
Fragwürdig aufgeladen. Lime lässt die weiß-grünen Elektroflitzer zum Teil von selbstständigen „Juicern“ aufladen. Wie im Deutschen kann „Juice“ („Saft“) auch in der englischen Umgangssprache für Energie stehen. © Pablo Castagnola
Leicht verdientes Geld und flexible Arbeitszeiten verheißt Lime seinen „Juicern“. Anders als seine Konkurrenten engagiert das US-amerikanische Unternehmen zum Einsammeln und Aufladen der Roller neben Logistikfirmen und eigenen Angestellten auch Privatpersonen. Über seine App wirbt Lime offensiv Nutzer an. Sie sollen selbstständige Juicer werden und leere Elektro-Scooter aufladen, etwa in den eigenen vier Wänden. Wir wollten wissen, unter welchen Bedingungen sie arbeiten und haben eine Testperson losgeschickt, einen Tag verdeckt als Juicer zu jobben.
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Alle Testergebnisse für E-Scooter mieten 2019Gewerbeschein interessierte Lime nicht
Wer den Schritt ins Juicer-Dasein wagt, muss keine großen Hürden überwinden. Die Registrierung erfolgt direkt in der App, hochladen muss unsere Testperson dazu nur ihren Personalausweis. Auch ein Gewerbeschein – der Nachweis einer angemeldeten, selbstständigen Tätigkeit – sollte laut Lime vorliegen. Sehen wollte das Unternehmen ihn bei der Registrierung aber nicht. Vielleicht ja bei der kurzen Schulung, die Juicer besuchen müssen, bevor Lime die Ladekabel herausgibt? Fehlanzeige. Der Vertrag wird unserer Testerin ausgehändigt, ohne dass sie weitere Dokumente vorlegen muss.
Juicer müssen sich selbst versichern
Schon ein erster schneller Blick in das 31-seitige Dokument macht klar: Risiken gehen komplett auf die Kappe der Juicer. Lime fordert von ihnen unter anderem eine Betriebshaftpflichtversicherung, eine Gebäude- und Hausratsversicherung sowie eine Sach- und Brandschutzversicherung. Schließlich ist es nicht ausgeschlossen, dass sich Lithium-Akkus und/oder das Ladegerät erhitzen und Feuer fangen. Trotzdem unterschreibt unsere Testerin den Vertrag. Sie erhält ein Ladekabel und macht sich auf die Suche nach stromhungrigen Lime-Scootern.
Schnelles Geld? Fehlanzeige

Bild links. Am frühen Abend ist kein leergefahrener Roller in Sicht.
Bild Mitte. Erst ziemlich spät tauchen stromhungrige E-Roller in der App auf. 4,40 Euro oder 4,50 Euro gibts fürs Aufladen.
Bild rechts. Die aufgeladenen Roller dürfen nur an Knotenpunkten abgestellt werden. Am nächsten Morgen ist in der Nähe kein Abstellplatz mehr frei. © Screenshot Lime

Bild Mitte. Erst ziemlich spät tauchen stromhungrige E-Roller in der App auf. 4,50 Euro gibts fürs Aufladen.
Bild rechts. Die aufgeladenen Roller dürfen nur an Knotenpunkten abgestellt werden. Am nächsten Morgen ist in der Nähe kein Abstellplatz mehr frei. Download © Screenshot Lime
Für das Einsammeln, Aufladen und Ausliefern eines Scooters erhalten Juicer in Berlin zwischen 4,30 Euro und 4,90 Euro. Allerdings nur, wenn die Scooter voll geladen und bis spätestens 7 Uhr wieder auf der Straße stehen – andernfalls gibt es Abzüge. Die App zeigt Roller ohne Saft an. Unsere Testperson liegt allerdings einige Stunden auf der Lauer, ehe am späten Abend der erste leergefahrene Scooter in der Nähe auftaucht.
Fürs Aufladen bleibt nicht viel Zeit
Nun gilt es, das schwere Gefährt zu Fuß einzusammeln und nach Hause zu rollern. Fürs Aufladen bleibt nicht mehr viel Zeit. Gut fünf Stunden dauert der Ladevorgang und kostet etwa 10 Cent. Während die potenzielle Kundschaft noch schläft, wollen wir unseren Roller morgens um 6 ausliefern. Die Flitzer dürfen nur an bestimmten Knotenpunkten abgestellt werden, maximal vier pro Standort. Schnell wird unserer Testerin klar: Sie ist spät dran. Die meisten Punkte sind schon besetzt, sodass sie lange nach einem freien Platz suchen muss. Erst zwei Minuten vor der Deadline übergibt sie den Roller wieder der Allgemeinheit. Müde stellt sie fest: Flexibles und entspanntes Arbeiten sieht anders aus.
Fazit: E-Scooter privat aufladen lohnt sich – jedenfalls für Lime
Die Nacht war kurz, der Verdienst gering. Um auf den gesetzlichen Mindestlohn zu kommen, muss man vier Roller innerhalb von zwei Stunden einsammeln und ausliefern, die Ladezeit nicht mitgerechnet. Zu Fuß ist das kaum zu bewältigen. Mit einem Lieferwagen lassen sich zwar mehr Scooter transportieren und einige Euro zusätzlich verdienen, allerdings bleiben dann auch die Sprit- und Wartungskosten des Fahrzeugs am Juicer hängen. Dazu kommen Abzüge für Steuern und Versicherungen.
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Es gibt ja jetzt in immer mehr Städten die Zeus Roller. Drei relativ große Räder, dadurch kommt man besser über Unebenheiten.
Preise wie bei den anderen.
Genial: Die Batterie ist entnehmbar, d.h. die Geräte lassen sich deutlich leichter wieder aufladen, der "Juicer" muss nur rumfahren und Batterien tauschen. Der Roller bleibt wo er ist.
Nein, ich bin mit denen nicht verbandelt.
Ich konnte in unserer Stadt mit Start von Voi einige Kunden werben und habe dadurch ein kleines Guthaben angesammelt.
Irgendwann erkannte Voi darin "betrügerisches Verhalten" und hat meine Kundenwerbungen nicht mehr mit dem versprochen Guthaben prämiert.
Mittlerweile wurde sogar mein kompletter Account dauerhaft eingefroren, so dass ich keine Chance mehr habe, das vorhandene Guthaben zu nutzen.
Meine Anfragen perlen am Support ab und ich bekomme - wie in einigen Internetforen zu lesen - nur noch die Standardantwort:
"Wir haben Ihr Konto überprüft und können feststellen, dass es gesperrt wurde und nicht wieder freigegeben werden kann, da das System es mit hohen Risiken betrügerischer Aktivitäten in Verbindung bringt."
Ich finde es eine Unverschämtheit, mich A) um mein Guthaben zu betrügen und mir B) Betrug vorzuwerfen.
Ich von wohl kein Einzelfall...
Kommentar vom Administrator gelöscht. Grund: Schleichwerbung
In Hamburg kosten die Roller 1€ fürs starten und 19ct bis 20 ct pro Minute.
Die Elektroroller von Emmy kosten 23ct pro Minute ohne Startgebühr. Sprich erst nach 25 bis 33 min sind die E-Scooter gleichteuer wie die Elektroroller. Aber mit einem Emmy kann ich 50 km/h und damit viel weiter in der gleichen Zeit fahren.
Als begeisterter Kickbike-Fahrer habe ich den Tier-Roller in Münster mit einer positiven Erwartungshaltung getestet. In Münster sind viele Radwege gepflastert. Ich wurde derart durchgeschüttelt, dass meine Zähne klapperten und mir ganz anders wurde. Entnervt und benommen habe ich nach 15 Minuten aufgegeben.
Ich fahre lieber mit meinem luftbereiften Tretroller ohne Motor und tue etwas für meine Gesundheit. Damit darf ich auch auf Fußwegen und hier überall im Naherholungsgebiet fahren, auch wo es für die E-Roller gesperrt ist. Im Innenstadtbereich fahre ich aus Sicherheitsgründen gar nicht.