
Windpark im Wald. Im finnischen Kuuronkallio finanziert der europäische Langfristfonds (ELTIF) Klimavest 14 Windräder. © Getty Images / wmaster890
Europäische Langfristfonds (ELTIF) sollen zukunftsträchtige Projekte finanzieren. Wir haben uns zwei Beispiele angesehen und festgestellt: Die Unterschiede sind groß.
Experten sind sich einig: Der digitale und ökologische Wandel ist nötig – und teuer. Damit mehr Geld in entsprechende Infrastrukturprojekte fließt, will die Europäische Union die sogenannten European Long-Term Investment Funds (ELTIF) stärken. Eine neue EU-Verordnung soll ihnen ab 2024 einen Schub geben. Denn ELTIF gibt es seit 2015, sie sind aber noch wenig bekannt. Sie können eine Option für grüne Geldanlagen sein, wie bisher etwa offene Fonds, Alternative Investmentfonds (AIF) und Beteiligungsmodelle nach Vermögensanlagengesetz. ELTIF gehören zu den AIF und können wie diese in nicht börsennotierte Unternehmen (Private Equity) und langfristige Projekte investieren, etwa in erneuerbare Energien. Sie unterliegen aber besonderen Regeln. Zwei dieser Angebote hat sich Stiftung Warentest angesehen. Sie richten sich an Privatanleger in Deutschland und wollen gemäß Artikel 9 der EU-Verordnung zu grünen Investments positiv auf Klima und Umwelt wirken. Wir zeigen, welche Chancen und Risiken solche Angebote bieten – und wie verschieden sie ausfallen.
Unser Rat
In Sachwerte investieren. Europäische Langfrist-Investmentfonds (ELTIF) dürfen in Sachwerte wie Solarparks und nicht börsennotierte Unternehmen (Private Equity) investieren. Gerade im Bereich Klimaschutz kann das interessant sein für langfristig orientierte Anlegende. Beim Klimavest (Isin LU 218 393 900 3) können Sie flexibel aussteigen. Seine Renditechancen sind jedoch bescheiden.
Alternativen prüfen. Eine Option, die sich für viele eignet, sind ethisch-ökologische Fonds. Schon mit geringen Summen sind Sie dabei. Orientierung bietet der Vergleich nachhaltiger Fonds und ETF von Stiftung Warentest. Sowohl Ökovision Classic C (Isin LU 006 192 858 5) als auch GreenEffects NAI Werte-Fonds (Isin IE 000 589 565 5) achten streng auf Nachhaltigkeit. Eine weitere Option sind Alternative Investmentfonds. Allerdings binden sie Anleger oft über Jahre.
Zwei ELTIF im Check
Klimavest. Dieser ELTIF stammt von der Commerzbank-Tochter Commerz Real: Mehr als 16 000 Menschen haben insgesamt gut eine Milliarde Euro in ihren Ende 2020 aufgelegten Klimavest (Isin LU 218 393 900 3) gesteckt. Rund zwei Drittel des Kapitals landeten in Wind-, der Rest meist in Solarprojekten.
ThomasLloyd. Den ThomasLloyd SICAV – Sustainable Infrastructure Growth Fund Class R von ThomasLloyd (Isin LU 234 429 817 4) gibt es seit 2021. Das Angebot soll vor allem auf erneuerbare Energien in Asien setzen. Auf die Fragen von Stiftung Warentest antwortete die ThomasLloyd Global Asset Management (Schweiz) AG. Sie nannte das aktuelle Volumen und die Investments nicht, sondern verwies auf den Jahresbericht 2022, der im zweiten Quartal 2023 erscheinen soll. Bei Redaktionsschluss war die Platzierungsphase beendet, ThomasLloyd hatte noch nicht über eine Verlängerung entschieden.
Bisherige Finanzberichte zum Angebot stellte ThomasLloyd nur auf Englisch bereit. Angenehmer ist es, alles auf Deutsch lesen zu können. Beim Klimavest ist das möglich.

Paneele und Kühe. Virtuelles Modell einer in Brandenburg geplanten Agri-Photovoltaikanlage (Klimavest). © Elysium Solar
Vergleich ist einfacher geworden
Das Basisinformationsblatt ist vorgeschrieben. Es fasst wichtige Punkte auf drei Seiten zusammen. Auch offene Fonds und Alternative Investmentfonds müssen eines erstellen, neuerdings mit einheitlichem Aufbau für alle drei. Das erleichtert den Vergleich.
Wer gezielt in Umweltprojekte investieren will, wird bei ELTIF und AIF leichter fündig als bei offenen Fonds: Sie dürfen direkt in Projekte und kleine Unternehmen in Bereichen wie Wind und Solar investieren. Offene Fonds hingegen investieren nicht direkt in solche Projekte, sondern in Wertpapiere börsennotierter Firmen. Die gehen oft auch weniger nachhaltigen Geschäften nach – die Abgrenzung ist manchmal schwer. Das Problem haben auch ETF, börsennotierte Fonds, deren Kurs einen Börsenindex abbildet.
Dafür sind Orders für offene Fonds schon über kleine Summen möglich, bei Sparplänen oft schon ab 25 Euro oder 50 Euro pro Monat. Anteile an den Fonds lassen sich einfach kaufen und verkaufen.
ELTIF kaufen mit dem gesamten Vermögen? Verboten!
Um Anteile an einem ELTIF zu kaufen, müssen Anlegende dagegen aktuell mindestens 10 000 Euro mitbringen, und dieser Betrag darf höchstens ein Zehntel des Vermögens ausmachen, das für Finanzanlagen zur Verfügung steht. Das gilt aber nicht mehr lange. Die Mindestgrenzen sollen im Laufe des Jahres 2024 fallen. Sie gehören zu den Vorgaben, die eine neue EU-Verordnung lockert. Im Moment ist Pflicht, sich vor einer Anlage beraten zu lassen – beim Klimavest ist das auch digital möglich. Auch bei den Alternativen Investmentfonds sind vier- bis fünfstellige Mindestbeträge üblich.
Bei den AIF beteiligen sich Anlegende für Jahre an einem Unternehmen. Es ist schwer auszusteigen, bevor die Gesellschaft aufgelöst wird. Ob das zum geplanten Zeitpunkt passiert, ist unsicher. Über einen Verkauf lassen sich Anteile vorzeitig loswerden. Es ist aber oft schwer, Käufer und einen fairen Preis zu finden. AIF müssen nur im Jahresbericht einen Indikator für den Wert veröffentlichen.
Langfristfonds für Investoren mit langem Atem
ELTIF sind ebenfalls auf mehrere Jahre Haltedauer ausgelegt. Sie dürfen aber Anteile zurücknehmen oder Kündigungen annehmen. ThomasLloyd bietet nach der Mindesthaltedauer bis Ende 2027 an, jeweils zum Jahresende mit sechs Monaten Frist zu kündigen und berechnet den Wert monatlich.
Der Klimavest ist für einen ELTIF ungewöhnlich großzügig: Er veröffentlicht Rücknahmekurse und nimmt Anteile bis zu einer halben Million Euro zurück – beides banktäglich. Das erleichtert es Anlegern, in einen Fonds zu investieren, der bis 2070 läuft.
Während Anteilspreise offener Fonds wegen der Börsenkurse ihrer Wertpapiere oft kräftig schwanken, verläuft der Kurs beim Klimavest viel gleichmäßiger. Denn Sachwerte werden seltener, im Grundsatz quartalsweise, bewertet. Der Kurs tendiert zudem leicht aufwärts. Commerz Real begründet das mit den planbaren Erträgen aus festen Einspeisevergütungen und Stromabnahmeverträgen. Der Wert steigt auch, weil Klimavest Kredite nutzt und nach und nach tilgt. Kredite steigern die Renditechancen, aber auch das Risiko.
Der Prospekt muss Risiken des ELTIF nennen
Das Basisinformationsblatt muss einen Indikator enthalten, wie hoch das Risiko ist. Es ist demnach beim Klimavest im mittleren Bereich (Stufe 4 von maximal 7) und etwas höher bei ThomasLloyd (Stufe 5).
Der Indikator lässt aber nicht erkennen, um welche Art von Risiken es dabei geht. Es ist daher empfehlenswert, zumindest den Abschnitt über die Risiken im ausführlicheren, vorgeschriebenen Verkaufsprospekt oder Investment Memorandum zu lesen.
Minimum: Zehn Investments je ELTIF
Je breiter Fonds aufgestellt sind und je unterschiedlicher ihre Investitionsfelder sind, desto besser verkraften sie einzelne Ausfälle. Offene Fonds packen dafür Wertpapiere vieler Unternehmen ins Portfolio. AIF besitzen dagegen oft nur eine Handvoll Sachwerte. Ein ELTIF muss mindestens zehn verschiedene Vermögenswerte haben. Mit 43 Investments erfüllt Klimavest die Vorgabe locker.
Die Risiken von Einzelinvestments zeigen zwei Windenergieanlagen von Klimavest in Beckum. Nach einer Havarie ähnlicher Anlagen in Haltern nahm Hersteller Nordex sie im Herbst 2021 vorübergehend außer Betrieb, nur knapp ein Jahr nach dem Kauf durch Klimavest. Von 7,2 Millionen Euro sank der angesetzte Wert auf 1 Euro Erinnerungswert. Das kann sich aber wieder ändern: Commerz Real geht davon aus, dass die Anlagen in der zweiten Jahreshälfte 2023 wieder laufen.
Bei ThomasLloyd waren im jüngsten Halbjahresbericht zum 30. Juni 2022 in den ELTIF-Zahlen noch keine langfristigen Investments in erneuerbare Energien zu erkennen. Von den bescheidenen 781 000 Euro Vermögenswerten waren 636 000 Euro liquide Mittel und der Rest Forderungen gegenüber einem Unternehmen aus der eigenen Gruppe. ThomasLloyd erläuterte gegenüber Finanztest, der ELTIF habe bis zu fünf Jahre Zeit, um die EU-Vorgaben zur Streuung umzusetzen.
Teurer Einstieg bei ThomasLloyd
Konkret sind dagegen die Kosten. Beim Einstieg zwackt ThomasLloyd bis zu 18,8 Prozent ab – das ist üppig. Kosten schmälern die Rendite im Jahr voraussichtlich um 4,5 Prozentpunkte bei acht Jahren Haltefrist. Neben laufenden Kosten gibt es eine erfolgsabhängige Vergütung, wenn im Vorjahr der höchste bisher erreichte Wert übertroffen wird.
Eher im Bereich des Üblichen liegt Klimavest: Am Anfang fallen bis zu 5 Prozent Ausgabeaufschlag an. Die Kosten mindern die Rendite für Anlegende geschätzt um 3,4 Prozentpunkte pro Jahr bei fünf Jahren Haltefrist.
Commerz Real führt dazu aus, dass die Gesamtkosten im Basisinformationsblatt Maximalkosten darstellten. So habe sie beispielsweise für das Fondsgeschäftsjahr 2021/2022 lediglich 0,4 Prozent statt der laut Investment Memorandum maximal möglichen 1,8 Prozent als Verwaltungsvergütung vereinnahmt.
Renditeprognosen werfen Fragen auf
Erstaunlich stark unterscheiden sich die Renditeprognosen bei den beiden ELTIF. Beim Klimavest sind sie bescheiden. Wer fünf Jahre dabeibleibt, soll, wenn es gut läuft, 2,5 Prozent pro Jahr einfahren, im Stressszenario 0,2 Prozent Minus machen. Das ist beides eher wenig. Denn der ELTIF setzt Kredite ein und entwickelt eigene Projekte. Das vergrößert die Risiken, steigert aber auch die Chancen.
ThomasLloyd erwartet nach Kosten minus 16 Prozent bis plus 12 Prozent bei acht Jahren Haltedauer und verweist bei der Frage, wie so hohe Renditen zu schaffen sein sollen, auf höhere angestrebte „Zielrenditen auf Investmentebene“. Informationen zum Anlagevermögen würden im Jahresbericht 2022 im zweiten Quartal 2023 veröffentlicht.
Skepsis ist angebracht: Im Herbst 2022 veröffentlichten geschlossene Fonds der Gruppe mit Fokus auf erneuerbare Energien in Asien sehr schlechte Zahlen. ThomasLloyd schreibt auf unsere Nachfrage, der Verlauf entspreche unter Berücksichtigung unvorhersehbarer Markteinflüsse wie der Covid-Pandemie den „Erwartungen einer langfristigen chancenorientierten Wachstumsstrategie“. Die Gruppe steht seit 2019 auf unserer Warnliste Geldanlage.
Stiftung Warentest: Viele fahren besser mit offenen Fonds
Unser Fazit: Das ELTIF-Konzept ist grundsätzlich interessant für Investments in Sachwerte und weist einige Vorteile gegenüber anderen Alternativen Investmentfonds auf. Die Rücknahmeregeln beim Klimavest sind sehr attraktiv, die Renditechancen allerdings bescheiden. Bei ThomasLloyd sind die Prognosen schwer nachvollziehbar und ihre Erfüllung fraglich.
Offene Fonds eignen sich für viele. Zwei Beispiele, die den EU-Vorgaben zu grünen Investments (Artikel 9) folgen: Der Ökovision Classic C (Isin LU 006 192 858 5) ist Nachhaltigkeitsbester in der Finanztest-Bewertung, aber teuer. Er schnitt zuletzt beim Anlageerfolg unterdurchschnittlich ab.
Nur Aktien aus dem Natur-Aktien-Index NAI wählt der GreenEffects NAI-Werte-Fonds (Isin IE 000 589 565 5). Er bildet einen guten Kompromiss aus Nachhaltigkeit und Anlageerfolg, in beiden Bereichen hat er die zweitbeste Note in der Finanztest-Bewertung.
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