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Vor allem bei kleinen Kindern sind Durchfall und Erbrechen im Herbst und Winter keine Seltenheit. Meist sind harmlose Infektionen die Ursache dafür. Damit die jungen Patienten rasch wieder auf die Beine kommen, sollten sie viel trinken und so den Verlust von Flüssigkeit und Mineralsalzen ausgleichen. Eine aktuelle Studie zeigt: Bei leichtem Krankheitsverlauf kann auch eine Mischung aus Apfelsaft und stillem Wasser vor Austrocknung schützen.
Hoher Flüssigkeitsverlust: Für Kinder gefährlich
Der Bauch schmerzt, das Kind windet sich, es übergibt sich und hat Durchfall: Ein Magen-Darm-Infekt ist gerade für kleine Kinder eine Tortur. Doch meist ist die Quälerei innerhalb weniger Tage wieder vorbei. Während dieser Zeit müssen die kleinen Patienten ausreichend Flüssigkeit zu sich nehmen. Denn die Gefahr eines zu hohen Flüssigkeitsverlustes und damit einhergehender Austrocknung, einer Dehydrierung, ist bei Kindern ungleich größer als bei Erwachsenen. Im schlimmsten Fall kann das sogar lebensbedrohlich werden.
Elektrolytlösungen: Teuer und bei den Kleinen unbeliebt
Ein Problem, vor dem viele Eltern aber stehen: Spezielle Elektrolytlösungen aus der Apotheke, die eine optimale Mischung an Traubenzucker, Kochsalz, Natriumzitrat und Kaliumchlorid bieten, mögen Kinder oft nicht und weigern sich, sie zu trinken. Zudem sind die Getränke vergleichsweise teuer und nicht immer schnell zur Hand. Kanadische Wissenschaftler haben deshalb untersucht, ob bei Magen-Darm-Infekten nicht auch ein besonders beliebtes Kindergetränk einen adäquaten Ersatz für Elektrolytlösungen darstellen kann – verdünnter Apfelsaft. Denn Apfelsaft ist in vielen Haushalten stets vorrätig, mit Wasser gemischt besonders kostengünstig und wird von kranken Kindern bereitwilliger getrunken als Elektrolytlösungen, weil sie an den Geschmack gewöhnt sind. Erschienen ist die Studie im US-amerikanischen Fachjournal JAMA.
Studie: Zwei Getränke im Vergleich
An der Studie nahmen 647 Kinder im Alter von sechs Monaten bis fünf Jahren teil. Sie wurden wegen akuten Durchfalls und Erbrechen in der Notaufnahme einer kanadischen Kinderklinik behandelt. Die jungen Patienten wiesen bis dahin keine oder nur minimale Anzeichen für eine Austrocknung auf, der Krankheitsverlauf war nicht kritisch. Die eine Hälfte der Kinder erhielt als therapeutische Maßnahme zum Schutz vor einer drohenden Austrocknung eine Mischung aus gleichen Teilen Apfelsaft und Wasser. Die andere Hälfte der Kinder durfte ausschließlich eine mit Apfelaroma versetzte Elektrolytmischung trinken.
Nach jedem Durchfall 10 Milliliter Flüssigkeit pro Kilo Körpergewicht
Die Eltern der Kinder sollten die Behandlung mit den entsprechend zugeteilten Getränken zu Hause fortführen. Nach jedem Durchfall sollten die kleinen Studienteilnehmer von der ihnen zugeteilten Flüssigkeit 10 Milliliter pro Kilogramm Körpergewicht zu sich nehmen – für ein 20 Kilo schweres Kind machte das 200 Milliliter. Nach jedem Erbrechen sollten sie 2 Milliliter pro Kilogramm Körpergewicht trinken. Die Kinder aus der Verdünnter-Apfelsaft-Gruppe durften, nachdem sie zwei Liter des verdünnten Saftes getrunken hatten, auch auf ein anderes Getränk ihrer Wahl umsteigen – etwa auf Wasser, Milch oder andere Fruchtsäfte. Kontrolliert wurde, ob die Kinder gleichermaßen schnell und ohne weitere Therapiemaßnahmen wieder gesund wurden.
Fazit: Geschmack beeinflusst die Trinkmenge positiv
Das Ergebnis der Untersuchung: Auch zuerst Apfelsaft mit Wasser gemischt und anschließend Getränke nach Wahl schützen kleine Kinder, die unter einer leichten Form von Durchfall und Erbrechen leiden und ansonsten in gutem Allgemeinzustand sind, ausreichend vor einer drohenden Austrocknung. Als Grund für den Erfolg sehen die Forscher vor allem den guten Geschmack: Auch wenn verdünnter Apfelsaft nicht so optimal zusammengesetzt ist wie die Elektrolytmischungen aus der Apotheke, trinken Kinder ihn bereitwillig in größerer Menge.
Viel trinken ist wichtiger als Zucker vermeiden
Die kanadischen Wissenschaftler waren sich bewusst, dass Eltern in der Regel den Rat erhalten, an Durchfall erkrankten Kindern gerade keine süßen Getränke wie Fruchtsaft oder Fruchtsaft-Wasser-Mischungen anzubieten, weil diese den Durchfall verschlimmern könnten. In der Studie schreiben die Forscher aber, dass die aktuellen Untersuchungsergebnisse einen anderen Schluss zuließen: Wie viel Zucker im angebotenen Getränk enthalten ist, sei für den Schutz vor Austrocknung nicht so wichtig wie der Umstand, dass die Kinder viel trinken.
Im Zweifel immer zum Kinderarzt
Trotz der positiven Ergebnisse ist die Gültigkeit der Studie begrenzt – zunächst vor allem auf westlich-entwickelte Gesellschaften mit entsprechender Gesundheitsversorgung. Zudem sind die Ergebnisse nicht übertragbar auf Babys unter sechs Monaten, ebenso wenig auf Kinder, die unter schweren Erkrankungsformen leiden oder bereits dehydriert sind. In diesen Fällen ist es notwendig, die Ursachen der Erkrankung und deren mögliche Behandlung schnellstmöglich mit dem Kinderarzt abzuklären.
Tipps
- Schnell ausgleichen: Bei Durchfall und Erbrechen ist es wichtig, den Flüssigkeits- und Mineralstoffhaushalt schnell auszugleichen – das gilt auch für Erwachsene. Neben mit Wasser verdünnten Fruchtsäften eignen sich leicht gesüßte Tees. Ob Apfel-, Orange- oder anderer Fruchtsaft verdünnt wird, ist Geschmackssache. Besteht das Getränk je zur Hälfte aus Saft und Wasser, gibt es dem Körper schnell Mineralstoffe zurück – so wurde es in der kanadischen Studie auch gemacht. Wenn eine erste Besserung eingetreten ist, ist es aber ratsam, Fruchtsaft und Wasser im Verhältnis 1 : 3 zu mischen, so wie es auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt. Das spart Zucker und Kalorien.
- Saft verdünnen: Mischen Sie Saft mit stillem Mineral- oder Leitungswasser. Wer auf Nummer sicher gehen will, kocht das Wasser vorher noch ab. Auf kohlensäurehaltiges Wasser lieber verzichten, es kann den in Aufruhr befindlichen Verdauungstrakt zusätzlich reizen. Also: Dem Kind keine sprudelnde Apfelschorle, sondern nur mit stillem Wasser verdünnten Apfelsaft geben!
- Lieber klar: Regt naturtrüber Apfelsaft den Darm ihres Kindes in gesunden Tagen eher an, sollten Sie für die Saft-Wasser-Mischung auf jeden Fall klaren Saft verwenden.
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Wie Sie bei Magen-Darm-Erkrankungen die Ursachen erkennen und die Beschwerden richtig behandeln, erklärt unser Ratgeber Magen und Darm. Beschwerden heilen, lindern, vermeiden. Was den Darm beruhigt und welche Medikamente gegen Durchfall helfen, lesen Sie in unserem Test von Mitteln gegen Durchfall und in unserer Datenbank Medikamente im Test. Dort finden Sie auch umfassende Informationen zum Thema Übelkeit und Erbrechen.
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