
Die S & K-Immobilienfirma warb Anleger mit einer wertlosen Tüv-Bescheinigung für ihre dubiosen Fonds. Der Tüv ließ S & K gewähren. Nun sind die Gründer von S & K in Haft. Ihnen wirft die Staatsanwaltschaft Betrug vor. Und die Anleger bangen um ihr Geld.
Auf Kundenfang mit dem Prüfergebnis vom Tüv
Ob Note, Siegel oder Bescheinigung – wenn sie vom Tüv kommen, wecken sie Vertrauen. Das wussten auch Stephan Schäfer (S) und Jonas Köller (K), Chefs der Frankfurter Immobilienfirma S & K. Sie beauftragten den Tüv Süd, ihnen den Wert ihrer Immobilien zu bescheinigen. Mit dem Prüfergebnis des Tüv schickten sie dann Vermittler auf Kundenfang. Zahllose Anleger vertrauten dem Tüv-Prüfbericht, der S & K noch Ende August 2011 einen Immobilienbestand mit einem Verkehrswert von mehr als 101 Millionen Euro bestätigte. Dass Tüv-Firmen wenig Glück bei der Bewertung von Geldanlagen hatten, zeigte sich schon vor Jahren. Der Tüv Rheinland stellte seine umstrittenen Beurteilungen 2008, der Tüv Nord Ende 2009 ein.
Eine Chronik der Pleiten
Wie falsch die Bescheinigung des Tüv Süd war, dürfte Anlegern am 19. Februar 2013 geschwant haben. Im Rahmen einer bundesweiten Großrazzia wurden die S & K-Gründer Schäfer und Köller sowie die Geschäftsführer von Firmen verhaftet, die mit S & K zusammengearbeitet hatten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen banden- und gewerbsmäßigen Betrug vor. Zudem sollen Schäfer und Köller in Saus und Braus gelebt haben und dafür privat viel Anlegergeld auf den Kopf gehauen haben. Seit der Inhaftierung der S & K-Verantwortlichen gehen Gesellschaften, die mit S & K zu tun hatten, reihenweise pleite die Chronik der Pleiten. Dazu gehören so bekannte Emissionshäuser wie die Deutsche Capital Management AG oder die SHB Innovative Fondskonzepte. Auch sechs Immobilienfonds sowie das dazugehörige Emissionshaus United Investors sind insolvent. Weit über 100 Millionen Euro sollen Anleger in die Fonds eingezahlt haben, bei denen nun vorläufige Insolvenzverwalter prüfen, ob noch Vermögen vorhanden ist.
Anlegergeld auf den Kopf gehauen
Wahrscheinlich ist das nicht, denn Fonds wie die Deutsche S & K Sachwerte und der Nachfolgefonds Deutsche S & K Sachwerte Nr. 2 investierten das Anlegergeld nicht direkt in Immobilien. Vielmehr gaben sie das Anlegergeld als Darlehen an das Emissionshaus United Investors weiter. Das wiederum reichte das Geld an S & K weiter. Schäfer und Köller nutzten das Geld für alles Mögliche. Unter anderem kauften sie sich damit in Unternehmen ein, setzten dort Vertraute als Geschäftsführer ein, um so an zusätzliche Barmittel zu kommen. Möglich wurde die Abzocke auch durch den vom Tüv Süd bescheinigten Verkehrswert des Immobilienbestands der S & K-Gruppe.
„Da waren meine Zweifel weg“
„Ohne die Tüv-Bescheinigung“, sagt Peter Schulz* aus Potsdam, „hätte ich Ende 2012 niemals 25 000 Euro in den Deutsche S & K Sachwerte Nr. 2 der United Investors eingezahlt.“ Die vom Vermittler der Euro Kontor aus Potsdam behauptete Auszahlung von 1 Prozent im Monat oder 12 Prozent pro Jahr, sei ihm auch für eine Immobilieninvestition recht hoch vorgekommen. Doch der Vermittler habe ihm erklärt, dass S & K auf den Kauf von Immobilien weit unter Verkehrswert spezialisiert sei und deshalb viel höhere Rohgewinne als andere Immobilienfirmen erziele. Zum Beweis habe er die Tüv-Bescheinigung vorgelegt. „Da waren meine Zweifel vom Tisch gewischt“, sagt Schulz. „Bisher hielt ich den Tüv für hochseriös.“
Eine Stellungnahme des Tüv Süd
Tatsächlich listete die Tüv Management Service GmbH An- und Verkaufspreise der Immobilien schlicht auf der Grundlage von Dokumenten auf, die S & K vorgelegt hatte. Ein Großteil der Wertgutachten wurde von einem Sachverständigen abgefasst, der jetzt in Untersuchungshaft sitzt. Was der Tüv für das Zusammenzählen der von S & K vorgelegten Zahlen kassierte, wollte er gegenüber Finanztest nicht mitteilen. Einsicht in die beiden Kriterienkataloge, die der Prüfung zugrunde liegen sollen, könne der Tüv nicht geben, weil er dem Auftraggeber gegenüber zur Vertraulichkeit verpflichtet sei, erklärt Heidi Atzler von der Tüv Süd Unternehmenskommunikation. Im Übrigen habe es sich um eine interne Bescheinigung gehandelt, bei der nach den Regeln des Kunden geprüft werde. S & K hätte damit nicht werben dürfen, verteidigt sich der Tüv.
Ein schlechtes Gewissen beim Tüv?
Ein schlechtes Gewissen hatte man beim Tüv aber wohl doch. In den Monaten vor der Inhaftierung der S & K-Bosse habe es „nachdrückliche Gespräche“ gegeben, um die Anlegerwerbung mit dem Tüv-Papier zu stoppen. Leider habe das Thema nicht zufriedenstellend geklärt werden können. Konsequentes Einschreiten gegen unerlaubte Werbung mit einer Tüv-Bescheinigung, die zudem noch als falsch erkannt ist, sieht anders aus. Schulz hat den Fall an Rechtsanwalt Jochen Resch aus Berlin übergeben. Der prüft, ob er den Tüv für den Schaden von Schulz haftbar machen kann.
* Name von der Redaktion geändert.