
Alte Objektive sind zu schade zum Verstauben. Per Adapter machen sie auch auf modernen Digitalkameras tolle Bilder. Besonders gut geht das mit spiegellosen Kameras.
Unbeachtet stauben sie in Kellerschränken und auf Dachböden vor sich hin: alte Kameraobjektive mit manuellem Fokus und mechanischem Blendenring. Moderne Techniken wie Autofokus und elektronische Blende haben sie ins Abseits gedrängt – zu Unrecht. Viele Objektive aus den 60er und 70er Jahren bieten eine hervorragende Abbildungsleistung. Mit ein paar Kniffen lassen sie sich prima auf digitalen Systemkameras nutzen.
Besonders leicht fällt das Fotografen, die schon lange Pentax treu sind: Pentax baut digitale Spiegelreflexkameras, die den gleichen Bajonettanschluss verwenden wie ihre analogen Vorgänger. Er trägt den Namen K. Die alten Objektive passen auf die neuen Kameras. Nikon hat dagegen seinen F-Bajonettanschluss stetig weiterentwickelt. Die meisten älteren Nikon-F-Objektive funktionieren auf vielen neuen digitalen F-Kameras nicht oder nur eingeschränkt.
Neue Freiheit durch Adapter

Ungewohnte Freiheit. Mit Adapter passt ein altes Canon-FD-Objektiv auf eine neue Sony-NEX-Kamera.

Die meisten übrigen klassischen Kamerasysteme sind inzwischen ausgestorben: Ob M42-Gewinde, Canon-FD-, Leica-R- oder Olympus-OM-Bajonett – es gibt keine aktuellen Kameras mit passendem Objektivanschluss. Ins Altglas müssen die Linsen dennoch nicht. Es gibt Adapter, die zwischen alten Objektiven und neuen Kameragehäusen vermitteln. Das beschert Fotografen ungewohnte Freiheiten: Plötzlich sind sie nicht mehr auf das System eines Anbieters festgelegt. Mit Adaptern passen alte Objektive von Canon, Leica oder Nikon sogar auf neue Kameragehäuse von Panasonic, Samsung oder Sony.
Nicht alles lässt sich adaptieren
Allerdings lässt sich nicht jedes Objektiv ohne weiteres auf jede Kamera adaptieren. Eine wichtige Einschränkung ist das Auflagemaß. So heißt der Abstand zwischen dem Objektivanschluss einer Kamera und der Bildebene – früher dem Film, heute dem Bildsensor. Damit ein Adapter zwischen Objektiv und Kamera passt, muss das Auflagemaß des Objektivs größer sein als das der Kamera. Sonst stimmt der Abstand zwischen Objektiv und Sensor nicht. Das schränkt die Fokussierung ein – das Objektiv ist nur im Nahbereich nutzbar. Zwar gibt es Adapter, die dies mit einer Korrekturlinse ausgleichen. Die aber kann die Bildqualität beeinträchtigen.
Adapter zwischen 5 und 250 Euro

Billigadapter. Ist der Kameraanschluss lackiert statt verchromt oder eloxiert, kann Abrieb in die Kamera gelangen.

Die Tabelle zeigt, welche klassischen Objektive sich ohne solche Einschränkungen an welche Kamerasysteme adaptieren lassen. Unter den digitalen Spiegelreflexkameras sind die von Canon am anpassungsfähigsten. Noch flexibler sind die kleineren spiegellosen Systemkameras: Theoretisch ließe sich fast jedes Objektiv mit jeder Kamera nutzen. Man muss nur den passenden Adapter finden.
Für einige Objektive vertreiben Kameraanbieter wie Fujifilm und Panasonic eigene Adapter. Eine größere Auswahl offerieren Zubehöranbieter wie Cosina/Voigtländer oder Novoflex. Solche Markenadapter kosten meist 100 bis 250 Euro. Im Versandhandel und auf Verkaufsplattformen wie Ebay finden sich weit billigere No-Name-Adapter zwischen 5 und 50 Euro. Sie können eine günstige Alternative sein. Doch gerade Billigadapter sollte der Nutzer behutsam aufsetzen und die Passgenauigkeit prüfen.
Weniger Bild mit kleinem Sensor

Eine Frage des Formats.
Wer seine alten Objektive zum ersten Mal auf einer digitalen Kamera einsetzt, erlebt oft eine Überraschung: Der Blickwinkel der Objektive scheint auf einmal geschrumpft. Ein Weitwinkelobjektiv wird auf der Digitalkamera zum Normalobjektiv, ein Normal- zum Teleobjektiv. Der Grund: Nur wenige Digitalkameras haben einen Sensor in der vollen Größe eines Kleinbildfilms. Solche Vollformatkameras sind sehr teuer. Bezahlbarere Apparate haben kleinere Sensoren. Die „sehen“ nur einen kleineren Ausschnitt aus dem Bildkreis des Objektivs (siehe Grafik).

Voreinstellung. „Auslösen ohne Objektiv“ muss aktiv sein, damit die Kamera mit adaptierten Objektiven knipst.

Unter den gängigsten Formaten nutzen Kameras mit DX- und APS-C-Sensoren das Blickfeld der Objektive noch am besten. Die spiegellosen Systeme Nikon 1 und Pentax Q eignen sich dagegen wegen ihrer sehr kleinen Sensoren nur eingeschränkt für den Einsatz mit alten Kleinbildobjektiven.
Bevor er mit adaptierten Objektiven arbeiten kann, muss der Nutzer bei vielen Kameras im Bedienmenü noch die Einstellung „Auslösen ohne Objektiv“ aktivieren. Das klingt paradox, hat aber einen einfachen Grund. Moderne Kamerasysteme haben elektronische Kontakte, über die Objektiv und Gehäuse Daten austauschen. Bei mechanischen Objektiven fehlen die Kontakte, und so „merkt“ die Kamera nicht, dass ein Objektiv angebracht ist und weigert sich in der Voreinstellung meist, auszulösen. Im Menü lässt sich das ändern.
Richtig belichten mit Blendenvorwahl
Ist diese letzte Hürde genommen, kann der digital-mechanische Fotospaß losgehen. Belichtet wird vorzugsweise per Blendenvorwahl (Belichtungsprogramm „A“ – für „Aperture Priority“): Der Fotograf wählt die Blende am Blendenring des Objektivs, und die Kamera berechnet die passende Verschlusszeit. Alternativ lässt sich im manuellen Belichtungsmodus („M“) auch die Verschlusszeit von Hand einstellen.

Fokussierhilfe. Die „Kantenanhebung“ hebt bei Sonys NEX-Kameras scharfgestellte Bildbereiche farbig hervor.

Auch das Scharfstellen geht mit mechanischen Objektiven manuell. Die optischen Sucher digitaler Spiegelreflexkameras sind hier keine große Hilfe. Anders als ihre Ahnen aus Zeiten vor dem Autofokus bieten sie keine optischen Fokussierhilfen wie Schnittbild oder Mikroprismen. Stattdessen hilft die Lupenfunktion des Kameradisplays. Per Knopfdruck stellt sie einen Bildausschnitt vergrößert dar. So lässt sich das gewünschte Detail präzise scharfstellen. Viele spiegellose Kameras haben zudem einen elektronischen Sucher. Der ist besonders von Vorteil, wenn helles Umgebungslicht das Kameradisplay überstrahlt.
Manche Systemkameras bieten eine weitere nützliche Fokussierhilfe namens „Kantenanhebung“, auch „Focus Peaking“ oder „Contrast Peaking“ genannt. Sie hebt im Monitor- und Sucherbild scharf eingestellte Bildteile farbig hervor. Das geht schneller von der Hand als per Lupenfunktion.
Bewusster fotografieren per Hand
Blende und Fokus wie früher von Hand einzustellen, stellt höhere Anforderungen an den Nutzer als die Vollautomatik einer modernen Digitalkamera. Viele Fotoamateure wissen aber genau das zu schätzen. Statt einfach nur abzudrücken und den Rest der Kamera zu überlassen, fotografieren sie so bewusster und überlegter.
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