
Kindle Oasis. Preis: 290 Euro, mit Mobilfunk 350 Euro
Amazons neues Lesegerät Kindle Oasis sieht anders aus als seine Vorgänger. Es ist deutlich dünner und kleiner. Wie in alten Zeiten gibt es Tasten zum Umblättern der elektronischen Buchseiten. Ein ungewöhnliches Ausstattungsdetail verbirgt sich hinter der mitgelieferten Hülle. Sie enthält einen zusätzlichen Akku. Ohne den macht der E-Book-Reader jedoch schnell schlapp. Ob der Kindle Oasis den stolzen Preis von bis zu 350 Euro wert ist, klären wir in unserem Schnelltest.
Das Fliegengewicht unter den Readern
Ohne Hülle wiegt der Kindle Oasis zarte 133 Gramm und ist damit der leichteste Reader überhaupt am Markt. Mit Hülle sind es 100 Gramm mehr, also insgesamt 233 Gramm. Kleiner als sein Vorgänger Kindle Voyage ist der Oasis auch. Um zwei Zentimeter hat Amazon den Reader an der längsten Seite gekürzt. Geschrumpft ist aber nur der Rahmen, das Display hat wie bisher eine Bildschirmdiagonale von 15 Zentimetern (6 Zoll). Auf der rechten Seite präsentiert sich das Gerät etwas dicker und schwerer als auf der linken. Dadurch liegt der Reader besser in der Hand.
Nach zwei Stunden war der Akku leer
Wie gelingt es Amazon, einen so leichten Reader zu konstruieren? Der im Gerät verbaute Akku ist weniger leistungsfähig, das spart Gewicht. Die Krux: Im Test hielt dieser Akku bei voller Beleuchtung nur zwei Stunden durch. Bei mittlerer Beleuchtung und zwei Stunden Lesedauer pro Tag schaffte er gut vier Tage. Für einen E-Book-Reader ist das wenig. Um die kurze Akkulaufzeit auszugleichen, hat Amazon einen größeren Akku in die mitgelieferte Schutzhülle des Lesegeräts eingebaut.
In der Hülle steckt viel mehr Energie
Sobald Reader und Lederhülle über elektrische Kontakte verbunden sind, steigt die Akkulaufzeit bei mittlerer Beleuchtung und zwei Stunden Lesedauer pro Tag auf satte 27 Tage. Zuerst leert sich der Akku des Lesegerätes. Hat der kaum noch Energie, springt der Akku der Hülle ein. Im Menü wird der Akkustand für beide einzeln ausgewiesen – in Prozent. Allerdings nützt der leichte Reader gerade unterwegs wenig, wenn er ohne Hülle kaum einsatzfähig ist. Übrigens: Laden lassen sich der Kindle und seine Hülle über eine USB-Verbindung gleichzeitig.
Es gibt Tasten – wie in alten Zeiten
An vergangene Tage erinnern zwei Tasten zum Umblättern der Buchseiten. Die gab es früher schon bei Kindle-Geräten, bevor das berührungsempfindliche Display in Mode kam. Der neue Kindle vereint nun beides: Tasten und Touchscreen. Mit den Tasten zum Vor- und Zurückblättern auf der rechten Geräteseite lässt sich der Reader einhändig leichter bedienen. Linkshänder drehen den Kindle lediglich um 180 Grad, die Tastenbelegung passt sich automatisch an.
Der Kontrast ist etwas geringer
Reibungslos funktioniert der Touchscreen, die Reaktionsgeschwindigkeit ist gut. Das hochauflösende Display (1 448 x 1 072 Bildpunkte) stellt die Texte der elektronischen Bücher unter allen Lichtbedingungen sehr gut dar. Sein Kontrast und seine maximale Helligkeit sind aber im Vergleich zum Vorgänger-Modell Kindle Voyage ein wenig geringer. Der Voyage hatte noch dazu eine komfortable automatische Helligkeitsanpassung, die sich je nach Umgebungslicht selbst justierte. Die haben die Tester beim neuen Reader vermisst. Nutzer müssen die passende Helligkeit von Hand einstellen. Im Test erwies sich das Display als kratzfest.
Kaum Schatten auf den Buchseiten
Amazon wirbt damit, dass das neue Frontlicht 60 Prozent mehr LED-Leuchten enthält, was die Lichtverteilung auf dem Display verbessern soll. Tatsächlich waren die Tester von der neuen Beleuchtungsquelle angetan. Beim Umblättern der Seiten sind fast keine leichten Schatten vorangegangener Darstellungen sichtbar – sonst ein typisches Phänomen bei E-Book-Readern.
Keine Innovation bei den Lesefunktionen
Überraschende neue Lesefunktionen bietet der Oasis nicht. Die Funktionen gleichen denen des Kindle Voyage oder Paperwhite. Bücher lassen sich nach Stichworten durchsuchen, Passagen übersetzen, Notizen hinzufügen oder Textstellen markieren. Nutzer können zwei Amazon-Konten miteinander verknüpfen, um über eine sogenannte Familienbibliothek Bücher mit der Familie zu teilen. Auch die Buchseiten blättert der Oasis in etwa so schnell um wie seine Vorgänger. Ablegen lassen sich auf dem Gerät hunderte Bücher, dafür stehen von den vier Gigabyte Gesamtspeicherplatz knapp drei zur Verfügung.
Weiterhin Kopierschutz auf Amazon-Büchern
Beim Lesestoff ist ebenfalls alles beim Alten. Auf dem Kindle lassen sich fast nur Bücher von Amazon lesen, dafür sorgt der hauseigene Kopierschutz. Und das, obwohl viele Verlage in den vergangenen Monaten vom harten Kopierschutz auf Wasserzeichen umgestiegen sind – ihre Bücher lassen sich nun auch im Freundeskreis verleihen. Kindle-Nutzer sind auf die Familienbibliothek beschränkt. Der auf dem Oasis vorinstallierte Amazon-Buchshop macht es ihnen zumindest leicht, auf eine große Anzahl an Kaufbüchern zuzugreifen. Alles klappt reibungslos, solang man in der Amazon-Welt bleibt. Außerhalb geht kaum etwas. Zum Beispiel lässt sich kein E-Book in einer öffentlichen Bibliothek leihen.
Der Preis ist viel zu hoch
Unseren Falltest hat der E-Book-Reader mit nur kleinen Kratzern und etwas abgeplatzter Farbe gut überstanden. Einen Wasserschutz wie der Konkurrent Tolino Vision 3HD hat der Oasis nicht. Dabei hätte das Lesegerät eine zusätzliche Attraktion bitter nötig, um seinen exorbitanten Preis von 290 Euro für das Modell mit WLan-Anbindung und 350 Euro für das Mobilfunk-Modell zu rechtfertigen.
Fazit: Wir raten zu den Vorgänger-Modellen
Der Kindle Oasis ist ein ausgereifter Reader ohne überraschende neue Lesefunktionen. Seine Akkulaufzeit überzeugt nur mit angedockter Hülle. Die Freude über das geringe Gewicht erübrigt sich unterwegs, denn ausgerechnet dann kommen Nutzer nicht an der Hülle und ihrem leistungsfähigen Akku vorbei. Bei dem horrenden Preis ist der Griff zu einem der beiden Vorgängermodelle empfehlenswert. Den Kindle Voyage gibt es ab 190 Euro, den Kindle Paperwhite ab 120 Euro.