
Containerhafen in Hamburg: Anleger leiden, weil die Nachfrage nach Containern aktuell mau ist. © Thinkstock
Container kaufen und vermieten war lange lukrativ. Dann ließ die Nachfrage nach. Jetzt bangen Zehntausende Anleger.
Das Angebot klang lukrativ: „Wie ein Schweizer Uhrwerk“, erklärte ein Berater Finanztest-Leser Ralf Schmidt*, liefen die Direktinvestments in Container der Hamburger Magellan-Gruppe. „Die Leistungsbilanz ist vorbildlich. Keine Mietausfälle, trotz Krise. 100 Prozent Planerfüllung.“ Bei Renditen von 5,15 bis 7,12 Prozent. Das war 2014.
Ende Mai 2016 stellte Magellan Maritime Services GmbH (MMS) in Hamburg einen Insolvenzantrag. Schmidt, der für rund 105 000 Euro 45 Container für rund 2 100 Euro und drei Container für je 3 975 Euro pro Stück gekauft hat, wartet seither vergeblich auf seine vertraglich garantierte Miete von über 3 000 Euro für das erste Quartal 2016. Schmidt hat Angst um sein Geld – wie rund 9 000 Anleger der MMS.
Auch Buss-Gruppe hat Probleme
MMS ist nicht der einzige strauchelnde Anbieter. Auch die Hamburger Buss-Gruppe hat Probleme, seitdem der weltweite Warenumschlag anhaltend zurückgegangen ist. Reedereien, die nicht unnötig Kapital binden wollen und deshalb Container lieber mieten als kaufen, fragen aktuell deutlich weniger Kisten als noch vor einem Jahr nach. Auch wegen gefallener Stahlpreise sind die Preise für Neucontainer auf ein 13-Jahres-Tief gefallen und haben die Mieten mit nach unten gerissen.
So läuft das Direktinvestment
Und so läuft das Containergeschäft, das sich laut Magellan „seit Jahrzehnten für Investoren bewährt hat“. Meist kaufen Anleger eine oder mehrere der „stabilen Kisten“ für Preise je nach Größe und Verwendungszweck zwischen 2 000 und 50 000 Euro pro Stück.
Die Vermietung der Stahlkisten an internationale Reedereien organisieren die Anbieter für den Investor. Für ihre Bemühungen nimmt die Anbieterfirma den Betrag, der über die vertraglich garantierte Miete für den Investor hinausgeht. Investoren erhalten vierteljährlich die Mietrückflüsse, bei Magellan beispielsweise garantierte 11,9 Prozent im Jahr. Insgesamt sollen Anleger in der Vergangenheit Überschüsse von bis zu 50 Prozent des Anschaffungswerts der Container erzielt haben.
In welcher Form Investoren zum Vertragsende der Rückkauf ihrer Container angeboten wird, ist unterschiedlich. Es gibt Angebote mit festem Rückkaufspreis und solche, die lediglich ein gutes Rückkaufsangebot in Aussicht stellen.
Insolvenzverwalter rät zum Abwarten
Magellan, seit 24 Jahren am Markt, kann derzeit die garantierten Mieten nicht zahlen und Rückkaufsangebote nicht erfüllen. MMS verwaltet insgesamt 187 000 Container. 160 000 Stück wurden über ein Direktinvestment von Investoren finanziert. Begründet werden die Probleme mit Zahlungsschwierigkeiten bei den Reedereien. Nach ersten Schätzungen stehen 350 Millionen Euro auf dem Spiel.
Der vorläufige Insolvenzverwalter von Magellan, Rechtsanwalt Peter-Alexander Borchardt von der Kanzlei Reimer Rechtsanwälte in Hamburg, führt die Insolvenz maßgeblich auf verkürzte Zahlungsziele chinesischer Hersteller von Neucontainern zurück.
Wie hoch die Insolvenzmasse ist, kann Borchardt gegenwärtig noch nicht sagen. Es sei aber genügend Geld da, um die Geschäfte der MMS im Interesse der Gläubiger weiterzuführen. Borchardt will sämtliche Einnahmen sichern und in die Insolvenzmasse einbringen. Dazu zählt er auch die Anlegern garantierten Mieten.
Ihnen rät er, bis zur Eröffnung des endgültigen Insolvenzverfahrens – Termin ist voraussichtlich der 1. September 2016 – die Füße still zu halten. Vorher macht es nach Borchardts Auffassung keinen Sinn, Forderungen zur Insolvenztabelle anzumelden.
Wem gehören die Mieten?
Nach Ansicht von Rechtsanwalt Peter Mattil von der Münchener Kanzlei Mattil & Kollegen, darf Borchardt die Mieten nicht behalten. „Die Mieten, die Reedereien für die Container zahlen, stehen den Investoren zu“, erklärt er. Sie müssten aus der Insolvenzmasse ausgesondert werden. Es handele sich bei dieser Anlageform gerade nicht um einen Fonds, sondern um Direktinvestments, bei denen die Anleger selbst Eigentümer und Vermieter der Container wurden. Das gehe auch eindeutig aus den Verträgen hervor.
Auch Finanztest-Leser Schmidt ist laut Vertrag Eigentümer und Vermieter seiner Container geworden. In seinen Verträgen heißt es: „Sämtliche Rechte und Pflichten aus dem Miet- und Verwaltungsverhältnis gehen gleichzeitig mit der Eigentumsübertragung auf den Investor über. MMS zieht die Mieten für den Investor ein.“ Für den Fall, dass MMS seine Mietgarantie „nicht ordnungsgemäß“ erfüllen sollte, heißt es weiter, werden die Rechte aus dem Mietverhältnis „von dem Investor (...) unmittelbar wahrgenommen“.
Anleger dürfen selbst vermieten
Schmidt könnte seine Container also auch selbst vermieten. Weil das jedoch für Privatanleger wegen fehlender Kontakte zu Reedereien sehr schwer sein dürfte, übernehmen die Anbieter der Containerdirektinvestments diese Arbeit.
Anleger müssen Mieten einfordern
Laut Vertrag dürfe Borchardt die Insolvenzverwaltung nur auf das eigene Vermögen der Firma Magellan beschränken. Die Mieten müsse er sofort an die Eigentümer herausgeben, sagt Mattil. Anlegern rät er, die sofortige Auszahlung aller ausstehenden und eingehenden Mieten zu verlangen.
Schmidt hat unseren Musterbrief abgeschickt und den Insolvenzverwalter aufgefordert, ihm umgehend alle ausstehenden Mieten in Höhe von rund 3 000 Euro auf sein Konto zu überweisen.
Die Magellan könnte Untreue begangen haben, indem sie die Mieteinnahmen mit dem Vermögen der Firma Magellan vermischt hat, meint Mattil. Er hofft, dass der Verwalter diese Praxis ändert. Das hat Borchardt jedoch nicht vor. Ein Rechtsgutachten habe ergeben, dass die Mieten MMS zustünden, teilte Borchardt Anlegern mit.
Buss: Verluste für Container-Käufer
Mit dem Slogan „Wo die Wellen hoch schlagen, wird spitzenmäßig verdient“ pries die Hamburger Buss-Unternehmensgruppe ihre Direktinvestments Nr. 54 und 55 noch vor Jahresfrist an. Im April 2016 war in einem Brief an Käufer von Offshore-Containern davon keine Rede mehr. Weil viele Firmen wegen des sinkenden Ölpreises ihre Bohrvorhaben stoppen oder verschieben würden, seien die Offshore-Container, die Ölbohrinseln mit Materialien versorgen, nur noch schwer vermietbar. Die Buss Global Direct Singapur könne Anlegern deshalb nicht mehr die vollständigen Mieten zahlen. Sie werde liquidiert.
Anleger der Buss-Investor-Services blieb keine andere Wahl, als das vorgeschlagene Restrukturierungskonzept anzunehmen. Dazu mussten sie einen Vertrag mit einer neuen Firma der Buss-Gruppe abschließen, in dem sie niedrigere Einnahmen akzeptierten.
Das Konzept sieht weniger Mieterträge und einen flexiblen Verkauf ihrer Container zu niedrigeren Preisen vor als bisher kalkuliert. Betroffen sind die Buss-Angebote 31, 32, 40, 41, 44, 45, 48, 49, 54 und 55.
Laut Buss hat die große Mehrheit dem Restrukturierungskonzept zugestimmt. Ob es funktionieren wird, hängt auch von der künftigen Marktentwicklung ab. Buss rechnet frühestens 2017 mit einer Markterholung.
P & R antwortet Finanztest nicht
Wie es dem Marktführer von Containerdirektinvestments P & R aus Grünwald bei München geht, der mit rund 62 000 zufriedenen Kunden wirbt, wissen wir nicht. Der auf der Internetseite mit „wir helfen gerne weiter“ angegebene Pressekontakt, Hajo Maier, hat auf unsere Fragen zur wirtschaftlichen Lage von P & R auch nach einer Woche nicht geantwortet. Auf Nachfrage erklärte Maier, man habe keine Zeit dazu.
Informationen über den Markt sind aber gerade in Krisenzeiten für Anleger besonders wichtig, wenn sie ein Investment richtig einschätzen wollen.
Bis vor Kurzem brauchten Anbieter nicht einmal einen Verkaufsprospekt zu veröffentlichen, wenn sie keinen Rückkaufswert für die Stahlkisten garantiert haben. Das ist am 2. Juli 2016 mit dem neuen Finanzmarktnovellierungsgesetz geändert worden. Danach sind auch Anbieter, die lediglich einen Rückkauf in Aussicht stellen, ab 31. Dezember 2016 prospektpflichtig. Sie müssen Käufer über alle Risiken des Geschäfts aufklären.
Schmidt hätte es geholfen, wenn er über die Risiken eines Investments in Container Bescheid gewusst hätte. Heute ist er heilfroh, dass er ein P & R-Angebot, das ihn im Mai erreichte, noch nicht abgeschlossen hatte, als er von der Magellan-Insolvenz erfuhr. Denn „Simply, smart, sicher“, wie Magellan auf ihrer Internetseite verkündete, sei offenbar kein Containerdirektinvestment.
* Name von der Redaktion geändert.
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- Nach der Pleite einer Anlagefirma verlangen Insolvenzverwalter oft Ausschüttungen zurück, die Anleger erhalten haben. Das dürfen sie nicht immer, wie der Fall P&R zeigt.
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- Dubiose Anwälte strengen massenhaft Verfahren an, die Geschädigten kaum helfen. Viele Opfer fühlen sich ein zweites Mal geschröpft. Wir zeigen, wie die Anwälte vorgehen.
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- Die Solvium-Gruppe leiht sich Geld von Investoren, um Container zu kaufen. Dafür zahlt sie Zinsen. Das klingt gut, birgt aber hohe Risiken. Einige sind beunruhigend.
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