Differenz­kontrakte CFD Bafin verbietet riskante Wett­geschäfte

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Die Bundes­anstalt für Finanz­dienst­leistungs­aufsicht (Bafin) hat den Verkauf von Differenz­kontrakten (CFD) mit Nach­schuss­pflicht an private Anleger verboten. Das Verlustrisiko dieser Papiere ist nicht auf den Kapital­einsatz des Kunden beschränkt, sondern kann ein Vielfaches des einge­setzten Kapitals betragen. Anbieter entsprechender Produkte haben ab der Veröffent­lichung der Allgemein­verfügung nun drei Monate Zeit, ihre Geschäfts­modelle anzu­passen.*

„Unkalkulier­bares Verlustrisiko“

Mit Differenz­geschäften spekulieren Anleger auf die Kurs­entwick­lung bestimmter Basis­werte, zum Beispiel Aktien oder Währungen. Im Vergleich zum direkten Kauf der Basis­werte ist der Kapital­einsatz gering. Steigt der Basis­wert, bekommt der Anleger die Differenz. Fällt er, muss er den Verlust ausgleichen. Fällt der Basis­wert so stark, dass das einge­setzte Geld nicht ausreicht, die Differenz auszugleichen, muss der Anleger den Unter­schieds­betrag aus seinem sons­tigen Vermögen zahlen. Für die Aufsicht ist das zu riskant. „Das Verlustrisiko ist bei CFD mit Nach­schuss­pflicht für den Anleger unkalkulier­bar“, sagt Elisabeth Roegele von der Bafin. „Aus Verbraucher­schutz­gründen können wir das nicht akzeptieren.“ Die Behörde hat diese Papiere nun verboten. „Ein Verbot von Nach­schuss­pflichten bei CFD ist richtig. Differenz­kontrakte sind hoch­spekulative Produkte, bei denen Verbraucher im Fall von Nach­schuss­pflichten ihr gesamtes Vermögen verlieren können“, sagt Dorothea Mohn, Leiterin Team Finanzmarkt beim Verbraucherzentrale Bundes­verband (vzbv).

So funk­tionieren Differenz­kontrakte

Differenz­kontrakte zählen zu den Hebel­produkten. Anleger können außer auf Kurs­ver­änderungen von Aktien oder Währungen auch auf die Entwick­lung von Indizes, Zins­sätzen oder Rohstoffen wetten. Reizvoll für Zocker: Sie können größere Summen einsetzen, ohne so viel Geld tatsäch­lich vorhalten zu müssen. „Der rechnerische Wert der entsprechenden Position an Basis­werten kann sogar das vorhandene Vermögen des Anlegers über­treffen“, schreibt die Bafin.

Ein Beispiel: Ein Anleger möchte auf einen Anstieg der A-Aktien spekulieren. Die Aktie kostet 10 Euro. Will er 4 000 Aktien kaufen, müsste er 40 000 Euro zahlen. Bei einem CFD-Anbieter könnte der Anleger die Aktien­position mit weniger Kapital­einsatz eröffnen. Wie viel Geld er mitbringen muss, hängt vom Hebel ab. Bei einem Hebel von 20 beträgt der Kapital­einsatz beziehungs­weise die Sicher­heits­leistung 5 Prozent der Gesamt­position. Im Beispiel wären das 2 000 Euro. Wenn der CFD-Anbieter eine höhere Sicher­heits­leistung fordert – im Fachjargon Margin –, verringert sich der Hebel. Ein Einsatz von 4 000 Euro entspräche einem Hebel von 10. Möglich – und durch­aus üblich – sind aber auch Hebel von 100.

Der Hebel als Gewinn- oder Verlust­beschleuniger

Der Hebel zeigt, um welchen Faktor sich Gewinne oder Verluste vervielfachen. Je höher der Hebel, desto riskanter das Geschäft. Bei einem Hebel von 20 sieht das so aus: Steigt die Aktie um 1 Prozent, gewinnt der CFD-Käufer 20 Prozent. Fällt die Aktie um 1 Prozent, macht er 20 Prozent Verlust. Steigt die Aktie um 5 Prozent, gewinnt der CFD-Käufer 100 Prozent, das heißt, sein Geld verdoppelt sich. Fällt die Aktie um 5 Prozent, verliert er seinen gesamten Einsatz. Die 2 000 Euro, die der Kunde als Sicherheit geleistet hat, wären weg. Fällt die Aktie um 25 Prozent, müsste der Anleger 8 000 Euro nach­schießen. Anleger können mit CFD auch auf fallende Kurse spekulieren. In diesem Fall gewinnen sie, wenn die Aktie fällt, und verlieren Geld, wenn sie steigt.

Verluste können Kapital­einsatz um ein Vielfaches über­steigen

Das Verlustrisiko sei auch nicht wirk­sam durch das sogenannte Margin-Call-Verfahren oder durch Stop-Loss-Orders begrenz­bar, heißt es bei der Bafin.

Margin-Call. Zum sogenannten Margin-Call kommt es, wenn die hinterlegte Sicher­heits­leistung nicht ausreicht. Der CFD-Anbieter bittet dann um mehr Geld. Legt der Anleger nicht nach, schließt der Anbieter die offene Position und beendet somit das Geschäft. Das Problem: Die Kurs­ausschläge des Basis­werts können so plötzlich eintreten, dass dem Anbieter gar keine Zeit mehr bleibt, eine höhere Sicher­heits­leistung anzu­fordern.

Stop-Loss-Order. Bei einer Stop-Loss-Order setzt der Anleger selbst einen Kurs, der zum Verkauf des CFD führen soll. Damit will er seine Verluste begrenzen. Wird der Kurs erreicht, löst das einen Verkaufs­auftrag aus. Aber auch das gewährt keine Sicherheit: Verkauft wird dann nämlich nicht zum Stop-Loss-Kurs, sondern erst zum nächsten fest­gestellten Preis – und der kann deutlich darunter liegen. Das kann dazu führen, dass der Anleger ein Vielfaches von dem, was er ursprüng­lich einge­setzt hat, nach­zahlen muss.

CFD gibt es auch ohne Nach­schuss­pflicht

Bei einigen Anbietern gibt es auch jetzt schon CFD mit Risiko­begrenzung. Bei der Direkt­bank Consors­bank zum Beispiel bekommen Anleger CFD sogar nur ohne Nach­schuss­pflicht. „Das hat einige unserer Kunden gerettet, als die Schweizer National­bank plötzlich den Wechselkurs des Schweizer Franken freigab“, sagt Sprecher Dirk Althoff. Damals, vor gut zwei Jahren, wurden nicht nur Profis auf dem falschen Fuß erwischt. Insbesondere viele private Anleger verloren viel Geld, als sie mit CFD auf den Kurs des Schweizer Franken spekulierten. Damit es nicht zur Nach­schuss­pflicht kommt, werden die Hebel begrenzt, oder die Sicher­heits­leistung ist von vorn­herein höher. Bei Aktien zum Beispiel gebe es maximal einen Hebel von 20, sagt Althoff. Bei Indizes seien auch 50er-Hebel möglich. Auch bei Comdirect können Anleger mit CFD ohne Nach­schuss­pflicht handeln. „Die Hebel sind dann auf 5 begrenzt“, sagt Geerd Lukaßen.

Tipp: Auch wenn Sie CFD mit Risiko­begrenzung kaufen – spekulativ sind die Papiere allemal. Setzen Sie dafür nur Spielgeld ein, dessen voll­ständigen Verlust Sie verschmerzen können. Achten Sie unbe­dingt auch auf die Kosten. Was viele nicht bedenken: Auch die Handels­spreads der Anbieter, die Unterschiede zwischen An- und Verkaufs­kurs, unterliegen der Hebel­wirkung. Wenn Sie lieber auf Nummer sicher gehen wollen und zugleich bequem anlegen wollen, sollten Sie unser Pantoffel-Portfolio ausprobieren: Bequem und pfiffig anlegen mit der Finanztest-Methode.

CFD im Vergleich mit anderen Wett­scheinen

So unterscheiden sich Differenz­kontrakte von anderen Hebel­produkten:

CFD. Die Hebel von CFD können bis zu 100 betragen. Ihre Lauf­zeit ist unbe­grenzt. Ausnahme: Kann der Anleger seine Sicher­heits­leistung nicht mehr anpassen, wird die Position zwangs­weise geschlossen. Möglicher­weise muss der Anleger Geld aus seinem sons­tigen Vermögen nach­schießen.

Hebelzertifikate. Hebelzertifikate weisen in der Regel keine so hohen Hebel auf wie CFD. Erreicht der Basis­wert einen bestimmten Kurs, wird der Anleger auto­matisch ausgeknockt. Das Verlustrisiko ist auf das einge­setzte Kapital begrenzt.

Options­scheine. Options­scheine haben eine begrenzte Lauf­zeit. Ihr Hebel verändert sich während der Lauf­zeit. Das Verlustrisiko ist auf das einge­setzte Kapital begrenzt.

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* Diese Meldung ist am 15. Dezember 2016 auf test.de erschienen. Wir haben Sie am 12. Mai 2017 über­arbeitet, nachdem die Bafin mitgeteilt hat, dass der Verkauf von Differenz­kontrakten mit Nach­schuss­pflicht an private Anleger verboten wird.

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