
Der Kranken- und Lebensversicherer Debeka soll tausenden Beamten Provision für die Vermittlung potenzieller Kunden bezahlt haben. Das berichtet das Handelsblatt. Auch dienstliche Daten – vor allem von neuverbeamteten Kollegen – sollen an den Versicherer weitergegeben worden sein. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Unbekannt, unter anderem wegen des Verdachts auf Bestechung und der Anstiftung zur Verletzung von Dienstgeheimnissen.
Beamte als „Vertrauensmitarbeiter“ eingespannt
Viele Unternehmen versprechen ihren Kunden Gutscheine, wenn ihre Freunde ebenfalls Kunde der Firma werden. Nur was, wenn die kleine Aufmerksamkeit kein Gutschein ist, sondern eine Geldsumme von 600 Euro? Für den erfolgreichen Abschluss einer Lebensversicherung bei der Debeka sollen so genannte Tippgeber genau diese Summe erhalten haben, weil sie dem Versicherer zu neuen Kunden verholfen haben. Wurde eine Krankenversicherung vermittelt, sollen Beamte von der Debeka mindestens 150 Euro bekommen haben, behauptet das Handelsblatt unter Berufung auf Insiderinformationen. Darüber hinaus sollen rund 10 000 Beamte, firmenintern „Vertrauensmitarbeiter“ (VM) genannt, über Jahre Namen und Kontaktdaten von neu verbeamteten Kollegen an die Debeka vermittelt haben. Der Hinweis auf einen neuen, unversicherten Referendar bringt laut Handelsblatt etwa 50 Euro. Insgesamt sollen auf diese Weise über die Jahre weit mehr als 100 Millionen Euro an Beamte geflossen sein. Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Unbekannt wegen des Verdachts der Bestechung und Anstiftung zur Verletzung des Dienstgeheimnisses.
Anwältin fordert gesetzliche Schranken
„Gerade im Bereich des Vertriebes von Krankenversicherungen liegt einiges im Argen im Hinblick auf die Vermittlervergütungen. Letztlich müssen diese aus den Prämienbeiträgen geleistet werden“, erklärt Rechtsanwältin Monika Maria Risch, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Versicherungsrecht im Deutschen Anwaltverein. „Wenn es darum geht, dass sich Versicherungsvermittler im großen Stil Vorteile verschaffen, koste es was es wolle, so muss es dafür neue gesetzliche Schranken geben.“
Debeka fühlt sich unschuldig
Die Debeka wehrt sich gegen die Vorwürfe. „Unsere Tippgeber sind niemals ’geheim’ gewesen, wie die Schlussfolgerungen des Handelsblatts zustande kommen, ist uns schleierhaft. Entsprechende Regelungen finden sich in nahezu allen Landesbeamtengesetzen“, sagt Christian Arns, Sprecher der Debeka. Der Versicherer nimmt – korrekterweise – für sich in Anspruch, „eine offiziell anerkannte Selbsthilfeeinrichtung des öffentlichen Dienstes“ im Sinne von § 100 des Bundesbeamtengesetzes zu sein. Daraus folgert die Debeka, dass Beamte, sofern es offen und transparent zugehe, „als so genannte Tippgeber fungieren“ dürften. Doch der von der Debeka zitierte Paragraf regelt nur die Genehmigungspflicht von Nebentätigkeiten. Ob die Beamten dienstliche Daten weitergeben durften, ergibt sich daraus nicht. Die Tätigkeit der Tippgeber sei vergleichbar mit Kundenwerbung für Fitnessstudios oder Zeitungsabonnements, behauptet die Debeka. Rechtsanwältin Risch sieht das anders: „Wer ein Zeitungsabo abgeschlossen hat, das er nicht braucht, hat keinen großen finanziellen Nachteil. Im Fall von Versicherungsabschlüssen hingegen geht es um eine existenzielle Vorsorge. Das kann man nicht miteinander vergleichen.“
Versicherer lässt selber ermitteln
Dem Vorwurf, Beamte hätten massenhaft Daten von neu verbeamteten Kollegen weitergegeben, möchte die Debeka nachgehen. „Wir stehen weiterhin in Kontakt mit der Bafin, der Staatsanwaltschaft Koblenz und dem Beauftragten für Datenschutz Rheinland-Pfalz“, sagte Debeka-Sprecher Arns auf Nachfrage von test.de. „Wir erhoffen uns Erkenntnisse darüber, ob unsere Verhaltensrichtlinien angemessen sind, um den Datenschutz zu gewährleisten. Wenn wir hier Ergebnisse haben, werden wir handeln.“ Der Versicherer wolle zudem die Ermittlungen abwarten und habe darüber hinaus auch die unabhängige Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG mit der Prüfung des Sachverhalts beauftragt.