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Neben unserer Autorin vereinbarten fünf weitere Testpersonen der Stiftung Warentest einen ersten Termin mit einem Coach. Fazit: Jedes Gespräch verläuft anders.
Testergebnisse für 22 Verbände für die Coach-Suche 04/2014
Wie läuft der erste Termin mit einem Coach ab? Was erwartet Personen, die sich coachen lassen möchten, im Erstgespräch? Das wollte die Stiftung Warentest wissen. Denn für den Ablauf dieser ersten Begegnung von Coach und Klient gibt es keine Standards. Fünf Testpersonen haben sich mit unserer Hilfe einen Coach gesucht und inkognito einen ersten Gesprächstermin wahrgenommen So sind wir vorgegangen. Alle Tester hatten ein echtes berufliches Anliegen, das sie im Coaching klären wollten.
Gespräch 1: Hilfe zur Selbsthilfe
Mit dem Wunsch nach Unterstützung bei der Berufswahl wendete sich Testperson Eins, eine Studentin, an einen Coach. Ihr Dilemma: Sie studiert auf Lehramt, möchte aber keinesfalls Lehrerin werden. „Ich habe zwar alternative Ideen für meinen Berufsweg, aber Angst davor, falsche Entscheidungen zu treffen“, so die Testerin vorab. Der kontaktierte Coach bat sie zu einem kostenlosen Kennenlerngespräch. Die Studentin erlebte das rund 35-minütige Treffen als durchweg positiv. Sie beschrieb den Coach als offen, professionell, humorvoll und klar. So korrigierte er etwa falsche Erwartungen: Ihren Wunsch nach dem ein oder anderen „Tritt in den Hintern“, könne er nicht erfüllen, stellte er richtig. Stattdessen könne er sie aber dabei unterstützen, sich selbst zu helfen, wenn sie mal wieder einen Durchhänger habe. Ein Coaching bei diesem Coach wäre für die Studentin ohne weiteres vorstellbar.
Gespräch 2: Guter Eindruck getrübt
Unsicherheit bei der Berufswahl – dieses Motiv führte auch Testperson Zwei zu einem Coach. Die Absolventin eines Wirtschaftspsychologie-Studiums wollte mit professioneller Hilfe klären, welche Richtung sie beruflich einschlagen möchte. Auch in diesem Fall lud der kontaktierte Coach zu einem kostenlosen Kennenlerngespräch. Die Testperson erlebte die Begegnung zunächst als positiv. Sie fühlte sich verstanden und gelangte während des rund 60-minütigen Termins zu der Erkenntnis, dass sie ihr Studium offenbar unterschätzt hatte und ihr mehr Wege offen stehen als gedacht. Den guten Eindruck trübte dann aber eine Randbemerkung des Coaches: Er empfahl ihr nämlich, sich einen Beruf zu suchen, mit dem sie viel Geld verdienen könne. „Darüber habe ich mich sehr geärgert“, sagte unsere Testerin im Nachhinein. „Ich hätte mir gewünscht, dass der Coach meine Werte und Motive im Hinblick auf die Berufswahl stärker hinterfragt.“ Weitere Sitzungen bei diesem ihr sonst sympathischen Coach konnte sich die Testperson daher nicht vorstellen.
Gespräch 3: Erste Strategien
Einen souveräneren Umgang mit seinen Mitarbeitern wünschte sich Testperson Drei, Geschäftsführer eines kleines Unternehmens, von einem Coaching. Bei der telefonischen Terminvereinbarung hieß es, im ersten Gespräch ginge es vor allem darum, sich kennenzulernen und zu schauen, ob man miteinander arbeiten wolle. Tatsächlich ging die Begegnung aber deutlich darüber hinaus. Der Coach analysierte gemeinsam mit unserem Tester auf einem Blatt Papier die Firmenstruktur und die Beziehungen aller Beteiligten zueinander. Durch die gezielten Fragen des Coaches gelang es dem Firmenchef, erste Strategien für einen besseren Umgang mit seinen Mitarbeitern zu entwickeln. Das Gespräch dauerte gute eineinhalb Stunden und kostete knapp 60 Euro. Sachlich, professionell, unparteiisch – so beschrieb unser Tester den besuchten Coach. Dennoch war er unsicher, ob er ihn ein weiteres Mal in Anspruch nehmen würde. Der Tester hatte erwartet, dass er während des Gesprächs noch mehr über sich selbst und seine Verhaltensmuster erfährt.
Gespräch 4: Problem gelöst
Wie schaffe ich es, meinen Auszubildenden zu motivieren? Mit dieser Frage trat Testperson Vier, Mitarbeiterin eines mittelständischen Unternehmens, an einen Coach heran. Bereits bei ihrem Anruf hinterfragte dieser ihr Anliegen intensiv. „Bei unserem Treffen sprachen wir nur noch kurz über den Anlass meines Besuchs, dann begann das Coaching“, erzählte die Testperson. Dabei forderte der Coach unsere Testerin zum Beispiel auf, sich in ihren Auszubildenden hineinzuversetzen und seine Perspektive einzunehmen. Fragen seitens des Coaches ließen sie im Laufe der Sitzung unter anderem erkennen, dass sie ihren Azubi zu selten lobt. Nach gut zwei Stunden hatte unsere Testerin ihr Problem gelöst und einen Fahrplan für die weitere Zusammenarbeit mit ihrem Lehrling erarbeitet. Das Coaching kostete rund 260 Euro. Bei Bedarf würde die Testerin den Coach jederzeit wieder aufsuchen.
Gespräch 5: Anders als geplant
Warum schaffe ich es nicht, meine Dissertation abzuschließen? Was blockiert mich beim Schreiben? Diese Fragen wollte Testperson Fünf für sich klären und vereinbarte dafür einen Termin mit einem Coach. Das erste Gespräch sollte laut Coach ein maximal 90-minütiges Kennenlerngespräch sein. Kurz vor dem Termin kam für unseren Tester überraschend eine Frage hinzu: Der Doktorand hatte eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch bekommen und musste nun entscheiden: Nehme ich im Fall einer Zusage das Jobangebot an oder beende ich besser die Promotion? Bei dem Termin stieg der Coach mit dem Tester gleich in das Coaching ein. Er fragte zunächst nach der Schreibblockade und wollte wissen, ob der Doktorand dieser auch positive Aspekte abgewinnen könne. Im weiteren Verlauf fragte der Coach dann, ob der Tester aus aktuellem Anlass für das Jobinterview üben wolle, was dieser gern annahm. Unser Tester kam sehr angetan von der wertschätzenden Art des Coaches von dem Termin zurück und fühlte sich auf das bevorstehende Vorstellungsgespräch gut vorbereitet. Was den ersten Teil der Sitzung betrifft, äußerte unser Tester aber auch Kritik: „Beim Thema ’Schreibblockaden’ fehlte mir der rote Faden. Mir war häufig nicht klar, warum und mit welchem Ziel der Coach bestimmte Tools für die Bearbeitung des Themas wählte.“ Irritiert hatte den Doktorand auch die Dauer der Sitzung. Anders als angekündigt dauerte das Gespräch nämlich ganze zweieinhalb Stunden. Die Sitzung kostete insgesamt 100 Euro. Der Tester würde diesen Coach kein zweites Mal aufsuchen.
Fazit: Jedes Gespräch ist anders
Die Erlebnisse unserer Tester zeigen: Jeder Coach gestaltet das erste Treffen anders. Mal beschränkte sich die Begegnung auf das Kennenlernen, mal stieg der Coach auch in das Coaching ein. Interessierte sollten daher bei der Terminabsprache erfragen, welchen Charakter das Erstgespräch hat, wie lange es dauert und was es kostet. Vor einem Coaching sollte sich der Klient außerdem überlegen, welche Erwartungen (zum Beispiel „Tritt in den Hintern“) er an den Coach und das Coaching hat und diese im Erstgespräch notfalls auch ungefragt ansprechen. Das kann falschen Vorstellungen und Enttäuschungen vorbeugen.
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ich bin selbst als Coach tätig und habe meinen Weg in die Selbstständigkeit nach einem abgeschlossenen Psychologie-Studium und Erfahrungen als Festangestellte in der Organisationsberatung gefunden.
Nun heißt Selbstständigkeit auch immer ein bisschen, ins kalte Wasser zu springen. Marketing und Auffindbarkeit wird plötzlich zur eigenen Herausforderung - Datenbanken vereinfachen diesen Weg.
Ich selbst bin nur in wenigen vertreten und auch wenn ich weiß, dass diese natürlich auch die Suche erleichtern, rate ich: Schaut über diesen Tellerrand hinaus. Coaches sollten euch transparent begegnen, was die Kompetenzen betrifft. Auch Authentizität ist wichtig und diese zeigt sich oft in zusagenden Webseiten oder gepflegten Social Media Kanälen.
Ich möchte, dass meine Kunden wissen, wer ich bin und wie ich zum Coaching fand. Deshalb investiere ich Zeit, sodass man mich auch online noch vor dem ersten Gespräch ein bisschen kennen lernen kann.
Liebe Grüße
* Link vom Moderator gelöscht
Ich finde es gut und richtig, dass sich auch eine so renommierte Institution des Themas annimmt. Ja, es gibt viele schlecht oder überhaupt nicht ausgebildete und/oder anderweitig minder qualifizierte Coaches.
U.a. deswegen ist über das Thema "Coach-Suche" bereits im Februar '13 ein Artikel von mir bei "Mittelstand direkt" erschienen. http://www.mittelstanddirekt.de/home/strategie_und_management/nachrichten/passender-coach.html
Problematisch finde ich an Ihrem Artikel besonders die Betonung der "Datenbanken". Die sind - meiner Meinung nach - nur wenig anderes als ein gutes Geschäftsmodell der Betreiber. Es gibt nach meiner Kenntnis jede Menge ausgebildete, zertifizierte und erfahrene Coaches, die nicht Zig oder sogar Hunderte von Euros jährlich in ihre Mitgliedschaft in solchen Datenbanken stecken wollen, können oder müssen.
Ich empfehle stattdessen Internet-Suchmaschinen zu nutzen. Das mag zwar, auf den ersten Blick, nach etwas mehr Evaluationsarbeit aussehen, bringt aber mehr.
Ja, wer das Blaue vom Himmel verspricht, muss hinterfragt werden, und ja, Verbände und Datenbanken müssen kritisch betrachtet werden.
Zwischen den Zeilen wird aber auch deutlich, was es für einen erfolgreichen Coaching-Prozess ebenfalls braucht: Engagierte Klienten! Nur wer bereit ist, Zeit und Einsatz zu investieren, wird den Coach und das Coaching bekommen, die er wirklich braucht. Wer einen „Heilsbringer“ sucht, wird auch einen engagieren, so schlimm das auch ist. Coaching geht nur mit Bereitschaft zu echter Eigenverantwortung.
Der Versuch, objektive Kriterien zu definieren, aufgrund derer man einen Coach so verlässlich buchen wie einen Toaster kaufen kann, ist dabei so ehrenwert wie nachvollziehbar – und doch per se zum Scheitern verurteilt. Ein Coach ist halt keine Ware.
Was mich stört: Der Versuch der Sekten-Info NRW, Coachs und Methoden, die (noch) nicht wissenschaftlich belegbar sind, unterschwellig in die Sekten-Ecke zu rücken. Das ist weder hilfreich noch angemessen.
@ AlexanderMariaFassbender
Für den Artikel recherchierten wir im CoachGuide 2012 der Zeitschrift ManagerSeminare und unter www.coaching-lexikon.de die Verbände, die den Begriff „Coach“ oder „Coaching“ bereits im Titel tragen sowie die Verbände, die sich erkennbar für die Belange von Coaches einsetzen. Ausgewählt haben wir die diejenigen, die einen Ansprechpartner in Deutschland sowie eine deutschsprachige Website haben. Alle 27 Verbände, die wir so identifiziert haben, wurden angeschrieben und um Informationen gebeten. 22 Verbände davon haben uns geantwortet, und die sind im Onlineartikel inklusive Link zur Coach-Datenbank des Verbandes auch aufgeführt. Die Frage ist also, wie eng bzw. wie weit die Kriterien für einen coaching-relevanten Verband in Deutschland gefasst werden. Unterschiedliche Kriterien führen so eben auch zu unterschiedlichen Zahlen. Das gleiche gilt für die Anzahl der Coaches in Deutschland, die erwerbsmäßig Coaching-Dienstleistungen anbieten. Hier beziehen wir uns auf Zahlen, die in der Marburger Coaching-Studie generiert wurden. Auf welche Quellen beziehen Sie sich denn?(TK)
Anstatt 8000 schätzt man weit über 30000 Coaches gibt mal mehr und mal mit anerkannter Coachingausbildung.
Ihre Einschätzung der Lage was ein Coach machen sollte oder macht ist so weit sehr passend und führt den Unterschied auf zwischen einem FRAGENDEN und einem BERATENDEN Coach.
Widersprechen möchte EUCH ihrer Einschätzung , dass ein Coach nicht glücklich und erfolgreich macht. Das liegt in den Zielvereinbarungen und welche Marker der Kunde hier ansetzt. Sie revidieren ihre Aussage ohnehin zwischendurch.
Wenn Sie ins Ausland schauen, haben Sie alles diese Probleme nicht, denn dort gibt es eine Kultur des Coaching. Bei uns wird dieses leider unter den Teppich gekehrt. In Ruhe arbeiten kann ich nur im Ausland, was auch mache. In Deutschland herrscht jede Menge Misstrauen, bestimmt in vielen Situation zu RECHT.
Zusammengefasst - alles soweit passend. Der Klient muss sich wohlfühlen aber auch der Coach und ich muss auch wissen wo meine Grenzen sind, als Coach.