Mehr Durchhaltevermögen für Partynächte, mehr Höchstleistung beim Sport: Gerade junge Menschen hoffen auf den Energieschub durch Red Bull und Co. Die Stiftung Warentest hat 25 Energiegetränke untersucht. Einer der Drinks hätte nicht verkauft werden dürfen: Sein Koffeingehalt ist zu hoch. Alle anderen halten die Grenzwerte ein. Wer Energy Drinks aber dosenweise trinkt, schadet der Gesundheit. Riskant sind sie zusammen mit Alkohol oder als Sportgetränk.
Alle Testergebnisse für Energy Drinks 07/2013
Liste der 25 getesteten Produkte

Ein Markt im Aufwind
Höher, schneller, weiter. Sport ist das Marketinginstrument von Red Bull. Beim Stratosphärensprung aus 39 000 Metern Höhe prangte das Logo des österreichischen Getränkeherstellers auf dem Anzug von Felix Baumgartner. In der Formel 1 fährt Weltmeister Sebastian Vettel für das Red Bull Racing Team Siege ein. 5,2 Milliarden Dosen seiner Gummibärchenbrause hat Red Bull im vergangenen Jahr weltweit verkauft. Lange war der Marktführer konkurrenzlos. Mittlerweile gibt es Energiegetränke von internationalen Marken wie Coca Cola und PepsiCo, auch der Handel setzt mit Eigenmarken auf den Umsatzgaranten. Das Geschäft mit dem Leistungsversprechen lohnt sich: Die Zuwächse sind zweistellig. Kein anderes alkoholfreies Getränk hat beim Umsatz 2012 so stark zugelegt wie Energy Drinks. Was ist dran und drin in der vermeintlichen Powerbrause? Die Stiftung Warentest hat 24 Energy Drinks im Labor untersucht, darunter auch zuckerfreie Produkte, und zusätzlich einen Energy Shot.
Keine Wirkung ohne Nebenwirkung
Das Image der Kunstgetränke bestimmen vor allem zwei Dinge: zum einen vital klingende Namen wie „Energy Rocket“, „Flying Power“ oder „Speedstar“, zum anderen exotisch anmutende Zutaten wie Taurin, Inosit oder Glucuronolacton. Dabei gibt es keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass auch nur einer dieser Inhaltsstoffe leistungssteigernd wirkt. Den Effekt von Energy Drinks bewirken zwei altbewährte Zutaten: Zucker liefert Energie, Koffein sorgt für die Aufputschwirkung. Dessen belebende und anregende Wirkung ist belegt – das gilt aber nur für Koffein in Maßen. Im Übermaß hat es Nebenwirkungen wie Unruhe, Nervosität, Übelkeit, Schlaflosigkeit, Herzrasen. Die Gefahr der Koffein-Überdosierung durch Energy Drinks ist relativ hoch. Kinder, Schwangere, Stillende und koffeinempfindliche Menschen sollten sie ganz meiden. Auch Müdigkeit und Erschöpfung sollten mit den Getränken nicht überspielt werden. Autofahrer riskieren so, sich selbst zu überschätzen und auch andere in Gefahr zu bringen siehe "Unser Rat".
Grenzwerte meist schon eingehalten
Was einen Energy Drink ausmacht, ist erst seit 2. Juni 2013 gesetzlich geregelt. Laut Fruchtsaft- und Erfrischungsgetränkeverordnung handelt es sich um ein koffeinhaltiges Erfrischungsgetränk. Es darf maximal 320 Milligramm Koffein pro Liter enthalten. Auch für andere Zutaten gelten jetzt Höchstgehalte – für Taurin 4 000 Milligramm, für Inosit 200 Milligramm, für Glucuronolacton 2 400 Milligramm pro Liter. Halten sich die Anbieter schon daran? Eingekauft haben die Tester bereits vor dem Stichtag im Juni, doch beschlossen wurden die Höchstgehalte schon im vergangenen Jahr. Eine einjährige Übergangsfrist bot den Anbietern ausreichend Zeit, die Zusammensetzung ihrer Produkte anzupassen. Die Laboranalysen zeigen: Die Höchstgehalte werden schon jetzt größtenteils eingehalten. Bei 9 der 24 Energy Drinks haben die Tester jedoch Tauringehalte über dem Grenzwert gemessen. Kritisch für die Gesundheit ist das nicht und auch noch zulässig für solche Getränke, die vor dem Stichtag im Juni produziert wurden.
US-Drink nicht verkehrsfähig
Kritisch wird es aber bei einem zu hohen Koffeingehalt. Ein Energy Drink im Test überschreitet den Grenzwert – und zwar deutlich. Beim High Performance Energy Drink NOS haben die Tester 560 Milligramm Koffein pro Liter nachgewiesen – fast doppelt so viel wie erlaubt. Zwei Dosen dieses Energy Drinks – und Nebenwirkungen durch das Koffein sind nicht mehr auszuschließen. Außerdem enthält er als einziges Produkt im Test synthetische Azofarbstoffe: Tartrazin-Gelb (E102) und Gelborange S (E110). Werden sie verwendet, muss seit Juli 2010 laut EU-Verordnung auf der Verpackung der Warnhinweis stehen: „Kann Aktivität und Aufmerksamkeit von Kindern beeinträchtigen.“ Der findet sich aber nicht auf der Dose. Zu viel Koffein, fehlerhafte Kennzeichnung – nur mit einer Ausnahmegenehmigung wäre das Produkt aus den USA auf dem deutschen Markt verkehrsfähig siehe Interview.
Verkauf gestoppt
Der deutsche Anbieter des High Performance Energy Drink NOS, Americanfood4you, teilte mit, das Produkt nicht mehr zu importieren und zu vertreiben. Wegen der Überschreitung des Grenzwerts für Koffein habe er den Verkauf gestoppt und das Produkt zurückgerufen. Im Onlineshop des Anbieters findet es sich jedenfalls nicht mehr. Auch das Geschäft, in dem die Mitarbeiter der Stiftung Warentest den Drink gekauft hatten, bietet ihn nicht mehr an.
Gefährliche Kombinationen mit Alkohol
Zusammen mit Alkohol können Energy Drinks zum Risiko werden. So zeigte eine Studie der Universität Sao Paulo, dass Probanden nach dem Konsum von Energy Drinks und Alkohol den Grad ihrer Betrunkenheit nicht richtig einschätzten. Das kann auf dem Nachhauseweg nach der durchtanzten Disconacht fatale Folgen haben. Auch zu körperlicher Anstrengung passen Energy Drinks nicht. Mögen Red Bull und Co. auch noch so sehr bei Sportereignissen dafür werben: Energy Drinks sind keine Sportgetränke. Sie können den Flüssigkeits- und Mineralstoffverlust durch das Schwitzen nicht ausgleichen. Sie enthalten zu viel Zucker und nicht die richtige Mineralstoffmischung. Wie Cola oder andere zuckerhaltige Getränke sind auch sie hypertonisch. Als Sportgetränk ungeeignet sind sie auch, weil das Koffein harntreibend wirkt. Die Kombination der Koffeinbrausen mit Alkohol oder sportlicher Belastung kann sogar gefährliche Folgen haben. So beschreibt das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) in seiner Stellungnahme zur Bewertung von Energy Drinks aus dem Jahr 2008 Fälle von Herzrhythmusstörungen und Nierenversagen bis hin zu Todesfällen siehe Interview. Die US-amerikanische Lebensmittelbehörde FDA (Food and Drug Administration) führt Listen, die über mögliche gesundheitliche Folgen nach dem Verzehr von Energy Drinks berichten.
Koffeinhinweis ist Pflicht
Warnhinweise zu Risiken sind auf den Verpackungen aber nicht vorgeschrieben. Lediglich der Hinweis „erhöhter Koffeingehalt“ muss auf der Dose stehen – zusammen mit der konkreten Koffeinmenge in Milligramm pro 100 Milliliter. Erst ab Dezember 2014 wird der Hinweis „Für Kinder und schwangere oder stillende Frauen nicht empfohlen“ Pflicht. Warnhinweise zur kritischen Kombination mit Alkohol oder Sport sind nicht vorgesehen. Der NOS-Drink trägt als einziges Produkt im Test weder die vorgeschriebene Koffeinangabe noch zusätzliche Warnhinweise in deutscher Sprache. Erfreulich: Einige Anbieter schreiben freiwillig alle Warnhinweise auf die Verpackung. Gerade die vier Energy Drinks der Handelsmarken im Test fallen positiv auf. Aldi (Nord), Lidl, Netto Marken-Discount und Norma informieren umfangreich. Das gilt auch für die Energy Drinks Effect, Billy Boy und Take Off. Aber diese Hinweise fallen nicht ins Auge, sie stehen im Kleingedruckten unter der Zutatenliste.
Jeder Zweite trinkt sie mit Alkohol
Wie wichtig gut lesbare Warnhinweise wären, zeigt eine Studie der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa). Sie hat erstmals europaweite Daten zu den Verzehrsgewohnheiten von Energy Drinks erhoben. Mehr als 52 000 Personen aus 16 EU-Mitgliedsstaaten wurden befragt – Erwachsene, Jugendliche und Kinder. Jeder dritte Erwachsene in Europa konsumiert danach Energy Drinks, jeder zehnte sogar vier- bis fünfmal pro Woche oder öfter. Besonders beliebt sind sie aber bei den 10- bis 19-Jährigen. 68 Prozent der befragten Jugendlichen trinken die Szenebrausen, davon jeder zehnte mehrmals pro Woche. Besorgniserregend: Jeder Zweite der Erwachsenen und der Jugendlichen trinkt Energy Drinks zusammen mit Alkohol. Fast genauso viele nutzen die Kunstbrause bei sportlicher Betätigung. Der Fehlgebrauch ist also nicht die Ausnahme, sondern erschreckende Regel.
Eine ordentliche Zuckerdröhnung
Weiteres beunruhigendes Ergebnis der Studie: Selbst die unter 10-Jährigen trinken Energy Drinks, obwohl Koffein für Kinder nicht geeignet ist. Neben dem Gummibärchen-Aroma dürfte vor allem die Riesenportion Zucker die Kleinen auf den Geschmack bringen. Die meisten Energy Drinks im Test enthalten etwa so viel Zucker wie Cola. Ein Liter Cola bringt es durchschnittlich auf 106 Gramm. Die zuckerhaltigsten Energy Drinks im Test mit fast 140 Gramm Zucker pro Liter sind Rockstar von Pepsico und 28 Black der Berliner Firma Calidris.
Umgerechnet 23 Stück Würfelzucker
Die 500-Milliliter-Dose Rockstar Energy Drink von Pepsico enthält 70 Gramm Zucker – umgerechnet 23 Stück Würfelzucker. Frauen haben damit schon die für sie tolerierbare tägliche Menge Zucker überschritten – Kinder bei weitem. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) gilt die Faustformel: Maximal 10 Prozent des täglichen Energiebedarfs sollten durch Zucker gedeckt werden. Aber die Versuchung ist groß. Eisgekühlt, süß und sprudelnd verleiten die Getränke dazu, mehr zu trinken. Große Dosen oder Flaschen verführen zusätzlich. Manche Energy Drinks werden sogar in 1-Liter- oder 1,5-Liter-Flaschen angeboten. Die Prüfer haben exemplarisch den Energy Drink XL in der 1-Liter-Version in den Test einbezogen. Wer die Flasche austrinkt, nimmt 107 Gramm Zucker auf. Das entspricht fast 36 Stück Würfelzucker. Das sind 428 Kilokalorien.
Zuckerfreie Energy Drinks
Alternativ bieten die meisten Hersteller auch zuckerfreie Varianten an. Die vier Produkte im Test sind zwar aufgrund der zugesetzten Süßstoffe besser für die Figur als zuckerhaltige Drinks, Verbraucher sollten aber auch sie wegen des hohen Koffeingehalts nur in Maßen verzehren. Ob Süßstoffe oder Zucker – die Süße überspielt den bitteren Geschmack des Koffeins und – gemixt mit Wodka und Co.– auch das Kratzen des Alkohols. Nicht umsonst sind Energy Drinks in Discos und Clubs so beliebt.
Sonderfall Energy Shot
Der Exot im Testfeld ist der Energy Shot von Red Bull. Beim Shot, englisch für Schuss, handelt es sich um ein hoch konzentriertes Koffeingetränk. Die Portion ist kleiner, die Inhaltsstoffe sind höher dosiert. 1 240 Milligramm Koffein pro Liter haben die Tester im Red-Bull-Shot nachgewiesen – das Vierfache des Grenzwerts und trotzdem erlaubt. Der Grund: Energy Shots werden als Nahrungsergänzungsmittel verkauft – nicht als Erfrischungsgetränke wie Energy Drinks. So fallen sie nicht unter die Fruchtsaft- und Erfrischungsgetränkeverordnung, in der die Höchstgehalte geregelt sind. Bei Shots muss eine Verzehrsempfehlung auf der Verpackung stehen. Im Fall von Red Bull: ein Fläschchen am Tag. Diese 60-Milliliter-Portion enthält in etwa so viel Koffein wie die 250-Milliliter-Dose des Energy Drinks von Red Bull. Wer die Empfehlung nicht ernst nimmt und mehrere Shots trinkt, nimmt schnell eine große Menge an Koffein auf. Bereits 2009 bewertete das BfR Energy Shots als nicht sicher, wenn die Verzehrsempfehlung deutlich überschritten wird. Laut BfR gab es damals sieben Shots auf dem deutschen Markt. Für den Test haben die Einkäufer außer dem Produkt von Red Bull keine weiteren gefunden – weder im Handel, noch an der Tankstelle. Am Markt spielen die Energy Shots eine viel kleinere Rolle als Energy Drinks. Weniger riskant sind sie deswegen nicht.
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@Hoyer2015: Süßstoffe stehen wissenschaftlich immer wieder auf dem Prüfstand. Sie gehören zu den Lebensmittelzusatzstoffen und müssen – wie andere Zusatzstoffe auch – zugelassen sein. In der EU sind derzeit 11 Süßstoffe zugelassen. Sie wurden durch internationale Expertengremien gesundheitlich bewertet und dürfen Lebensmitteln in bis zu den jeweils festgelegten Mengen zugesetzt werden. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) hält die Süßstoffe dann für sicher. Energy Drinks sind keine Durstlöscher- weder in der zuckerfreien noch in der zuckerhaltigen Variante und sollten aufgrund ihres Koffeingehalts nur gelegentlich und in Maaßen getrunken werden. Menschen mit der Stoffwechselkrankheit Phenylketonurie sollten kein Aspartam verzehren – ein entsprechender Warnhinweis für diese Risikogruppe ist auf aspartamhaltigen Lebensmitteln Pflicht. (PF)
Wir halten also das Fazit fest: die zuckerhaltigen Energydrinks haben viel zu viel Zucker und alle haben viel Koffein.
--> heißt das im Umkehrschluss: eine Dose zuckerfreier Energydrink pro Tag ist unbedenklich? (Dass z. B. die Süßstoffe bedenklich wären, lese ich nicht...?)
Kommentar vom Autor gelöscht.
@Sapanep: Wir freuen uns über Ihre positive Einschätzung unserer Arbeit. Es freut uns sehr, dass Ihnen unsere Veröffentlichungen gefallen und wir Ihnen durch unsere Informationen weiterhelfen können. Solches Lob ist uns Ansporn, auch in Zukunft informative und spannende Veröffentlichungen durchzuführen. Ihren Testvorschlag haben wir mit Interesse zur Kenntnis genommen und an unser für die Testplanung zuständiges Gremium, das Untersuchungswünsche unserer Leser registriert, weitergeleitet.
Ob und wann eine entsprechende Veröffentlichung durchgeführt wird, lässt sich momentan allerdings noch nicht übersehen, da die Testauswahl und Terminplanung bis einschließlich Ende 2016 abgeschlossen ist. (SL)
Da ja immer mehr auf die "gesündere Energy-Drinks"-Schiene aufspringen, wäre es bestimmt interessant mal zu wissen wie sich die ganzen neuen Énergys machen. Beispiele hab ich hier schon mal: Rockstar Organic, Jeunesse Nevo, Mad Bat Bio, Sultan Power Drink, Vemma Verve, Monster Energy Ultra.
Da gibt es sicher noch mehr aber bei denen allen wäre ich auch mal an den Tests interessiert!
Vielen Dank.
P.S. der aktuelle Cola-Test hat mir übrigens auch wieder einmal sehr gut gefallen!