
Für tausende Hobbyverkäufer im Internet wird es brenzlig. Nach einem aktuellen Urteil des Bundesfinanzhofs müssen Verkaufsportale wie Ebay und Amazon den Steuerfahndern detaillierte Auskünfte geben. Nicht nur professionelle Händler sind betroffen, sondern auch Privatverkäufer, die gelegentlich persönliche Gegenstände anbieten. test.de erklärt, wann es nur ein harmloser Privatverkauf ist und wann das Finanzamt sich einschaltet.
Alle Verkäufe auflisten

Allein Ebay nutzen 5,4 Millionen Menschen, um Privates profitabel zu verticken. Alle 13 Sekunden wird eine DVD verkauft, alle 20 Sekunden ein Handy und jede Minute eine Digitalkamera. Sogar der alte VW-Golf von Ex-Papst Benedikt XVI fand für fast 190 000 Euro einen neuen Eigentümer. Machen Onlineverkäufer steuerpflichtige Gewinne, kann das Finanzamt das nun leicht nachvollziehen. Neben Name, Anschrift und Bankverbindung müssen die Portalbetreiber alle Verkäufe auflisten.
„Letztes Wort noch nicht gesprochen“
Amazon-Marketplace hatte sich zunächst geweigert, Auskünfte über Verkäufer zu geben, die in den Jahren 2007 bis 2009 Waren für mehr als 17 500 Euro im Jahr verkauft hatten. Doch nach dem BFH-Urteil müssen die Portalbetreiber die Daten herausrücken, selbst wenn der Server im Ausland steht oder sie sich zur Geheimhaltung der Daten verpflichtet haben. Das Finanzgericht Niedersachsen muss deshalb den Amazon-Fall neu aufrollen (BFH, Az. II R 15/12). Das letzte Wort ist aber noch nicht gesprochen, meint Dirk Beyer, Fachanwalt für Steuerrecht aus Köln. Es sei offen, ob diese umfassende steuerliche Überwachung vom Gesetzgeber gewollt sei.
Auskünfte auf Knopfdruck
Auf Knopfdruck sind Auskünfte flächendeckend möglich. Neben Ebay und Amazon durchleuchten die Beamten auch Mobile.de, Autoscout24.de und My-hammer.de nach Steuersündern. Genauso suchen sie nach Geldanlegern, die über Smava.de und über Auxmoney.com Zinsen für Privatkredite kassieren, ohne sie später zu versteuern.
Antwort auf wichtige Fragen
Wie erfährt das Finanzamt, dass ich online verkaufe?
Seit Jahren durchforsten die Beamten des Bundeszentralamts für Steuern mit der Suchmaschine XPider das Netz nach etablierten Händlern, Existenzgründern und Privatleuten, die im großen Stil am Finanzamt vorbei kassieren. XPider fischt heraus, wer über längere Zeit viel verkauft oder größere Posten Neuware anbietet und stellt automatisch Querverbindungen zu den Daten der Behörde her. So können die Beamten leicht konkret nachforschen.
Selbst ein Pseudonym bewahrt niemanden vor der Enttarnung. So flog ein Ehepaar aus Baden-Württemberg auf, das in dreieinhalb Jahren mehr als 1 200 gesammelte Dinge über Ebay verkaufte und zwischen 20 000 und 35 000 Euro Erlös pro Jahr erzielte. Es musste über 11 000 Euro Umsatzsteuer nachzahlen (BFH, Az. V R 2/11).
Pech hat, wer über Jahre Gewinne eingestrichen hat, ohne Belege für seine Ausgaben aufzubewahren. Das Finanzamt darf die Gewinne zu seinem Nachteil schätzen, bestätigte das Niedersächsische Finanzgericht (Az. 10 K 200/09).
Ich bin Münzsammler und verkaufe über Ebay einzelne Stücke. Muss ich dafür auch Steuern zahlen?
Das kommt darauf an. Wenn Sie nur Einzelstücke Ihrer Sammlung versilbern oder einzelne Münzen austauschen, bleiben Sie verschont. Das ist auch so, wenn Sie eine ganze Sammlung verkaufen, die Sie geerbt haben.
Das Finanzamt kann allerdings mit von der Partie sein, wenn Sie eine Münze kaufen und das gute Stück innerhalb eines Jahres mit Gewinn wieder verkaufen. Machen Sie in einem Jahr insgesamt mehr als 599,99 Euro Verkaufsgewinn – Nebenkosten wie Verkaufsgebühren dürfen Sie abziehen –, müssen Sie den Betrag in Ihrer Einkommensteuererklärung angeben. Das gilt auch für solche Gewinne aus dem Verkauf von Antiquitäten, Goldbarren oder Schmuck.
Ab wann ist mein Onlineverkauf keine Privatsache mehr?
Zum steuerpflichtigen Händler werden Sie erst, wenn Sie dauerhaft ertragreiche Geschäfte machen oder Ware kaufen, um sie mit Gewinn wieder zu verkaufen.
So ging ein angeblicher Bücherwurm ins Netz der Fahnder. Er hatte tausende Bücher und CDs übers Internet verkauft und behauptet, sie stammten aus seiner privaten Bibliothek, die er über Jahre zusammengetragen hatte. Doch die Fahnder stellten fest: Der Mann hatte zahlreiche Buchtitel nicht nur einmal, sondern dutzendfach verkauft. Damit ist er Unternehmer und musste Umsatzsteuer nachzahlen (Niedersächsisches Finanzgericht, Az. 16 V 179/10).
Keine Steuer musste dagegen eine Frau zahlen, die 140 Pelzmäntel für 77 000 Euro über Ebay versteigerte. Sie hatte die Mäntel von ihrer Schwiegermutter geerbt. Das Finanzgericht Baden-Württemberg sah darin keine unternehmerische Tätigkeit, weil die Frau die Nerzmäntel nicht extra für die Versteigerung erworben hatte (Az. 14 K 702/10).
Entscheidend kann auch sein, wie professionell Sie vorgehen. Das Ehepaar aus Baden-Württemberg, das wegen seiner 1 200 Verkäufe „von Barbie bis Teppich“ über Ebay in die Fänge der Beamten geriet, hatte seine Versteigerungen mit großem Aufwand in mehr als 36 verschiedenen Produktgruppen jeweils mit einem Foto platziert.
Die beiden mussten wie Profihändler das Angebot überwachen und die Ware nach dem Verkauf zügig versenden. Deshalb musste das Paar nachträglich seine Umsätze versteuern (BFH, Az. V R 2/11).
Mit welchen Steuern muss ich als Profiverkäufer rechnen?
Gleich mit drei Steuern will das Finanzamt am Erfolg Ihres Verkaufsgeschäfts teilhaben. Neben Einkommensteuer kann Umsatz- und Gewerbesteuer fällig werden.
Leben Sie allein vom Onlinehandel, müssen Sie nur Einkommensteuer zahlen, wenn Ihr Verkaufsgewinn in diesem Jahr mehr als 8 130 (2012: 8 004) Euro beträgt.
Verdienen Sie als Arbeitnehmer nach Feierabend etwas dazu, sind Gewinne bis zu 410 Euro im Jahr steuerfrei. Nur Nebeneinkünfte über der Grenze müssen Sie versteuern. Weitere Steuern müssen Sie als Kleinverkäufer meist nicht zahlen. Von der Umsatzsteuer sind Sie befreit, wenn die Verkaufserlöse brutto im vergangenen Jahr unter der Freigrenze von 17 500 Euro liegen und Sie 2013 nicht mehr als 50 000 Euro Umsatz haben. Gewerbesteuer verlangt die örtliche Kommune erst, wenn Sie mehr als 24 500 Euro Gewinn im Jahr machen.