung Warentest hat die Umweltbilanz verschiedener Reiseszenarien analysiert und gibt Tipps für nachhaltigeren Tourismus.
Lieber Müll vermeiden, statt trennen
Noch mehr auseinander geht die Einschätzung bei der Abfallentsorgung. Sie steht bei den Menschen in Deutschland an erster Stelle in Sachen Nachhaltigkeit, bei den Fachleuten an letzter. Gleichwohl schätzen die Umfrageteilnehmenden ihr Wissen in diesem Feld am größten ein.
Die Abfallentsorgung halten 71 Prozent der Befragten in Deutschland für einen eher wichtigen Umweltfaktor. Die Fachleute widersprechen: Die vorbildliche Mülltrennung in Deutschland hat gar keinen so großen Einfluss auf die Umwelt. Besser als Müll richtig zu trennen, sei es, ihn zu vermeiden. Sie empfehlen, weniger zu konsumieren und sich am tatsächlichen Bedarf zu orientieren.
Tipp: Setzen Sie beim Einkaufen auf Mehrweg und bevorzugen Sie lose Ware und Großpackungen. Damit lässt sich auf einfache Weise Müll sparen.
Reparieren statt wegwerfen
Wichtig ist aus Sicht der Fachleute außerdem, Produkte länger zu nutzen und Kaputtes zu reparieren anstatt es wegzuwerfen. Das deckt sich mit unseren Erkenntnissen: Die Reparatur von defekten Haushaltsgeräten lohnt sich für die Umwelt häufig.
Tipp: Viele Reparaturanleitungen, wie sie streikenden Geschirrspüler, Kühlschränke, Computer oder Musikanlagen wieder flott bekommen, finden Sie in unserem Buch Reparaturen zu Hause (24,90 Euro, als ePub 19,99 Euro).
Die Umfrage in Zahlen
- 14 000
- Menschen wurden etwa befragt.
- 39
- Fachleute für Nachhaltigkeit erarbeiteten die Grundlagen der Umfrage.
- 27
- Fragen musste jeder Umfrageteilnehmende beantworteten.
- 14
- Länder nahmen teil, darunter 11 EU-Länder sowie Kanada, Großbritannien und Russland.
Ernährung als wichtigster Faktor
Den stärksten Umwelteinfluss hat im Ranking der Fachleute die Ernährung. Hierzulande entfallen im Schnitt 15 Prozent des CO2-Fußabdrucks jedes Menschen aufs Essen. Hinzu kommt bei Massentierhaltung unter anderem ein immenser Wasser- und Flächenverbrauch, etwa um Futtermittel herzustellen.
Am meisten können Verbrauchende aus Sicht der Fachleute erreichen, indem sie auf Fleisch und tierische Produkte verzichten. Hier lagen nicht nur die Befragten aus Deutschland, sondern aus allen Ländern daneben. Sie hielten eine pflanzliche Kost einstimmig für den unwichtigsten Aspekt einer nachhaltigeren Ernährung.
Lebensmittelabfälle zu reduzieren und zu vermeiden, schätzten alle Umfrageteilnehmenden als die wichtigste Verhaltensweise ein. Bei den Fachleuten landete dieser Aspekt auf Platz zwei. Am umweltschädlichsten ist laut Expertinnen und Experten der Konsum von tierischen Produkten.
Tipp: Die Stiftung Warentest hat die Klimabilanzen verschiedener Lebensmittel verglichen und nennt einfache Tipps für eine nachhaltigere Ernährung. So ist zum Beispiel die CO2-Bilanz von Butter mehr als dreimal so groß wie die von Vollfettmargarine. Saisonale und regionale Ernährung verkürzt Transportwege und spart Ressourcen. Der Saisonkalender der Verbraucherzentralen bietet eine praktische Einkaufshilfe.
Hohe Kosten als Hürde
Als die größte Barriere, sich nachhaltiger zu verhalten, sahen die Befragten aller Länder ihre Finanzen. Beispielsweise ist 46 Prozent der Umfrageteilnehmenden in Deutschland eine nachhaltige Ernährung zu teuer.
Tipp: Ein nachhaltiger Einkauf muss nicht teuer sein. Das Bundeszentrum für Ernährung bietet eine Orientierung für einen kostengünstigen nachhaltigen Einkauf. In Regionen mit solider Verkehrsinfrastruktur kann ein Wechsel von Auto zu Bus und Bahn eine günstige und nachhaltigere Alternative sein. Auch Fahrradfahren ist kein besonders teurer Spaß.
Länder unterscheiden sich wenig
Die Umfrage fand im Herbst 2021 in 11 Ländern der EU sowie in Russland, Großbritannien und Kanada statt. Aus den Ergebnissen wurde der eigens dafür entwickelte Consumer Sustainable Behavior Index (CSBI) berechnet. Er soll widerspiegeln, wie nachhaltig sich die Menschen im jeweiligen Land verhalten.
Der CSBI der Länder unterscheidet sich nur wenig. Österreich erzielte mit 57 von 100 Punkten das beste Ergebnis, Russland mit 45 Punkten das schlechteste. Deutschland liegt mit 54 Punkten im vorderen Drittel. Ziel ist es, die Befragung regelmäßig zu wiederholen und die Entwicklung des CSBI zu beobachten. Der Index ist allerdings kein objektives Maß für Nachhaltigkeit, sondern spiegelt die Wahrnehmung der Menschen wider, da er auf Selbsteinschätzung der Befragten basiert.

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