Deutsche Licht­miete Insolvenz­anträge zurück­gezogen

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Deutsche Licht­miete - Insolvenz­anträge zurück­gezogen

Industrie­leuchte. Die Deutsche Licht­miete bot an, in solche Lampen zu investieren. © Verkaufsprospekt Deutsche Lichtmiete „So geht Licht heute“, Stand 11/19, S. 12

Insolvenz­verfahren bei dem Industrie­leuchten­anbieter Deutsche Licht­miete werden aufgehoben. Anleger müssen trotzdem mit Verlusten rechnen.

Vorstand hat Insolvenz­anträge zurück­gezogen

Die Lage bei der Unter­nehmens­gruppe Deutsche Licht­miete wird immer unüber­sicht­licher: Alexander Hahn, Vorstand der Deutsche Licht­miete AG, hat am 22. Februar 2022 die Insolvenz­anträge für alle Gesell­schaften zurück­gezogen. Das Amts­gericht Oldenburg hat 18 vorläufige Insolvenz­verfahren aufgehoben. Es gebe „die konkrete Aussicht, den Geschäfts­betrieb der Deutsche Licht­miete Gruppe mithilfe von Investoren fort­zuführen“, erläuterte die Unter­nehmens­gruppe in einer Stellung­nahme: „Wir streben nach wie vor eine hundert­prozentige Befriedigung alle Gläubiger­ansprüche an.“ Eine Zerschlagung mache dagegen einen Total­verlust für die Anle­gerinnen und Anlegern mit Anleihen wahr­scheinlich. Die Gruppe kündigte umge­hend Gläubiger­versamm­lungen für die Anleger mit Anleihen und diejenigen an, die Direkt­investments in Industrie­leuchten einge­gangen sind. Hahn werde als Vorstand und Geschäfts­führer der operativen Gesell­schaften zurück­treten.

Erschre­ckendes Bild in Insolvenz­gut­achten

Wie es nun weitergeht, ist alles andere als klar. Die beiden bisherigen vorläufigen Insolvenz­verwalter Rüdiger Weiß und Malte Köster gingen gegen­über Stiftung Warentest von „vielen offenen Fragen“ aus. Weiß zeichnete in Insolvenz­gut­achten vom Februar 2022 ein erschre­ckendes Bild der wirt­schaftlichen Lage. Die Rede ist von Zahlungs­unfähigkeit und Über­schuldung. Eine Fortführung in alter Form sah er nicht als möglich an.

Anleger finanzierten das Miet­geschäft vor

Die Deutsche Licht­miete produzierte oder kaufte Leuchten und installierte sie in Industrie­betrieben und öffent­lichen Einrichtungen. Auch Reparaturen über­nahm sie. Die Kunden zahlten dafür Miete. Die Deutsche Licht­miete benötigte daher Kapital, um die Leuchten, ihren Einbau und den Service vorzufinanzieren. Dafür sammelte sie insgesamt etwa 200 Millionen Euro über Anleihen und Direkt­investments ein. Bei den Direkt­investments kauf­ten die Anleger Leuchten. Die Deutsche Licht­miete mietete sie zurück und versprach, sie am Ende der Lauf­zeit zurück­zukaufen. Stiftung Warentest hatte ein solches Modell 2018 wegen der hohen Risiken als nicht empfehlenswert einge­stuft.

Ermitt­lungen auf Geld­wäsche ausgeweitet

Einfach weitermachen wie früher kann die Gruppe nicht. Die Staats­anwalt­schaft hatte bereits Ende 2021 wegen Betrugsverdachts Unterlagen beschlag­nahmt und Konten einge­froren. Die Ermitt­lungen hat sie noch ausgeweitet: Wegen des Verdachts der Geld­wäsche im Zusammen­hang mit einer Kapital­erhöhung ließ sie am 23. Februar 2022 Privat- und Geschäfts­räume einer anderen Gesell­schaft, der OAB Osnabrü­cker Anlagen- und Beteiligungs-AG durch­suchen. OAB wies in einer Stellung­nahme „die Vorwürfe der Geld­wäsche entschieden zurück“ und kündigte an, die Staats­anwalt­schaft bei der Aufklärung zu unterstützen.

Bezahlte Leuchten nicht produziert

Der bisherige Insolvenz­verwalter Weiß und seine Mitarbeitenden stießen nun auf etliche Probleme. Es sei noch nicht klar, welche Leuchten welcher Gesell­schaft der Gruppe zuzu­ordnen seien. Die Miet­einnahmen bezifferten sie für 2021 auf 4,1 Millionen Euro. Bei Einnahmen auf diesem Niveau ist es für die Stiftung Warentest schwer vorstell­bar, wie die Gruppe die Zahlungs­verpflichtungen gegen­über den Anlegern für auslaufende Anleihen und Direkt­investments in den kommenden Jahren stemmen könnte. Die Gruppe hat etwa 130 Millionen Euro an Anleihen ausstehen. Die Direkt­investments machen etwa 70 Millionen Euro aus. Außerdem habe die Handels­gesell­schaft der Gruppe von 2016 bis 2021 von der Produktions­gesell­schaft knapp 379 000 Leuchten gekauft und voll bezahlt, heißt es in einem der Gutachten von Weiß weiter. Die Produktions­gesell­schafthabe im gleichen Zeitraum aber nur gut 137 000 Stück hergestellt. Lieferungen von mehr als 200 000 Stück stünden demnach also noch aus.

Die Unter­nehmens­gruppe stellte die Situation in ihrer Stellung­nahme ganz anders dar. Sie bezifferte die Bestände an Leuchten bei Miet­kunden und im Lager auf knapp 262 000 Stück. Den Wert samt Zubehör setzt sie mit rund 120 Millionen Euro an. Aus Komponenten im Lager entstünden weitere 146 000 Leuchten im Wert von 60 Millionen Euro. Dem stünden Verbindlich­keiten in gleicher Höhe, 180 Millionen Euro, gegen­über.

Leuchten dienten als Sicherheit

Die Handels­gesell­schaft habe außerdem den vier- bis fünf­fachen, von der Unter­nehmens­gruppe aufgewendeten Herstellungs­preis bezahlt. Der Kauf­preis für die Leuchten hat Bedeutung für Anleihen­anleger, zum Beispiel von der Deutsche Licht­miete EnergieEffizienz­Anleihe 2025. Das Kapital aus der Anleihe bekam die Deutsche Licht­miete Handels­gesell­schaft als Darlehen. Diese besicherte sie mit Leuchten, die mit dem internen Kauf­preis bewertet wurden. Der Wert musste das ausgereichte Darlehen voll­ständig abdecken. Das hilft den Anlegern allerdings nicht viel, wenn der Kauf­preis über­teuert angesetzt worden sein sollte oder es die Leuchten gar nicht gibt. Nicht existierende Produkte oder solche, die nicht einer Gesell­schaft der Gruppe zuge­ordnet sind, stellen ein Problem dar.

Künst­lich aufgeblasene Kosten?

Die Deutsche Licht­miete betonte, für die Bewertung seien Fremd­vergleichs­gut­achten erstellt worden. Sie kritisierte wiederum die bisherige vorläufige Insolvenz­verwaltung. Der Wert angeblich fehlender Leuchten sei durch deren „völlig neue eigene Kostenkalkulation“ aus Sicht der Gruppe „künst­lich aufgeblasen“, weil Kosten­faktoren wie für Vertrieb, Personal und so weiter einbezogen würden, die die Deutsche Licht­miete an anderer Stelle erfasst habe. Somit seien Posten „mutmaß­lich sachwid­rig doppelt als vermeintliche Kosten angesetzt worden.“

Tatsäch­lich gibt es in der Betriebs­wirt­schaft verschiedene Ansätze zur Berechnung von Herstellungs­kosten, deren Ergeb­nisse verschiedenen Zwecken dienen. Kosten wie Verwaltung und Vertrieb anteilig auf die Herstellungs­kosten umzu­legen, ist oft sinn­voll. So sind mögliche Probleme erkenn­bar, wenn die Verkaufs­preise der Produkte beispiels­weise nicht die gesamten Kosten des Unter­nehmens dafür abbilden. Die Zahlen, die der bisherige vorläufige Insolvenz­verwalter vorgelegt hat, legen eine solche Unter­deckung, in diesem Fall eine Miet­unter­deckung, nahe.

Gläubiger können neuen Insolvenz­antrag stellen

Den Anle­gerinnen und Anlegern hilft die Aufhebung der Insolvenz­verfahren vermutlich wenig. In einem solchen Fall können Gläubiger, also auch Anleger, wieder Forderungen stellen und zum Beispiel Vermögensarreste beantragen. Solche Schritte könnten aber schnell ins Leere laufen, jedenfalls wenn sie sich gegen die Unternehmen und nicht gegen Privatpersonen richten. Denn es ist möglich, dass schon bald Gläubiger neue Insolvenz­anträge stellen, wenn die Gesell­schaften Zahlungs­pflichten nicht nach­kommen. Ein geordnetes Verfahren, in dem Gläubiger nach festen Regeln behandelt werden, scheint in dieser Lage für Anleger eher vorteilhafter zu sein.

Anleger müssen weiter mit Verlusten rechnen

Der Einstieg von Investoren muss auch nicht unbe­dingt eine gute Nach­richt bedeuten. Es war schon häufiger zu beob­achten, dass Unternehmen in der Restrukturierung Wege finden, um sich den Verpflichtungen gegen­über den alten Geld­gebern, hier den Anlegern, weit­gehend oder ganz zu entledigen. Ob Anleger in einem solchen Szenario besser fahren als bei einem Unter­nehmens­verkauf aus der Insolvenz, wie es der vorläufige Insolvenz­verwalter geplant hatte, ist fraglich.

Treuhänder will einen Vorschuss haben

Zu allem Über­fluss erhielten Anleger im Februar auch noch Rechnungen der Treu­hand­gesell­schaft THD Treu­hand­depot GmbH aus Bremen, die für die Kontrolle der Verwendung ihrer Mittel beziehungs­weise ihrer Sicherheiten zuständig ist. Sie fordert 1  Prozent der Einlagesumme als „Ersatz von Aufwendungen und Vorschuss für Sach- und Personal­kosten sowie anwalt­liche Dienst­leistungen im Zusammen­hang mit dem Miet­einnahmenpool­vertrag“. THD räumt selbst ein, dass ein Mietenpool erst nach Eröff­nung eines Insolvenz­verfahrens zum Tragen komme. Warum Anleger von Direkt­investments dafür im Voraus zahlen sollen, erschließt sich nicht.

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