
Verkäufer von Billig-Druckerpatronen für Markendrucker haften unter Umständen, wenn mangelhafte Patronen von ihnen den Drucker des Kunden beschädigen. Das Amtsgericht Bretten verurteilte kürzlich einen Händler zur Übernahme von Reparaturkosten. test.de erläutert das Urteil und die rechtlichen Hintergründe.
Sparen mit billigen No-Name-Druckerpatronen
Peter Hilgert hat gemacht, was viele Verbraucher mit Markendruckern tun: Er hat für seinen Drucker, einen OfficeJet Pro 8600 der Marke HP, billigere Druckerpatronen von einem unbekannten Hersteller gekauft. Rund 20 Euro haben ihn vier Druckerpatronen beim Online-Anbieter druckerpatronenexpress.de gekostet. Für die Originaltinte von HP hätte der Mann aus Nordrhein-Westfalen rund 70 Euro hinblättern müssen. Hinter der Website druckerpatronenexpress.de verbirgt sich die Bublat KG aus Bretten bei Karlsruhe. Bedenken hat Hilgert beim Kauf nicht. Denn die Patronen hatte der Patronenverkäufer im Internet mit den Worten „kompatibel für HP“, „mit Chip“ und „funktioniert“ beworben.
Billigpatrone funktioniert nicht
Als die Billigpatronen geliefert werden, hat Peter Hilgert keine Freude damit. Er setzt sie ein, aber der Drucker funktioniert nicht. Als er sie wieder herausnimmt, sieht er, dass einer der vier Patronen der elektronische Chip fehlt, den HP in seinen teureren Originalpatronen verbaut. Selbst als Hilgert HP-Originalpatronen einbaut, funktioniert der Drucker nicht. Hilgert kontaktiert einen technischen Sachverständigen. Der erklärt ihm: durch den fehlenden Chip verbiegen sich die Kontaktfedern am Drucker. Um das Gerät zu reparieren, müsse der Druckkopf ausgetauscht werden. Dieser Darstellung wird die Bublat KG später im Gerichtsstreit nicht widersprechen. Auf Anfrage von test.de sagt Mario Bublat von der Geschäftsleitung der Bublat KG: „Falls der Chip bereits bei der Auslieferung gefehlt haben sollte, dann hat es sich um einen Einzelfall gehandelt.“
Der Streit eskaliert
Per E-Mail schickt Peter Hilgert ein Foto von der fehlerhaften Druckpatrone ohne Chip an die Bublat KG. Der Patronenverkäufer verlangt daraufhin, dass Hilgert den Drucker einschickt. Doch Peter Hilgert weigert sich nach Rücksprache mit dem Sachverständigen, weil er befürchtet, dass die Bublat KG die verbogenen Kontakte nur zurückbiegen will. Dem Hinweis, dass dies nur eine notdürftige Reparatur mit bestenfalls kurzfristigem Erfolg sei, wird Bublat im Prozess ebenfalls nicht widersprechen. Peter Hilgert holt jetzt einen Kostenvoranschlag des Druckerherstellers HP ein. 194 Euro soll die Behebung des Problems kosten. Hilgert stellt der Bublat KG diesen Betrag in Rechnung. Doch das Unternehmen zahlt nicht. Mit einem eingesandten Bild könne keine Erstattung eingefordert werden, so Mario Bublat. Peter Hilgert hat die Nase voll, er reicht Klage ein.
Amtsgericht entscheidet zugunsten des Verbrauchers
Das Amtsgericht Bretten verurteilt die Bublat KG zur Zahlung der 194 Euro Reparaturkosten (Az. 1 C 362/15). Ganz entscheidend: Das Gericht wertet die Angebotsbeschreibung der Bublat KG („Kompatibel für HP“ und „mit Chip“) als Zusicherung, was der Übernahme einer Garantie entspricht. Folge: Der Verkäufer haftet für Schäden, die durch seine mangelhafte Ware (hier: die Patrone ohne Chip) entstehen – ob der Händler den Fehler verschuldet hat, spielt dabei keine Rolle.
Urteil auch für andere Onlineshops wichtig
Die gerichtliche Einstufung der Angebotsbeschreibung als Zusicherung ist über diesen Einzelfall hinaus bedeutsam, weil bei Ebay und Amazon viele Patronenverkäufer mit dem „Kompatibilitäts“-Hinweis um Kunden werben.
Verbraucher muss defekte Ware nicht einschicken
Grundsätzlich gilt: Wenn Käufer einen Mangel an der gekauften Ware reklamieren, darf der Verkäufer die Sache zunächst einmal untersuchen. Das heißt für Onlinekäufe: Der Käufer muss die Ware einschicken. Findet der Verkäufer dann bei der Untersuchung tatsächlich einen Mangel, darf er ihn anschließend auch selbst reparieren. Diese Grundsätze des Kaufrechts gelten aber nicht bei Schäden, die durch eine mangelhafte Kaufsache an anderen Sachen des Kunden entstehen. Im Klartext: Hätte Peter Hilgert nur Ersatz für die fehlerhafte Patrone haben wollen, hätte er diese erst einschicken müssen. Die Bublat KG hätte dann die Patrone gegen eine einwandfreie ausgetauscht, die Patrone repariert oder dem Kunden den Kaufpreis zurückerstattet. Da es im Streit aber um den Mangelfolgeschaden am Drucker ging, gilt das allgemeine Schadenersatzrecht. Das heißt: Wenn der Kunde es wünscht, kann er die Reparatur selbst organisieren und anschließend vom Verkäufer der mangelhaften Sache Ersatz seiner Kosten verlangen. Darum war Peter Hilgert nach Ansicht des Gerichts nicht verpflichtet, den Drucker zur Reparatur an den Patronenverkäufer zu schicken.
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Fremdtinte nicht grundsätzlich schlecht
Was Peter Hilgert erlebt hat, bedeutet nicht, dass zwangsläufig jede Fremdpatrone für Markendrucker gefährlich wird. Seit vielen Jahren testet die Stiftung Warentest regelmäßig Druckerpatronen. Beim Test im Jahr 2015 zeigten sich zwar in einigen Fällen Kompatibilitätsprobleme. Die meisten Fremdpatronen druckten aber zuverlässig und brachten außerdem eine enorme Ersparnis gegenüber Originalpatronen (Druckerpatronen: Großes Sparpotenzial – Probleme bei Kompatibilität). Auch Peter Hilgert will nicht ausschließen, wieder billigere Patronen für seinen Drucker zu kaufen. In Zukunft will er sich aber jede Patrone vor dem Einsatz genau daraufhin ansehen, ob sie auch den erforderlichen Chip besitzt.
Tipp: Warum gesetzliche Gewährleistung und Herstellergarantie nicht von der verwendeten Druckertinte abhängen, erklären wir in unserem Artikel Drucken mit Billigtinte: Ohne Gewähr?
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Seit ca. 10 Wochen führt o.g. Drucker vor dem ersten Ausdruck - (nach dem Einschalten) – etwa 5 Minuten lang eine Reinigungsprozedur durch. Mit der Druckqualität hatte ich allerdings bisher nie Probleme. Die Patrone schwarz hat zuletzt für ca. 20 Seiten ausgereicht. Die Farbpatronen sowie die fotoschwarz- Patrone wurden kaum gebraucht, und sind ebenfalls geleert worden. Vermutlich hat die Firma Ep*on eine Änderung im Drucker durchgeführt, sodass die Fremd - Patronen Störungen verursachen. Die Patronen sind offensichtlich mit dem Drucker nicht mehr kompatibel.
Der Drucker hat inzwischen seinen Dienst eingestellt, da das Tintenkissen durch die ständige Reinigung voll ist. Eine Reparatur scheint nicht lohnenswert. Die Lieferfirma der Fremdpatronen hat sehr kulant die vorzeitig geleerten Patronen ersetzt!
Epson-Drucker kommen mir aber nicht mehr ins Haus!
Das Problem gehört an der Wurzel angepackt.
Viele Drucker Hersteller wollen mit immer neuen Schikanen verhindern dass "Fremdtinten" zum Einsatz kommen und ihr Geschäftsmodell schmälern.
Eine Norm auf die Schnittstellen könnte das verhindern, wird aber stets mit technischen Gründen abgewürgt.
Gut dass die Autohersteller noch keine Betriebsstoffe herstellen,
WB