
Weltweit. Ein Internetradio empfängt tausende Programme rund um den Globus.
Rund vier Stunden täglich hören wir Radio. Die digitalen Geräte im Test eröffnen neue Dimensionen. Mit ihnen lauschen Berliner nach Bayern und Chemnitzer nach Chile.
Klirrend kalt fegt der Wind über die weiße Wüste Antarktis. Pinguine schießen durch das eisige Meer, ein Schneesturmvogel kreist über einer kleinen raumschiffähnlichen Station. Von hier aus verbreitet der Radiosender „A Net Station“ über das Internet herzerwärmende Songs unbekannter Clubmusiker in die ganze Welt. Selbst in Buxtehude erklingt Jazz und Blues aus dem ewigen Eis.
Via Internet überwindet Radio jede Grenze. Sender aus aller Herren Länder dudeln in jedem noch so kleinen Dorf. Das Internet bietet mehr als 20 000 Sender – andere Übertragungswege wie UKW oder analoges Kabel nur wenige Dutzend. Am meisten genutzt werden UKW, DAB+ und Internet. 20 Digitalradios haben die Tester geprüft – 13 davon sind auf DAB+ spezialisiert, 7 auf Empfang per Internet.
Die meisten sind mit UKW zufrieden
Tief in sich hineinhören – der Tipp gilt vor dem Kauf eines Radios. Welches liegt auf meiner Wellenlänge? Wer nur seinen Lieblingssender empfangen und sich nicht übermäßig mit seinem Radio beschäftigen möchte, wählt ein DAB+-Gerät. Nie gehört? Kein Wunder: Der neue Standard DAB+ hat ein Imageproblem. Er ist Nachfolger des Digital Audio Broadcasting, kurz DAB, das im Schatten der beliebten Ultrakurzwelle gescheitert ist. Der Löwenanteil deutscher Radios empfängt über Ultrakurzwelle. Die meisten Hörer sind damit vollauf zufrieden und sehen keinen Anlass, den Übertragungsweg zu wechseln.
DAB+ rauscht nicht

Deutschlandweit. Auf einem DAB+-Radiolaufen Sender aus der ganzen Republik.
Dabei sprechen gute Gründe für DAB+. Kein Krisseln, kein Rauschen mindert den Musikgenuss. Als nette Beigabe gibt es Zusatzinformationen auf dem Radiodisplay. Zum Beispiel Titel, Interpret, Moderator oder Name der Sendung.
Auch DAB+ übertritt Grenzen – innerhalb Deutschlands. Neben nationalen Programmen überträgt es auch regionale. Nordlichter können bis in den tiefsten Süden der Republik hören und umgekehrt. Das klappt vor allem in den Ballungsgebieten. Während die Münchener passable 49 Sender empfangen, bringt es Buxtehude nur auf 8, ganze 7 davon sind NDR-Sender. In ländlichen Regionen ist das Angebot von DAB+ mager. Hier und da herrscht sogar Funkstille. Allerdings wird das Sendenetz seit 2011 ausgebaut. Der Schwerpunkt: überregionale Sender. Lokale Radiostationen spielen momentan keine Geige. Bei den Hörern hat DAB+ deshalb bisher nur wenig Erfolg. Auch aus diesem Grund können DAB+-Radios alternativ über Ultrakurzwelle empfangen – wie alle Geräte im Test. Umschalten geht meist leicht. Sowohl UKW als auch DAB+ schicken Radiosignale über Sendetürme durch die Luft.
Testsieger unter den DAB+-Empfängern ist das Digitradio 300 von Technisat. Es hat einen guten Klang und Empfang sowie einen geringen Stromverbrauch. Ein ordentlicher Ton ist nicht selbstverständlich. Mehr als die Hälfte der Radios im Test schneidet da mäßig ab. Für einen hochwertigen Sound sind die kleinen Lautsprecher nicht geschaffen.
Deutlich gravierendere Probleme hat das Teac R-5: Fällt eine der sechs Akkuzellen aus, werden die restlichen überlastet. Dadurch verbraucht das Gerät wesentlich mehr Strom und sein Akku erhitzt sich auf über 80 Grad. Im schlimmsten Fall kann Batterieflüssigkeit auslaufen. Sicher lässt sich das Teac R-5 also nur ohne Akkus betreiben. Urteil deshalb: mangelhaft.
Aktiv mit Internet
Anders als Radio mit DAB+ erfordert Internetradio die Aufmerksamkeit des Nutzers. Er muss sich zunächst mit der Technik außerhalb des Geräts beschäftigen. Ohne Internetanschluss mit ausreichender Bandbreite macht das Webradio keinen Mucks. Auch die Radiobedienung vereinnahmt den Musikliebhaber. Chansons aus Frankreich, Latin-Pop aus Peru, Volksmusik aus Finnland, Bollywoodklänge aus Indien – beim Stöbern im Angebot der Senderlisten können Interessierte Stunden zubringen. Geordnet sind die Listen unter anderem nach Ländern, Sprache und Sendernamen.
Wen es vom Samba zurück zur Hitparade zieht, der kann bei fast allen getesteten Internetradios auf Empfang per DAB+ und UKW umschalten. Das IN200 von Scansonic ermöglicht jedoch nur UKW, das Logitech Smart Radio bietet auch diese Alternative nicht. Bestes Internetradio im Test ist das PDR300 von Peaq. Es kostet 179 Euro und punktet beim Ton, bei der Handhabung und Verarbeitung.
Erster Start von simpel bis holprig
Das Radio einzurichten, ist bei DAB+ ein Kinderspiel: Gerät mit der Steckdose verbinden, Antenne ausfahren, Radio einschalten, Sendersuchlauf starten und Lieblingssender via Liste einstellen – fertig. Bei 10 von 13 DAB+-Geräten im Test klappt die Inbetriebnahme prima.
Von den Internetradios schafft das nur eines locker: das IN200 von Scansonic. Einem Webradio Töne zu entlocken, verlangt oft etwas mehr Einsatz. Der Nutzer muss es erst einmal per Lan-Kabel oder drahtlos via WLan und Passworteingabe mit dem weltweiten Netz verbinden. Das läuft nicht immer wie am Schnürchen.
Beim Smart Radio von Logitech muss der Besitzer das Passwort per Drehknopf eingeben. Mühsam schraubt er sich für jeden einzelnen Buchstaben durch das Alphabet. Diese Geduldsprobe muss er zum Glück nur einmal bestehen. Nach der ersten Einwahl verbinden sich Internetradios automatisch mit dem Netzwerk.
Kein Ohrenschmaus
Einen klanglichen Hochgenuss bieten die getesteten Digitalradios nicht. Es sind Universalgeräte für die Küche, das Bad und den Zeltplatz – mit Hifi-Anlagen können sie nicht mithalten. Neun Geräte treffen den Ton immerhin gut. Am besten klingen die Radios von Peaq und Pure. Zehn schneiden beim Ton befriedigend ab.
Am schlechtesten tritt hier das Grundig Music 51 DAB+ auf. Seine Tonqualität ist lediglich ausreichend. Geräusche dringen bei diesem Radio nicht nur aus dem Lautsprecher, auch das Netzteil brummt leise vor sich hin. Sogar nach dem Ausschalten. Für den Nachttisch eignet sich dieses Radiogerät also nicht.
Viel Drum und Dran

Touchscreen. Per Fingertipp lässt sich beim Sensia von Pure ein Sender wählen, die Lautstärke regeln und vieles mehr.
Touchscreen. Per Fingertipp lässt sich beim Sensia von Pure ein Sender wählen, die Lautstärke regeln und vieles mehr.
Extras steigern die Freude beim Radiohören. Über ein farbiges, berührungsempfindliches Display lassen sich die beiden DAB+-Geräte Pixis und DAB 50 sowie das Internetradio Sensia steuern. Für ältere Nutzer mag das vielleicht etwas gewöhnungsbedürftig sein. Nach gelungener Annäherung lässt sich vieles aber einfacher bedienen als an herkömmlichen Radios. Und die Bildschirme zeigen zusätzlich Wetterkarten, Fußballtabellen, Verkehrsdaten, Nachrichtenschlagzeilen und mehr.
Andere Geräte funktionieren per Drehknopf und Tastendruck. Manchmal verwirren jedoch zu viele Tasten in verschiedenen Formen und Farben – zum Beispiel beim Webradio Roberts Stream.
Eine Fernbedienung liegt fünf der getesteten Radios bei, sechs lassen sich auch per Smartphone über eine App fernsteuern. Diese kleinen Programme machen so manches möglich. Via App hören Musikliebhaber Lieder von Online-Musikdiensten, wenn sie dort Abonnent sind: auf dem Logitech Smart Radio, dem Terratec Noxon iRadio M110+ und dem Roberts Stream.
MP3-Spieler andocken
Mit Dockingstationen binden Albrechts Audio DR 881 und Peaqs PDR300 den MP3-Spieler iPod von Apple ein. Das Peaq kann auch über die USB-Schnittstelle Musikdateien wiedergeben, ebenso das Pure Sensia, das Roberts Stream, das Grundig Cosmopolit und das Terratec iRadio.
Zeitversetzt Radio hören
Eine nützliche Funktion bietet das Pure One Elite. Mit ihm kann der Besitzer zeitversetzt Radio hören. Dafür genügt ein kurzes Tippen auf die Taste „Listen Later“ und die nächsten 45 Minuten werden für eine spätere Wiedergabe aufgezeichnet.
Auf die weite Welt warten
Geduld und Gelassenheit müssen Nutzer bei einigen Radios aufbringen. Nachdem sein Stecker mit dem Netz verbunden ist, braucht das Dual DAB 50 fast eine Minute, bevor Musik zu hören ist. Im Standby funktioniert das bereits nach vier Sekunden.
Das Pure Sensia und das Logitech Smart Radio lassen sich selbst aus dem Standby mehr als 40 Sekunden Zeit. Unendlich lang erscheint die Warterei, bis sich das Radio mit seinem Musikserver im Internet verbindet. Dann endlich gibt es die Klänge aus der Antarktis preis. Musik liegt eben nicht mehr nur in der Luft.