Einkauf im Internet Rück­läufer als Neuware

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Einkauf im Internet - Rück­läufer als Neuware

Jeder siebte Kunde schickt online gekaufte Elektronik zurück, bei Kleidung beträgt die Quote sogar fast 29 Prozent. Was für die Rück­sender bequem ist, hat mitunter aber für andere Kunden Folgen: Sie bekommen die Rück­läufer als Neuware zuge­schickt. Viel tun können die Kunden in so einem Fall aber nicht.

Rück­sendung binnen 14 Tage möglich

Was Finanztest-Leserin Laura do Cousta erlebt hat, dürfte dem einen oder anderen Online-Shopper bekannt vorkommen: Nach der Bestellung bekam sie zwar auch umge­hend ein Päck­chen vom Onlineshop. Doch sie musste fest­stellen, dass die Verpackung ihrer neuen Kamera nicht verschweißt, der Karton einge­drückt und das Styropor gerissen war. Nach dem Einschalten des Geräts war der Fall klar: Im Speicher fand die Kundin Fotos eines Vorgartens – offen­bar hatte jemand die Kamera schon einmal bei sich zuhause ausprobiert.

Jedes siebte Gerät geht zurück

Die Berlinerin hat einen Rück­läufer erwischt. So nennen Händler Ware, die Kunden zurück­geschickt haben: Im Versand­handel dürfen Kunden binnen 14 Tagen vom Kauf zurück­treten. Wenn sie den Artikel nur geprüft haben, wie es auch in einem Laden ginge, muss der Händler den Preis erstatten. Solche Rück­läufer sind keineswegs selten. Eine Umfrage vom Anbieter des Online-Gütesiegels „Trusted Shops“ und dem Industrie- und Handels­kammertag ergab, dass 2010 jeder siebte Kunde die im Internet gekaufte Elektronik zurück­schickte, bei Kleidung gingen sogar fast 29 Prozent retour. Viele Händler kontrollieren dann bloß die Verpackung und verkaufen die Sachen erneut. Nur wenige kenn­zeichnen dies. „Retourware, Verpackung geöffnet“ heißt es dann, oder „Nur einmal ausgepackt, nicht benutzt“ – oft mit dem Hinweis „Zustand neu“. Eher selten sind Läden, die darauf Preis­nach­lass geben.

Tipp: Es gibt allerdings Shops, die sich auf den Verkauf sogenannter B-Ware spezialisiert haben und die Ware mit Preis­nach­lass verkaufen. Als Kunden sollten Sie aber Ihre Rechte kennen, wenn Sie in diesen Shops kaufen.

Prüfen ja, benutzen nein

Aber ist so etwas wirk­lich Neuware? Es kommt darauf an. „Wenn der vorherige Käufer das Gerät nur geprüft hat, bleibt es neu“, erklärt die Juristin Helga Zander-Hayat von der Verbraucherzentrale Nord­rhein-West­falen, „Finger­abdrücke ändern daran nichts, auch nicht ein paar Probefotos auf der Speicherkarte.“ Gerichte haben sich bisher kaum mit dem Thema befasst. Das Amts­gericht Rotenburg an der Wümme ließ einen Käufer abblitzen, der auf seinem neuen Handy das E-Mail-Konto eines Fremden fand. Das allein reiche nicht, um aus einem Neugerät ein gebrauchtes zu machen. Denn ein Handy könne man nicht sinn­voll prüfen, ohne auch mal Daten einzugeben (Az. 5 C 350/07).

Zustand der Verpackung ist unerheblich

Auch wenn die Verpackung nicht mehr original ist, macht das nichts. Gerichte gehen meist davon aus, dass nur die Ware Objekt des Kaufs ist, nicht die Verpackung. Das Ober­landes­gericht Hamm sieht sie nur als Schutz vor Trans­port­schäden (Az. 11 U 102/04). Ob ein Gerät neu ist, hängt nicht von der Verpackung ab. Bei der Kundin Laura do Cousta bleibt dennoch ein ungutes Gefühl. Schließ­lich weiß sie nicht, wie der vorherige Käufer mit ihrem Gerät umge­gangen ist. Es kann zum Beispiel vom Tisch gefallen sein, was womöglich erst nach Ablauf der Garantie zu einem Defekt führt. Ähnliche Bedenken hatte der Handykäufer in Rotenburg. Doch seine Befürchtungen halfen ihm vor Gericht nicht. Vergebens hatte er argumentiert, das Telefon könne zum Beispiel einen Virus abbe­kommen haben.

Beim Laden­kauf drohen ähnliche Probleme

Wer auf keinen Fall Retourware will, müsste schon beim Kauf auf werks­versiegelter Neuware in Original­verpackung bestehen. Nur noch direkt im Laden zu kaufen, ist hingegen keine Lösung. Denn auch viele Läden nehmen Waren zurück. Anders als die Internethändler müssen sie das zwar nicht, tun es aber aus Kulanz. Die Retouren wandern dann säuberlich verpackt als Neuware zurück ins Regal. Darunter kann auch ein repariertes Gerät sein, das der Hersteller wieder original verpackt hat. Der Laden­kunde, der so einen Rück­läufer erwischt, steht sogar schlechter da. Denn er ist auf Kulanz angewiesen, wenn er die Ware zurück­geben will. Der Internet­kunde hingegen kann sein 14-tägiges Widerrufs­recht nutzen: Wenn ihm die Ware nicht astrein vorkommt, kann er sie einfach zurück­schi­cken.

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h.s am 31.01.2016 um 20:58 Uhr
Beweislast

Vielen Dank für die hilfreiche Antwort! Schöne Grüße!

Profilbild Stiftung_Warentest am 29.01.2016 um 10:29 Uhr
Widerrufsrecht

@h.s.:„Wertersatz hat der Kunde nach einem Widerruf nur dann zu leisten, wenn „der Wertverlust auf einen Umgang mit den Waren zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise der Waren nicht notwendig war” (Paragraf 357 Absatz 7 des Bürgerlichen Gesetzbuches). Das bedeutet: Entstehen durch das Prüfen der bestellten Ware Gebrauchspuren (etwa durch das Aufbauen eines Möbelstücks), muss der Kunde den dadurch entstandenen Wertverlust NICHT ersetzen. Etwas anderes gilt, wenn der Kunde bei der Nutzung über die Prüfung hinausging (etwa Gebrauchsspuren durch Tragen eines Kommunionkleides während der gesamten Feier). Die Höhe des möglichen Wertersatz ist für jeden Artikel einzeln zu bestimmen. Es gibt keine festen Pauschalen. Streiten sich Verkäufer und Käufer, ob eine Wertverlust durch eine zulässige Prüfungshandlung oder durch eine Nutzung darüber hinaus entstanden ist, hat der Verkäufer die Beweislast. Er muss erstens konkrete Belege dafür vorlegen, dass tatsächlich ein Wertverlust entstanden ist und zweitens nachweisen, dass die Art und Weise der Nutzung durch den Kunden über eine zulässige Prüfung des Ware hinausging.“ (AK)

h.s am 27.01.2016 um 22:21 Uhr
Neues Widerrufsrecht

Guten Tag,
mit Umsetzung der Europäischen Verbraucherrechterichtlinie 2011/83/EU am 13. Juni 2014 entfiel das Rückgaberecht. Meine Frage ist, inwiefern sich nun die Lage ändert, wenn man B-Ware erhält. Schließlich gibt es eine Wertersatzpflicht, wenn der Wert durch die Ingebrauchnahme durch den Käufer reduziert wurde. Meine Frage ist, was geschieht wenn ein Verkäufer behauptet, A-Ware geliefert zu haben (obwohl dies nicht der Fall war), und aufgrund des vorliegenden B-Zustandes einen Wertersatz vom Widerrufenden verlangt.
Vielen Dank!
Schöne Grüße

h.s am 27.01.2016 um 22:20 Uhr

Kommentar vom Autor gelöscht.