Depot umschichten Anti­zyklisch handeln – so gehts

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Depot umschichten - Anti­zyklisch handeln – so gehts

© Stiftung Warentest

Kaufen und laufen lassen ist bequem, aber nicht die beste Methode. Besser ist es, ein Depot aus Aktienfonds und Zins­anlagen anti­zyklisch umzu­schichten. Sind die Aktienmärkte besonders gut gelaufen, verkaufen Anleger einen Teil ihrer Aktienfonds­anteile und schichten das Geld in Zins­anlagen um. Hat es an der Börse gekracht, kaufen sie Aktien nach und verkaufen einen Teil ihrer Zins­anlagen. Psycho­logisch schwierig – aber ein Erfolgs­rezept beim Finanztest-Pantoffel-Portfolio.

Wie funk­tioniert die Finanztest-Methode?

Dazu, wie das im Einzelnen funk­tioniert, erreichen uns viele Leserfragen. Eine Frage ist, wie oft man das Depot über­prüfen soll. Bei unseren Berechnungen schauen wir aus Gründen der Systematik monatlich ins Depot. Doch weil das Pantoffel-Portfolio bequem sein soll, ist der Rat für unsere Leser, einmal pro Jahr nach­zusehen und zusätzlich dann, wenn die Medien voll sind von Börsen­nach­richten, von schlechten oder euphorischen. Erkennen Anleger eine starke Abweichung, schichten sie um und stellen das ursprüng­liche Gleichgewicht wieder her.

Wann umschichten?

Der Zeit­punkt, wann sie umschichten, hängt dabei nicht von den Markt­erwartungen ab. Entscheidend ist einzig, wie sehr die tatsäch­liche Depot­zusammenset­zung von der gewünschten Aufteilung abweicht. Sobald der Unterschied bei 20 Prozent oder mehr liegt, ist der Zeit­punkt gekommen. Zum Beispiel ist das ausgewogene Pantoffel-Portfolio mit je 50 Prozent Aktienfonds und Zins­anlagen aus dem Gleichgewicht, wenn der Aktien­anteil 60 Prozent oder 40 Prozent beträgt.

Pantoffel-Portfolio

Das Pantoffel-Portfolio ist ein Konzept von Finanztest und heißt so, weil es bequem ist. Anleger investieren ihr Geld in börsen­gehandelte Indexfonds, ETF. Sie teilen ihr Geld auf einen Rendite- und einen Sicher­heits­baustein auf.

Unsere Empfehlung ist das Welt-Pantoffel-Portfolio. Als Rendite­baustein wählen Anleger einen ETF auf den Welt­aktien­index MSCI World. Der Sicher­heits­baustein besteht wahl­weise aus Tages­geld oder einem Anleihen-ETF. Konkrete Fonds nennen wir ab Seite 91.

Wie hoch der Aktien­anteil ist, hängt vom Risiko­typ des Anlegers ab. Bei der ausgewogenen Variante fließt das Geld je zur Hälfte in Aktien- und Zins­anlagen. Bei der defensiven Variante beträgt der Aktien­anteil 25, bei der offensiven 75 Prozent. Weicht die tatsäch­liche Depot­zusammenset­zung um mehr als 20 Prozent von der gewünschten Aufteilung ab, wird umge­schichtet.

Die 20-Prozent-Schwelle

Oft fragen uns Leser auch, warum wir die Schwelle ausgerechnet bei 20 Prozent fest­gelegt haben und nicht etwa bei 10 oder 30 Prozent. Zum besseren Verständnis haben wir ausgerechnet, wie verschiedene Schwellen­werte sich auf das Pantoffel-Portfolio auswirken (Grafik: Zu Anpassungen kommt es nur selten).

Beispiel: Ein Anleger über­prüft sein ausgewogenes Pantoffel-Portfolio einmal pro Jahr. Für das Umschichten befolgt er die 20-Prozent-Regel. Im Unter­suchungs­zeitraum vom 31. März 1997 bis 31. März 2017 hat er eine Rendite von 5,5 Prozent pro Jahr erzielt. Hätte er sein Depot schon bei 10-prozentiger Abweichung angepasst, wären es 5 Prozent Rendite pro Jahr gewesen. Mit der 30-Prozent-Schwelle hätte er nur 4,4 Prozent gehabt.

Auch der maximale Verlust war bei der 20-Prozent-Regel mit 24 Prozent geringer als mit geringerer oder höherer Schwelle.

Hier wird nicht geschummelt

Es gibt Leser, die unsere 20-Prozent-Regel skeptisch kommentieren: Im Nach­hinein wisse man ja immer, wann der beste Zeit­punkt sei. Das stimmt zwar, aber so sind wir gar nicht vorgegangen. Wir haben uns 20 Jahre zurück­versetzt und so getan, als würden wir die Zukunft gar nicht kennen. Sobald die Abweichung 20 Prozent betrug, haben wir umge­schichtet, streng nach Regel. Wir haben dabei nicht geschummelt.

Besser nicht nach­denken

Wer häufiger umschichtet, hat höhere Kosten. Anleger, die seltener ins Depot schauen und daher nicht so oft umschichten, verpassen womöglich gute Kauf­gelegenheiten. Nach der Finanz­krise im Jahr 2008 etwa hatten sich die Märkte schnell wieder erholt. Wer nach der 20-Prozent-Regel – Ende Februar 2009 – umge­schichtet hat, hat billig nachgekauft. Die 20-Prozent-Schwellen­regel ist ein Richt­wert. Wie die Berechnungen zeigen, passt er gut. Anleger können auch andere, aber ähnlich hohe Schwellen­werte befolgen. Wichtig ist, dass sie eine solche Regel über­haupt anwenden und nicht doch darüber nach­denken, ob gerade jetzt ein guter Zeit­punkt zum Umschichten ist.

Kein Stop Loss

Ebenfalls häufig werden wir danach gefragt, ob man sein Pantoffel-Portfolio mit einer Stop-Loss-Order absichern soll. Dabei legt der Anleger einen Kurs fest, ab dem der Aktienfonds verkauft werden soll – um Verluste zu begrenzen (Stop Loss). Das empfehlen wir nicht. Zum einen verlieren Anleger dabei oft Geld, weil der Fonds nicht zum Stop-Kurs selbst, sondern zum nächsten Kurs verkauft wird – und der liegt oft weit darunter. Zum anderen ist unsere Strategie, bei fallenden Kursen nicht aus den Aktien auszusteigen, sondern im Gegen­teil nach­zukaufen. Das ist es, was das Pantoffel-Portfolio so erfolg­reich macht.

Tipp: Mehr Infos zur Finanztest-Anla­gestrategie und einen Rechner, der Ihnen beim Ausrechnen der 20-Prozent-Schwelle hilft, finden Sie auf unserer Themenseite Pantoffel-Portfolio.

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Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

Profilbild Stiftung_Warentest am 26.07.2017 um 11:34 Uhr
Grafik

@Alle: Wir haben die Grafik aktualisiert. Die Legende stimmt nun. (PK)

Profilbild Stiftung_Warentest am 26.07.2017 um 08:37 Uhr
Auf Pantoffeln in den nächsten Crash

@ginsberg: Der Erfolg von ETF rührt zu einem großen Teil daher, dass die meisten aktive Fondsmanager sich eben gerade nicht als "gute" Manager erwiesen haben. Ein Grund dafür sind die hohen Kosten der aktiven Fonds. Und warum ETF-Anbieter ein Interesse an Kartellen und Preisabsprachen haben erschließt sich uns nicht. In erster Linie haben die ETF-Anbieter ein Interesse, viel Volumen zu platzieren, da sie daran verdienen. Wie die einzelnen Aktien in den ETF laufen, kann den Anbietern ziemlich egal sein. Erfolgreiche, innovative Firmen gibt es außerdem zuhauf - "trotz" ETF-Boom. Natürlich muss man schauen, wie große Anbieter mit ihrer "Macht" umgehen, aber aktuell sehen wir keine Hinweise auf Missbrauch. Unethischen Praktiken gab es in der Bankenwelt im Allgemeinen allerdings leider zuhauf, aber das hat nichts mit ETF zu tun. Wer das in keinem Fall unterstützen möchte, findet bei uns diverse Artikel zu ethischer Geldanlage und ethisch/ökologischen Banken. (AK)

ginsberg am 25.07.2017 um 15:52 Uhr
Auf Pantoffeln in den nächsten Crash

Das Grundprinzip der meisten Indexfonds ist: Der Teufel scheißt auf den größten Haufen. Nicht gutes Management sondern vor allem Größe entscheidet über den Geldfluss. Bei 90% der im S&P 500 vertretenen US-Firmen sind ETF-Anbieter bereits die größten Anteilseigner. Diese haben deshalb kein Interesse an Wettbewerb, sondern eher an Kartellen und Preisabsprachen zu Lasten aller Verbraucher. Die Firmen die mit den Geschäftsmodellen der Vergangenheit groß geworden sind bekommen noch mehr Kapital. Fehlentwicklungen der Vergangenheit und unzeitgemäße Geschäftsmodelle werden zementiert anstatt mit Investitionen innovative, nachhaltige Lösungen voranzubringen. Immer mehr Kapital konzentriert sich auf einige große Investmentgesellschaften. Fast die Hälfte des europäischen ETF-Marktes entfällt alleine auf Blackrock. So gut wie alle großen ETF-Anbieter waren selbst in unethische Praktiken, Index-Manipulations-Skandale, Pensionskassenverluste usw. verstrickt: Blackrock, Deutsche Bank, HSBC, UBS etc

ginsberg am 25.07.2017 um 15:31 Uhr
Falsche Grafik

Wie bereits von FTestLeser bemerkt sind Tagesgeld und Aktienanteil vertauscht dargestellt.

Profilbild Stiftung_Warentest am 24.07.2017 um 09:23 Uhr
Depotaufteilung

@FTestLeser: Danke für den Hinweis. Der untere Bereich ist der Aktienanteil, der obere der Tagesgeld-Anteil. Wir werden das korrigieren. (AK)