E-Bikes Pedelec schneller machen – riskantes Tuning

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E-Bikes - Pedelec schneller machen – riskantes Tuning

© mauritius images / Bruno Kickner

Tempo 25 mit dem E-Bike ist nicht schnell genug? Im Internet gibt es Tuning-Sets. Was viele nicht wissen: Wer diese Technik nutzt, riskiert den finanziellen Ruin.

Tuning-Technik ist schnell montiert

Ein Pedelec zu frisieren ist kinder­leicht: Eine kleine Box, etwa so groß wie eine Streich­holz­schachtel, wird einfach auf den Geschwindig­keits­sensor an der Ketten­strebe gesteckt. Alternativ gibt es so genannte Dongles. Hier wird ein winziges Kabel-Kit mit einem Klinken­anschluss an den Geschwindig­keits­sensor ange­schlossen, an den Anschluss kommt dann der Dongle.

Das Ganze schafft auch ein Laie inner­halb von zehn Minuten. Anschließend verschiebt man noch ein wenig den Speichen­magneten – schon ist das Tuning komplett. Der Dongle kann jeder­zeit einfach wieder abge­zogen werden.

Aktueller E-Bike-Test der Stiftung Warentest

E-Bikes im Test.
Auch ganz ohne Tuning mit viel Power ausgestattet sind die SUV-E-Bikes im Test der Stiftung Warentest. In unserer Daten­bank finden Sie Test­ergeb­nisse für neun solcher Modelle. Außerdem ein PDF-Download der Test­ergeb­nisse von Komfort-Pedelecs (test 6/2020) und von E-Trekkingrädern (test 6/2018).

Tempo auf dem Tacho wird halbiert

Angeboten werden diese Tuninggeräte in erster Linie für Elektrofahr­räder, bei denen die Motor­unterstüt­zung bis Tempo 25 reicht, so genannte Pedelecs. Danach schaltet der Motor aus. Wer schneller fahren will, kann das nur mit reiner Muskel­kraft oder bergab.

Die Tuninggeräte gaukeln der Elektronik des Pedelecs dann vor, es werde nur halb so schnell bewegt. Ab etwa 16 oder 18 km/h – je nach Radumfang – zeigt der Tacho nur noch den halben Wert an. Der Motor arbeitet dann wie gewohnt weiter, bis 25 km/h auf dem Tacho stehen. Tatsäch­lich fährt das Rad dann aber schon Tempo 50. Geübte Radler können auf diese Weise eine Dauer­geschwindig­keit von 35 bis 40 Stundenkilo­metern erreichen.

Aus dem Fahr­rad wird ein Kraft­fahr­zeug

Doch wer sein Elektrorad auf dieses Weise verändert, geht volles Risiko – nicht nur, weil die Unfall­gefahr steigt. Viel schlimmer ist, das damit aus einem Pedelec, das laut Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung als normales Fahr­rad gilt, mit dem Tuning ein Kraft­fahr­zeug wird. Weil die Motor­unterstüt­zung über die 25 km/h-Grenze hinaus­geht, verlangt das Pflicht­versicherungs­gesetz eine spezielle Haft­pflicht­versicherung – wie das Mofa-Versicherungs­kenn­zeichen.

Ein Verstoß gegen diese Vorschrift ist eine Straftat. Es drohen hohe Geld­strafen oder sechs Monate Gefäng­nis. Außerdem kann das Fahr­rad einge­zogen werden. Und: Für Kraft­räder mit diesen Geschwindig­keiten gilt die bußgeldbewehrte Helm­pflicht.

Die Haft­pflicht­versicherung zahlt nicht

Am gefähr­lichsten ist der fehlende Versicherungs­schutz. Handels­übliche Pedelecs sind in vielen Privathaft­pflicht­versicherungen auto­matisch mitversichert (zum Vergleich Haftpflichtversicherung und zum Vergleich von E-Bike-Versicherungen). Beim Tuning gilt das aber nicht, da das getunte Elektrofahr­rad ein Kraft­fahr­zeug ist. Und für Kraft­fahr­zeuge sehen Privathaft­pflicht­policen ausdrück­lich eine Ausschluss­klausel vor. Sie sind nicht vom Versicherungs­schutz umfasst.

Wer tunt, riskiert deshalb finanziell Kopf und Kragen: Passiert mit dem getunten Rad ein Unfall, können die Opfer all ihre Schäden direkt beim Fahrer geltend machen. Bei Personenschäden oder schweren Sach­schäden können das Millionen sein. Schlag­artig ist dann die finanzielle Existenz für immer zerstört.

Polizei sensibilisiert fürs Tunen

Es ist auch nicht mehr so, dass Tuning die Ausnahme ist und kaum entdeckt wird. Mitt­lerweile dürfte fast jeder Privathaft­pflicht­versicherer nach einem Unfall prüfen, ob das Rad frisiert war – weil er dann nicht zahlen muss. Auch die Polizei wird zunehmend für das Thema sensibilisiert. Selbst wenn das Tuninggerät äußerlich nicht sicht­bar im Motor­gehäuse verbaut ist, gibt es Anzeichen fürs Tunen – und das betrifft nicht nur die hohe Geschwindig­keit.

Sogar wenn der Fahrer es schafft, vor einer Polizei­kontrolle noch schnell den Chip abzu­ziehen, muss er sich dafür bücken. Sehen die Polizisten das, liegt der Verdacht auf Tuning nahe. Eine Unter­suchung des Rades bringt den Sach­verhalt dann schnell zutage. Denn die Elektronik des Fahr­rads speichert die Daten wie ein Fahrten­schreiber. Schon das hinterlegte Durchschnitts­tempo kann Tuner entlarven.

Rahmen, Gabel, Lenker können brechen

Gefähr­lich ist das Ganze schließ­lich auch, weil die Räder eines klassischen Pedelecs für so hohe Geschwindig­keiten nicht ausgelegt sind. Das betrifft nicht nur die Bremsen, sondern vor allem Rahmen, Gabel, Lenker. Sie halten der Dauer­belastung, die weit höher ist als bei der Konstruktion geplant, nicht immer stand und brechen.

Dann sind schwere Verletzungen kaum zu vermeiden. Dass mit dem Tuning sämtliche Gewähr­leistungs- und Garan­tie­ansprüche verloren gehen, liegt auf der Hand.

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halsbandschnaepper am 16.05.2018 um 05:24 Uhr
Die Haft­pflicht­versicherung zahlt nicht

Das die Haftpflicht nicht zahlt ist wohl das entscheidende. Der Wegfalll der Garantie fällt demgegenüber kaum ins Gewicht. Ein Verlust von 3-4000 Euro für das E-Bike mag zwar schmerzlich sein, dadurch kommt jedoch keiner in den finanziellen Ruin. Anders ist es wenn man einen Unfall baut und das Opfer lebenslange Schäden davon trägt...

michael.wenzel am 15.05.2018 um 10:01 Uhr
Verfall der Garantie

Erwähnenswert ist auch, dass durch Tuning Maßnahmen die Garantie erlischt und auch dann hohen finanzielle Folgekosten entstehen können. Selber hatte ich 2 mal einen Motoraustausch bei meinem KTM mit Boschmotor! Einmal auf Garantie einmal auf Kulanz! Manipulationen sind immer nachvollziehbar und führen zum Garantie/Kulanzverlust

Franz.H.aus.A am 15.05.2018 um 04:35 Uhr
Nichts neues !

Was es für Autos gibt gibts auch fürs Fahrrad - wie beim Auto ist der Umbau schwer zu erkennen -und
beim gebrauchten Rad kann der erhöhte verschliess ein böse Überrachung sein !
Die " Polizei ist sensibilisiert aufs Tunen " das liest sich gut aber bring bei beiden in Praxis nix .