
Fette Blüten. Doch der Cannabis-Markt ist durch komplizierte Regulierungen wenig lukrativ und für Anlegerinnen und Anleger eher problematisch. © picture alliance / abaca
Finanztest setzte MFP My First Plant GmbH aus Österreich 2022 auf die Warnliste Geldanlage. Nun ermittelt die Kriminalpolizei in Kärnten.
Update [24.05.2023]: Ermittlungen
Der Chefinspektor der Landespolizeidirektion Kärnten, Mario Nemetz, bestätigte Finanztest ein laufendes Ermittlungsverfahren. Um den Erfolg nicht zu gefährden, könnten „keine inhaltlichen Auskünfte“ gemacht werden. Zuerst hatte der Kurier darüber berichtet. Ein Ende der Ermittlungen sei nicht absehbar. Derzeit seien zwei Ermittler mit Vorerhebungen befasst.
Seit Monaten keine Auszahlungen
Die österreichische Firma MFP My First Plant GmbH versprach viel – und landete nicht nur wegen leerer Versprechungen auf unserer Warnliste Geldanlage. Verschiedene Anleger berichteten auf Kanälen des Messenger-Dienstes Telegram von mehrfach verschobenen Auszahlungen. Manche warten seit Monaten auf ihr Geld. Die Firma trat mit dem Versprechen an, zweistellige Renditen mit dem Verkauf von Cannabisprodukten zu erzielen. Das ist völlig unrealistisch, denn dieser Markt ist nur dem Schein nach lukrativ. Die führenden Unternehmen mussten in den letzten Jahren massive Börsenverluste hinnehmen.
Große Cannabiskonzerne an der Börse: Höhenrausch und Kater

Im Hype um die Legalisierung verzehnfachte sich zeitweise der Wert von Tilray. Auch andere Anbieter profitierten. Die gute Stimmung war aber schnell vorbei, die Verluste sind riesig.
Quellen: Refinitiv, eigene Berechnungen. Stand: 31. Juli 2022. © Stiftung Warentest
Immer weitere Vertröstungen
Die Anleger von MFP wurden seit geraumer Zeit vertröstet. Firmengründer Mario Abraham stellte sich anfangs noch Fragen in Videokonferenzen, ohne jedoch viele Details zu nennen. Später sprach er von einer Firma, die MFP übernehmen wolle, nannte aber zunächst keine Namen. Anfang April sprach er dann von der Firma „ERDM“. Man habe die Entscheidung getroffen, das Unternehmen zu verkaufen. „Wir haben uns in Klagenfurt getroffen, waren beim Notar, haben die Unterschriften geleistet, um den Geschäftsführerwechsel durchzuführen“, sagte er in dem Videocall, der Finanztest als Datei vorliegt. „Wir werden das Unternehmen dann Zug um Zug übergeben.“
Fragen nicht beantwortet
In späteren Videokonferenzen tauchte Mario Abraham nicht mehr auf. Anleger äußerten den Verdacht, dass er nur auf Zeit spiele. Fragen von Finanztest, ob nach dem angekündigten Verkauf bisherige Anlegerinnen und Anleger ausbezahlt würden, ließ der Firmengründer unbeantwortet. Die Seite Myfirstplant.eu warb derweil weiter um Kunden: „deine Chance, an einem Milliardenmarkt zu partizipieren“.
Auffällige Firma soll übernehmen
Zuletzt traten in Videokonferenzen andere Beteiligte auf. Bei der Firma, die die Geschäfte von MFP übernehmen soll, handelt es sich um die ERDM Solar GmbH und Hydroponik Vertriebs GmbH. Sie gehört zu 100 Prozent Georg Peter Ilija Dudov, der als Wohnort San Andrés Tuxtla in Mexiko angibt. Er wurde bereits als der „designierte neue Inhaber“ bezeichnet. Dudov tauchte auch an anderer Stelle auf: als Zuständiger der in Panama registrierten PV Concept S.A..
Treffer in Panama Papers
Dudov und die PV Concept S.A. finden sich in den geleakten Daten der mittlerweile aufgelösten Firma Mossack Fonseca. Das 2014 als „Panama Papers“ bekannte Datenleck ermöglicht Einblicke in die undurchsichtige Welt der Offshore-Firmen, die in Destinationen wie Panama der Verschleierung der wahren Identität ihrer Eigentümer dienen. Die Gründe für solche Verschleierungen können durchaus lauter sein, allerdings nutzen auch Kriminelle derartige Konstruktionen. Fragen von Finanztest dazu, wie auch zu den Plänen bei MyFirstPlant ließ ERDM-Geschäftsführer Josef Semere unbeantwortet. Später meldete sich der Chef der ERDM Solar GmbH und Hydroponik Vertriebs GmbH und entschuldigte sich für die „späte Antwort“ und teilte darin mit: „Nach eingehender Prüfung haben wir uns wegen fehlender Transparenz gegen ein Engagement mit der MFP entschieden.“
Hinweis zur Warnliste Geldanlage der Stiftung Warentest
Die Warnliste Geldanlage listet alle Unternehmen, Geldanlageangebote und Dienstleistungen der vergangenen zwei Jahre auf, die die Stiftung Warentest negativ bewertet hat. Sie lässt sich kostenlos im PDF herunterladen. Sie umfasst mehrere Seiten und wird in der Regel einmal im Monat aktualisiert. Wenn zwei Jahre vergangen sind, werden Einträge gelöscht, wenn in der Zwischenzeit nicht erneut negativ berichtet wurde. Einträge, die älter als zwei Jahre sind und ohne Folgeberichterstattung blieben, sind ab dann nicht mehr auf der aktuellen Warnliste zu finden.
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