Depression Die verkannte Krankheit

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Jeder zweite Deutsche denkt, Depression sei eine Folge falscher Lebens­führung. Solche Vorurteile stehen einer Therapie im Weg. test.de sagt, was Betroffene und Angehörige tun können.

Schokolade allein reicht nicht

Einfach mal Urlaub machen: 80 Prozent der Deutschen denken, das heile eine Depression. Süßig­keiten essen oder „sich zusammenreißen“ hält jeder Fünfte für hilf­reich. Diese ernüchternden Einblicke in viel Unwissen gibt eine repräsentative Umfrage der Deutschen Depressions­hilfe. Das Fazit: Depression wird oft als Reaktion auf widrige Lebens­umstände verstanden, nicht als eigen­ständige, schwere Erkrankung. Immerhin: Behand­lungen durch Psycho­therapeuten oder Ärzte gelten sowohl in der Bevölkerung als auch unter Betroffenen als ein geeignetes Mittel.

Depressionen sind meist heil­bar

An einer behand­lungs­bedürftigen depressiven Störung leiden hier­zulande rund 4 Millionen Menschen. Häufig entsteht sie durch ein Zusammen­spiel mehrerer Faktoren, etwa einer genetisch erhöhten Anfäl­ligkeit oder früheren traumatischen Erfahrungen plus einem akutem Auslöser. Positiv: Depressionen sind gut zu behandeln und meist heil­bar. Dafür muss man sich aber erst einmal der Diagnose stellen.

Erster Ansprech­partner ist der Haus­arzt

Wer vermutet, dass er oder ein Familien­mitglied erkrankt ist, sollte Unterstüt­zung suchen. Erster Ansprech­partner ist oft der Haus­arzt, der bei Bedarf weiter über­weist. Patienten können sich aber auch direkt an einen Psycho­therapeuten wenden, wobei allerdings häufig mit Warte­zeiten zu rechnen ist (siehe auch unser Special Psychotherapie: Neue Ansprüche für gesetzliche Krankenversicherte). Vieler­orts ist eine Beratung beim Sozial­psychiatrischen Dienst möglich. Adressen lassen sich über das Gesund­heits­amt oder per Onlinerecherche mit den Such­begriffen Sozial­psychiatrischer Dienst plus Wohn­ort ermitteln.

Diese Organisationen helfen

Sehr viel Wissens­wertes zum Thema Depression steht auf deutsche-depressionshilfe.de, ein Infotelefon ist unter 0 800/33 44 533 erreich­bar. Auch der Bundesverband der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen hilft weiter. Rund um die Uhr und bei allen Nöten ansprech­bar ist die Telefon­seel­sorge: 0 800/111 0 111. Bei akuten Krisen wie Selbst­mord­gedanken zählt schnelle Hilfe, etwa in einer psychiatrischen Klinik. Mehr Infos in unserer Meldung Suizidprävention und unserem ausführ­lichen Special Psychische Krisen: Wie sich Freunde und Angehörige verhalten sollten.

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anon am 06.05.2018 um 08:12 Uhr
@GuessWhat

Wie ich schon sagte, stimmt das so nicht. Antidepressiva wirken zwar auch auf den Hirnstoffwechsel, das ist unumstritten. Aber das bedeutet nicht zwingend, dass nun ein Ungleichgewicht von Neurotransmittern die Ursache der Depression sein muss. Das ist lediglich eine von mehreren Hypothesen, und zwar eine, die vor allem von den Pharmaunternehmen vertreten wird, die Antidepressiva vertreiben, weil die sich mit plausiblem Wirkmechanismus besser verkaufen als ohne. Man kann diese Hypothese aber keineswegs als vorherrschenden Meinung in der Medizin bezeichnen. Ein ernsthafter Wissenschaftler wird zugeben, dass man es schlicht nicht weiß. Unwissenheit zuzugeben ist keine Schande. "In manchen Fällen lassen sie sich aber auf bestimmte Umstände oder Ereignisse eingrenzen" So einfach ist das nicht. Das Standardmodell ist das Vulnerabilitäts-Stress-Modell. Das heißt, dass normale Umstände/Ereignisse nur dann eine Akutphase auslösen, wenn auch eine entsprechende Veranlagung besteht.

Gelöschter Nutzer am 05.05.2018 um 22:36 Uhr
@anon

Nach heute in der edizin vorherrschenden Meinung wird eine echte Depression tatsächlich als Hirnstoffwechselstörung verstanden, bei der es zu einem Ungleichgewicht von Neurotransmittern im Gehirn kommt. Die Ursachen dafür sind meist unbekannt. In manchen Fällen lassen sie sich aber auf bestimmte Umstände oder Ereignisse eingrenzen.
Antidepressiva sorgen für eine veränderte Verfügbarkeit bestimmter Neurotransmitter im Gehirn. Dadurch wirken sie. Sie wirken - das ist korrekt - zunächst symptomatisch. Besteht der Auslöser der Depression fort, kehrt diese nach dem Absetzen der Mittel meist zurück.
Übrigens: Auch Insulin wirkt bei Diabetikern symptomatisch und kann keinen Diabetes heilen.

Testinator99 am 03.05.2018 um 13:53 Uhr

Kommentar vom Autor gelöscht.

anon am 30.04.2018 um 20:57 Uhr
@GuessWhat/Kritik zum Artikel

Eine ausführliche körperliche Untersuchung mit großen Blutbild *ist* Standard bei Depressionen, zumindest bei einem kompetenten Arzt. Die genaue Ursache von Depressionen ist nach heutigem Wissensstand schlichtweg unbekannt. Die handelsüblichen Antidepressiva wirken zwar auf den Hirnstoffwechsel und beeinflussen die Neurotransmitter, jedoch wird kein seriöser Wissenschaftler daraus schließen, ein Ungleichgewicht dort sei dann auch die Ursache. So viele andere Hypothesen kommen in Betracht.
Kritik zum Artikel: Auch wenn Zusammenreißen natürlich nicht hilft, kann Depression selbstverständlich auch eine Folge falscher Lebens­führung sein. Unter extremem, langanhaltendem Stress kann wohl jedermann, auch ohne Veranlagung, betroffen sein. Auch sind Depressionen keineswegs heilbar. Die Medikamente unterdrücken lediglich die Symptome. Setzt man das Medikament zu schnell ab, ist die Depression daher wieder da. Man kann letztlich nur abwarten, bis die Akutphase von sich aus abklingt.

Gelöschter Nutzer am 25.04.2018 um 19:11 Uhr
Guter Hinweis von @Petra_B

Sehr guter Hinweis von @Petra_B. Bei Depressionen bzw. den Verdacht darauf sollte eine gründliche blutanalytische Untersuchung zum Standard gehören. Nach heutigem Verständnis hat eine Depression ihre Ursache in einem gestörten Gehirnstoffwechsel. Bestimmte Neurotransmitter fehlen bzw. sind nur unzureichend vorhanden. Auslöser können traumatische Ereignisse und andere nicht-körperliche Ursachen sein. Ebenso können aber auch hormonelle Störungen und verwandte Probleme als Auslöser infrage kommen. Und das sollte durch einen guten Arzt, z. B. einem Endokrinologen, durch entsprechende Blutuntersuchung abgeklärt werden. Wenn eine körperliche Ursache ausgeschlossen ist, sollte ein Neurologe/Psychologe/Psychiater tätig werden.