Am Donnerstag, 24. April 2014, jährt sich ein trauriges Ereignis: Vor einem Jahr stürzte in Sabhar, Bangladesch, das Rana-Plaza-Gebäude ein. In dem baufälligen Hochhaus waren viele Nähfabriken untergebracht, die auch für westliche Modefirmen T-Shirts, Jeans und Hemden schneiderten. Mehr als 1 130 Menschen kamen ums Leben, überwiegend Textilarbeiterinnen. test hat 27 Modefirmen gefragt, was sie seitdem für die Opfer von Rana Plaza getan haben. Die Antworten zeichnen ein trauriges Bild.
Entschädigungsfonds ist noch enttäuschend leer
Im Januar 2014 wurde auf Initiative von Gewerkschaften und der Clean Clothes Campaign, einem Bündnis von Nichtregierungsorganisationen, ein Entschädigungsfonds unter Aufsicht der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) eingerichtet. Unternehmen sind aufgerufen, freiwillig in den Fonds einzuzahlen. Umgerechnet mindestens 29 Millionen Euro werden benötigt, um Kosten für medizinische Hilfe und Lohnausfälle an die Verletzten und Hinterbliebenen zu bezahlen. Noch ist der Fonds allerdings enttäuschend leer: Knapp 5 Millionen Euro sind bislang zusammengekommen. Die Bekleidungsfirma Primark zumindest hat weitere 6,5 Millionen Euro an langfristiger Unterstützung für jene Beschäftigten zugesagt, die für Primark im Rana Plaza Gebäude gearbeitet hatten.
Clean Clothes Campaignwww.cleanclothes.org, www.saubere-kleidung.de, www.inkota.de
Nur 5 von 27 befragten Firmen zahlten in den Hilfsfonds ein
Nur 5 der 27 jetzt von test befragten Firmen gaben an, Geld an den Fonds überwiesen zu haben: C & A zahlte 500 000 Euro, Kik 360 000 Euro und Primark 725 000 Euro. Inditex (Zara) und Mango haben zwar eingezahlt, nennen aber keine Summe. Adler Modemärkte und Benetton wollen nichts zahlen, obwohl sie wie C & A, Kik, Mango und Primark einräumen, dass in Rana Plaza für sie gearbeitet wurde. Adler teilte zudem mit, die Kleidung sei ohne ihr Wissen und ohne ihre Erlaubnis von einem Subunternehmer dort produziert worden. Benetton gab an, die Geschäftsbeziehung bereits vor dem Einsturz beendet zu haben und mit der bangladeschischen Nichtregierungsorganisation BRAC zusammenzuarbeiten, um den Opfern von Rana Plaza Hilfe zukommen zu lassen. Die meisten anderen Unternehmen verweigern sich mit dem Argument, keine Textilien aus Rana Plaza bezogen zu haben. Acht Firmen haben in der Frist von mindestens neun Tagen nicht geantwortet, auch nicht in den weiteren Wochen bis Redaktionsschluss. Darunter: die deutschen Firmen Peek & Cloppenburg Düsseldorf und NKD sowie die großen Jeans-Marken Lee, Levi’s und Wrangler. Laut Clean Clothes Campaign hat NKD auch in Rana Plaza fertigen lassen. Alle Details zu den Auskünften der Firmen zeigt die Tabelle So hat die Bekleidungsbranche geantwortet.
Tipp: Alles Tests der Stiftung Warentest zum Thema Unternehmensverantwortung finden Sie auf der Themenseite Unternehmensverantwortung/CSR.
Wenig Unterzeichner beim Brandschutz-Abkommen
Nur elf der befragten Firmen haben das Abkommen für Brand- und Gebäudeschutz in Bangladesch unterzeichnet, das im Mai 2013 auf den Weg gebracht wurde. Das auf fünf Jahre angelegte Abkommen verpflichtet Unternehmen, alle ihre Nähfabriken für Inspektionen zu öffnen und Renovierungen zu zahlen. Beschäftigte erhalten das Recht, die Arbeit in unsicheren Fabriken zu verweigern. Die Liste der gemeldeten Produktionsstätten ist unter www.bangladeshaccord.org/factories/ veröffentlicht. Bislang sind 10 von 1 619 gemeldeten Fabriken inspiziert worden. Schätzungsweise mehr als 5 000 Nähfabriken gibt es in Bangladesch, die genaue Zahl ist nicht bekannt. Insgesamt sind dem Abkommen bislang rund 150 Textilunternehmen aus 20 Ländern beigetreten. Die von test befragten Firmen, die dem Abkommen nicht beigetreten sind, schrieben meist, sie wollen lieber ihre eigenen Wege gehen, um die Arbeitsbedingungen bei ihren Lieferanten zu verbessern.
Rana Plaza nur ein trauriger Höhepunkt
Der Einsturz des Rana Plaza war der traurige Höhepunkt einer Reihe von Katastrophen in den Textilfabriken Bangladeschs. Immer wieder werden Beschäftigte gezwungen, in maroden Fabrikgebäuden zu arbeiten. Fluchtwege sind oft versperrt. So verloren nur wenige Monate vor Rana Plaza mindestens 112 Menschen ihr Leben, als im November 2012 die Textilfabrik Tazreen Fashion in Dhaka abbrannte. Bis zu 300 Menschen wurden teilweise schwer verletzt. Zwei der befragten Unternehmen – C & A und Kik – ließen auch in der Nähfabrik Tazreen Fashion Kleidung fertigen. Für die Opfer von Tazreen Fashion gibt es keinen Treuhand-Fonds. C&A teilte als einziges der befragten Unternehmen mit, Geld an die betroffenen Familien gezahlt zu haben, umgerechnet rund 270 000 Euro.
Umsätze der deutschen Bekleidungsindustrie wachsen
Bangladesch ist für die Textilbranche ein wichtiger Markt. Fast alle befragten Unternehmen, die geantwortet haben, teilten mit, dass sie in dem südasiatischen Land Kleidung fertigen lassen. C & A, Takko und Tom Tailor Group beziehen nach eigenen Angaben rund 30 Prozent ihrer Waren aus Bangladesch, Kik rund 23 Prozent, Adler Modemärkte rund 21 Prozent. Hergestellt werden dort vor allem T-Shirts, Sweatshirts, Hemden, Pullover und Jeans. Nach China ist Bangladesch für deutsche Modefirmen mittlerweile das zweitwichtigste Importland, wie der GermanFashion Modeverband Deutschland mitteilt. Die Importe aus Bangladesch stiegen demnach in 2013 um 10 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Laut Verband erwirtschaftete die deutsche Bekleidungsindustrie 2013 einen Umsatz von 12 Milliarden Euro. Das sind 2,4 Prozent mehr als 2012. Für das Jahr 2014 rechnet die Branche mit einem weiteren Umsatzplus von 3,75 Prozent.
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Tauschhandel und der Kauf im Weltladen oder bei der in Deutschland herstellenden Trigema helfen den Menschen und setzen Zeichen.
Kritische Fragen bei jedem Kauf stärken auch bei Herstellern das Bewusstsein.
Ich werde zumindest zwei Firmen,-ADLER UND BENETTON;- beim Kauf
Boykottieren.Es wäre wünschenswert,wenn noch mehrere Leser diesem
Boykott folgen würden!
Bei welchen Kleidungsmarken kann ich mir sicher sein, dass keine Menschen ausgebeutet werden?
Erfreulich, dass test sich zunehmend für CSR einsetzt,
auch wenn die Ergebnisse (noch) wenig erfreulich sind!