Einen „intelligenten“ Sprachkurs, der sich jedem Nutzer individuell anpasst, verspricht Langenscheidt mit seinem neuen Angebot Langenscheidt IQ. test.de hat das multimediale Lernpaket für die Sprache Englisch getestet. Das Fazit: Das Produkt ist tatsächlich innovativ – aber nicht frei von Schwächen.
Für Anfänger mit und ohne Vorkenntnisse
In einem säulenartigen Karton kommt der Sprachkurs Langenscheidt IQ Englisch daher. „Level 1“ steht auf der Verpackung, daneben „A1“ und „A2“. Das sind die Kürzel für die beiden untersten Niveaustufen des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen. Das muss man wissen, um nicht möglicherweise zum falschen Kurs zu greifen. Der Kurs richtet sich also an Anfänger mit und ohne Vorkenntnisse. Im Buchhandel dürfte der 30 Zentimeter große schwarz-gelbe Turm sofort ins Auge springen. Beim Auspacken wird klar: Eine deutlich kleinere Box hätte es auch getan. Langenscheidts Marketing-Fachleute haben ganze Arbeit geleistet.
Besonderheit: der Lernmanager
189 Euro kostet das Lernpaket und umfasst folgende fünf Bausteine:
- zwei Bücher mit jeweils einer Audio-CD
- eine Lernsoftware für Mac und PC (auf einem USB-Stick)
- einen Audio-Kurs auf einer Extra-CD
- eine Vokabeltrainer-App zum Herunterladen
- vier Unterrichtsstunden à 45 Minuten im virtuellen Klassenzimmer
Zum Lieferumfang gehört auch ein Headset. Der besondere Clou ist laut Langenscheidt der so genannte Lernmanager, der über das Internet erreichbar ist – das „Herzstück“ des Lernpakets. Nach den Vorgaben des Nutzers vernetzt der Lernmanager die fünf Bausteine „intelligent“ miteinander und entwickelt so für jede Person individuell, „den effektivsten Weg eine Sprache zu lernen“.
So funktioniert das System
Wer das Lernpaket gekauft hat, muss sich zunächst auf www.langenscheidt-iq.de registrieren und einloggen. Unter „Meine Einstellungen“ kann der Nutzer dann anklicken,
- welche Ziele er erreichen möchte (z.B. „Erste Grundlagen erwerben“ oder „Kenntnisse auffrischen“),
- wie viele Stunden pro Woche er lernen möchte (z.B. zwei, vier oder sieben Stunden),
- mit welchen der fünf Bausteine er bevorzugt lernen möchte.
Auch die Art und Weise, wie jemand am liebsten und besten lernt, kann berücksichtigt werden. Der eine behält neue Informationen zum Beispiel eher durchs Lesen, der andere durchs Hören. Dafür ist ein etwa 15-minütiger „Lerntypentest“ zu absolvieren. Sind die Eingaben komplett, spuckt der Lernmanager in einer übersichtlichen Darstellung den Lernweg durch den Kurs aus. Da heißt es dann zum Beispiel: „Kalenderwoche 2: Buch Kapitel 10A, Übungen 1-7; Software Kapitel 10 Vocab Flow; Audio-Kurs Track 42-47“. In dieser Reihenfolge kann der Nutzer das Pensum dann abarbeiten. Ändert er seine Vorgaben, passt der Lernmanager den Lernweg entsprechend an. Außerdem dokumentiert er die Lernergebnisse und bietet nach jedem abgeschlossenen Kapitel einen Zwischentest an, bei dem der Lernende seinen derzeitigen Stand überprüfen kann.
Was den Testern gut gefällt
Die Weiterbildungsexperten der Stiftung Warentest haben Langenscheidt IQ geprüft. Ergebnis: Ob Bücher, Audio-CD, Software oder App – im Einzelnen betrachtet gibt es kaum etwas zu meckern. Die Medien sind didaktisch gut aufbereitet und aufeinander abgestimmt. Die Produkte tragen einen aktuellen Copyright-Vermerk. Es handelt sich also tatsächlich um Neuentwicklungen und keine halbherzig überarbeiteten Lehrmaterialien, die der Verlag zum wiederholten Mal recycelt hat. Dabei bildet Langenscheidt IQ einen beachtlichen Teil der englischsprachigen Welt ab. Die Schauplätze reichen von Australien bis Schottland. Außerdem: Obwohl es sich um ein Angebot für Anfänger handelt, stehen immer wieder auch berufliche Themen im Mittelpunkt. Gleich das erste Kapitel im ersten Buch behandelt zum Beispiel eine Geschäftsreise nach New York. Software und App funktionieren zudem problemlos und haben viele spielerische Elemente – da dürfte das Lernen also auch Spaß machen.
Was besser werden könnte
- Einstufungstest. Langenscheidt IQ verspricht zwar das Vorwissen der Nutzer zu berücksichtigen, doch einen Einstufungstest gibt es nicht. Dabei dürften die wenigsten Deutschen absolute Anfänger in der englischen Sprache sein. Die meisten werden wohl verschüttete Englischkenntnisse auffrischen wollen. Ein Sprachkurs, der „maßgeschneiderte“ Lösungen anbieten will, müsste nun aber möglichst genau erheben, welche Vorkenntnisse der Nutzer hat und wo es Defizite gibt. Das ist bei Langenscheidt IQ nicht der Fall.
- Lernwege. Nicht in jedem Fall entwickelte der Lernmanager didaktisch sinnvolle Lernwege nach den Eingaben des Nutzers. Die Tester haben drei Profile für Englischlerner mit unterschiedlichen Zielen und Wünschen im Lernmanager angelegt. Für zwei User – einen absoluten Anfänger, der vor allem mit Buch und Audio-CD lernen wollte, und einen „Auffrischer“, der alle Bausteine nutzen wollte – funktionierte das gut. Der Lernmanager entwarf für jeden einen didaktisch vernünftigen Medienmix. Einziges kleines Manko: Eine Rückmeldung an den Lernenden, warum gerade diese Lernschritte ausgewählt wurden, fehlte. Das wäre aber durchaus hilfreich. Was allerdings der dritte Test-Lerner – ebenfalls ein Anfänger – vorgeschlagen bekam, ergab didaktisch keinen Sinn. Er hatte ganz ohne die Lehrbücher und nur mit Software und App und per virtuellem Unterricht lernen wollen. Laut Lernmanager ist das möglich. Danach dürfen Nutzer entweder auf die Bücher oder auf die Software verzichten. Die Weiterbildungsexperten der Stiftung Warentest hingegen befanden: Das funktioniert so nicht. Ohne Buch fehlt nicht nur der didaktische rote Faden, sondern auch der thematische Zusammenhang. Wer ausschließlich auf digitale Medien setzt, hat außerdem zu wenig Gelegenheit, das Leseverstehen und das Schreiben zu trainieren.
- Zeitvorgaben. Nicht immer hielt sich der Lernmanager an die Zeitvorgaben des Nutzers. Die Lernzeit pro Woche wurde teilweise deutlich unter- oder überschritten, teilweise sogar um mehrere Stunden. Für Lernende ist das ungünstig: Wer systematisch und diszipliniert lernen möchte, will sich darauf verlassen können, dass das Pensum in einem festgelegten Zeitfenster tatsächlich zu bewältigen ist.
- Virtueller Unterricht. Der virtuelle Unterricht enttäuschte. Schon die Terminvereinbarung über ein von Langenscheidt beauftragtes Unternehmen gestaltete sich schwierig. Zwar gelang es der Testperson am Ende, an einer von vier möglichen Unterrichtsstunden teilzunehmen. In den 45 Minuten knüpfte der muttersprachliche Tutor aber leider keinerlei Bezug zu dem, was die Testperson bereits im Kurs gelernt hatte. Außerdem mangelte es dem Unterricht an Struktur. Lernziele wurden nicht benannt, der rote Faden fehlte.