
Für mehr als 16 000 Anleger, die beim dritten Börsengang der Deutschen Telekom im Jahr 2000 Aktien gezeichnet und später Klage eingereicht haben, sind die Chancen auf Schadenersatz für ihre Verluste gestiegen. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat am 30. November 2016 einen Musterentscheid erlassen (Az. 23 Kap 1/06). Demnach enthielt der Prospekt zu diesem Börsengang einen Fehler, weil darin unzutreffend von einem „Verkauf“ des amerikanischen Unternehmens Sprint die Rede war. Tatsächlich seien die Sprint-Aktien auf ein Tochterunternehmen der Telekom übertragen worden.
Das OLG gab der Telekom die Schuld an dem Fehler. Sie habe nicht erklären können, warum der falsche Begriff verwendet worden war. Alle Beteiligten – alle Kläger und die Telekom – können Rechtsbeschwerde beim Bundesgerichtshof (BGH) einlegen. Kommt es dazu, dürfte der BGH „innerhalb von eineinhalb Jahren“ entscheiden. Das erwartet die Tilp Rechtsanwaltsgesellschaft, die den Musterkläger vertreten hat.
Bei einem solchen Kapitalanleger-Musterverfahren klärt ein Kläger für alle anderen Sach- und Rechtsfragen. Die anderen Klagen ruhen in dieser Zeit. Liegt ein rechtskräftiger Musterentscheid vor, führen die anderen Kläger ihren Prozess weiter. Für jeden Einzelnen ist zu klären, ob sein Aktienerwerb durch die Anlagestimmung beeinflusst war, die der Prospekt erzeugt hat. Das dürfte meist kein Problem sein, denn nicht die Kläger tragen die Beweislast, sondern die Telekom. Sie muss beweisen, dass der Aktienerwerb nichts mit dem Prospekt zu tun hatte.
Die Forderungen der Kläger bezifferte Tilp-Anwalt Peter Gundermann inklusive der gesetzlichen Verzugszinsen auf rund 200 Millionen Euro.
Der Musterkläger hat den Meilenstein im Prozess gegen die Telekom nicht mehr erlebt, er starb 2016.