
Der Boom koffeinhaltiger Energy Drinks ist ungebrochen. Handel und Hersteller freuen sich über den stetig wachsenden Absatz. Doch auch die Kritik an den Powerbrausen wächst. Jetzt weisen erstmals Forscher der Weltgesundheitsorganisation (WHO) auf die schädlichen gesundheitlichen Wirkungen von Energy Drinks hin. Besonders Kinder und junge Erwachsene sind gefährdet.
Über 600 neue Marken in zwei Jahren
Allein in den Jahren 2011 bis 2012 kamen in der Europäischen Union über 600 verschiedene Sorten Energy Drinks auf den Markt. Ihr Werbeversprechen: Sie sollen wach halten, die Konzentration stärken und leistungsfähiger machen. Für den „Energie-Kick“ sorgen dabei zwei altbekannte Zutaten: Zucker und Koffein. Während Zucker Energie liefert, wirkt das enthaltene Koffein anregend und wie ein Aufputschmittel. Es hält die Nervenzellen im Gehirn auf Trab und regt zugleich den Kreislauf an. Das Ergebnis: Die Atmung wird beschleunigt. Die Blutgefäße weiten sich. Das Herz pumpt schneller.

Koffein in Massen ungesund
Für Erwachsene gilt ein Koffeinkonsum von bis zu 300 Milligramm pro Tag als unbedenklich. Das entspricht etwa drei Tassen Kaffee oder sieben Tassen Tee (siehe Tabelle). Auch Energy Drinks können ähnlich viel Koffein pro Liter enthalten wie Kaffee. Sie werden häufig jedoch schneller und in größeren Mengen konsumiert. Diese hohen Mengen Koffein sind es, die laut einer aktuellen Studienauswertung (englisch) der WHO gesundheitliche Risiken bergen. Eine Überdosis Koffein kann neben Herzrasen und Bluthochdruck unter anderem zu Übelkeit, Erbrechen, Krämpfen und im schlimmsten Fall zum Tod führen.
Koffeingehalt ausgewählter Getränke
Getränke |
Menge ( in Milliliter oder Gramm) |
Koffeingehalt (in Milligramm) |
Espresso |
50 |
50-60 |
Filterkaffee |
125 |
80-120 |
Ungefilterter Kaffee |
125 |
90-130 |
Instantkaffee |
125 |
60-100 |
Mokka |
125 |
100-135 |
Tee |
125 |
30-60 |
Cola |
200 |
30-70 |
Kakao |
125 |
2-5 |
Milchschokolade |
100 |
15-20 |
Zartbitterschokolade |
100 |
10-80 |
Energydrink |
250 |
80 |
Schokokuchen |
1 Stück |
25 |
Süße Energy Drinks für Kinder verlockend
Wie Koffein auf den Körper wirkt, ist nicht nur abhängig von der im Getränk enthaltenen Menge. Entscheidend ist auch, wie es verzehrt wird. So wird Kaffee als Heißgetränk langsam getrunken und nicht in großen Mengen auf einmal. Anders bei kühlen Energy Drinks: Sie werden schneller und deshalb tendenziell in größeren Mengen getrunken. Hinzu kommt: Während der bittere Geschmack von Kaffee Kinder und Jugendliche eher abschreckt, sind die süßen und angesagten Energy Drinks bei ihnen attraktiv. Bei ihnen steht die Süße im Vordergrund und überdeckt den bitteren Geschmack des Koffeins. So laufen auch Kinder- und Jugendliche Gefahr, dosenweise zuzulangen.
Kombination mit Alkohol gefährlich
Besonders gefährlich wird es, wenn Energy Drinks mit Alkohol gemischt werden. Eine schwedische Studie aus dem Jahr 2006 berichtet in diesem Zusammenhang sogar von einigen Todesfällen, in denen die Betroffenen größere Mengen Energy Drinks mit Alkohol getrunken hatten. Ein eindeutiger kausaler Zusammenhang ist bislang allerdings nicht belegt. Die WHO-Forscher sehen solche Fallbeispiele dennoch als wachsenden Beweis dafür, dass sich der Konsum von Energy Drinks zusammen mit Alkohol negativ auf die Gesundheit auswirkt.
Bis zu 5 Liter innerhalb von 24 Stunden
Nach einer Studie der europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA, englisch) sind es hauptsächlich junge Erwachsene zwischen 18 und 29 Jahren, die Energy Drinks mit Alkohol mischen. 71 Prozent der befragten Energy-Drink-Konsumenten gaben an, dies zu tun. Das Gefährliche an dieser Praxis: Die hohen Mengen an Koffein sorgen dafür, dass man wach bleibt und so unter Umständen noch mehr Energy Drinks und Alkohol trinkt. Das begünstigt auch der süße Geschmack von Energy Drinks, der die Schärfe des Alkohols überdeckt. Besucher von Diskotheken konsumierten beispielsweise laut einer Befragung des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) durchschnittlich 1 Liter Energy Drinks gemischt mit alkoholischen Getränken. In Einzelfällen wurden sogar bis zu 5 Liter in 24 Stunden getrunken.
Koffeingehalte sehr unterschiedlich
Auch die Stiftung Warentest verwies in ihrem Energy Drink-Test (07/2013) darauf, dass ab einem Koffeinkonsum von 500 Milligramm unerwünschte Folgen nicht auszuschließen sind. Die 24 getesteten Produkte enthielten zwischen 220 und 560 Milligramm Koffein pro Liter. Wer nur eine Dose (etwa 300 Milliliter) trinkt, braucht in der Regel also keine Nebenwirkungen zu befürchten. Da Energy Drinks und Energy Shots – das sind hoch konzentrierte Energiegetränke – in ihrer Zusammensetzung sehr unterschiedlich sind und jeder Körper anders auf Koffein reagiert, lässt sich jedoch nicht eindeutig beziffern, ab welchen Mengen eine Koffeinzufuhr schädlich sein kann. Für koffeinempfindliche Personen oder Menschen mit anderen Herzkreislaufrisiken könnten auch geringere Mengen gefährlich werden. Hinzu kommt, dass die Schätzungen über die negativen Wirkungen von Koffein immer auf gesunde, erwachsene Menschen bezogen werden – nicht auf Kinder und Jugendliche.
Jedes fünfte Kind trinkt Energy Drinks
Ausgerechnet Kindern und Jugendlichen scheinen die quietschsüßen Getränke besonders gut zu schmecken. Das belegt die bereits zitierte EFSA-Studie aus dem Jahr 2013. Sie hat herausgefunden, dass jedes fünfte Kind in Europa zwischen sechs und zehn Jahren Energy Drinks konsumiert. In Tschechien*) ist es sogar mehr als jedes dritte Kind. Besonders alarmierend: Auch bei Kindern gibt es sogenannte Vielverzehrer. Sie trinken rund vier bis fünf Mal die Woche durchschnittlich knapp einen Liter der koffeinhaltigen Getränke. Das schätzt auch Dr. Birgit Rehlender, Projektleiterin Lebensmitteluntersuchungen der Stiftung Warentest, als kritisch ein. „Gerade Kinder können aufgrund ihres geringen Körpergewichts sehr empfindlich auf Koffein reagieren“, so die Testleiterin.
Verbraucherschützer warnen schon lange
Die veröffentlichte Studienauswertung der WHO bestätigt, wovor Verbraucherschützer und Experten schon lange warnen. So beurteilte das BfR bereits in Stellungnahmen 2008 und 2009 den übermäßigen Verzehr von Energy Drinks als nicht sicher und empfahl, den Verkauf von hochkonzentrierten Energy Shots zu verbieten. Dieser Empfehlung schloss sich 2012 auch die Verbraucherzentrale Hamburg an. Sie forderte darüber hinaus, den Verkauf von Energy Drinks an Minderjährige zu verbieten. Ein solches Verbot gibt es bislang nur in Litauen.
Neue Regelung in der Lebensmittel-Informationsverordnung
Europaweit tritt am 13. Dezember 2014 die neue Lebensmittel-Informationsverordnung verbindlich in Kraft. Sie sieht unter anderem vor, dass koffeinhaltige Getränke (ausgenommen Kaffee und Tee) ab 150 Milligramm pro Liter mit folgendem Warnhinweis gekennzeichnet werden müssen: „Erhöhter Koffeingehalt. Für Kinder und schwangere oder stillende Frauen nicht empfohlen.“
Armin Valet, Lebensmittelexperte bei der Verbraucherzentrale Hamburg, reicht das nicht aus: „Auch in Deutschland brauchen wir ein Abgabeverbot von Energy Drinks an Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Ein Warnhinweis – wie in der neuen Lebensmittel-Informationsverordnung geregelt – ist allein nicht ausreichend, um diese besondere Verbrauchergruppe zu schützen.“

Kinder und Jugendliche besonders gefährdet
Auch Kinderkardiologe Dr. Martin Hulpke-Wette hält den geplanten Hinweis auf koffeinhaltigen Produkten für unzureichend. Er behandelt in seiner Präventionspraxis für Herzkreislaufkrankheiten Kinder und Jugendliche, die Energy Drinks regelmäßig und teilweise in hohen Mengen konsumieren. Die Folgen sind Herz-Rhythmusstörungen, Bluthochdruck und Kardiomyopathie. „Das ist eine Verdickung des Herzmuskels, die unbehandelt zum Tod führen kann.“ Wie die WHO-Forscher befürchtet auch er, dass der übermäßige Verzehr von Energy Drinks zu einem großen Gesundheitsproblem werden könnte.
Energy Drinks können auch dick machen
Energy-Drinks sind oft sehr energiereich. Kein Wunder: Schließlich enthalten die meisten von ihnen so viel Zucker wie Cola. Wie auch bei anderen gesüßten Getränken besteht die Gefahr, dass durch die zusätzliche Zuckeraufnahme dem Körper mehr Kalorien zugeführt werden, als er tatsächlich benötigt. Bei Kindern und Jugendlichen, die dosenweise zulangen, erhöht sich damit das Risiko von Übergewicht. Die Stiftung Warentest rät daher, Energy Drinks, wenn überhaupt, nur in Maßen und keinesfalls als Durstlöscher zu trinken.
*) Land geändert am 09.12.2014
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- Das österreichische Unternehmen Egger Getränke ruft den Energydrink „Crazy Wolf Sugarfree 1,5l” zurück, der deutschlandweit bei Kaufland erhältlich war. Der Grund:...
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- Arzneimittel zu fälschen kann lukrativer sein als Kokain zu vertreiben. Spam-Mails für Potenzmittel fluten weltweit die elektronischen Briefkästen. Aus dubiosen...
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- Im Test gibt es viel Mittelmaß. Nur wenige Apfelsäfte sind gut – alles naturtrübe Direktsäfte. Einer ist geschmacklich top. Konzentratsaft kann da nicht mithalten.
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Die Warnung, die sie ansprechen, steht schon immer auf einer jeden Dose oder Flasche Energy-Drink. Wen interessieren Warnungen? Was Kinder zu sich nehmen, liegt in der Verantwortung der Eltern. Aber auch Eltern können nicht verhindern, dass sich Kinder tagsüber oder in Abwesenheit der Eltern ungesund ernähren oder das Rauchen anfangen oder Alkohol probieren oder manchmal schon mit 15 Nachwuchs zeugen. Eine Tasse Kaffee hat auch nur beim Blümchenkaffee lediglich 80 mg Koffein pro Tasse. Im Alltag sind es weitaus mehr. Ein Becher Kaffee, die durchaus übliche Darreichungsform, hat dann locker schon mal 120-160 mg Koffein. Und Jugendliche trinken durchaus auch Kaffee. Ist das immer gesund? Nein, ganz sicher nicht. Aber hier helfen nur Aufklärung, insbesondere durch die Eltern und Bildung. An beidem mangelt es nicht selten. Verbote erhöhen lediglich den Reiz, es auszuprobieren, bewirkt also das exakte Gegenteil.
Es wurde auch mal Zeit, dass die WHO hier ausdrücklich warnt. Ich finde die Koffeindosis in den üblichen Energy-Drinks zu hoch. Es sind 32mg pro 100ml. Viele Kinder trinken diese 0.5l-Dosen beim Sport, was eine zusätzliche Belastung für den Körper darstellt. Das sind 160mg Koffein, was ungefähr 2 starken Tassen Kaffee entspricht, dabei sollten Kinder doch nicht mal einen Schluck Kaffee trinken (ist jedenfalls meine Meinung).
Sollte es nicht endlich eine 'Bundesstelle für Risikobewertung von Nahrungs- und Genussmitteln' geben mit der StiWa und analogen Öko-Instituten im Beirat? Dem Konsumenten (und seiner Krankenkasse) muss endlich das Risiko abgenommen werden, für körperbeeinflussende Speisen und Getränke spätfolgend leiden und finanzielle Folgen tragen zu müssen, weil zumeist globale egoistische Konzerne z.B. immer noch jeden Glimmstengel, Snack oder Drink ausschließlich profitorientiert auf den Markt werfen dürfen. Der Beispiele später Schadenserkenntnisse über Alkohol, Fructose, Fette, Koffeine etc. gibt es viele. 'Naturidentische' aromatische Nussschokoladenzusätze würden mindestens zu gerechtfertigter Abwertung führen, wenn sich im Sensorik-Blindtest damit eine signifikante Geschmacksaufwertung nicht erweisen lässt, sondern der Erstkonsument (das sind oft Kinder) wie bei Zigaretten, CocaCola, Ricola... auf das vermeintliche Grundmuster industriellen Produktgeschmacks 'festgelegt' werden soll.
Lieber Henner 23 - worum soll sich sich denn Ihrer Meinung nach die Bundespolitik noch kümmern ? Schließlich gibt es auch ernst zu nehmende Fachartikel über die Technik der Analreinigung, um nur ein Beispiel zu nennen. Oder die Gefahren des Joggings, und und. Um Gottes willen, lassen wir doch die Kirche im Dorf, die Mutti bei der Familie und den Schuster bei seinen Leisten !
Mündiger Bürger? Eigene Entscheidungen treffen aufgrund guter Informationen? Das war vielleicht irgend wann mal das Ansinnen und Ziel der SW, ist es aber schon lange nicht mehr. Die SW hat das Glühlampenverbot unterstützt. Und sie unterstützt die Duschkopf-, Toilettenspülungs- und Staubsaugerverbot der EU. Mit den genannten Zielen hat dies natürlich nichts aber auch rein gar nichts zu tun. Was erwarten sie dann bei diesem Thema etwas anderes? Ich wette mit ihnen, dass die SW auch ein Verbot von Energydrinks sofort unterstützen wird. Das ist im Artikel ja bereits deutlich angedeutet. Schlimm und sehr traurig, was sich heute noch Verbraucherschutzorganisation schimpfen darf.