
Das Umweltbundesamt warnt, dass sich neue Solaranlagen bald nicht mehr rentieren könnten. Finanztest-Experte Jörg Sahr erklärt, für wen sich Photovoltaik noch lohnt.
Einspeisevergütung
Für den Solarstrom, den eine Photovoltaikanlage ins Netz einspeist, erhält der Betreiber Geld – die Einspeisevergütung. Weil diese künftig geringer ausfällt, schlägt das Umweltbundesamt Alarm. Betreiber von Anlagen, die 2022 in Betrieb gehen, bekommen nur noch knapp 7 Cent pro Kilowattstunde. Das sind rund 16 Prozent weniger als noch vor einem Jahr.

Je mehr Anlagen, desto weniger Vergütung
Warum sinkt die Einspeisevergütung so stark?
Das liegt an der sogenannten Degression, die im Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) festgelegt wurde. Sie besagt, dass die Einspeisevergütung für neue Anlagen mit jedem Monat weiter sinkt. Wie stark, hängt von der Gesamtleistung der Solaranlagen ab, die jeweils in den letzten drei Monaten neu installiert wurden: Je mehr Anlagen ans Netz gehen, umso stärker sinkt die Einspeisevergütung. Zurzeit liegt die monatliche Degression bei 1,4 Prozent.
Betrifft das auch bestehende Anlagen?
Nein. Die Einspeisevergütung richtet sich nach dem Monat, in dem eine Anlage in Betrieb gegangen ist. Sie bleibt dann fest in dem Jahr der Inbetriebnahme sowie für die 20 Folgejahre. Die Senkung der Einspeisevergütung betrifft daher immer nur Anlagen, die neu installiert werden. Für neue Anlagen ist die Lage anders.
Anlagen mit geringem Eigenverbrauch unrentabel
Warnt das Umweltbundesamt also zu Recht, dass sie sich bald nicht mehr rechnen könnten?
Ja – falls die Einspeisevergütung weiter in diesem Tempo sinkt und die Anlagen nicht günstiger werden. Allein mit der Einspeisevergütung sind kleinere Photovoltaik-Anlagen schon seit geraumer Zeit nicht mehr wirtschaftlich: Die Kosten für die Produktion des Stroms liegen bei klassischen Aufdachanlagen derzeit bei etwa 8 bis 11 Cent pro Kilowattstunde – das ist mehr als die Einspeisevergütung für neue Anlagen bringt.
Neuere Photovoltaik-Anlagen lohnen sich daher nur, wenn man möglichst viel Solarstrom selbst verbraucht. Weil das aber nur begrenzt möglich ist, bleibt die Einspeisevergütung für den wirtschaftlichen Betrieb von PV-Anlagen wichtig. Sinkt sie zu stark, werden vor allem Anlagen mit geringem Eigenverbrauch unrentabel.
Durch Selbstverbrauch lässt sich finanziell also am meisten aus einer PV-Anlage rausholen – egal ob sie neu in Betrieb oder schon lange auf dem Dach ist?
Nicht immer. Für viele Altanlagen bekommen die Eigentümer noch hohe Einspeisevergütungen von teilweise über 30 Cent pro Kilowattstunde. Dann lohnt der Umstieg auf Eigenverbrauch nicht, zumal die Anlagen dafür in der Regel noch umgerüstet werden müssten. Bei neueren Anlagen ist es aber eindeutig: Je mehr man selbst verbraucht, umso eher rentiert sich die Anlage. „Gekaufter“ Strom kostet momentan 30 Cent und mehr, da ist der selbst erzeugte Strom viel günstiger.
Allerdings kann man bei Anlagen ohne teuren Batteriespeicher meist nicht mehr als 20 bis 30 Prozent des produzierten Stroms selbst nutzen, weil die Anlage nachts gar keinen und in den Wintermonaten nur wenig Strom erzeugt.
Photovoltaik: So hilft die Stiftung Warentest
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Stromverbrauch intelligent steuern
Wie lässt sich der Anteil des selbst genutzten Stroms vergrößern?
Man sollte versuchen, seinen Strom möglichst tagsüber zu verbrauchen: beispielsweise Wäsche tagsüber waschen und trocknen, das Elektroauto laden. Oder – wenn man nicht zu Hause ist – das über Zeitschaltuhren oder smarte Geräte und Apps steuern, die sich teilweise sogar nach der aktuellen Sonneneinstrahlung richten.
Wie passt die sinkende Vergütung denn mit dem Ziel zusammen, zunehmend auf erneuerbare Energien zu setzen?
Gar nicht. Die aktuellen Regelungen basieren noch auf den wenig ehrgeizigen Ausbauplänen der alten Bundesregierung. Zu den neuen Ausbauzielen der Ampel-Koalition passt das nicht mehr. Nach der derzeitigen Logik würde die Einspeisevergütung bei einem stärkeren Ausbau der Photovoltaik noch stärker sinken als bisher. Dann wäre der Punkt schnell erreicht, ab dem sich die Anlagen für die Betreiber nicht mehr lohnen. So wären die Ausbauziele kaum erreichbar.
Im Koalitionsvertrag ist deshalb vereinbart, dass die Vergütungssätze für PV-Anlagen an die erhöhten Ausbauziele angepasst werden. Wie und wann das umgesetzt wird, wissen wir noch nicht. Zumindest die Ausbauzahlen, ab denen die Vergütung sinkt oder steigt, werden wahrscheinlich deutlich geändert.
Ordentliche Renditen sind immer noch drin
Lohnt es sich also mit einer neuen Anlage auf politische Veränderungen zu warten?
Man kann natürlich auch auf eine Erhöhung der Vergütungssätze hoffen. Abwarten ist aber nicht risikolos. Solange sich nichts ändert, sinkt die Einspeisevergütung mit jedem Monat, den die Anlage später ans Netz geht. Wer ein halbes Jahr wartet, bekäme dann die nächsten 20 Jahre 8,4 Prozent weniger Einspeisevergütung als heute.
Derzeit ist es noch so, dass sich die Installation einer PV-Anlage für Hauseigentümer in aller Regel rechnet, weil die Vorteile durch den Eigenverbrauch die Nachteile bei der Netzeinspeisung mehr als kompensieren. Wenn das Dach geeignet ist und der Preis der Anlage stimmt, sind auch bei vorsichtiger Kalkulation langfristig Renditen von mehr als 3 bis 4 Prozent drin. In Zeiten, in denen Banken Negativzinsen auf Guthaben kassieren, ist das sicher keine schlechte Investition.
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@Horst111: In unserem aktuellen Artikel zum Photovoltaikanlagen
www.test.de/Solaranlage-Gute-Renditen-sind-moeglich-und-so-gehts-5250676-0
schreiben wir: „Moderne Lithium-Ionen-Batterien brauchen so gut wie keine Wartung. Es kommt allerdings weniger Strom aus dem Speicher heraus als hineinfließt, weil bei der Speicherung Energie verloren geht und die Akkus selbst Strom verbrauchen.“
Nach unserer Auffassung hat dies keinen Einfluss auf die Berechnung der Umsatz- und Einkommensteuer auf den selbstgenutzten Strom. Denn letztlich wird der gesamte Strom, der in den Speicher fließt, für private (unternehmensfremde) Zwecke entnommen, auch wenn er nicht vollständig in der Steckdose ankommt.
Uns ist nicht bekannt, dass Finanzämter hier einen Abschlag von 10 Prozent akzeptieren. Falls Sie (oder andere Leser) andere Informationen haben, wären wir Ihnen sehr dankbar, wenn Sie uns die Quelle nennen könnten.
Bisher habe ich die "Gesamterzeugung" der PV-Anlage (mit Speicher) um die "Einspeisemenge" gekürzt und habe so den "Selbstverbrauchten Strom" ermittelt. Jetzt habe ich erfahren, dass auch der installiert PV-Speicher Strom verbraucht. In ihren Artikeln habe ich davon bisher nichts gelesen. Aussage ist man kann vom "Selbstverbrauchten Strom" pauschal 10% abziehen (Eigenverbrauch PV-Speicher) und dies sowohl bei der Umsatzsteuer als auch bei der EÜR berücksichtigen. Ist diese Aussage korrekt?
@ingrid29: Wir haben die Mittel und Maßnahmen zur Abwehr von Marderbissen noch nicht getestet. Gern leite ich Ihre Frage im Haus zur Anregung weiter.
Die Gefahr von Marderbissschäden kann durch Maßnahmen beim Anbau der Anlage bereits eingeschränkt werden. Neben einer fachgerechten Befestigung der Kabel und der Verwendung von bisssichere Kabeln oder die Verlegung der Kabel in einem Kabelkanal kommt dem mechanischen Schutz zur Verhinderung des Zuganges zur Anlage zwischen Dach und Panel eine besondere Bedeutung zu. Drahtgitter, mechanische Sperren an den Fallrohren der Dachrinne, u.a. mechanische Barrieren sollten beim Schutzkonzept mit angedacht werden.
Kommt es trotzdem zum Marderbiss, sollte eine gute Photovoltaikversicherung für den Ersatz des Schadens sorgen:
www.test.de/Photovoltaikversicherung-Guten-Schutz-gibt-es-fuer-unter-100-Euro-im-Jahr-5138152-5138160/
Nicht nur Schäden durch Marderbisse sollte die Police mit abdecken, sondern auch Bissschäden anderer Tiere.
Wir haben uns schon mit dem Gedanken beschäftigt eine Photovoltaikanlage auf das Dach unseres Hauses bauen zu lassen. Rendite steht nicht im Vordergrund. Uns geht es um die Versorgungssicherheit bei einem Blackout und um einen Beitrag zum Klima.
Die Berichte sind sehr informativ. Ein Antwort hätten wir aber gern, welche Kosten auf uns zukommen, wenn sich ein Marder unterhalb der Solarmodule einnistet. Marder lieben unser Wohngebiet. Gibt es schon Bekämpfungsmöglichkeiten, ohne die Module abzubauen?
Gibt es Erfahrungswerte über die Kosten? Unsere Wohngebäudeversicherung sagt, sie versichere nur bis max. 500 €.