
Der Bundesgerichtshof hat eine wichtige Entscheidung zugunsten von Kindern gefällt, die vom Sozialamt zum Unterhalt für ihre im Altersheim lebenden Eltern herangezogen werden. Die Sozialbehörden dürfen weder auf eine angemessene privaten Altersvorsorge noch auf eine angemessene von den Kindern selbst bewohnte Immobilie zugreifen.
Kein Hausverkauf für Pflegekosten der Eltern
Können Eltern ihren Aufenthalt in einem Pflegeheim nicht mehr aus eigenem Einkommen oder Vermögen finanzieren, springt oft zunächst das Sozialamt ein und versucht, sich anschließend das Geld bei den Kindern wiederzuholen. Verdienen die Kinder nur wenig, gerät auch deren angespartes Vermögen in den Blick der Sozialbehörden. Doch der Bundesgerichtshof (BGH) hat den Zugriff auf das Vermögen unterhaltspflichtiger Kinder beschränkt. Bereits 2006 entschied der BGH, dass das private Vermögen von Kindern im Umfang von 5 Prozent des aktuellen Bruttomonatslohns hochgerechnet auf die bisher absolvierten Berufsjahre, plus Zinsen, als Schonvermögen gilt. Nun sagen die Bundesrichter, dass zusätzlich auch eine „angemessene selbst genutzte Immobilie“ nicht für Unterhaltszahlungen an die Eltern eingesetzt werden muss.
57-jähriger Sohn darf Dreizimmerwohnung behalten
Der BGH-Entscheidung lag der Fall des 57-jährigen Fürthers Antonino Bonni zugrunde. Seine Mutter hatte zwischen 2008 und 2011 Sozialhilfe im Städtischen Altenpflegeheim bezogen. Der Bezirk Mittelfranken hatte von ihm mehrere Tausend Euro Unterhalt für die pflegebedürftige Frau verlangt. Sein monatliches Nettoeinkommen lag jedoch unterhalb der Summe, die einem unterhaltspflichtigen Kind mindestens verbleiben muss (Selbstbehalt). Der Selbstbehalt lag damals bei 1400 Euro, seit 2013 liegt er bei 1600 Euro pro Monat. Daher versuchte die Behörde auf das Bonnis Vermögen zuzugreifen. Dieses bestand unter anderem aus zwei Lebensversicherungen und Guthaben auf einem Sparkonto. Zudem besitzt der Fürther eine Dreizimmerwohnung, in der er selbst lebt. Die Vorinstanz, das Oberlandesgericht Nürnberg, hatte Bonni insgesamt eine Altersvorsorge in Höhe von 105 000 Euro zugestanden. Vor dem Bundesgerichtshof wurde nun darum gestritten, ob der Wert des Eigenheims in Höhe von 115 000 Euro von dieser Summe abzuziehen oder extra geschützt ist.
Eigenheim ist Schonvermögen
Der BGH entschied: eine selbst bewohnte Immobilie ist zusätzliches Schonvermögen. Damit hat sich die rechtliche Situation von solchen unterhaltspflichtigen Kindern erheblich verbessert, die beides haben: Geldanlagen als Altersvorsorge plus Eigenheim. Allerdings ist eine Immobilie nur dann geschützt, wenn sie „angemessen“ ist. Welcher Immobilienwert noch angemessen ist, hängt vom Einzelfall, insbesondere vom bisherigen Lebensstandard des unterhaltspflichtigen Kindes ab. Da nach einem Grundsatzurteil des BGH aus dem Jahr 2002 der Lebensstandard unterhaltspflichtiger Kinder nicht nachhaltig leiden soll (Az. XII ZR 266/99), werden auch große Immobilien bis zur Luxusgrenze geschützt sein. Am Wert der Immobilie von Antonino Bonni in Höhe von 115 000 Euro hatte der BGH jedenfalls nichts auszusetzen.
Wohnwert im Eigenheim gilt als Einkommen
Allerdings müssen sich Immobilienbesitzer für das selbst genutzte Eigenheim einen Wohnvorteil als Einkommen anrechnen lassen. Im Einzelfall kann dieser Umstand dazu führen, dass ein Wenigverdiener wegen eines eigenes Häuschens Unterhalt für seine Eltern aus seinem monatlichen Einkommen zahlen muss. Im Fall Bonni muss das Oberlandesgericht Nürnberg das anrechenbaren Einkommen nun noch einmal neu ausrechnen. Der BGH sah Fehler in der bisherigen Berechnung und verwies den Fall nach Nürnberg zurück. Bonnis Anwalt Michael Baczko aus Erlangen geht allerdings davon aus, dass die Neuberechnung nicht zu Ungunsten seines Mandanten ausfällt und Bonni aus seinem Monatseinkommen doch noch Unterhalt zahlen muss. Im Gegenteil, die Neuberechnung könnte noch besser für ihn ausfallen: In seiner jetzigen Entscheidung hat der BGH noch einmal bekräftigt, dass Kinder ihre Ausgaben für die Besuchsfahrten zum Pflegeheim der Eltern vom einzusetzenden Einkommen abziehen dürfen. Den Abzug dieser Kosten – 67,20 Euro monatlich im Fall Bonni – hat das Sozialamt bislang verweigert.
Eltern können mit Pflegetagegeldversicherung vorsorgen
Das Thema Elternunterhalt beschäftigt viele Menschen. Meldet sich das Sozialamt bei den Kindern wegen möglicher Unterhaltszahlungen, bricht in den Familien oftmals Panik aus. Nicht selten kommt es zu Streit zwischen den unterhaltspflichtigen Kindern und deren Partnern, sowie unter den unterhaltspflichtigen Geschwistern. Nicht selten ist die Angst aber unbegründet, weil die Rechtsprechung schon viele Urteile gefällt hat, um Kinder vor einer finanziellen Überforderung zu schützen. test.de klärt viele wichtigen Fragen, etwa wie sich die Höhe des Elternunterhalts im Einzelfall errechnen lässt, ob der Ehepartner des unterhaltspflichtigen Kindes auch zu Unterhalt herangezogen werden kann und wie sich die Unterhaltslast zwischen mehreren Kindern verteilt. Eltern, die sich für den Pflegefall finanziell absichern wollen, können dies etwa mit einer Pflegetagegeldversicherung tun. Mithilfe des Vergleichs Pflegezusatzversicherungen finden Sie eine geeignetes Produkt.