

Nach dem Test der Dispozinsen von Finanztest melden sich jetzt Banken, die vorher Auskünfte über die Höhe des Zinses verweigerten. Und manche handeln auch – indem sie den Zins für die Überziehung des Girokontos senken. Eine Test-Bilanz.
Überraschung für die Banken
Stefan Wiederspahn, Vorstandsmitglied der Volksbank Feldatal, reagierte prompt. Den Vorwurf der Stiftung Warentest, sein Haus habe mit 14,75 Prozent den höchsten Dispozins Deutschlands, wollte er nicht auf sich sitzen lassen. Rückwirkend zum 1. Juli senkte er den Dispozins auf 12,95 Prozent. Das findet Finanztest immer noch viel zu hoch. Angesichts der derzeit sehr niedrigen Marktzinsen müssten die Dispozinsen deutlich unter 10 Prozent liegen. Das Beispiel der Volksbank Feldatal zeigt, dass unsere Veröffentlichung der Konditionen für die Überziehung des Girokontos nicht nur für Verbraucher, sondern auch für Banken hilfreich ist, um Preise vergleichen zu können. Laut Bild-Zeitung wusste Wiederspahn gar nicht, dass seine Bank den höchsten Dispozins in Deutschland hatte. Das Untersuchungsergebnis habe ihn überrascht. Überrascht waren auch einige Banken, dass unsere Tester fehlende Angaben direkt vor Ort ermittelten. Denn diesmal schickten wir Tester in alle Institute, die ihre Preise im Internet nicht transparent machten und unsere E-Mail-Anfrage zur Höhe des Dispozinssatzes nicht beantworteten.
Fehlende Dispopreise im Internet
Weil nur 413 von 1 538 Instituten die Konditionen freiwillig mitteilten, wollten wir die Zinssätze der fehlenden 1 125 Institute auf deren Websites im Internet ermitteln. Dort hätten sie nach Ankündigung der Bankenverbände vom Juni 2013 eigentlich stehen müssen. Trotzdem wurden wir nur in 519 Fällen fündig. Am 1. Juli 2013 fehlten im Internet immer noch die Preisaushänge von einem Drittel der Sparkassen und knapp zwei Dritteln der Volks- und Raiffeisenbanken. Offenbar dachten viele Mitgliedsinstitute gar nicht daran, der Aufforderung ihres Verbandes nachzukommen. Denn die Ankündigungen der Verbände sind lediglich Appelle, die von den Instituten nicht befolgt werden müssen. Die Deutsche Kreditwirtschaft, ein Zusammenschluss der deutschen Bankenverbände, erklärte dazu, dass jedes ihrer Mitgliedsinstitute selbstständig „über die von den Verbänden empfohlene weitergehende Transparenz bei der Angabe der Dispokreditzinsen“ entscheiden könne.
Testarbeit mit Hürden
Nachdem wir die Konditionen von 606 Instituten weder auf Anfrage noch auf der Website des Unternehmens ermitteln konnten, haben wir Tester in die Filialen geschickt. Sie sollten die Höhe der Dispozinsen im Preisaushang im Schaufenster fotografieren oder abschreiben, wenn sie im Innenraum der Institute hingen. Das hätte eigentlich einfach sein müssen, weil die Preisangabenverordnung Banken vorschreibt, alle wichtigen Entgelte im Preisaushang oder Preisverzeichnis für Kunden gut sichtbar in allen Filialen auszuhängen. Nicht überall war das der Fall. Deshalb waren unsere Tester angehalten, die Höhe des Dispozinses bei einem Mitarbeiter zu erfragen. In 26 Fällen gelang selbst das nicht, weil Mitarbeiter zum Beispiel behaupteten: „Ich kann das Computerprogramm gerade nicht öffnen“ oder „Den Zins kann ich Ihnen nicht nennen, er wird gerade geändert.“
Bundesanstalt prüft Einzelfälle
Die Volksbank Magdeburg fühlt sich falsch eingeordnet. Sie erklärt, dass sie Preisaushänge in allen Filialen habe. Seit dem 2. Juli 2013 habe sie zudem die Preise für den Dispozins auf ihre Website gestellt. Der Zins beträgt 11,77 Prozent. Da Banken nach der Preisangabenverordnung einen Preisaushang veröffentlichen müssen, hat sich die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) eingeschaltet. Ben Fischer, Sprecher der Bankenaufsicht, erklärte: „Die Bafin wird sich die genannten Fälle genau anschauen.“ Zunächst werde sie die einzelnen Sachverhalte näher aufklären und anschließend beurteilen, ob „Beanstandungen gegeben sind“.
Leser schicken Unterlagen
Nach unserem Test der Dispozinsen erreichten uns hunderte Mails und Briefe, in denen empörte Leser schrieben, dass ihre Dispozinsen höher seien als von uns angegeben. Ihre Kontoauszüge schickten sie zum Beweis gleich mit. Dort steht meist, wie hoch die aktuellen Sollzinssätze für die Kontoüberziehung oder den Überziehungszins sind. 17, 18 und sogar über 20 Prozent betragen sie. Bei all diesen Zinssätzen handelt es sich aber nicht um den Dispozins, sondern um die „geduldete Überziehung“. Banken und Sparkassen bezeichnen sie häufig nur als „Überziehungszinssatz“. Solche Überziehungszinsen werden immer dann fällig, wenn ein Kunde auch noch den mit der Bank vereinbarten Rahmen für den Dispositionskredit überzieht. Da auch beim Dispozins von Kontoüberziehung die Rede ist, werden diese Angaben von Verbrauchern leicht verwechselt. Das passierte auch unserem Tester, den wir zur Raiffeisenbank Taufkirchen-Oberneukirchen schickten.
Richtigstellung
Anders als vom Tester ermittelt und wie in der September-Ausgabe von Finanztest veröffentlicht, beträgt der Dispozinssatz der Raiffeisenbank Taufkirchen-Oberneukirchen nicht 14,75 Prozent, sondern 13,25 Prozent. Die Stiftung Warentest bedauert den Fehler. Der Tester, den wir in die Bank geschickt hatten, weil sie uns auf Anfrage den Dispozinssatz nicht nennen wollte und ihn auch nicht im Internet veröffentlichte, verwechselte auf dem Preisaushang den Dispozins mit dem Zins für eine geduldete Überziehung. Mit dem Zinssatz von 13,25 Prozent gehört die Raiffeisenbank Taufkirchen-Oberneukirchen immer noch zu den über 100 teuersten Banken im Test.
Die neue Transparenz
Es gab noch weitere Banken, die sich über unsere Veröffentlichung beklagten. Vor allem Häuser, die unsere Anfrage ignorierten oder die es ablehnten, ihre Preise bekannt zu geben, sind plötzlich auskunftsfreudig. Der Vorstandsvorsitzende der Raiffeisenbank Fischenich-Kendenich, Andreas Knapp, der auf unsere Anfrage nicht reagiert hatte, forderte sogar eine Richtigstellung. Der Dispozinssatz seines Hauses betrage nur 12,65 Prozent. Das von unserem Tester fotografierte Preisverzeichnis mit Datum vom 1. Januar 2013 weist allerdings 14,25 Prozent aus. Laut Knapp hat die Bank „den irrtümlichen Preisaushang“ nun entfernt. Auch bei der Raiffeisenbank Zorneding hing offenbar ein falscher Preisaushang in der Filiale. Das ist schade, denn die Bank gehört mit einem Dispozins von 7,9 Prozent zu den günstigen Banken im Test.
Es könnte alles so einfach sein
Die Raiffeisen-Volksbank Saale-Orla, die beim Besuch unseres Testers nicht einmal einen Preisaushang hatte, beschwert sich ebenfalls. Der Zinssatz von 11,75 Prozent, der unserem Tester von einem Mitarbeiter mitgeteilt worden sei, stimme nicht. Der richtige Zinssatz sei 9,99 Prozent. Einen Preisaushang wollte sie uns nicht schicken. Das tat aber ein Leser, sodass wir die Änderung hier trotzdem melden. Die Volksbank Erft hat uns mitgeteilt, dass der Dispozins 8,50 Prozent für das Konto Premium und 12,50 Prozent für alle anderen Girokonten beträgt. Auch hier fehlte der Preisaushang in der Filiale und unserem Tester wurde ein Zinssatz von 13,50 Prozent genannt. Bei den Raiffeisenbanken Dietersheim und Umgebung und Greding-Thalmässing sowie der Sparkasse Höxter gab es zwar Preisaushänge in den Filialen. Sie waren jedoch offenbar nicht auf dem aktuellen Stand. Die Institute haben inzwischen belegt, dass sie zum Stichtag unseres Tests am 1. Juli 2013 andere Konditionen hatten. Der Dispozins der Sparkasse Höxter beträgt 11,91 Prozent, bei der Raiffeisenbank Dietersheim und Umgebung beträgt er 12,50 Prozent, bei der Raiffeisenbank Greding-Thalmässing 11,65 Prozent. Dabei könnten Banken und Kunden es ganz einfach haben. In Filialen und im Internet klar und verständlich die aktuellen Kontopreise nennen. Fertig!
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Erfreulicherweise haben sich die Verbraucherminister der Länder als Reaktion auf weitgehend gescheiterte Selbstverpflichtungen auf der letzten Verbraucherschutzministerkonferenz fast einstimmig für eine Deckelung der Dispo- und Überziehungszinsen ausgesprochen. Nur die CDU(-geführte Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz) in Berlin hat sich mit fadenscheiniger Begründung wieder mal als Bremse in Sachen Verbraucherschutz erwiesen. Zum Glück ist diese paradoxe Haltung eines VERBRAUCHERSENATORS anhand der Abstimmung (S. 66-67) zu diesem Sachverhalt im Internet für jede/n transparent.
https://www.verbraucherschutzministerkonferenz.de/documents/endgErgebnisprotokoll10-VSMK_2.pdf
Nun die Frage ist, will ich leben oder will ich nur ständig auf die Hut sein. Mit nehmen kann man eh nichts, jedenfalls soweit ich weis ;-))