Enterben

Interview: „Viele schäumen vor Wut“

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Stephan Konrad, Fach­anwalt für Erbrecht und Mediator in Biele­feld, über den Straf­charakter des Enterbens und die damit verbundene bittere Enttäuschung – auf beiden Seiten.

Begegnet Ihnen der Wunsch häufig, dass jemand enterbt werden soll?

Das begegnet mir eher selten. Oft geht es dem Erblasser vielmehr darum, jemanden besonders zu bedenken, zum Beispiel, wenn das Kind die Eltern im Alter gepflegt hat. Daraus folgt natürlich, dass die anderen Erben weniger bekommen als der Bevor­zugte. Aber auch der Wunsch, jemanden komplett zu enterben, kommt durch­aus vor.

Welche Gründe hat dieser Wunsch?

Manche Eltern sind enttäuscht von ihrem Kind. Teil­weise besteht gar kein Kontakt mehr. Oder Groß­eltern dürfen ihre Enkel nicht sehen. Es gibt aber auch andere Gründe: Geht es darum, ein Unternehmen zu vererben, soll es lieber der zuver­lässige Sohn weiterführen und nicht der Luftikus, der dazu nicht in der Lage zu sein scheint. Enterben kann auch ein Versuch sein, den Betroffenen zu erziehen. Manchmal geht es schlicht darum, Macht auszuüben. Teil­weise werden Testamente wöchentlich verändert – je nachdem, wie der Betroffene gerade spurt.

Wie geht es dem Erblasser bei einer solchen Entscheidung?

Spaß macht das keinem. Jemanden zu enterben bedeutet eben oft, dass etwas grund­legend falsch gelaufen ist in der Beziehung zwischen Erblasser und Enterbtem.

Wie reagieren Mandanten, wenn sie erfahren, dass der Enterbte den Pflicht­teil bekommt?

Vielen ist nicht klar, dass es einen Pflicht­teil gibt, der die Hälfte des gesetzlichen Erbteils beträgt. Die finden diese Regelung miss­lich – auch für die späteren Erben, die den Betrag an den Pflicht­teils­berechtigten auszahlen müssen. Aber es gibt Wege, den Pflicht­teil zu verkleinern, etwa durch Schenkungen oder einen Pflicht­teils­verzicht.

Und wie reagieren Enterbte?

Viele schäumen vor Wut oder sind tief getroffen. Oft sind sie sauer auf die Erben, die für die Entscheidung nichts können. Enterbte versuchen häufig, mit ihrem Pflicht­teils­anspruch die größt­mögliche Summe heraus­zuholen.

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