Dioxin in Lebensmitteln 10 Fragen und Antworten

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Dioxin in Lebensmitteln - 10 Fragen und Antworten

Täglich gelangen neue Details des Dioxinskandals ans Licht. Viele Verbraucher sind verunsichert. test.de gibt Antworten auf die drängendsten Fragen.

Wie gefährlich ist Dioxin?

Die Rede ist von 210 chemischen Verbindungen, die bei Verbrennungsprozessen entstehen. Sie ähneln sich im Aufbau, wirken aber unterschiedlich giftig. 75 Verbindungen zählen zur Gruppe der Dioxine, 135 zu den Dibenzofuranen. Umgangssprachlich werden alle als Dioxine bezeichnet. Dioxine sind besonders bedenklich, da sie sich im tierischen und menschlichen Organismus anreichern und sehr langlebig sind. Sie werden auch in tierischen Lebensmitteln wie Eiern nachgewiesen. Einige können das Krebsrisiko erhöhen, bei anderen wirkten sich hohe Dosen im Tierversuch negativ auf das Immun- und Nervensystem, den Hormonhaushalt und die Fortpflanzungsfähigkeit aus. Besonders Leber und Schilddrüse scheinen empfindlich auf Dioxine zu reagieren. Die weitaus giftigste Substanz ist das TCDD (2,3,7,8-Tetrachlor-Dibenzo–p-Dioxin).

Wie gelangt Dioxin in Lebensmittel?

Meist sind tierische Produkte betroffen, die einen hohen Fettgehalt haben. Denn Dioxin lagert sich gerade im Fettgewebe ein. Ein Großteil des Dioxins, das wir aufnehmen, stammt aus Milch- und Milchprodukten sowie aus fettem Fisch. Eier tragen im Vergleich eher wenig zur Gesamtbelastung mit Dioxin bei. Im aktuellen Fall wurden erhöhte Dioxingehalte in Eiern und in Fleisch von Legehennen und Schweinen nachgewiesen – verantwortlich waren verunreinigte Fette, die in Futtermitteln verarbeitet wurden. Legehennen nehmen Dioxine aber auch über den Boden auf. Dioxine sind in der Umwelt praktisch allgegenwärtig, wenn auch meist nur in geringen Mengen. Ursache hierfür ist der zu sorglose Umgang in früheren Jahrzehnten, beispielsweise aus industriellen Prozessen oder alten Müllverbrennungsanlagen. Sie sind sehr langlebig und bauen sich nur sehr langsam ab. Tiere akkumulieren das aufgenommene Gift im Körper. Es ist schlecht abbaubar, da Säugetieren die entsprechenden Enzyme dafür fehlen. Nach einiger Zeit findet sich das aufgenommene Dioxin dann auch im Eigelb oder im Fleisch wieder.

Wie bedenklich sind dioxinbelastete Eier?

Dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit zufolge überschreiten die meisten der bislang untersuchten Eier keine Höchstmengen. Zwar sind Dioxine besonders giftig. Doch die gefundenen Mengen sind winzig. Die Maßeinheit dafür heißt Picogramm. Zur Vorstellung: ein Picogramm entspricht einem billionstel Gramm. Im Durchschnitt nehmen wir am Tag 1 bis 2 Picogramm Dioxin pro Kilogramm Körpergewicht auf, damit liegen wir bereits recht nah an den noch vertretbaren Zufuhrmengen: Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit hält über das ganze Leben verteilt zwei Picogramm pro Tag und Kilogramm Körpergewicht für vertretbar. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) gibt eine Spanne von 1 bis 4 Picogramm an. Wer in den vergangenen Wochen viele Lebensmittel gegessen hat, die stark mit Dioxin belastet waren, hat womöglich kurzfristig den WHO-Wert erreicht oder überschritten. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) sieht darin allerdings keine Gefahr für die Gesundheit, da der Verzehrszeitraum begrenzt ist. Dennoch sollten weitere Belastungen möglichst vermieden werden. Denn auch beim Menschen lagert sich Dioxin im Fettgewebe des Körpers ein und wird kaum abgebaut.

Gilt das auch für Kinder?

Besonders vorsichtig sollten Kinder sein: Wegen ihres geringeren Körpergewichts erreichen sie die kritische Aufnahmemenge von Dioxin schneller als Erwachsene. Sie sollten nicht mehr als ein bis zwei Eier pro Woche essen.

Ich habe ein hoch belastetes Ei gegessen. Was nun?

Eine akute Gesundheitsgefahr durch Dioxin schließt das BfR aus. Über ein einzelnes Ei muss sich daher niemand Sorgen machen. Wichtig ist, wie viel der Körper im Laufe seines Lebens verkraften muss, einzelne stark belastete Lebensmittel spielen keine Rolle.

Ich habe längere Zeit belastete Eier gegessen. Was nun?

Hierfür hat das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) einen Extremfall für Eierliebhaber entworfen: Angenommen ein junger Erwachsener isst ein Jahr lang täglich zwei Eier mit jeweils 10 Picogramm Dioxin pro Gramm Fett. Das entspräche einer deutlich höheren Belastung als normalerweise. Dann würde sich die durchschnittliche Dioxinaufnahme am Tag von 2 auf 4 Picogramm pro Kilogramm Körpergewicht erhöhen. Das liegt noch im Rahmen dessen, was die WHO als tolerierbar ansieht. Nach einem Jahr hätte die Person etwa 13 Picogramm Dioxin pro Gramm Fettgewebe im Körper – ein Anstieg von 30 Prozent im Verlauf dieses Jahres. Das klingt erst einmal hoch. Die Toxikologen des BfR sehen jedoch auch hierin keine erwiesene Gefahr für die Gesundheit. Begründung: Vor 20 Jahren hätte ein junger Erwachsener noch den doppelten Gehalt an Dioxin im Fettgewebe. Durch Umweltschutzmaßnahmen sei die Belastung gesenkt worden. Erkrankungen durch Dioxin wie die Chlorakne seien nur bei extrem hohen Belastungen, wie sie durch Industrieunfälle geschehen, aufgetreten. Ein Flussfischer, der regelmäßig selbst gefangene Fische isst, müsse sich mehr Sorgen machen als ein Eier-Fan.

Kann ich Dioxin im Körper messen lassen?

Ja, man müsste dann in einem spezialisierten Labor auf eigene Kosten eine Blutanalyse machen lassen. Diese ist allerdings recht teuer, die Aussagekraft nur gering. Die meisten Menschen haben im Körper Mengen angesammelt, die als unbedenklich gelten. Es besteht nur dann Grund zur Sorge, wenn man längere Zeit sehr hohen Dioxinbelastungen ausgesetzt war, etwa in einem bestimmten Arbeitsumfeld.

Habe ich belastete Lebensmittel im Kühlschrank?

Riechen oder schmecken lässt sich Dioxin nicht. Überhaupt ist es so gut wie unmöglich herauszubekommen, ob die Eier betroffen sind. Zwar gibt es einen Erzeugercode auf jedem Ei, über den es sich sehr gut zurückverfolgen lässt. Der Code gibt Auskunft, aus welchem Land, welcher Region und welchem Legebetrieb das Ei kommt. Doch bis jetzt wurde kaum öffentlich gemacht, welche Legebetriebe tatsächlich mit Dioxin belastetes Futter verwendet haben oder zwischenzeitlich geschlossen wurden. Nur tröpfchenweise veröffentlichen die Bundesländer Eiercodes von Höfen, auf denen erhöhte Dioxinwerte gemessen wurden. Noch schwieriger ist es, belastetes Schweinefleisch zu erkennen. Hersteller müssen die Herkunft des Fleisches nirgendwo angeben. Niedersachsen konnte bisher nicht mitteilen, ob dioxinbelastetes Schweinefleisch in den Handel gelangt ist.

Hilft die Hotline des Verbraucherministeriums?

Unter der Telefonnummer 0228/9 95 29 40 00 können besorgte Verbraucher sich zum Thema Dioxin informieren. Wir haben die Hotline probeweise anonym angerufen. Unser Eindruck: Die Mitarbeiter reagieren schnell und sind gut informiert. Man kann ihnen per Telefon die Erzeugercodes der Eier nennen, zu denen man Auskünfte möchte. Kommen die Eier nicht aus Niedersachsen oder Nordrhein-Westfalen, wird Entwarnung gegeben. Bisher wurden nur in diesen beiden Bundesländern Legehennebetriebe ermittelt, in denen zu stark belastetes Futter an die Tiere verfüttert wurde. Die Hotline gibt also den aktuellen Stand durch. Zu beachten ist aber, dass derzeit in vielen Bundesländern noch Ermittlungen laufen. Neben Legehennenbetrieben werden Mastbetriebe für Schweine, Puten und Hähnchen untersucht. Es ist nicht auszuschließen, dass in den kommenden Tagen und Wochen auch noch vor Eiern aus anderen Bundesländern als Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen gewarnt werden wird.

Sind Bio-Eier eine Alternative?

Im aktuellen Dioxin-Skandal gab es Entwarnung für Bio-Eier, sie sind nicht betroffen. Das war in der Vergangenheit nicht immer so. Im Mai 2010 hatten die Behörden in mehreren Bundesländern mit Dioxin belastete Bio-Eier entdeckt. Dutzende Legehennenbetriebe mussten schließen. Als Ursache galt damals mit Dioxin belasteter Mais aus der Ukraine. Das Futtermittel war zwar biozertifiziert, aber dennoch belastet.

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7 Kommentare Diskutieren Sie mit

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Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

dietersaar am 24.01.2011 um 12:49 Uhr
arme schweine...

sind auch die Verbraucher; gegen die verschiedenen Gifte in Lebensmittel hilft wohl nur der verstärkte Einkauf von Bio, selbst wenn er beim Diskounter, der fast von jedem zu erreichen ist, stattfindet! Auch Unterstützung von foodwatch ist sicher eine 'gute Tat'!
Danke an test für die Aufklärung, auch wenn sie nicht 'total' befriedigen kann...c'est la vie!

derPragmatiker am 13.01.2011 um 17:15 Uhr
auf den Mix kommt es an

Drin sein kann immer was - die Aufdeckung von Lebensmittelskandalen ist immer der Nachtisch.
Daher: Immer einseitige Vergiftung vermeiden!
Ob Bio oder nicht: Hersteller-Mix
Die Wurzel des Übels ist der Zwang zur Verzinsung des einegessetzten Kapitals.

McGregor am 13.01.2011 um 14:44 Uhr
@fuerTiere

Was soll denn sonst mit den Tieren geschehen? Vielleicht zur Adoption als Haustier freigegeben oder wie? Der betroffene Betrieb selbst wird sie wohl kaum noch auf seine Kosten durchfüttern wollen und vor allem können, wenn das Fleisch nicht zum Verkauf freigegeben wird.

fuerTiere am 13.01.2011 um 12:11 Uhr
Puten, Hühnern und Schweinen

wurde dioxinverseuchtes Futter verabreicht. Als Lösung sollen wieder einmal Tausende von unschuldigen Tieren verbrannt und getötet werden. Eine Aktion die maximal die Symptome dieser dauernden Skandale bekämpft. Für nachhaltige Lösungen wie eine Reduktion des Fleischkonsums und der Massentierhaltung spricht sich bisher kaum jemand aus.
Anders als bei Tierseuchen gibt es im Fall der Dioxinbelastung keinerlei rechtliche Grundlage dafür, die Tiere töten zu lassen. Diese Tiere sind weder krank oder leidend noch geht von ihnen eine Ansteckungsgefahr aus. Und Gefahren für den Verbraucher sind bereits dadurch ausgeschlossen, dass die betroffenen Betriebe gesperrt werden. Die bloße Nichtvermarktbarkeit stellt aber keinen vernünftigen Grund zur Tötung von Wirbeltieren dar, wie er in § 17.1 des Tierschutzgesetzes gefordert wird.

Drulli am 13.01.2011 um 10:20 Uhr
2 persönliche Anmerkungen

1. Das mit den Dioxingrenzwerten ist eine extrem heikle Sache. Das sind theoretische(!) Werte, die bisher vollkommen unerwiesen sind. Ich "prüfe" das lieber nicht am eigenen Leib nach. Daher lautet meine Devise "KEIN Dioxin auf unsere Teller!" Ich habe immer die Bilder von den Folgeschäden von Seveso vor meinem inneren Auge.
2. Dioxin in sogenannten Bioeiern ist meines Wissens bei Betrieben aufgetreten, die nach der lückenhaften und daher ungeeigneten Euro Bionorm arbeiten. Da sind solche Dinge jederzeit möglich. Ich empfehle ganz dringend, sich einmal mit dieser Norm kurz zu beschäftgien. Daher kaufen wir nur noch Lebensmittel von ECHTEN Biobetrieben wie z.B. Naturland, Bioland und Demeter. Das sind Zertifizierungen, die wirklich funktionieren.